416 74. Kreisschreiben des Bundesgerichts

die verfallenen Zinsen pro 1910 und 1911, sowie den laufenden Zins
pro 1912 über den Steigerungserlös hinaus zubezahlen, als ebenso
ungerechtfertigt, wie die in Erw. 2 behandelte Zumutung, die Existenz
der in den Steigerungsbedingungen nicht erwähnten Servitut zu Gunsten der
Zementfabrik Rotzloch auzuerkenneu. Damit aber fehlt es im vorliegenden
Falle an der ersten und hauptsächlichsten Voraussetzung des Art. 143
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 143 - 1 Erfolgt die Zahlung nicht rechtzeitig, so wird der Zuschlag rückgängig gemacht, und das Betreibungsamt ordnet sofort eine neue Versteigerung an. Artikel 126 ist anwendbar.279
1    Erfolgt die Zahlung nicht rechtzeitig, so wird der Zuschlag rückgängig gemacht, und das Betreibungsamt ordnet sofort eine neue Versteigerung an. Artikel 126 ist anwendbar.279
2    Der frühere Ersteigerer und seine Bürgen haften für den Ausfall und allen weitern Schaden. Der Zinsverlust wird hierbei zu fünf vom Hundert berechnet.

SchKG, nämlich an dem Zahlungsverzuge des ersten Ersteigers.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt :

Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil der ersten Appellationskammer
der Obergerichts des Kantons Zürich vom 4. Juli 1914 bestätigt.

Kreisschreilien des Bundesgerichts an die kantonalen Aulsichtshehürden
über Schuldhetreihung u. Konkurs. Circulaires du Tribunal fédéral aux
autorités c'antonales de surveillance sur la pnursuile pour deLLes et
la laillile.

M

74. Kreisschreiben Nr. 7 an die kantonalen Aufsichtsbehörden für
Schuldbetreibung und Konkurs zu Handen der Betreibungsämter,
Konkursbeamten und Konkursgerichte betr. die Wirkungen des
Rechtsstillstandes, vom 10. August 1914.

Der Bundesrat hat unterm 5. dieses Monats; gestützt auf ZifTer 3 des
Bundesbeschlu-'ses betr. Massnahmen zum Schutze des Landes und zur
Auf! ech haltung der Neutralität vom 3. August und unter Hinweis auf
Art. 62

über Schuldbetreibung und Konkurs. 417

des Betreibungsund Konkursgesetzes beschicssen, dass bis zum 31. August
1914 für das Gebiet der ganzen Eidgenossenschaft ein allgemeiner
Rechtssiillstand zu gewähren sei. Auf Wunsch des eidgenössischen
Justizund Polizeideparlements teilen wir Ihnen über die Wirkungen dieses
Rechtsstillstandes folgendes mit, damit Sie das Publikum, bei dem hierüber
vielfach noch unzutreffende Vorstellungen herrschen, aufklären können :

1. Die Fälligkeit der eingegangenen Schulden wird durch den
Rechtsstillstand in keiner Weise berührt, ebensowenig die Verpflichtung
zu deren Bezahlung. Auch besteht die Möglichkeit der gerichtlichen
Einklagung von Forderungen in gleicher Weise wie vorher und es laufen
auch die Fristen im gerichtlichen Verfahren wie sonst.

2. Der Rechtsstillstand hat nur zur Folge :

a) Dass während seiner Dauer keine Beireibungshandlungen vorgenommen
werden dürfen. Darunter versteht die bisherige bundesgerichtliche
Rechtsprechung alle Handlungen der Vollstreckungsorgane
(Betreibungsbeamte, Aufsichtsbehörden, Rechtsöil'nungsrichter,
Konkursrichter), welche geeignet sind, das Verfahren zur zwangsweisen
Befriedigung des Gläubigers aus dem Vermögen des Schuldners einzuleiten
oder weiterzuführen und die die Rechtsstellung des Schuldners in der
Betreibung berühren, also z. B. Anlegung von Zahlungsbefehlen, auch
in der Wechselbetreibung, Pfändungsanzeigen, Pfändungen, Anzeigen von
Versteigerungen, Auflegung der Steigerungsbedingu ngeu, Versteigerungen
und sonstige Verwertungen, Ausstellung von Verlustscheinen,
Rechtsöfinungsbewilligungen, Konkursandrohungen, Konkurserklärungen
auf Begehren des Gläubigers, Fristansetzungen im Widerspruchsverfahrcn
und bei der Anschlusspfändung u. s. w. MietauSWeisungen gelten nicht
als Betreibungshandlungen. Hierüber müssen besondere Anordnungen der
kompetenten Behörde vorbehalten werden.

418 74. Kreisschreiben des Bundesgerichts

b) Dass während seiner Dauer diejenigen Fristen, welche das Gesetz oder
der Betreibungsbeamte dem Schuldner setzt und deren Nichtbeachtung für
den Schuldner bestimmte Rechtsfolgen nach sich zieht, sowie diejenigen
Fristen, die vom Gesetz den Betreibungsbeamten oder den Gerichten
zur Vornahme von Betreibungshandlungen gesetzt sind, nicht ablaufen
können, sondern bis zum dritten Tage nach Ablauf des Rechtsstillstandes
verlängert werden. Die Fristen, die zur Vornahme solcher Handlungen schon
vor dem Rechtsstillstand zu laufen begonnen haben, laufen also während
desselben weiter, dagegen kann der Schuldner und können die Behörden
die betreffenden befristeten Rechtshandlungen gültig noch drei Tage nach
ihrem Ablauf vornehmen. Natürlich dürfen während des Rechtsstillstandes
solche Fristen auch nicht angesetzt werden.

c) Nicht betroffen von dieser Fristverlängerung werden nach der
gegenwärtigen Praxis des Bundesgerichtes diejenigen Fristen, die den
Gläubigern gesetzt sind, um ihre Rechte zu wahren. Betreibungs-,
Pfändungs-, Anschlussund Verwertungsbegehren u. s. w. können also
während des Rechtsstillstandes gestellt werden und müssen, wenn die
Frist dazu während seiner Dauer ablaufen sollte, auch gestellt werden,
wenn die betreffenden Betreibungsrechte nicht verwirkt werden sollen.
Die Betreibungsbeamten haben von solchen Begehren Vormerk zu nehmen, sie
aber erst nach Ablauf des Rechtsstillstandes auszuführen. Nicht betroffen
werden ferner davon die Fristen des Konkursverfahrens. Konkurse, die
bei Gewährung des Rechtsstillstandes schon eröffnet waren, gehen also
ihren gewohnten Gang.

3. Ausgenommen von den Folgen des Rechtsstillstandes sind :

a) Das Arrestuerfahren. Arrestbegehren können also gestellt, Arreste
bewilligt und vollzogen werden; die sich anschliessende Betreibung dagegen
bleibt bis zum Ablaufe des Rechtsstillstandes eingestellt. Das Betrei-

über Schuldhetrelbung und Konkurs. 419

bungsbegehren ist jedoch nach dem oben unter 2 c, Erwähnten innert der
Frist des Art. 278 zu stellen.

b) Unaulsehiebbare Massnahmen zur Erhaltung von Vermögensgegenständen. Als
solche erscheinen u. a. :

Der Verkauf von gepfändeten, re'tinierten oder arrestierten Gegenständen,
welche schneller Wertverminderung ausgesetzt sind ;

Die Aufnahme des Güterverzeichnisses, wenn die Konkursandrohung schon vor
der Bewilligung des Rechtsstillstandes erlassen oder der Rechtsvorschlag
in der Wechselbetreibung verweigert wurde ;

Die Aufnahme der Retentionsurkunde ;

Sämtliche durch die Verwaltung und Bewirtschaftung von bereits gepfändeten
Liegenschaften bedingten Massnahmen. ·

75. Kreisschreiben Nr. 8 betreffend Feststellung des Wegs-Ueder den
Rechtsstillstand gemäss Art. 57
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 57 - 1 Für einen Schuldner, der sich im Militär-, Zivil- oder Schutzdienst befindet, besteht während der Dauer des Dienstes Rechtsstillstand.95
1    Für einen Schuldner, der sich im Militär-, Zivil- oder Schutzdienst befindet, besteht während der Dauer des Dienstes Rechtsstillstand.95
2    Hat der Schuldner vor der Entlassung oder Beurlaubung mindestens 30 Tage ohne wesentlichen Unterbruch Dienst geleistet, so besteht der Rechtsstillstand auch noch während der zwei auf die Entlassung oder Beurlaubung folgenden Wochen.
3    Für periodische familienrechtliche Unterhalts- und Unterstützungsbeiträge kann der Schuldner auch während des Rechtsstillstandes betrieben werden.96
4    Schuldner, die aufgrund eines Arbeitsverhältnisses zum Bund oder zum Kanton Militär- oder Schutzdienst leisten, geniessen keinen Rechtsstillstand.97
SchKG begründenden Tatsache, vom
21. Dezember 1914.

Ein kürzlich zur Behandlung gelangter Rekurs hat der Schuldbetreibungs
und Konkurskammer des Bundesgerichts Gelegenheit gegeben, sich über
die Frage auszusprechen, ob die Betreibungsämter verpflichtet seien,
zur Vollziehung eines Begehrens um Vornahme einer Betreibungshandlung
gegen einen im schweizerischen Militärdienst befindlichen Schuldner, den
Augenblick seiner Entlassung aus dem Dienst festzustellen, oder ob sie
mit dem Vollzug des Begehrens solange zuwarten können, bis sie zufällig
oder durch Mitteilung {des Gläubigers vom Wegfall der den Rechtsstillstand
gemäss Art. 57
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 57 - 1 Für einen Schuldner, der sich im Militär-, Zivil- oder Schutzdienst befindet, besteht während der Dauer des Dienstes Rechtsstillstand.95
1    Für einen Schuldner, der sich im Militär-, Zivil- oder Schutzdienst befindet, besteht während der Dauer des Dienstes Rechtsstillstand.95
2    Hat der Schuldner vor der Entlassung oder Beurlaubung mindestens 30 Tage ohne wesentlichen Unterbruch Dienst geleistet, so besteht der Rechtsstillstand auch noch während der zwei auf die Entlassung oder Beurlaubung folgenden Wochen.
3    Für periodische familienrechtliche Unterhalts- und Unterstützungsbeiträge kann der Schuldner auch während des Rechtsstillstandes betrieben werden.96
4    Schuldner, die aufgrund eines Arbeitsverhältnisses zum Bund oder zum Kanton Militär- oder Schutzdienst leisten, geniessen keinen Rechtsstillstand.97
SchKG begründenden Tatsache Kenntnis erhalten.

Von der Voraussetzung ausgehend, dass ein einmal gestelltes
Begehren um Vornahme einer Betreibungshandlung während der Dauer des
Rechtsstillstandes wirksam bleibe und nach Ablauf desselben von den
Betreibungs--

AS 40 lll 1915 '18
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 40 III 416
Date : 04. Juli 1914
Published : 31. Dezember 1914
Source : Bundesgericht
Status : 40 III 416
Subject area : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Subject : 416 74. Kreisschreiben des Bundesgerichts die verfallenen Zinsen pro 1910 und 1911,


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SchKG: 57  143
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