474 Staatsreeht.

heit zu gehen, dieses Rechtsmittel zu ergreifen, über dessen Zulässigkeit
und eventuell Begründetheit das Bundesgericht als Zivilgerichtshof
definitiv zu. entscheiden haben wird.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

1. Der Rekurs wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen und die
Staatskanzlei des Kantons Luzern angewiesen, der Rekurrentin den
regierungsrätlichen Entscheid vom 9. September 1914 in Sachen Edili-Arnold
in der in den Erwägungen angegebenen Weise mitzuteilen und ihr Einsicht
in die Akten zu gewähren.

II. HANDELSUND GEVERBEFREIHEIT

LlBERTÉ DU COMMERCE ET DE L'INDUSTRIE

55. Urteil vom 17. September 1.914 i. .S. Hallheimer gegen Regierungsrat
St. Gallen.

Eine Musteroder Modellausssstellung, hei welcher keine Ware verkäuflich
ist, ist nicht patentpflichtig, und kann daher einer Patenttaxe nicht
unterworfen werden. Art. 31
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999
Cst. Art. 31 Privation de liberté - 1 Nul ne peut être privé de sa liberté si ce n'est dans les cas prévus par la loi et selon les formes qu'elle prescrit.
1    Nul ne peut être privé de sa liberté si ce n'est dans les cas prévus par la loi et selon les formes qu'elle prescrit.
2    Toute personne qui se voit privée de sa liberté a le droit d'être aussitôt informée, dans une langue qu'elle comprend, des raisons de cette privation et des droits qui sont les siens. Elle doit être mise en état de faire valoir ses droits. Elle a notamment le droit de faire informer ses proches.
3    Toute personne qui est mise en détention préventive a le droit d'être aussitôt traduite devant un ou une juge, qui prononce le maintien de la détention ou la libération. Elle a le droit d'être jugée dans un délai raisonnable.
4    Toute personne qui se voit privée de sa liberté sans qu'un tribunal l'ait ordonné a le droit, en tout temps, de saisir le tribunal. Celui-ci statue dans les plus brefs délais sur la légalité de cette privation.
BV.

A. Sigmund Hallheimer, modes en gros, in Zürich, eröffnete am 9. und
10. März 1914 im Hotel Schiff in St. Gallen eine sogenannte Modelloder
Musterausstellung. Er wurde deshalb vom Stadtrat St. Gallen, in Anwendung
von Art. 4 Ib, 7 und 16 Abs. 2 des kantonalen Gesetzes vom 28. Juni 1887
über den Marktverkehr und das Hausieren mit einer T axe (Patenttaxe)
von 50 Fr. für Staat und Gemeinde belegt.

Gegen diese Verfügung rekurrierte Hallheimer umsonst an den Regierungsrat
von St. Gallen. In ihrem abwei-

Handelsund Gewerbefreiheit. N° 55. 475

senden Entscheid vom 17. April 1914 beruft sich die Regierung
zunächst auf die Vernehmlassung der ersten Instanz, wonach auch
die Muster-oder Modellausstellungen, bei welchen zwar keine direkte
Verkäufe abgeschlossen, sondern nur Bestellungen aufgenommen werden,
unter den Begriff eines Wanderlagers zu unterstellen seien, weil,
wenn hiebei die ausgestellte Ware auch nicht sofort abgegeben werde,
doch tatsächlich ein Verkauf von Waren vor sich gehe. Der Regierungsrat
verweist sodann auf den bundesrätlichen Entscheid vom 30. März 1907
in Sachen der Magazine zum Wilden Mann in Basel gegen St. Gallen,
welcher, seiner Ansicht nach, sich vollständig mit dem vorliegenden
Falle decke, (siehe diesen Entscheid abgedruckt im Bundesblatt 1907 II
S. 281). Da. Hallheimer nicht in St. Gallen ansässig sei, müsse seine
Musterausstellung als patentund taxpflichtiges Wanderlager im Sinne von
Art. 4 I b des kantonalen Hausiergesetzes betrachtet werden.

B. Diesen Entscheid zieht Hallheimer auf dem Wege des staatsrechtlichen
Rekurses an das Bundesgericht weiter. Er macht geltend : Er
führe in Damenputzartikeln, Federn, Bändern, Hüten u. dergl. nur
das Engrosgeschäft. Er verkaufe überhaupt nicht direkt an die
Konsumenten sondern nur an Wiederverkäufer oder Verarbeiter dieser Waren
(Modegeschäfte usw.). Ein Verkauf auch nur an diese sei aber anlässlich
der fraglichen Modellausstellung nicht vorgekommen. Dabei sei, wie bei
allen derartigen, nunmehr allgemein üblichen Veranstaltungen, der Vorgang
der, dass die Wiederverkäufer und Verarbeiter, nicht das allgemeine
Publikum, einzeln zur Ausstellung eingeladen werden, damit sie, nach
Bemusterung der Modelle, Bestellungen aufgeben. Die vorgewie-

,sene Musterkollektion werde selbstverständlich nicht

verkauft oder feilgeboten. Eine solche gewerbliche Veranstaltung könne
daher nicht als ein Vanderlager betrachtet und einer Patenttaxe unterzogen
werden, usw.

Am 14. Juli 1914-sandte der Rekurrent ein Gutachten

AS 401 1914 31

476 Staatsrecm.

vom 11. Juli des kaufmännischen Direktoriums von St. Gallen zu den Akten
ein. Das Gutachten unterstützt die Ausführungen des Rekurrenten. Bei
Modellausstellungen werden die Musterkollektionen den bestimmten vorher
besonders eingeladenen Personen nur vorgewiesen, nicht feilgebcten. Auch
bei der Modeausstellung des Rekurrenten vom 9. und 10. März sei dieser
Charakter strenge gewahrt worden: das einzelne Muster sei dabei, nach
Äusserungen aus dem Kundenkreise der Firma Hallheimer, nicht abgegeben
worden, auch nicht ausnahmsweise und auf besonderes Verwenden hin.

C. In den Vernehmlassungen der Regierung zum Rekurse und zur Eingabe
des kaufmännischen Direktoriums wird auf Abweisung der Beschwerde
angetragen. Gegenüber den Ausführungen des Gutachtens bemerkt die
Rekursbeklagte u. a., sie halte an der Vermutung fest, dass bei solchen
Gelegenheiten auch Verkäufe gemacht werden nach früheren Erfahrungen
bei anderen Geschäften .

Das Bundesgericht zieht in E rw ä g u n g :

1. Das st. gallisehe Gesetz über den Marktverkehr und das Hausieren
vom 28. Juni 1887, auf welches sich das angefochtene Erkenntnis stützt,
schreibt in Art. 4 vor: Als Hausieren oder Gewerbebetrieb im Umher ziehen
ist aufzufassen :

1. Das Feilbieten von Waren

b) durch vorübergehende Eröffnung eines Waren lagers ausserhalb der Dauer
von Märkten (sog. Wander lager oder Ausverkauf). Das Gesetz erklärt sodann
diese Wanderlager oder Ausverkäufe als patentpflichtig und unterwirft
sie einer Patenttaxe (Art. 16).

Dass die Bestimmung des Art. 4 l b an sich verfassungswidrig sei,
behauptet der Rekurrent nicht. Ebensowenig richtet sich dessen Anfechtung
gegen die Höhe der Patenttaxe-. Dagegen erblickt er eine Verletzung der

......

Handelsund Gewerbefreiheit. N° 55. 477

Handelsund Gewerbefreiheit darin, dass die von ihm am 9. und 10. März
veranstalteten Modellund Musterausstellungen als Wanderlager betrachtet
und demgemäss mit einer Patentgebühr belegt wurden.

2. Bei der Beurteilung dieser Beschwerde ist davon auszugehen, dass
Art. 31 litt
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999
Cst. Art. 31 Privation de liberté - 1 Nul ne peut être privé de sa liberté si ce n'est dans les cas prévus par la loi et selon les formes qu'elle prescrit.
1    Nul ne peut être privé de sa liberté si ce n'est dans les cas prévus par la loi et selon les formes qu'elle prescrit.
2    Toute personne qui se voit privée de sa liberté a le droit d'être aussitôt informée, dans une langue qu'elle comprend, des raisons de cette privation et des droits qui sont les siens. Elle doit être mise en état de faire valoir ses droits. Elle a notamment le droit de faire informer ses proches.
3    Toute personne qui est mise en détention préventive a le droit d'être aussitôt traduite devant un ou une juge, qui prononce le maintien de la détention ou la libération. Elle a le droit d'être jugée dans un délai raisonnable.
4    Toute personne qui se voit privée de sa liberté sans qu'un tribunal l'ait ordonné a le droit, en tout temps, de saisir le tribunal. Celui-ci statue dans les plus brefs délais sur la légalité de cette privation.
. e BV den Kantonen aus.drücklich das Recht zum Erlasse
gewerbepolizeilicher Vorschriften und zur Besteuerung des Gewerbebetriebes
vorbehält, also das System der freien Konkurrenz nicht schrankenlos,
sondern innert gewisser Grenzen und unter Wahrung der Steuerhoheit der
Kantone gewährleistet (AS 38 I S. 32). Das Wanderlager oder Ausverkauf
ist nun an sich zweifellos eine jener Formen des Gewerbebetriebes, die die
Kantone, gemäss jener, Bestimmung, gewissen Schranken (Patentpflicht und
Patenttaxe) unterwerfen dürfen. Dies geht aus Art. 9 des Bundesgesetzes
vom 24. Juni 1892 betreffend die Patenttaxen der Handelsreisenden hervor,
wonach die Gesetzgebung über das Feilbieten von Waren auf den Marktplätzen
oder im Umherziehen sowie über den Ausverkauf ven Warenlagern den
Kantonen vorbehalten wird. Es ist aber einleuchtend, dass die Kantone
diese ihnen verfassungsmassig zustehende Befugnisse überschreiten und
damit eine Verletzung der Handelsund Gewerbefreiheit begehen, wenn sie,
sei es in der Gesetzgebung selbst, sei es in ihrer Auslegung, Formen oder
Äusserungen gewerblicher Betätigung als Wanderlager der Patentpflicht
und der Patenttaxe unterziehen, die begrifflich nicht darunter fallen.

3. Der Hinweis auf den bundesrätlichen Entscheid vom 30. März 1907
in Sachen der Magazine zum Wilden Manne in Basel gegen St. Gallen
geht fehl. Jene Angelegenheit betraf nicht die Auslegung des
Begriffes Wanderlager , sondern die Anwendung des Bundessi gesetzes
betreffend die Patenttaxen der Handelsreisenden (Art. 1 und 2). Auf die
Begriilsbestimmung des Wanderlagers oder des Ansverkaufs nimmt denn auch
jener Ent-

478 ss Staatsrecht.

scheid in keiner Weise Bezug (siehe Motivierung im Bundeshlatt 1907 II
S. 281 ff.) und ist daher für den heutigen Fall nicht massgebend.

Zum Begriffe eines Wanderlagers gehört nun ohne Zweifel das Merkmal des
Feilbietens und des Verkaufs der im Lager vorhandenen Ware. Mag man das
Wanderlager auffassen als das Feilbieten von Ware durch Er-

öfinung eines Warenlagers ausserhalb der Dauer von.

Märkten (Art. 4 Ib des st. gailischen Gesetzes), oder als ein Ausverkauf
von Warenlagern (Déballage) , wie das eidgenössische Gesetz über die
Patenttaxen (Art. 9) es bezeichnet, in jedem Falle gehört jenes Merkmal
zum Begriffe dieser Form des handelsgewerblichen Betriebes.

Ein Beweis dafür aber, dass die Veranstaltung des Rekurrenten das
Feilbieten und den unmittelbaren Verkauf Von Ware bezweckt habe und dass
dabei die ausgestellten Gegenstände tatsächlich verkäuflich gewesen seien,
ist in den Akten nicht vorhanden. Zu einer solchen Annahme genügt die
blosse Vermutung nicht, um so weniger als diese Vermutung sich nicht auf
diesen Fall, sondern auf Beobachtungen bei anderen Gelegenheiten bezieht
und als sie mit den Feststellungen des Stadtrates von St. Gallen in
Widerspruch steht. _Anderseits, bezeugt das kaufmännische Direktorium von
St. Gallen, dass bei den Modeausstellungen vom 9. und 10. März Verkäufe
tatsächlich nicht vorgekommen seien und der Charakter dieser gewerblichen
Betätigung strikte gewahrt werden sei. Übrigens schliesstschon der Zweck
dieser Veranstaltungen den Verkauf der ausgestellten Gegenstände aus. Das
Wan'derlager setzt eben das Vorhandensein einer Mehrzahl, ja einer
grossen Anzahl Gegenstände derselben Gattung, der eigentlichen Ware ,
voraus. Bei einer Modellausstellung hingegen wird in der Regel nur ein
Exemplar derselben Gattung oder Art vorhanden sein (Muster), das eben
deswegen nicht veräusserlich ist, d. h. nicht einmal als eigentliche
Ware gelten kann. Und auch hierin unterscheidet sich schliesslich die
Modell-Handelsund Gewerbetreiheit. N° 56. 479

aussteilung, die der Rekurrent veranstaltet hat, von einem Wanderlager,
dass sie (was vom Regierungsrate nicht direkt bestritten wird) nicht
für das allgemeine Publikum, sondern nur für einen bestimmten Kreis von
Personen (Wiederverkäufer und Modistinnen) bestimmt war.

Treffen somit in der Tätigkeit, die der Rekurrent in St. Gallen
ausgeübt hat, die Hauptmerkmale eines Wanderlagers nicht zu, so fehlt
dem angefochtenen Entscheide die verfassungsmässige Grundlage. Er stellt
sich als eine unrichtige, jedenfalls in weitem Masse extensive Auslegung
einer an sich allerdings zulässigen Bestimmung dar, die aber, weil sie
die Beschränkung eines verfassungsmassig garantierten Rechts bedeutet,
nicht ausdehnend ausgelegt werden darf. Der angefochtene Entscheid ist
daher als verfassungswidrig (Art. 31
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999
Cst. Art. 31 Privation de liberté - 1 Nul ne peut être privé de sa liberté si ce n'est dans les cas prévus par la loi et selon les formes qu'elle prescrit.
1    Nul ne peut être privé de sa liberté si ce n'est dans les cas prévus par la loi et selon les formes qu'elle prescrit.
2    Toute personne qui se voit privée de sa liberté a le droit d'être aussitôt informée, dans une langue qu'elle comprend, des raisons de cette privation et des droits qui sont les siens. Elle doit être mise en état de faire valoir ses droits. Elle a notamment le droit de faire informer ses proches.
3    Toute personne qui est mise en détention préventive a le droit d'être aussitôt traduite devant un ou une juge, qui prononce le maintien de la détention ou la libération. Elle a le droit d'être jugée dans un délai raisonnable.
4    Toute personne qui se voit privée de sa liberté sans qu'un tribunal l'ait ordonné a le droit, en tout temps, de saisir le tribunal. Celui-ci statue dans les plus brefs délais sur la légalité de cette privation.
BV) aufzuheben (AS 33 I S. 695;
AS 39 I S. 325).

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Der Rekurs wird begründet erklärt und der Entscheid des Regierungsrates
des Kantons St. Gallen vom 17. April 1914 aufgehoben.

56. Arret du 19 Novembre 1914 dans la cause Held contre Neuchätel.

Arrété ordonnant la fermeture, pendant la durée de la guerre, des
établissements de spectacles cinématographiques. Inconstitutionnalité de
cette mesure motivée par des considérations d'ordre purement économique.

J .-G. Held exploite à Neuebätei un établissement de spectacles
cinématographiques, le Cinema Palace. Le 10 ao'ut 1914, la Direction de
police de la Ville de Neuchàtel en a ordonné la fermeture provisoire. Le
22 septembre,
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : 40 I 474
Date : 09 septembre 1914
Publié : 31 décembre 1914
Source : Tribunal fédéral
Statut : 40 I 474
Domaine : ATF- Droit constitutionnel
Objet : 474 Staatsreeht. heit zu gehen, dieses Rechtsmittel zu ergreifen, über dessen Zulässigkeit


Répertoire des lois
Cst: 31
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999
Cst. Art. 31 Privation de liberté - 1 Nul ne peut être privé de sa liberté si ce n'est dans les cas prévus par la loi et selon les formes qu'elle prescrit.
1    Nul ne peut être privé de sa liberté si ce n'est dans les cas prévus par la loi et selon les formes qu'elle prescrit.
2    Toute personne qui se voit privée de sa liberté a le droit d'être aussitôt informée, dans une langue qu'elle comprend, des raisons de cette privation et des droits qui sont les siens. Elle doit être mise en état de faire valoir ses droits. Elle a notamment le droit de faire informer ses proches.
3    Toute personne qui est mise en détention préventive a le droit d'être aussitôt traduite devant un ou une juge, qui prononce le maintien de la détention ou la libération. Elle a le droit d'être jugée dans un délai raisonnable.
4    Toute personne qui se voit privée de sa liberté sans qu'un tribunal l'ait ordonné a le droit, en tout temps, de saisir le tribunal. Celui-ci statue dans les plus brefs délais sur la légalité de cette privation.
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