. 9. Urteil der I. Zivilabteilung vom 24. Januar 1914 1. S. Eh!-am & Sie,
Beklagte und Widerklägerin, gegen Rothschild, Klägerin und Widerbeklagte.
Absichtliche Täuschung. Schadenersatz trotz Gene hmigung (Art. 3
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 3 - 1 Wer einem andern den Antrag zum Abschlusse eines Vertrages stellt und für die Annahme eine Frist setzt, bleibt bis zu deren Ablauf an den Antrag gebunden. |
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1 | Wer einem andern den Antrag zum Abschlusse eines Vertrages stellt und für die Annahme eine Frist setzt, bleibt bis zu deren Ablauf an den Antrag gebunden. |
2 | Er wird wieder frei, wenn eine Annahmeerklärung nicht vor Ablauf dieser Frist bei ihm eingetroffen ist. |
OR). Wer in Kenntms der Täuschung erfüllt, kann nicht den Schaden aus
der Erfüllung ersetzt verlangen, es wäre denn, dass in der
Nichtgenehmigung, im Rücktritt vom Vertra ' grösserer Schaden läge
(Erw. 3). ge, em noch
Berufung, Art. 81
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 3 - 1 Wer einem andern den Antrag zum Abschlusse eines Vertrages stellt und für die Annahme eine Frist setzt, bleibt bis zu deren Ablauf an den Antrag gebunden. |
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1 | Wer einem andern den Antrag zum Abschlusse eines Vertrages stellt und für die Annahme eine Frist setzt, bleibt bis zu deren Ablauf an den Antrag gebunden. |
2 | Er wird wieder frei, wenn eine Annahmeerklärung nicht vor Ablauf dieser Frist bei ihm eingetroffen ist. |
Instanz (El-WI.) 4). wurdlgung
A. ._ Mit Urteil vom ]. Oktober 1913 hat die I. Appellatlonskammer des
Obergerichts des Kantons Zürich über die Streitfragen:
a) Hauptklage'
a Ist die Beklagte verpflichtet, an die Klägerin 760 Fr.
o nebst Zins zu 5 °/o seit 19. Juli 1912 zu bezahlen? b) Widerklage
Ist gälwlädezlöeklagte verpflichtet, an die Widerkläo genn . Cts. nebst °
' '
' 1912 zu bezahlen ? 5 /0 Zins seit 29. Oktober beschlossen :
Von der Reduktion der ma erischen For o 118 Fr. 25 Cts. wird
Vormerkggenommen ;derung um
und erkannt:
e 1. Die Beklagte ist schuldig, an die Klägerin 641 Fr. 75 Cts. nebst
Zins zu 5 o° seit dem 28. Juli 1912 zu be zahlen und es kann für diesen
Betrag in N° 10,788 die Fortsetzung der Betreibung verlangt werden.
2. Die Widerklage wird abgewiesen.
B. :Gegen dieses Urteil hat die Beklagte und Widerklagerm die Berufung an
das Bundesgericht erklärt und beantragt, es sei die Hauptkiage abzuweisen
und die Widerklage gutzuheissen, eventuell: es sei das angefochtene
Urteil aufzuheben und die Sache zur Einvernahme der Zeugen Vontobel und
Kupfer und nachherigen Aus-Obligationenrecm. N° 9. 41
fällung eines neuen Urteils an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung :
1. Mit Vertrag vom 24. Juni 1912 verkaufte die Klägerin und
Wider-beklagte der Beklagten und Widerklägerin zwei Schuldbriefe:
den einen im Nominalwert von 30,000 Fr., lautend auf Joh. Helbling und
haftend auf Bauland in Zürich V, mit einem Kapitalvorstand von 72,000
Fr. nebst laufenden Zinsen ab 1. Juni 1912; den andern im Nominalwert
von 8350 Fr., lautend auf Joh. Kopp und haktend auf einem Wohnhaus an
der scheuchzerstrasse in Zürich, nebst Zinsen seit 1. September 1911 und
mit einem Kapitaivorstand von 152,618 Fr. 35 Cts. Der Kaufpreis wurde
bestimmt auf 25,000 Fr., zahlbar mit zirka 24,000 Fr. innerhalb 14 Tagen
an die Leihkasse Stäfa gegen Aushingabe des Schuldbriefes von 30,000 Fr.,
der Rest zahlbar an die Verkäuferin nach Aushingabe des sehuldbkiekes von
8350 Fr. Dieser war bei Bankdirektor Vontobel, jener bei der Leihkasse
Stäfa verpfändet, die per 30. Juni 1912 Kontokorrentgläubigerin der
Witwe Rothschild für 24,240 Fr. war. Am 11. Juli 1912 schlossen die
Parteien eine weitere Vereinharung ab, wonach u. A. die Käuferin zur
Auslösung des Schuldbriefes von 30,000 Fr. bei der Leihkasse Stäfa.
acht Tage Zeit hatte seit der Uebergabe eines anderen, ebenfalls auf
Helbling lautenden Schuldbrieies von 30,000 Fr. durch Edwin Rothschild,
einen Vetter der Witwe Rothschild, ansonst sie in eine Konventionalstrafe
von 5000 Fr. verfiele. Die Uebergabe jenes weiteren Sehuldbriefes erfolgte
am 15. Juli 1912, worauf Ehrsam & Cie zunächst 2000 Fr. bei der Leihkasse
Stäfa einbezahlten und in der Folge den Rest der Kontokorrentschuld der
Witwe Rothschild ablösten.
Inzwischen hatten sie in Erfahrung gebracht, dass gegen Kopp Betreibung
auf Verwertung der Liegenschaft an der Seheuchzerstrasse eingeleitet
und bereits die Ver-
42 Obligationenrecht. N° 9.
wertung im Gange war und dass laut Lastenverzeichnis die Vorstände
einschliesslich der ausstehenden Zinsen über 160,000 Fr. betrugen,
entgegen angeblichen Zusicherungen des Vertreters der Witwe Rothschild
beim Vertragsabschluss. Dieser beruht nach der Auffassung von Ehrsam
& Cie auf Betrug seitens der Verkäuferin. Ehrsarn & Cie machten die
Witwe Rothschild für den Schaden verantwortlich, der ihnen aus der
Mehrbelastung der Liegenschaft Kopp über 152,618 Fr. 35 Cts. erwachsen
sollte, mit dem Beifügen: Wenn Wir uns trotz der Sachlage entschlossen
haben, die Rothschild'sche Po sition in Stäfa abzülösen, so geschah
dies einzig des halb, weil wir nicht durch Rücktritt vom Vertrag un
sere à como-Zahlung von Fr. 2000 aufs Spiel setzen wollten. An der
Grant ersteigerten dann Ehrsam & Cie die Liegenschaft Kopp für 157,000
Fr. Im Oktober 1912 leitete Witwe Rothschild die vorliegende Klage ein,
die ursprünglich auf 760 Fr. ging, jetzt noch auf 641 Fr. 75 Cts., als
Restanz dessen, was Ehrsam & Cie der Klägerin nach Ablösung ihrer Schuld
bei der Leihkasse Stäfa noch zu leisten haben. Ehrsam & Cie haben die
eingeklagte Forderung an sich nicht bestritten, aber ihrerseits von der
Klägerin Ersatz des Schadens verlangt,. der ihnen durch die Täuschung
zugefügt worden sei und der in der Diflerenz zwischen dem Zuschlagspreis
von 157,000 Fr. und dem zugesicherten Vorstand von 152,618 Fr. 35
cts. bestehe. Hievon verstellen'sie 641 Fr. 75 Cts. zur Verrechnung
mit der Hauptklageforderung; der Rest bildet den Gegenstand ihrer
Widerklage. Beide kantonalen Instanzen haben die Hauptklage geschützt
und die Widerklage abgewiesen.
..... 3. In der Sache selbst ist davon auszugehen, dass die Widerklägerin
nicht den Vertrag als unverbindlich angefochten und den Rücktritt erklärt,
sondern gegenteils erfüllt hat und zwar in Kenntnis der grösseren
Belastung der Liegenschaft, auf die ihr der Schuldbriei Kopp von 8350
Fr. abgetreten worden ist, und der Obligationenrecht. N° 9. 43
Hängigkeit der Grundpfandhetreibung. Sie hat aber dabei ausdrücklich
erklärt, dass sie sich ihre Schadenersatzansprüche gegenüber der
Widerbeklagten vorbehalte und sie ist der Auffassung, dieser Vorbehalt
genüge, um ihre auf Schadenersatz gerichtete Widerklage als begründet
erscheinen zu lassen. Die kantonalen Instanzen verneinen das mit der
Begründung, Art. 31 Abs. 3
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 31 - 1 Wenn der durch Irrtum, Täuschung oder Furcht beeinflusste Teil binnen Jahresfrist weder dem anderen eröffnet, dass er den Vertrag nicht halte, noch eine schon erfolgte Leistung zurückfordert, so gilt der Vertrag als genehmigt. |
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1 | Wenn der durch Irrtum, Täuschung oder Furcht beeinflusste Teil binnen Jahresfrist weder dem anderen eröffnet, dass er den Vertrag nicht halte, noch eine schon erfolgte Leistung zurückfordert, so gilt der Vertrag als genehmigt. |
2 | Die Frist beginnt in den Fällen des Irrtums und der Täuschung mit der Entdeckung, in den Fällen der Furcht mit deren Beseitigung. |
3 | Die Genehmigung eines wegen Täuschung oder Furcht unverbindlichen Vertrages schliesst den Anspruch auf Schadenersatz nicht ohne weiteres aus. |
einer Schadenersatzforderung trotz Genehmigung des Vertrages nicht die
Regel, sondern eher eine Ausnahme bilden solle; jedenfalls aber könne
der betrogene Teil, der den Vertrag trotz Kenntnis des Betruges erfülle,
vom Vertragsgegner nicht den Schaden ersetzt verlangen, der sich erst
aus der Genehmigung ergebe'und den der ihn geltend machende also sich
selbst zuziehe.
Zu Unrecht ficht die Widerklägerin diese Auflassung als rechtsirrtümlich
an. Die Voraussetzungen, unter denen trotz Genehmigung eines
wegen absichtlicher Täuschung unverbindlichen Vertrages ein
Schadenersatzanspruch nach Art. 31 Abs. 3
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 31 - 1 Wenn der durch Irrtum, Täuschung oder Furcht beeinflusste Teil binnen Jahresfrist weder dem anderen eröffnet, dass er den Vertrag nicht halte, noch eine schon erfolgte Leistung zurückfordert, so gilt der Vertrag als genehmigt. |
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1 | Wenn der durch Irrtum, Täuschung oder Furcht beeinflusste Teil binnen Jahresfrist weder dem anderen eröffnet, dass er den Vertrag nicht halte, noch eine schon erfolgte Leistung zurückfordert, so gilt der Vertrag als genehmigt. |
2 | Die Frist beginnt in den Fällen des Irrtums und der Täuschung mit der Entdeckung, in den Fällen der Furcht mit deren Beseitigung. |
3 | Die Genehmigung eines wegen Täuschung oder Furcht unverbindlichen Vertrages schliesst den Anspruch auf Schadenersatz nicht ohne weiteres aus. |
in Doktrin und Praxis bestritten. Einigkeit herrscht darüber, dass ein
ausdrücklicher oder stillschweigender Verzicht den Schadenersatzanspruch
ausschliesst. Hier hat aber die Widerklägerin-ihre Schadenersatzansprüche
ausdrücklich vorbehalten. Allein es fragt sich, ob sie den vorbehaltenen
und eingeklagten Schaden aus der Erfüllung in Verbindung mit der
nachträglichen Abwicklung, nämlich der Realisierung des abgetretenen
Schuldbriefes, geltend machen könne. Das ist mit der Vorinstanz zu
verneinen. Denn dieser Schaden ist nicht durch den Abschluss des Vertrages
und auch nicht durch den Abschluss zu jenen Bedingungen, insbesondere
zur Höhe des Kaufpreises, entstanden. Er war bei der Genehmigung noch
gar nicht vorhanden, sondern er ist erst durch die Erfüllung entstanden,
streng genommen erst durch einen der Erfüllung nachfolgenden Rechtsakt,
der sich indessen als Wirtschaftliche Folge der Erfüllung erweist, nämlich
44 Obligationenrecht. N' 9.
durch die Ersteigerung der Liegenschaft durch die Widerklägerin. Der
Geltendmachung dieses Schadens steht der allgemeine Reehtssatz entgegen,
dass niemand von einem Dritten Ersatz eines Schadens verlangen
kann, den er selber herbeigeführt hat. Vergl. die überzeugenden
Ausführungen WEGHTERS in Bl. f. zürch. Rspr. 3 ad N° 60, sowie v. Turm
in Ztschr. f. schw. R. 17 S. 66.
Hievon wäre nur dann eine Ausnahme zu machen, wenn in der
Nichtgenehmigung, imRiicktritt, ein grösserer Schaden läge. Denn
dann könnte dem Geschädigten nicht zugemutet werden, diesen grösseren
Schaden zu riskieren, v. OSER, Komm. S. 133. So liegt aber hier die
Sache nicht. Die Widerklägerin hätte bei Rücktritt vom Vertrag im
schlimmsten Falle die Anzahlung von 2000 Fr. an die Leihkasse Stäfa
eingebiisst. Nach aktenmässiger Feststellung-der ersten Instanz, der
die zweite stillschweigend beitrat, ist auch das nicht nachgewiesen.
Dass der abgetretene Brief zu Verlust gekommen ist, beweist hiefùr
nichts und dass die Widerbeklagte im Ausland hätte belaugt werden
müssen, Wäre höchstens eine prozessualische Erschwerung Die Zahlung
der für den Fall der nicht rechtzeitigen Ablösung des Schuldbriefes
von 30,000 Fr. vorgesehenen Konventionalstrafe sodann konnte nicht in
Betracht fallen, da die Verurteilung zu dieser Konventionalstrafe ganz
kern lag. Die Widerklägerin hat es vorgezogen, das Risiko der Erfüllung
auf sich zu nehmen; sie kann dieses jetzt nicht auf die Widerbeklagte
abwälzen, zumal da das ganze Rechtsgeschäft aleatorischen Charakter trug,
wie die erste Instanz richtig bemerkt hat.
4. Daraus ergibt sich die Unbegründetheit der Forderung der Beklagten
und Widerklägerin und implizite die Unerhebliehkeit des eventuellen
Berufungsantrages auf Abhörung der Zeugen Vontobel und Kupfer. Die
Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Einvernahme dieser Zeugen
ist noch aus einem anderen Grunde ausgeschlossen. Es steht fest, dass
weder Vontobel nochObligationenrecht. N° 10. 4-5
Kupfer beim Abschluss des Vertrages zugegen waren. Die Vorinstanz
schliesst daraus, dass mit ihrer Abhärung nichts entscheidendes über das
zwischen den Parteien verhandelt bewiesen werden könnte. Hierin liegt
eine anticipando Beweiswürdigung, über die das Bundesgericht nicht
hinwegschreiten kann. Die Berufung ist also durchwegs unbegründet.
Demnach hat das Bundesgericht e r k a n u t :
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil der I. Appellationskammer
des Obergerichts des Kantons Zürich vom 1. Oktober 1913 bestätigt.
. 10. Urteil der I. Zivilahteilung vom 20. Februar 1914 i. S. Bea,
Beklagter, gegen Stumpf, Kläger.
i Kaufvertrag über ein Automobil, wobei der Kaufpreis durch eine
Bank in Form einer von den Käufern zu verbürgenden K reditbewilligung
auszuzahlen ist. Gleichzeitiger Mietvertrag über das Automobil, wonach
die Käufer o es dem Verkäufer unentgeltlich zur freien Benützung
überlassen sollen. Auslegung dieser Verträge auf Grund ihres Inhaltes
und der Umstände des Falles, namentlich früherer Vertragsbeziehun'gen der
Parteien, dahin, dass insofern S ima lation vorliegt, als in Wirklichkeit
der Verkäufer einen von den Käufern zu verbürgenden Darlehensbetrag
erhalten sollte und den Burgen durch Dargabe des Automobils Realsicherheit
zu leisten hatte.
1. Am 19. November 1908 hat der Beklagte Bea, Autotomobilhändler in Basel
mit dem Kläger Stumpf und J. Steurer einen Kaufvertrag " abgeschlossen,
wonach er erklärte, ihnen einen (näher bezeichneten) Motorwagen Prunello
zum Gesamtpreise von 5000 Fr. zu verkaufen. Den genannten Betrag
sollte der Beklagte von einer Basler Bank in Konto-Korrent erhalten
gegen Bürgschaft des Klägers und Steurers, denen wiederum Frau Josefine
Weckerle Rückbürgschaft zu leisten hatte. Der