keiner Urheberrechtsverletzung schuldig gemacht und es ist daher der von
der Vorinstanz dem Kläger aus diesem Titel zugesprochene Betrag von 3000
Fr. zu streichen..
Demnach hat das Bundesgericht erkannt:
In teilweiser Gutheissung der Hauptberufung und Abweisung der
Anschlussberufung wird das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern
vom 10. Februar 1915 dahin abgeändert, dass die vom Beklagten dem
Kläger zu bezahlende Entschädigung von 6000 Fr. nebst 5 % Zins seit
14. November 1911 auf 3000 Fr. nebst 5 % Zins seit 14. November 1911
herabgesetzt wird; im übrigen wird das angefochtene Urteil, mit Ausnahme
der Kostenverteilung, bestätigt.
IV. PROZESSRECHTPROCEDURE
67. Urteil der I. Zivilabteilung vom 28. Mai 1915 -i. S. Ohr. Jörg,
Kläger, gegen B. Jörg, Beklagten.
Der Schiedsgerichtsvertrag untersteht nicht dem eidgenössichen
Privatsondern dem kantonalen Zivilprozessrechte. Ein kantonales Urteil
über den aus ihm entspringenden Anspruch auf schiedsgerichtliche
Erledigung des Streitverhältnisses ist nach Art. 57 OG nicht
berufungsfähig, Während es freilich ein Haupturteil nach Art. 58 OG
darstellt.
A. -' Durch Bauvertrag vom 15. Mai 1907 mit zugehörigem Bauheschrieb
hat der Kläger die Ausführung der Erd , Steinsprenger , Maurerund
Zementarbeiten an einem Wohnhausneubau des Beklagten zu bestimmten
Einheitspreisen übernommen. In Ziffer 8 des Vertrags
Prozessrecht. N° 67. 535
wurde vereinbart : Ueber allfällige Streitigkeiten in der Auslegung
dieses Vertrags oder über die Bedeutung des Baubeschriebs entscheidet
der hauleitende Architekt endgültig. Bauleitender Architekt war
der später, am ,29. April 1912 verstorbene Johann Willi in Chur. In
der Folge ergaben sich zwischen den Parteien Differenzen über den
Unternehmerlohn. Der Kläger machte Ende 1909 beim Bezirksgericht Plessur
als Saldo aus dem Vertragsverhältnisse eine Forderung von 2230 Fr. 82
Cts. geltend. Anderseits unterbreitete der Beklagte die Sache dem
Schiedsrichter Willi und dieser fällte am 28. Juni 1911 ein Urteil aus....
Gegenüber der gerichtlichen Klage erhob der Beklagte zunächst
unter Berufung auf die erwähnte Vertragsbestimmung die Einrede
der Unzuständigkeit der ordentlichen Gerichte, mit dem Antrage,
das Bezirksgericht mögen sich als inkompetent erklären. für den
Fall der Abweisung dieser Einrede stellte er widerklagsweise eine
Schadenersatzforderung wegen ungenügender Vertragserfüllung, deren Betrag
er anfänglich der richterlichen Festsetzung anheim stellte, später
auf 8007 Fr. 15 Cts. angab. Der Kläger trug mit folgender Begründung
auf Ahweisung der Kompetenzeinrede an: 1. Der Schiedsvertrag sei nach
Art. 17 aOR ungültig. 2. Der Schiedsrichter Willi sei zum Beklagten in
einem Dienstverhältnisse gestanden und habe sich parteiisch gezeigt,
weshalber nach Art. 14 Ziff. 4 litt
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz ZPO Art. 14 Widerklage - 1 Beim für die Hauptklage örtlich zuständigen Gericht kann Widerklage erhoben werden, wenn die Widerklage mit der Hauptklage in einem sachlichen Zusammenhang steht. |
|
1 | Beim für die Hauptklage örtlich zuständigen Gericht kann Widerklage erhoben werden, wenn die Widerklage mit der Hauptklage in einem sachlichen Zusammenhang steht. |
2 | Dieser Gerichtsstand bleibt auch bestehen, wenn die Hauptklage aus irgendeinem Grund dahinfällt. |
Ausübung der richterlichen Funktion ausgeschlossen sei. 3. Wenn gültig,
sei der Schiedsvertrag erloschen, sowohl weil der Schiedsrichter
sich zu funktionieren geweigert habe, als wegen seines nachherigen
Todes. 4. Endlich erstrecke sich der Schiedsvertrag nicht auf den
Streitgegenstand.
B. Nach dem gemeinsamen Antrage der Parteien haben die kantonalen
Instanzen zunächst die Kompetenzeinrede erledigt. Beide haben
sie zugesprochen und demnach erkannt, es sei auf die Klage nicht
einzutreten. In
535 Prozessrecht. N° (,T.
seinem vom 14. November 1914 datierten Entscheide führt das
Kantonsgericht des nähern aus, dass die gegen den Schiedsvertrag erhobenen
Anfechtungsgründe unstichhaltig und der Vertrag rechtsbeständig sei.
C. Diesen En tscheid hat nunmehr der Kläger durch Berufung an das
Bundesgericht weitergezogen und den Antrag gestellt und begründet :
Es sei das angefochtene Urteil aufzuheben und die Streitsache zur
materiellen Beurteilung an die kantonalen Instanzen zurückzuweisen.
Der Beklagte hat in seiner Berufungsantwort auf kestenfällige Abweisung
der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils eingetragen. Dabei
hat er Zweifel über die hundesgerichtliclie Zuständigkeit geäussert,
insofern es sich frage, ob der Vorentscheid wirklich ein Haupturteil sei
und über den materiellen Anspruch entscheide. Nach der Rechtsprechung
müsste. das freilich bejaht werden.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Soweit es sich fragt, ob das angefochtene Urteil ein Hau pturteil nach
Art. 58 OG und insofern die Berufung zulässig sei, ist zu bemerken : Die
Vorinstanz hat das materiellrechtliche Verhältnis zwischen den Parteien
aus dem Werkvertrage vom 15. Mai 1907 nicht geprüft und über die auf
diesen Vertrag sich stützende Forderung des Klägers und Gégenforderung des
Beklagten nicht entschieden. Insoweit kann also noch von keinem Urteil in
der Sache selbst und noch weniger von einem Haupturteil die Rede sein. Der
angefochtene Entscheid betrifft vielmehr einzig den Antrag des Beklagten,
das Gericht möge sich als inkompetent erklären, und damit nur die Frage,
ob die Parteien durch die Ziffer 8 des Vertrages in rechtsgültiger Weise
die Zuständigkeit zur Beurteilung des materiellen Streitverhäitnisses
dem bauleitenden Architekten als Schiedsrichter übertragen und die
Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte wegbedungen
Prozessrecht. N° 67. 537
haben. Entsehieden wurde also über die Verbindlichkeit und den Inhalt
der genannten Schiedsgerichtsklausel: ob dem Beklagten aus dieser
Vertragsbestimmung ein Anspruch darauf gegenüber dem Kläger erwachsen sei,
es geschehen zu lassen, dass die Streitsache nicht von den ordentlichen
Gerichten, sondern an deren Stelle von dem vertraglich vorgesehenen
Schiedsrichter beurteilt werde. Ueber diesen Anspruch hat die Vorinstanz
endgültig entschieden und zwar in gutheissendem Sinne, indem sie in
Bestätigung des erstinstanzlichen Entscheides auf Nichteintreten wegen
lnkompetenz erkannte. Insoweit sie geurteilt hat, ist also ihr Entscheid
ein Haupturteil hierüber, sofern der Anspruch auf Niehtunterweriung
unter die staatlichen Gerichte gemäss Schiedsgerichtsvertrag als
materiellrechtlicher Anspruch erscheint (ebenso BGE 39 II S. 52 unten).
2. Diese Frage fällt zusammen mit der weiteren, ob der genannte Anspruch
dem eidgenössischen Privatrechte unterstehe und daher die Berufung auch
in Hinsicht auf den Art. 57 OG zulässig sei.
Nach der bestehenden Rechtsprechung wäre das zu hejahen. Seit jeher hat
sich das Bundesgericht, von einzelnen Ausnahmefällen abgesehen, dahin
ausgesprochen, dass der SchiLdsgerichtsvertrag dem Privatund nicht dem
Prozessrechte angehöre, und von dieser Erwägung aus ist es jeweilen
dazu gelangt, auf Bernfungen gegen kantonale Urteile einzutreten, die
die Gültigkeit oder den Inhalt solcher Verträge betrafen, namentlich in
Fällen, wo sie als Schiedsgerichtsklauseln Bestandteile eines sonstigen
Vertrages bildeten (vergl. BGE 7 S. 283, 13 S. 355, 24 11 S. 560/61, 27
II S. 515/16, 37 II S. 244 (Stillschweigende Anerkennung der Kompetenz
durch Auslegung einer Schiedsgerichtsklausel), 38 II s. 557, 39 II S. 52,
40 S. 79 Erw. 2 ff. Abweichend BGE 23 s· 780 und 26 II S. 765).
Bei erneuter und näherer Prüfung dieser Frage kann jedoch an der
bisherigen Praxis nicht festgehalten werden.
538 Proze'ssrecht. N' 67.
Durch den Schiedsvertrag vereinbaren die Parteien, das eine Streitigkeit,
die hinsichtlich bestimmter Rechtsbeziehungen zwischen ihnen besteht
oder später entstehen könnte, statt durch die ordentlichen, staatlichen
Gerichte durch den Schiedsrichter (Einzelperson oder Kollegium) beurteilt
werden solle. Ob dieser Vertrag zivilrechtlichen Charakter habe und ob er
im besondern dem Bundesprivatrecht angehöre, hängt davon ab, Welches der
Inhalt des Vertrages sei, also welche Rechte und Verpflichtungen durch
ihn für die vertragsschliessenden Parteien begründet werden. Als Recht
kann nun jede Partei von der andern verlangen und als Pflicht schuldet
sie ihrerseits der andern, dass jede nach Massgabe des Schiedsverlrages
den Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit und die Zulässigkeit
des schiedsgerichtlichen Verfahrens anerkenne, namentlich also zur
Ernennung des Schiedsrichters Hand biete, dem vereinbarten Verfahren
vor diesem sich unterziehe und dessen Entscheid als verbindlich gegen
sich gelten lasse. Diese Rechte und Pflichten sind aber ausschliesslich
prozessualischcr Natur; sie betreffen die Frage, wie vorzugehen sei,
um über das materielle Streitverhältnis zwischen den Parteien durch
einen verbindlichen Entscheid die erforderliche Rechtsgewissheit zu
schaffen. Das Streitverhältnis selbst aber wird anders als beim Vergleich
durch den Schiedsvertrag nicht geregelt oder irgendwie modifiziert.
Die Parteien verfügen nicht über die streitigen ' materiellen Rechte und
Verpflichtungen, sondern sie einigen sich lediglich auf ein Verfahren,
um ihren Bestand oder Nichtbestand in beidseitig verbindlicher
Weise festzusetzen; es wird der publizistische Rechtsschutzanspruch
geregelt. Hiernach hat also der Schiedsgerichtsvertrag wesentlich
prozess-, nicht priva [rechtlichen Inhalt. Daran ändert auch der Umstand
nichts, dass er nicht im Prozesse abgeschlossen wird, (wie z. B. der
gerichtliche Vergleich) und dass auf ihn, als einer ausserhalb des zivil-
Prozessrecht. N° 67. 539
rechtlichen Gebietes liegenden Vertragsart, dennoch die vom Privatrecht
aufgestellten Grundsätze über den Vertragsabschluss (betreffend
Willenseinigung usw.) analog anwendbar sein können, sei es kraft
ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung, sei es aus Gründen sachlicher
Natur. Dass man es mit einem Vertrage prozessrechtlichen Charakters zu
tun habe, darf denn auch als die in der Rechtswissenschaft vorherrschende
Auffassung gelten (vergl. z.B. STEIN, Die Zivilprozessordnung für das
Deutsche Reich, 1913 (10. Aufl. des Kommentars Ganp), 51025, I, 1; Kennen,
in Grüchots Beiträgen 31 S. 291 fi". und in in Grünhuts Zeitschrift,
14 S. 29 H.; BüLow, in der Zeitschrift für Zivilprozess 31 S. 219
und Archiv für zivilrec tliche Praxis 64 S. 68; HELLWIG, Lehrbuch des
zivilprozessrechtes II S. 103; F. SCHMID, in Grüchots Beiträgen 58 s. 356
f.; WALSMANN, Zivilistisches Archiv, 102 S. 209} 10. Anderer Ansicht:
WAGH, ' Handbuch des deutschen Zivilprozessrechtes I S. 67 und SCHMIDT,
Lehrbuch des deutschen Zivilprozessrechtes S. 151 ff.).
Die erörterte Auffassung rechtfertigt sich vor allem gerade für das
schweizerische Recht und in Hinsicht auf die Anwendung von Art. 57 OG.
Als eidgenössische Rechtsquelle für die Regelung des Schiedsvertrages
könnte mir das OR in Betracht kommen. Dieses behandelt aber den
Schiedsvertrag nirgends, trotzdem er offenbar wegen seines besondern
Charakters einer nähern Regelung bedürftig wäre. Freilich behält es
ihn anderseits auch nicht ausdrücklich dem kantonalen Rechte vor. Aber
dass es ihn dennoch als diesem unterstehend betrachtet, muss daraus
geschlossen werden, dass seit jeher zwar nicht die zivilprozessualische
Natur des Vertrages, wohl aber sein enger Zusammenhang mit dem
Zivilprozesse anerkannt war und dass ihn demgemäss die Kantone sozusagen
übereinstimmend (Graubünden scheint die einzige Ausnahme zu bilden)
in ihren Zivilprozessge-
540 Prozessrecht. N° 67.
setzen geordnet haben. Alle diese kantonalen Bestimmungen wären
bei einer einheitlichen Regelung des Vertrages von Bundeswegen
dahingefallen und daher vom OR wohl besonders als aufgehoben erklärt
worden. In Wirklichkeit hat sie die hundesgerichtliche Praxis, auch
im Berufungsverfahren, stets als gültig behandelt. Dabei hat sie ihren
Standpunkt, der 'Schiedsvertrag gehöre trotz jener kantonalrechtlichen
Vorschriftten im allgemeinen dem eidgenössischen Rechte an, insofern
nicht folgerichtig zu vertreten vermocht, als sie in den Fällen, wo
das schiedegerichtlich zu beurteilende materielle Streitverhältnis dem
kantonalen Rechte unterstund, die Zuständigkeit des Bundesgerichts zur
Beurteilung des Schiedsvertrages verneinte oder doch nicht ausdrücklich
anerkannte (vergl. z.B. den zitierten Entscheid 40 N° 15, S. 80 Abs. 2).
Dass das OR den Schiedsvertrag nicht ordnen, sondern dem kantonalen
Rechte vorbehalten will, ist denn auch die Ansicht der die Frage
behandelnden Autoren: vergl. SOLDAN, Le Code Federal des Obligations
et le Droit Cantonal, p. 170; HABERSTICH, Beiträge zur Orientierung
auf dem Gebiete des schweizerischen Recht, S. 288, und Handbuch des
OR II S. 355; HUBER, System des schweizerischen Privatrechtes, III
S. 676. Zu verweisen ist endlich auch auf E. FEHR, Das Schiedsgericht
in der schweizerischen Zivilprozessgesetzgebung (Zürcher-Dissertation,
1903), der, auf den S. VII l'. und 15 f., die kantonalen Rechtsquellen
über den Schiedsvertrag darstellt und sich, auf S. 24 H., ebenfalls für
die prozessualische Natur des Vertrages ausspricht.
3. Die hier streitige Ziffer 8 des Werkvertrages vom 15. Mai 1907 bildet
zweifellos einen wirklichen Schiedsvertrag im Rechtssinne, der in Form
einer Kompromissklausel dem genannten Werkvertrag eingefügt ist. Die
obigen Ausführungen treffen also auf ihn zu und es erweist sich damit
die Berufung in Hinsicht auf Art. 57 OG als unzulässig. '
Schuldbetreibungs und Konsikursrecht. 541
Demnach hat das Bundesgericht erkannt:
Auf die Berufung Wird nicht eingetreten.
V. SCHULDBE ['REIBUNGSUND KONKURSRECHTPOURSU ITES ET F AILLITES
Siehe III. Teil N° 66 u. 67. Voir [He partie n05 66 et 67.
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