27 Urteil vom 6. Mai 1915 i. S. Rosenthal gegen Betreibungsamt Limba}.
Verletzung der Garantie des Wohnsitzrichters im Sinne des Art. 5
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 5 Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns - 1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht. |
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1 | Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht. |
2 | Staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein. |
3 | Staatliche Organe und Private handeln nach Treu und Glauben. |
4 | Bund und Kantone beachten das Völkerrecht. |
BV und des Grundsatzes der derogatorischen Kraft des Bundesrechts
gegenüber dem kantonalen Rechte durch ein glarnerisches Rechtbot, das
sich formell als prozessuale vorsorgliche Verfügung, in Wirklichkeit
aber als verschleierter Attest darstellt. '
A. An einer betreibungsreehtlichen Steigerung vom 16. November
1914 schlug das Betreibungsamt Linthal dem Rekurrenten L. Rosenthal,
Liegenschaftsagent in Zürich, eine Liegenschaft zu. Zum Zwecke der Zahlung
des Preises ersuchte der Rekurrent die Glarner Kantonalbank in Glarus,
ihm einen Kredit von 10,000 Fr. zu gewähren und übergab ihr als Pfand
für die aus dem Kredit entstehende Forderung Werttitel im Betrage von 1 1
,000 Fr. Am 22. Dezember verlangte er jedoch die Rückgabe dieser Titel,
indem er auf den gewährten Kredit verzichtete. Zugleich weigerte er
sich, die ihm zugesehlagene Liegenschaft zu übernehmen, und stellte bei
den Aufsichtsbehörden über Sehuldbetreibung und =Konknrs das Begehren
um Aufhebung des Zuséhlages. Dieses Begehren wurde aber von der
Schuldbetreibungs und Konkurskammer des Bundesgerichts am 11. Februar
1915 abgewiesen. Am 14. Januar 1915 hatte unterdessen das Betreibungsamt
Linthal, nachdem es den Rekurrenten am 22. Dezember 1914 vergeblich
ersucht hatte, die Kantonalbank zur Auszahlung des Darlehensbetrages an
das Amt zu ermächtigen, vom Zivilgerichtspräsidenten des Kantons Glarus
ein Reehtbot im Sinne der §§ 45 und 53 fî. glarn. ZPO erwirkt. Dieses
Reehtsbot hat folgenden Inhalt :
Das Betreihungsamt Linthal verbietet hiemiet der Glarner Kantonalbank
in Glarus nach Landrechten, das an L. Rosenthal in Zürich gegen
faustpl'andweise Hinterlage von Obligationen im Nominalwerte
vonGerichtsstand. N° 27. 201
11,000 Fr. laut Schuldschein vom 16. Dezember 1914 gewährte Darleihen von
10,000 Fr., zu dessen Aus zahlung an das rechtbotgeberische Betreibungsamt
genannter L. Rosenthal die Rechtbotempfängerin angewiesen hat, dem
L. Rosenthal oder einem Dritten auszuzahlen oder den L. Rosenthal davon
zu entlasten und ihm die verpfändeten Obligationen herauszugeben, bis
waltende Anstände erledigt sind.
Hievon erhielt der Rekurrent am 25. Januar Kenntnis.
B. Er hat am 14. März 1915 gegen das Rechtbot
den staatsrechtlichen Rekurs an das Bundesgericht er-
griffen mit dem Antrage auf dessen Aufhebung.
Im Rekurse wird eine Verletzung des Art. 59
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
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1 | Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
2 | Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig. |
3 | Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen. |
4 | Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls. |
5 | Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes. |
ausgeführt: Das Reehtbot bedeute eine verschleierte Verarrestierung von
Vermögensstücken. Es bezwecke die Sicherung einer persönlichen Ansprache
des Betreibungsamtes. Zudem bestehe diese Ansprache noch gar nicht;
denn das Betreibungsamt habe nach den Steigerungsbedingungen und nach
Art. 143
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 143 - 1 Erfolgt die Zahlung nicht rechtzeitig, so wird der Zuschlag rückgängig gemacht, und das Betreibungsamt ordnet sofort eine neue Versteigerung an. Artikel 126 ist anwendbar.279 |
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1 | Erfolgt die Zahlung nicht rechtzeitig, so wird der Zuschlag rückgängig gemacht, und das Betreibungsamt ordnet sofort eine neue Versteigerung an. Artikel 126 ist anwendbar.279 |
2 | Der frühere Ersteigerer und seine Bürgen haften für den Ausfall und allen weitern Schaden. Der Zinsverlust wird hierbei zu fünf vom Hundert berechnet. |
und ob es einen Schadenersatzanspruch haben werde, ergehe sich erst bei
der neuen Steigerung. Die bei der Kantonalbank hinterlegten Wert-eitel
stünden sodann in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Frage der
Erfüllung des Steigerungskaufes. Der Darlehensvertrag bestimmenichts
über die Verwendung des Geldes. Da die Glarner Kantonalbank das Rechtbot
empfangen habe, so könne der Rekurrent dasselbe nicht einmal durch
ordentliche Klage angreifen; denn nach §53 ZPO könne nur der Empfänger
eines Rechtbotes dessen Öffnung durch Klage verlangen. Die Kantonalbank
aber stehe mit dem Betreibungsamt unter einer Decke und habe an der
Öffnung des Rechtbotes kein Interesse.
C. Der Zivilgeriehtspräsident des Kantons Glarus hat für sich und
namens des Betreibungsamtes die Abweisung des Rekurses beantragt. Seinen
Ausführungen ist folgendes zu entnehmen : Es handle sich um eine er-
202 _ Staatsrecht.
laubte, rein prozessualischeMassregel. Mit der Beschwerde gegen die
Steigerung sei ein Rechtsstreit anhängig gemacht worden. Die zur Zeit
des Eintrittes der Rechtshängigkeit vorhandene Sachlage habe daher
bis zur Erledigung des Rechtsstreites unverändert bleiben miissen.
Das sagten auch die §§ 43 und 44 glam. ZPO. Einen wichtigen Bestandteil
des damals vorhandenen Tatbestandes bilde nun die Hinterlegung der
Wertschriften. Diese Handlung habe die Erfüllung des Kaufvertrages
bezweckt und sei ähnlich einer Sicherstellung der Ver '
tragserfüllung, da sie denselben Erfolg wie eine solche gehabt habe. Der
Aufrechterhaltung des erwähnten Tatbestaudes habe das Rechtbot gedient,
das nach Analogie von § 45 ZPO in einem solchen Falle Anwendung finde.
Das Rechtbot sei nach Erhebung der betreibungsrechtlichen Beschwerde
erwirkt werden. Nach einer seit Jahrzehnten geübten Praxis habe der
Rekurrent das Rechtbot angreifen können, obwohl er nicht Rechtbotempfänger
sei. Indessen sei dies Nebensache, da das Rechtbot nur im Hinblick auf
die vorhandenen Anstände erteilt worden sei. Wären diese zu Gunsten
des Rekurrenten erledigt, also der Zuschlag aufgehoben werden,
so hätte das Rechtbot keinen Rechtsgruud mehr gehabt. Da aber die
genannte Voraussetzung nicht eingetreten sei, so habe sich gezeigt,
dass das Rechtbot als prozessuale Massregel völlig berechtigt gewesen
sei. Das Betreibungsamt sei berechtigt, die Erfüllung des Kaufvertrages
zu verlangen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Wie sieh aus den Schlussworten des Rechtbotes und aus der
Vernehmlassung des Zivilgerichtspräsidenten ergibt, handelt es sich im
vorliegenden Fall formell um ein Rechtbot im Sinne des §45 glam. ZPO,
also um eine vorsorgliche Verfügung des Richters, wodurch dem Dritten,
der das streitig-e Objekt besitzt, verboten wird,Gerichtsstand. N° 27. 203
sich seiner vor der Austragung des Streites zu entledigen(vergl.
FRITZSCHE, Rechtbot S. 32). Diese vorsorgliche Verfügung ist im Hinblick
auf den Streit zwischen dem Betreibungsamt Linthal und dem Rekurrenten
über die Erfüllung des Steigerungskaufes erlassen worden. Sie beruht
nach ihrem Inhalt darauf, dass das Betreibungsamt geltend macht, die
Kantonalbank sei auf Grund einer Anweisung des Rekurrenten verpflichtet,
den Darlehensbetrag von 10,000 Fr. ihm, dem Amt, und nicht dem
Rekurrenten auszuzahlen. Hiebei kann nach der Sachlage nur streitig
sein, ob der Rekurrent dem Betreibungsamt gegenüber verpflichtet sei,
zuzulassen, dass die Kantonalbank diesem für seine Rechnung 10,000 Fr.
bezahle. Im Streite liegt somit nach dem Inhalt des Rechtbotes eine
persönliche Ansprache des Betreibungsamles gegen den Rekurrenten im
Sinne des Art. 59
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
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1 | Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
2 | Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig. |
3 | Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen. |
4 | Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls. |
5 | Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes. |
es Eigentümer eines bei der Kantonalbank hinterlegten Geldbetrages von
10,000 Fr. sei, oder dass ihm ein Pfandrecht an den der Bank übergebenen
Werttiteln zusteheAllerdings findet der erwähnte Anspruch in den Akten
nicht die geringste Stütze. Nach den Akten kann nur in Frage kommen ein
Anspruch des Beireibungsamtes auf Erfüllung des Steigerungskaufes, der
mit dem Darlehensvertrag in keinem Zusammenhang steht, oder'ein Anspruch
auf Schadenersatz nach Art. 143
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 143 - 1 Erfolgt die Zahlung nicht rechtzeitig, so wird der Zuschlag rückgängig gemacht, und das Betreibungsamt ordnet sofort eine neue Versteigerung an. Artikel 126 ist anwendbar.279 |
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1 | Erfolgt die Zahlung nicht rechtzeitig, so wird der Zuschlag rückgängig gemacht, und das Betreibungsamt ordnet sofort eine neue Versteigerung an. Artikel 126 ist anwendbar.279 |
2 | Der frühere Ersteigerer und seine Bürgen haften für den Ausfall und allen weitern Schaden. Der Zinsverlust wird hierbei zu fünf vom Hundert berechnet. |
diesen Ansprüchen als massgebend betrachten wollte, so handelte es sich
trotzdem um persönliche Ansprachen. Ob das Betreibungsamt verpflichtet
sei, nach Art. 143
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 143 - 1 Erfolgt die Zahlung nicht rechtzeitig, so wird der Zuschlag rückgängig gemacht, und das Betreibungsamt ordnet sofort eine neue Versteigerung an. Artikel 126 ist anwendbar.279 |
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1 | Erfolgt die Zahlung nicht rechtzeitig, so wird der Zuschlag rückgängig gemacht, und das Betreibungsamt ordnet sofort eine neue Versteigerung an. Artikel 126 ist anwendbar.279 |
2 | Der frühere Ersteigerer und seine Bürgen haften für den Ausfall und allen weitern Schaden. Der Zinsverlust wird hierbei zu fünf vom Hundert berechnet. |
der Vollstreckung und damit der Einklagung fähig sei, kann unter diesen
Umständen dahingestellt bleiben. Man hat es also jedenfalls formell mit
einer prozessualischen Handlung des glarnerischen Richters im Streite
über eine persönliche AnSprache des Betreibungsamtes gegen den Rekurrenten
zu tun. Da nun dieser unbestrittenermassen aufrechtstehend
204 Staatsreeht.
ist und in Zürich einen festen Wohnsitz hat, so verletzt das Rechtbot die
Garantie des Art. 59
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
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1 | Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
2 | Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig. |
3 | Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen. |
4 | Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls. |
5 | Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes. |
nur vor dem Richter seines Wohnortes gesucht werden kann (vergl. BGE 5
S. 308 Erw. 3).
Der Zivilgeriehtspräsident behauptet nun allerdings, das Rechthct
sei als eine im betreibungsrechtlichen Beschwerdeverfahren erlassene
vorsorgliche Massregel zu betrachten. Allein dies ist nicht richtig. Im
Beschwerdeverfahren handelte es sich lediglich um die Frage der Gültigkeit
des Zuschlages und keineswegs um die weitere Frage, ob die Kantonalbank
berechtigt und verpflichtet sei, dem Betreibungsamt für Rechnung des
Rekurrenten 10,000 Fr. auszubezahlen oder ob der Rekurrent überhaupt
zur Erfüllung des Steigerungskaufes oder zu Schadenersatz angehalten
werden könne. Wäre die Behauptung des Zivilgerichtspräsidenten richtig,
so hätte ja auch das Rechtbot mit der Erledigung der Beschwerde seine
Bedeutung verloren.
Ob der Rekurrent das Rechtbot nach § 53 Abs. 2 ZPO durch Klage hätte
anfechten können, kann dahingestellt bleiben ; denn mit der Beschwerde aus
Art. 59
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
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1 | Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
2 | Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig. |
3 | Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen. |
4 | Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls. |
5 | Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes. |
Handlung angefochten werden ohne Rücksicht darauf, in welchem Stadium
sich der Prozess befindet.
2. Das Rechtbot verletzt aber nicht bloss die Garantie des
Wohnsitzrichters, sondern es ist auch als verschleierter Arrest
hundesrechtswidrig. Zwar kann sich der Rekurrent in dieser Beziehung nicht
auf Art. 59
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
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1 | Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
2 | Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig. |
3 | Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen. |
4 | Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls. |
5 | Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes. |
sich nur gegen die Anwendung der frühem kantonalen Betreibungs-oder
Arrestgesetze und hat daher mit der Aufhebung dieser Gesetze und dem
Inkrafttreten des eidgenössischen sehnldbetreibungsgesetzes jede Bedeu-
tung eingebüsst (vergl. BGE 40 I S. 495 ff.). Dagegen -
verletzt eine prozessualische, auf das kantonale Recht gestützte
Verfügung, die sich als verschleierter ArrestGerichtsstand. N° 27. 205
darstellt, den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts
gegenüber dem kantonalen Rechte, wie er in Art. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 2 Zweck - 1 Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes. |
|
1 | Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes. |
2 | Sie fördert die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes. |
3 | Sie sorgt für eine möglichst grosse Chancengleichheit unter den Bürgerinnen und Bürgern. |
4 | Sie setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung. |
enthalten ist, weil ein Arrest nur auf Grund der Art. 271 ff
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 271 - 1 Der Gläubiger kann für eine fällige Forderung, soweit diese nicht durch ein Pfand gedeckt ist, Vermögensstücke des Schuldners, die sich in der Schweiz befinden, mit Arrest belegen lassen:469 |
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1 | Der Gläubiger kann für eine fällige Forderung, soweit diese nicht durch ein Pfand gedeckt ist, Vermögensstücke des Schuldners, die sich in der Schweiz befinden, mit Arrest belegen lassen:469 |
1 | wenn der Schuldner keinen festen Wohnsitz hat; |
2 | wenn der Schuldner in der Absicht, sich der Erfüllung seiner Verbindlichkeiten zu entziehen, Vermögensgegenstände beiseite schafft, sich flüchtig macht oder Anstalten zur Flucht trifft; |
3 | wenn der Schuldner auf der Durchreise begriffen ist oder zu den Personen gehört, welche Messen und Märkte besuchen, für Forderungen, die ihrer Natur nach sofort zu erfüllen sind; |
4 | wenn der Schuldner nicht in der Schweiz wohnt, kein anderer Arrestgrund gegeben ist, die Forderung aber einen genügenden Bezug zur Schweiz aufweist oder auf einer Schuldanerkennung im Sinne von Artikel 82 Absatz 1 beruht; |
5 | wenn der Gläubiger gegen den Schuldner einen provisorischen oder einen definitiven Verlustschein besitzt; |
6 | wenn der Gläubiger gegen den Schuldner einen definitiven Rechtsöffnungstitel besitzt. |
2 | In den unter den Ziffern 1 und 2 genannten Fällen kann der Arrest auch für eine nicht verfallene Forderung verlangt werden; derselbe bewirkt gegenüber dem Schuldner die Fälligkeit der Forderung. |
3 | Im unter Absatz 1 Ziffer 6 genannten Fall entscheidet das Gericht bei ausländischen Entscheiden, die nach dem Übereinkommen vom 30. Oktober 2007473 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen zu vollstrecken sind, auch über deren Vollstreckbarkeit.474 |
zulässig ist. Das Rechtbot bedeutet eine Beschlagnahme der bei der
Kantonalbank hinterlegten Werttitel oder allenfalls der Forderung
auf Auszahlung des Darlehensbetrages zum Zwecke der Sicherung der
Zwangsvollstreckung für eine Forderung des Betreibungsamtes. Diese
Beschlagnahme hätte nur dann nicht die Natur eines Arrestes, sondern einer
prozessualischen vorsorglichen Verfügung zum Zwecke der Erhaltung des
bestehenden Zustandes in Beziehung auf den Streitgegenstand im Sinne der
§§ 43 ff. glam. ZPO, wenn die Werttitel oder die Forde-rung auf Zahlung
von 10,000 Fr. Streitgegenstand wären, wenn also das Betreibungsamt
geltend machte, es habe einen Anspruch auf Überlassung der Werttitel
oder die Forderung auf Auszahlung des Darlehensbetrages stehe ih m
und nicht dem Rekurrenten zu, oder endlich, dieser sei verpflichtet,
der Kantonalbank die Anweisung zur Auszahlung der Summe von 10,000
Fr. an das Betreibungsamt zu geben (vergl. BGE 38 l N° 82). Nun hat das
Betreibungsamt nicht behauptet, dass es irgendwelchen Anspruch auf die
Verttitel habe. Erst vor Bundesgericht scheint es eine solche Behauptung
aufstellen zu wollen. Allein es wird in der Beschwerde-heantwortung
nicht deutlich gesagt, um was für einen Anspruch es sich handle, sondern
nur schwach angedeutet, dass etwas ähnliches wie eine Sicherstellung
vorliege. Diese Behauptung kann nicht ernst genommen werden, zumal
da in den Akten jede Grundlage dafür fehlt, dass der Rekurrent dem
Betreibungsamt irgendwelche Rechte an den Werttiteln habe einräumen
wollen. Weder im Rechtbot noch vor Bundesgericht hat das Betreibungsamt
sodann geltend gemacht, dass der Rekurrent zu einer Anweisung an die
Kantonalbank im angegebenen Sinne verpflichtet sei ; zudem geben die
205 Staatsrecht.
Akten auch'jfür den Bestand einer solchen Verpflichtung keinen
Anhaltspunkt. Im Reehtbot wird lediglich behauptet, dass das
Betreibungsamt der Kantonalbank gegenüber eine Forderung auf Auszahlung
des Betrages von 10,000 Fr. infolge einer Anweisung des Rekurrenten
habe. Aber diese Behauptung kann nicht ernst gemeint sein, da sie im
Widerspruch steht mit dem Inhalt des Schreibens des Betreibungsamtes
an den Rekurrenten vom 22. Dezember 1914. Darin ersuchte das Amt
gerade den Rekurrenten um die Anweisung, die es im Rechtbot als erteilt
bezeichnete. Zudem lässt sich in den Akten nichts entdecken, was darauf
hinwiese, dass überhaupt zwischen dem Rekurrenten und der Kantonalbank
irgend ein Rechtsgeschäft zu Gunsten des Betreibungsamtes vollzogen
worden sei. ' A Das Reähäbot ist also in der Tat ein verschleiert-er
rres un amit bundesverfassun ' '
3 s, 61, 9 S. 43). gswrdrig (vergl. BGE Demnach hat das Bundesgericht
erkannt:
Der Rekurs wird gutgeheissen und das dem Betreibungsamt Linthal am
14. Januar 1915-vom Zivilgerichts--
präsidenten des Kantons Glarus bewilligte Rechtbot aufgehoben.
d"o-Gb-
. --. _...Tsi zu __. ...-..... _. _--Staatsverträge. N° 28. ' 207
V. STAATSVERTRÄGE
TRA ITÉS INTERNATIONAUX
28. Urteil vom 10. Juni 1915 i. S. Ghatelain gegen Basellandschaftiiche
Kantonalbank
Zulässigkeit des staatsrechtlichen Rekurses gegen eine Arrestnahme bei
Verletzung eines Statsvertrages. Art. 1 des Gerichtsstandsvertrages
mit Frankreich. Arrestnahme für einen nicht durch gerichtliches Urteil
festgestellten Anspruch. Beim Fehlen eines eigentlichen _Wohnsitzes
des Arrestschuldners im Vertragsstaate begründet auch dessen blosser
Aufenthalt im Sinne einer erésidence die Anwendbarkeit des Vertrages.
A. Der französische Staatsbürger Paul ChatelainHermann hatte bis zu Beginn
des Krieges sein Domizil in Muttenz, Kanton Baselland. Am 10. Oktober
1910 unterzeichnete er mit mehreren andern Personen einen Bürgschein
zu Gunsten der basellandsehaftlicheu Volksbank für eine Schuld von 5000
Fr. Die Forderung ging Später auf die Basellandschaftliche Kantonalbank
über. Zu Beginn des Krieges wurde Chatelain wegen Spionageverdacht
verhaftet und noch im Monate August 1914 nach Frankreich abgeschoben. Er
trat in den französischen Kriegsdienst ein, wurde dann krank und in
LunéVille in einem Militärspital verpflegt. Am 28. Oktober ist er aus der
Militärpflieht entlassen werden, hielt sich aber, nach einem Zeugnis des
Stadtpräsidenten vonLunéville vom 19. April 1915, weiterhin in Lunéville
auf. Die Frau des Chatelain verblieb in Muttenz.
B. Am 13. März 1915 erwirkte die Basellandsehaitliche Kantonalbank beim
Gerichtspräsidenten von Arlesheim einen Arrest gegen Chatelain wohnhaft
gewesen in Muttenz, nun unbekannten Aufenthaltes , für die genante
Forderung von 5000 Fr. nebst Zinsen. Als Arrest-