344 Entscheidungen der Schuldbelielbungs--

62. Entscheid vom 22. Oktober 1914 i. S. Siegfried.

Einstellung des Konkurs es mangels Aktiven, Art. 230
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 230 - 1 Reicht die Konkursmasse voraussichtlich nicht aus, um die Kosten für ein summarisches Verfahren zu decken, so verfügt das Konkursgericht auf Antrag des Konkursamtes die Einstellung des Konkursverfahrens.417
1    Reicht die Konkursmasse voraussichtlich nicht aus, um die Kosten für ein summarisches Verfahren zu decken, so verfügt das Konkursgericht auf Antrag des Konkursamtes die Einstellung des Konkursverfahrens.417
2    Das Konkursamt macht die Einstellung öffentlich bekannt. In der Publikation weist es darauf hin, dass das Verfahren geschlossen wird, wenn nicht innert zehn Tagen ein Gläubiger die Durchführung des Konkursverfahrens verlangt und die festgelegte Sicherheit für den durch die Konkursmasse nicht gedeckten Teil der Kosten leistet.418
3    Nach der Einstellung des Konkursverfahrens kann der Schuldner während zwei Jahren auch auf Pfändung betrieben werden.419
4    Die vor der Konkurseröffnung eingeleiteten Betreibungen leben nach der Einstellung des Konkurses wieder auf. Die Zeit zwischen der Eröffnung und der Einstellung des Konkurses wird dabei für alle Fristen dieses Gesetzes nicht mitberechnet.420
SchKG. Wirkungen
auf die vor Ausbruch des Konkuräzfs gegen den Schuldner erworbenen
Pfändungspfandrec e.

A. Das Betreibungsamt Zürich 4 pfändete am 12. Januar 1914 sämtliche
Aktiven des Jakob Siegfried-Bockhorn, Fuhrhalters, bestehend in
Liegenschaften, Pferden, Geschirr, Fahrhabe usw. im Gesamtschatzungswert
von zirka 95,000 Fr. Auf den Liegenschaften lasten Grundpfandrechte für
über 100,000 Fr. ; die Fahrnis wurde von der Ehefrau und dem Sohne des
Siegfried zu Eigentum angesprochen. Die Ansprachen wurden bestritten
und es sind darüber Prozesse anhäng'g. Infolge Anschlusses mehrerer
Gläubiger an die Pfändung wurden zwei Gruppen gebildet.

Am 18. Mai 1914 erklärte sich Siegfried insolvent, worauf der
Konkursrichter des Bezirksgerichts Zürich gleichen Tages den Konkurs
über ihn eröffnete. Durch Verfügung des Konkursrichters vom 28. Mai
1914 wurde aber der Konkurs mangels Aktiven Wieder eingestellt. Da
innert Frist kein Gläubiger den Kostenvorschuss zur Durchführung des
Konkurses leistete, wurde das Verfahren endgültig geschlossen. Als nun
das Betreibungsamt die Verwertung der gepfändeten Gegenstände anordnen
wollte, verlangte der Schuldner, es seien die Pfändungsbetreibungen
zufolge der Einstellung des Konkurses mangels Aktiven als aufgehoben
zu erklären. Da das Betreibungsamt sich weigerte, dem Begehren Folge zu
geben, wiederholte der Schuldner es auf dem Beschwerdeweg, indem er sich
auf Art. 206
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 206 - 1 Alle gegen den Schuldner hängigen Betreibungen sind aufgehoben, und neue Betreibungen für Forderungen, die vor der Konkurseröffnung entstanden sind, können während des Konkursverfahrens nicht eingeleitet werden. Ausgenommen sind Betreibungen auf Verwertung von Pfändern, die von Dritten bestellt worden sind.
1    Alle gegen den Schuldner hängigen Betreibungen sind aufgehoben, und neue Betreibungen für Forderungen, die vor der Konkurseröffnung entstanden sind, können während des Konkursverfahrens nicht eingeleitet werden. Ausgenommen sind Betreibungen auf Verwertung von Pfändern, die von Dritten bestellt worden sind.
2    Betreibungen für Forderungen, die nach der Konkurseröffnung entstanden sind, werden während des Konkursverfahrens durch Pfändung oder Pfandverwertung fortgesetzt.
3    Während des Konkursverfahrens kann der Schuldner keine weitere Konkurseröffnung wegen Zahlungsunfähigkeit beantragen (Art. 191).
SchKG und auf die Doktrin (JAEGER, Komm. Anm. 3 zu Art. 206
und 9 zu Art. 230, FLFLFENSTEIN Handbuch § 50 Anm. 24 und § 52 S. 743)

ene .

B. Beide kantonalen Instanzen wiesen die Be-

und Konkurskammer. N° 62. 345

schwer-de ab, die obere wesentlich mit folgender Begründung : Das
Bundesgericht habe die im Streite liegende Frage nie entschieden ;
die zürcherischen Aufsichtsbehörden sähen sich daher nicht veranlasst,
von ihrer bisherigen Praxis abzugehen. Dagegen habe das Bundesgericht
erkannt, dass Betreibungen, bei denen nicht in die Masse fallende Objekte
zur Befriedigung des Gläubigers dienen sollten, wie Dritteigentum und
künftiger Lohn, nach Einstellung des Konkurses im Sinne von Art. 230
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 230 - 1 Reicht die Konkursmasse voraussichtlich nicht aus, um die Kosten für ein summarisches Verfahren zu decken, so verfügt das Konkursgericht auf Antrag des Konkursamtes die Einstellung des Konkursverfahrens.417
1    Reicht die Konkursmasse voraussichtlich nicht aus, um die Kosten für ein summarisches Verfahren zu decken, so verfügt das Konkursgericht auf Antrag des Konkursamtes die Einstellung des Konkursverfahrens.417
2    Das Konkursamt macht die Einstellung öffentlich bekannt. In der Publikation weist es darauf hin, dass das Verfahren geschlossen wird, wenn nicht innert zehn Tagen ein Gläubiger die Durchführung des Konkursverfahrens verlangt und die festgelegte Sicherheit für den durch die Konkursmasse nicht gedeckten Teil der Kosten leistet.418
3    Nach der Einstellung des Konkursverfahrens kann der Schuldner während zwei Jahren auch auf Pfändung betrieben werden.419
4    Die vor der Konkurseröffnung eingeleiteten Betreibungen leben nach der Einstellung des Konkurses wieder auf. Die Zeit zwischen der Eröffnung und der Einstellung des Konkurses wird dabei für alle Fristen dieses Gesetzes nicht mitberechnet.420

SchKG weitergeführt werden können, ebenso Betreibungen auf Verwertung
von dem Schuldner gehörenden Pfändern und Retentionsobjekten. Diese
Entscheidungen wären unhaltbar, wenn die Einstellung des Verfahrens zur
Folge haben müsste, dass die Betreibungen, die im Konkurs ihre Erledigung
hätten finden sollen, mit der Einstellung nun erledigt wären. Das
treffe aber nicht zu und so sei die zu ,entscheidende Frage nur die,
ob etwas a n d e r e s entgegenstehe, dass der einzelne Gläubiger eine
solche Betreibung weiterführe. Allein auch das sei nicht der Fall ; es
ständen dem weder begründete Interessen des Schuldners noch der anderen
Gläubiger entgegen ; es wäre aber eine grosse Unbilligkeit gegenüber dem
betreffenden Gläubiger, wenn ihm die Fortsetzung der Betreibung nicht
gestattet würde. Der Schuldner könne durch seine Insolvenzerklärung
nur e r m 6 g l i c h e n, dass er vor seinen Gläubigern Ruhe erhalte,
erreichen könne er dieses Ziel bloss, wenn der Konkurs auch durchgeführt
werde und Verlustscheine ausgestellt werden. Ebenso könne er es nur e
r m 6 g l i c h e n, dass alle Gläubiger gleichmässige Befriedigung
erlangten; er habe kein Recht darauf, dies zu erzwingen, wenn kein
Gläubiger die Durchführung des Konkurses wolle. Nur um einen Gläubiger
zu schädigen, sei dem Schuldner das Recht der Insolvenzerklärung nicht
erteilt worden. Das wäre aber der Fall, wenn eine beim Konkursausbruch
hängige Betreibung nach der Einstellung nicht fortgesetzt werden könnte,
sondern neu angehoben werden müsste. Noch mehr : der Schuldner könnte

346 Entscheidungen der Schuldbetreibungs-

dadurch erreichen, dass ein Gläubiger nie zùr Pfändung künftigen Lohnes
gelangen würde, obschon doch gerade eine solche Pfändung auch gemäss
der Ansicht des Bundesgerichts nach der Einstellung des Konkurses weiter
verfolgt werden könne.

C. " Gegen diesen Entscheid hat Siegfried rechtzeitig an das
Bundesgericht rekurriert, unter Erneuerung seines Begehrens, es
seien die sämtlichen gegen ihn angehobenen Pfändungsbetreibungen als
aufgehoben zu erklären. Er "macht geltend : Die Rechtswirkung der
Konkurseröffnung sei bei Einstellung des Verfahrens mangels Aktiven
gegenüber früheren Pfändungsbetreibungen prinzipiell die gleiche, wie
bei Durchführung des Konkurses im ordentlichen oder im summarischen
Verfahren : die Betreibungen seien aufgehoben. Das vom Bundesgericht
anerkannte Wiederaufleben einer Pfändungsbetreibung, wenn künftiger
Lohn gepfändet wurde, habe seinen Grund darin, dass dieses Aktivum nicht
Gegenstand des Konkursverfahrens bilde. Das vom Bundesgericht weiterhin
anerkannte Wiederaufleben von Betreibungen auf Verwertung von Pfändern
und Retentionsobjekten beruhe auf der Erwägung, dass das vertragliche
Pfandrecht dem Gläubiger auch im Konkursverfahren gewahrt bleibe,
während die Pfändungspfandrechte mit dem Konkursdekrete dahinfallen und
die gepfändeten Objekte nunmehr allen andern Gläubigern zur Exekution
verfallen seien, ein Reehtszustand, der nicht nachträglich Wieder
beseitigt werden könne.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht i n E r w ä g u n g :

1. Nach dem Wortlaut der Art. 206 und 230SchKG ist klar : einerseits dass
die Pfändungen mit der Konkurseröffnung über den Schuldner dahinfallen,
weil die Konkurseröffnung ja die Betreibungen als solche aufhebt ;
anderseits dass das Konkursdekret durch den Einstellungsbeschluss des
Konkursgerichts nicht etwa Widerrufen wird. Es findet tatsächlich ein
Konkursverfahrén

und Konkurskammer. N° 62. 347

statt, welches darin besteht, dass das Konkurs'amt ein Inventar aufnimmt
und feststellt, dass kein in die Masse gehörendes Vermögen vorhanden
ist. Das Verfahren wird daher einstweilen eingestellt und es erhalten
alsdann die Gläubiger die Möglichkeit, durch Deposition der Kosten die
Durchführung des Konkurses zu verlangen. Tun sie dies nicht, so wird
das Verfahren endgültig geschlossen.

Danach unterscheidet sich die E in s t e l ] u n g des Konkurses mangels
Vermögens vollständig vom W i d e rruf des Konkurses. Beim Widerruf wird
das Konkurserkenntnis rückgängig gemacht, womit auch seine Wirkungen auf
die hängigen Betreibungen dahinfallen ; die Betreibungen leben daher
wieder auf. Bei der Einstellung dagegen bleibt das Konkurserkenntnis
bestehen ; es hat öffentlichrechtliche Folgen. Das Konkursverfahren kann
aber mangels eines Substrates nicht durchgeführt werden. Immerhin ist
zur Schliessung des Verfahrens das Einverständnis sämtlicher Gläubiger
erforderlich; dieses liegt darin, dass die Gläubiger kein Begehren um
Durchführung des Verfahrens stellen.

2. Es entspricht aber nicht nur dem Wortlaut, son dem auch dem S y s
t e m des Gesetzes, dass die durch die Konkurseröffnung erloschenen
Betreibungsrechte trotz der Einstellung des Konkurses nicht
wieder aufleben können. Das Gesetz hat nun einmal dem Schuldner die
Möglichkeit gegeben, sich selbst in Konkurs zu erklären, ohne dass die
Gläubiger irgendwelche Einwendungen dagegen erheben können. Er hat das
unbedingte Recht, in jedem beliebigen Zeitpunkt zu erklären, dass an
Stelle der Sonderbefriedigung der treibenden Gläubiger die gleichm ä
s sig e Befriedigung al le r Gläubiger aus dem g e m e i n s a m e n
Konkursvermögen zu treten habe. Das Gesetz hätte zweifellos bestimmen
können, dass eine solche Erklärung keine Rückwirkung habe und die
bereits erworbenen Exekutionsrechte nicht alterieren könne. Es hat das
bewusstermassen nicht getan, sondern bestimmt, dass auch rechtskräftige
Pfändungen durch eine vor der

348 Entscheidungen der Schuldbetrelbungs-

Verwertung vom Schuldner abgegebene Konkurserklärung ohne weiteres
aufgehoben werden. Das ist eine Besonderheit des Pfändungspfandrechts, die
es vom vertraglich bestellten Pfandrecht unterscheidet. Die gepfändeten
Gegenstände werden mit der Konkurserklärung Gemeingut aller Gläubiger
und die Rechte der einzelnen Gläubiger werden nun endgültig im Konkurse
festgestellt. Wird der Konkurs geschlossen, ohne dass die Gläubiger
etwas daraus erhalten, so ist das nur möglich, entweder weil kein
Konkursvermögen vorhanden war oder weil die Gläubiger die gesetzlichen
Rech tsbehelfe nicht ausreichend benutzt und damit auf die Liquidation
des Vermögens des Gemeinschuldners verzichtet haben. Auch dann büssen
sie natürlich das Ergebnis des Konkurses ein und zwar wieder a l l e
Gläubiger ohne Unterschied.

3. Das Gesetz sieht zwar die Einstellung des Konkurses ohne
Konkurspublikation nur für den Fall vor, als sich herausstellt, dass
der Gemeinschuldner überhaupt kein Vermögen hat, das zur Befriedigung
der Gläubiger verwendet werden kann. Danach könnte sich die heute zum
Entscheid gestellte Frage überhaupt nicht bieten, da ja, wenn kein
Vermögen vorhanden ist, das im Konkurs liquidiert werden kann, offenbar
auch keines vorher gepfändet werden konnte. Die Praxis hat aber den
Art. 230 auch auf der Fall anwendbar erklärt, wo zwar Konkursvermögen
vorhanden ist, aber kein für die C h ir o g r a p h a r gläubiger
verwendbares, weil Pfandrechte darauf bestehen, die einen Ueberschuss
für die Kurrentforderungen ausschliessen, sowie auf den weiteren Fall,
wo das tatsächlich vorhandene Vermögen von einem D r i t t e n für
si c h beansprucht wird. In beiden Fällen und ebenso bei Pfändung
von Lohn können, wie in casa, v o r der Konkurseröffnung namhafte
Vermögensgegen-stände gepfändetworden sein.

Allein die Einstellung des Konkurses kann alsdann nach Sinn und Geist
des Gesetzes nur erfolgen, nachdem geprüft wurde, ob die beanspmchten
Pfandrechte wirklich zu

;-und Ko-kunkammer. N' 62. 349

Recht bestehen und ob sie nicht einen Ueberschuss für die
Chirographargläubiger lassen, ob die erhobenen Drittansprüche nicht mit
Aussicht auf Erfolg bestritten werden können und ob nicht noch andere
Exekutionsobjekte entdeckt werden könnten. Diese Prüfung hat vom Konkursg
e r i c h t auszugehen, in dessen Hände das Gesetz die Verfügung über die
Einstellung des Verfahrens gelegt hat, und der Einstellungsbeschluss kann,
je nach dem kantonalen Rechte, von den Gläubigern und vom Gemeinschuldner
an das obere kantonale Konkursgericlit weitergezogen werden. Es bestehen
also gewisse Garantien dafür, dass das Verfahren erst geschlossen werde,
nachdem wirklich feststeht, dass das scheinbar vorhandene Massavermögen
kein für die Befriedigung der Konkursgläubiger dienliches Objekt
darstellt.

Darnach schliesst der Einstellungsbeschluss des Konkursgerichts
eine Fortsetzung der vor der Konkurseröffnung hängigen Betreibungen
aus. Der Pfändungsgläubiger hat sein Sonderexekutionsrecht infolge
der Konkurser-klärung eingebüsst. Ist er mit der Einstellung des
Konkurses nicht einverstanden, so muss er, wie a l l e a n d er
e n Konkursgläubiger, von den Rechtsbehelfen Gebrauch machen, die
ihm das Gesetz in diesem neuen Verfahren zur Verfügung stellt. Die
Konkursgläubiger haben es in der Hand, durch Deposition der Kosten die
Durchführung des Konkurses zu verlangen und damit die Probe zu machen, ob
wirklich die Pfandrechte den gesamten Liquidationserlös aufzehren, ob die
Drittansprüche begründet sind und ob nicht noch andere Vermögensobjekte
zum Vorschein kommen, wenn die Konkurspublikation erlassen wird. Machen
die Gläubiger von jenem Rechtsbehelf k e i n e n Gebrauch, so verzichten
sie auf eine Anfechtung des Entscheides des Konkursgerichts, dass
keine für die Gläubiger verfügbaren Aktiven vorhanden seien, und damit
auf die Chancen, die eine Verwertung der vor dem Konkurs gepfändeten
Objekte allfällig noch bieten könnte; sie anerkennen indirekt das
Nichtvorhandensein von ver-

350 Entscheidungen der Schuldbetreibungs-

fügbaren Aktiven und damit die Unmöglichkeit, in den: nun einzig noch
in Betracht kommenden Verfahren Befriedigung für ihre Forderungen zu
erhalten. An diese Anerkennung ist aber j e d e r Gläubiger gebunden, ob
er nun vor Konkursausbruch Pfändungsrechte erworben habe oder nicht. Damit
verträgt sich eine nachträgliche Verwertung dieser gepfändeten Objekte
für den Pfändungsgläubiger nicht mehr.

4. Die von der Vorinstanz hiegegen erhobenen Einwendungen gehen sämtlich
fehl :

a) Einmal ist es keine grosse Unbilligkeit gegenüber dem
Pfändungsgläubiger, ihm die Fortsetzung der Betreibung nach der
Einstellung des Konkurses zu versagen. Glaubt er, die gepfändeten
Objekte werden einen Ertrag abwerfen, so hat er ja die Möglichkeit,
diesen Ertrag liquidieren zu lassen. Dass er das nur noch im Konkurs
und nach Sicherstellung der Kosten tun kann, ist keine Unbilligkeit,
nachdem das Gesetz dem Schuldner das Recht gegeben hat. jederzeit von
der Einzelzur Generalliquidation überzugehen. Die Gläubiger haben
es nicht in der Hand, diesen illen des Schuldners zu durchkreuzen.
Freilich können sie auf die Durchführung des Konkurses verzichten,
sie verzichten aber damit überhaupt auf eine Befriedigung aus dem, was
allfällig doch vorhanden sein sollte. Der Schluss der Vorinstanz, dass
der Schuldner kein Recht darauf habe. die gleichmässige Befriedigung
der Gläubiger zu erzwingen, wenn kein Gläubiger die Durchführung des
Konkurses wolle, ist daher ein Trugschluss.

b) Dass sodann der Schuldner die Insolvenzerklärung dazu missbrauchen
könnte, einen seiner Gläubiger zu schädigen, kann auch nicht als richtig
anerkannt werden. Darin dass einem Gläubiger ein Exekutionsobjekt entzogen
wird, auf das er ein Pfändungspfandrecht erworben ha tte, könnte eine
Schädigung nur erblickt werden, wenn seine Exekutionsrechte d e I i n
it i v e geworden wären. Sie sind aber nicht definitiv, solange andere
Gläubiger sichund Konkurskammer. N° 62. 351

der Pfändung anschliessen können. Sie sind es auch nicht, solange
der Schuldner die Möglichkeit hat, die gepfàndeten Objekte der
Gesamtheit der Gläubiger zuzuwenden. Diese Möglichkeit besteht bis zur
Verwertung. Daran dass im vorliegenden Falle, wo Liegenschaften und
Fahrhabe im Schätzungswerte von beinahe 100,000 Fr. gepfändet warei ,
der Konkurs nach Art. 2:50 eingestellt würde, hat denn auch der Schuldner
offenbar nicht gedacht. Dass es zum Verlust der Pfändungspfandrechte
gekommen ist, hat seinen Grund vielmehr darin, dass kein Gläubiger den
Kostenvorschuss zur Durchführung des Konkurses geleistet hat}

c) Unverständlich ist die Behauptung, der Schuldner könnte auf diese
Weise erreichen, dass ein Gläubiger niemals zur Pfändung künftigen Lohnes
komme. Der künftige Lohn fällt ja nicht in die Konkursmasse: aus diesem
Grunde hat denn auch das Bundesgericht die Fortsetzung der Betreibungen
gestattet, die solchen Lohn zum Gegenstand haben (BGE Sep.-Ausg. 12 N°
I) *).

d) Ebensowenig kann aus der Gestattung der Fortsetzung einer
Pfandverwertungsbetreibung (Sep.-Ausg. ll N° 27 **, 9 N° 21 ***) ein
Einwand gegen die hierseitige Auffassung hergeleitet werden. Denn die
Pfandrechte werden durch die Konkurserklärung in ihrem Bestande nicht
alteriert : der Pfandgläubiger muss den Erlös des Pfandes, soweit sein
Pfandrecht reicht, nicht mit den Konkursgläubigern teilen. Für solche
Betreibungen konnte daher selbstverständlich eine Ausnahme vom allgemeinen
Satz gemacht werden.

e) Daraus endlich, dass der Schuldner sich einer n a c h der
Konkurseinstellung angehobenen Betreibung gegenüber nicht auf Art. 265
Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 265 - 1 Bei der Verteilung erhält jeder Gläubiger für den ungedeckt bleibenden Betrag seiner Forderung einen Verlustschein. In demselben wird angegeben, ob die Forderung vom Gemeinschuldner anerkannt oder bestritten worden ist. Im ersteren Falle gilt der Verlustschein als Schuldanerkennung im Sinne des Artikels 82.
1    Bei der Verteilung erhält jeder Gläubiger für den ungedeckt bleibenden Betrag seiner Forderung einen Verlustschein. In demselben wird angegeben, ob die Forderung vom Gemeinschuldner anerkannt oder bestritten worden ist. Im ersteren Falle gilt der Verlustschein als Schuldanerkennung im Sinne des Artikels 82.
2    Der Verlustschein berechtigt zum Arrest und hat die in den Artikeln 149 Absatz 4 und 149a bezeichneten Rechtswirkungen. Jedoch kann gestützt auf ihn eine neue Betreibung nur eingeleitet werden, wenn der Schuldner zu neuem Vermögen gekommen ist. Als neues Vermögen gelten auch Werte, über die der Schuldner wirtschaftlich verfügt.460
3    ...461
SchKG berufen, d. h. nicht den Nachweis neuen Vermögens verlangen
kann (BGE 23 N° 262), ergibt sich nichts [fir den Entscheid der vorlie-

* Ges.-Ausg. 35 I N° 34. ** ld. 27 I N° 60. *** Id. 3: I N° 53.

352 Entscheidungen der Sehnldbetrelbungs-

genden Frage. Die Einrede des mangelnden neuen Vermögens ist nur gegenüber
Verlustscheinsgläubigern mòg si lich ; wo keine Verlustscheine ausgestellt
worden sind, kann daher auch jene Einrede nicht erhoben werden.

5. Unzutrefi'end ist aber auch die Auffassung der' Vorinstanz, dass gegen
ih r e Lösung keine praktischen Bedenken sprächen und kein berechtigtes
Gläubigerinteresse ihr entgegenstehe. Die einfache Fortsetzung der
vor dem Konkurse pendenten Betreibungen hätte, abgesehen von ihrer
grundsätzlichen Unhaltbarkeit, eine ernstlicheGefährdung der Interessen
der übrigen Gläubiger zur Folge. Diese würden in ihrem Rechte, innert 30
bezw. 40 Tagen seit dem Vollzug der Pfändung an letzterer teilzunehmen,
empfindlich verkürzt. Auch wenn man sich dazu entschliessen wollte, die
durch den Konkurs unterbrochene Teilnahmel'rist nach der Schliessung
des Konkurses weiter laufen zu lassen im Gegensatz zum VVortlaut des
Gesetzes -, so Wären, nachdem einmal der Konkurs m a n g els V e r m Ö
g e n eingestellt und die Einstellung publiziert worden ist, doch nur
diejenigen Gläubiger in der Lage, ein Pfändungsbegehren zu stellen oder
einen Rechtsöifnungsvorstand zu verlangen, die vom Bestande einer frühern
Pfändung Kenntnis hätten. Es würde also eine unlautere Hintanselzung der
entfernt wohnenden Gläubiger begünstigt, während doch die Konkurserklärung
gerade den Zweck hat, alle Gläubiger ohne Rücksicht auf ihren Wohnsitz
und ihre zufälligen Kenntnisse gleich zu stellen.

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer

erkannt:

Der Rekurs wird in dem Sinne begründet erklärt, dass der angefochtene
Entscheid aufgehoben wird und die. gegen den Rekurrenten erworbenen
Pfändungspfandrechte als erloschen zu betracnten sind.und Konkunkammer. N°
63. 353

63. Entscheid vom 22. Oktober 1914 i.|S. Wiederkehr.

R e e h t s v 0 r s c hl a g. Bestreitung eines Teiles der Schuld,
Art. 74 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 74 - 1 Will der Betriebene Rechtsvorschlag erheben, so hat er dies sofort dem Überbringer des Zahlungsbefehls oder innert zehn Tagen nach der Zustellung dem Betreibungsamt mündlich oder schriftlich zu erklären.140
1    Will der Betriebene Rechtsvorschlag erheben, so hat er dies sofort dem Überbringer des Zahlungsbefehls oder innert zehn Tagen nach der Zustellung dem Betreibungsamt mündlich oder schriftlich zu erklären.140
2    Bestreitet der Betriebene die Forderung nur teilweise, so hat er den bestrittenen Betrag genau anzugeben; unterlässt er dies, so gilt die ganze Forderung als bestritten.141
3    Die Erklärung des Rechtsvorschlags ist dem Betriebenen auf Verlangen gebührenfrei zu bescheinigen.
SchKG. Gültigkeitserfordernisse.

A. Mit Zahlungsbefehl vom 8. Juli 1914 hob L. Wiederkehr-Selg in Zürich
6 gegen J. Wegmann, Kupferschmied in Olten, für eine Mietzinsforderung
von 53 Fr. 60 Cts. per Juni 1914, nebst 5 % Zins seit 1. gleichen
Monats, Betreibung auf Faustpfandverwertung an. Wegmann gab darauf dem
Betreibungsamt folgende Erklärung ab: Rechtsvorschlag für fünfundzwanzig
Tage Mietzins, anerkannt für fünf Tage Mietzins. Das Betreibungsamt
Olten Gòsgen erblickte hierin einen gültigen Rechtsvorschlag und teilte
ihn der Gläubigerin mit.

B. Diese beschwerte sich dagegen bei der kantonalen Aufsichtsbehörde,
mit dem Begehren, der Rechtsvorschlag sei als ungültig zu erklären,
weil entgegen Art. 74 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 74 - 1 Will der Betriebene Rechtsvorschlag erheben, so hat er dies sofort dem Überbringer des Zahlungsbefehls oder innert zehn Tagen nach der Zustellung dem Betreibungsamt mündlich oder schriftlich zu erklären.140
1    Will der Betriebene Rechtsvorschlag erheben, so hat er dies sofort dem Überbringer des Zahlungsbefehls oder innert zehn Tagen nach der Zustellung dem Betreibungsamt mündlich oder schriftlich zu erklären.140
2    Bestreitet der Betriebene die Forderung nur teilweise, so hat er den bestrittenen Betrag genau anzugeben; unterlässt er dies, so gilt die ganze Forderung als bestritten.141
3    Die Erklärung des Rechtsvorschlags ist dem Betriebenen auf Verlangen gebührenfrei zu bescheinigen.
SchKG der bestrittene Betrag darin nicht
genau angegeben sei.

Die kantonale Aufsichtsbehörde wies die Beschwerde mit folgender
Begründung ab : Werde die in Betreibung gesetzte Forderung vom Schuldner
nur teilweise bestritten, so müsse die Bezeichnung des bestrittenen
Betrages so deutlich sein, dass das Betreibungsamt daraus allein ohne
weiteres entnehmen könne, für welchen Betrag die Be-treibung fortzusetzen
sei. Diese Voraussetzung sei hier unzweifelhaft erfüllt. Denn der
bestrittene Betrag lasse sich durch eine einfache Rechnung bestimmmen :
Der in Betreibung gesetzte mona'liche Mietzins betrage 53 Fr. 60 Cts. ;
anerkannt werde der Mietzins für fünf Tage, also hinsichtlich eines
Betrages von (53.60 : 30 X 5) = 8 Fr. 93 Cts., und bestritten werde der
Restbetrag von 44 Fr. 67 Cts.

C. Gegen diesen Entscheid rekurriert nunmehr die Gläubigerin unter
Erneuerung ihres Begehrens an das Bundesgericht. Sie führt aus : Das
Betreibungsamt habe
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 40 III 344
Date : 22. Oktober 1914
Published : 31. Dezember 1914
Source : Bundesgericht
Status : 40 III 344
Subject area : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Subject : 344 Entscheidungen der Schuldbelielbungs-- 62. Entscheid vom 22. Oktober 1914 i.


Legislation register
SchKG: 74  206  230  265
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