gegenüber einem Elektrizitätswerk die freie-Ausgestaltung zugestanden
werden müsse, weil sie verschiedenartig seien. Das ist aber insofern
offensichtlich unrichtig, als die beiden Anlagen gleiche Zwecke verfolgen,
was hier insoweit der Fall ist, als die Anlagen die Beleuchtung des
nämlichen Quartiere anstreben. Elektrizität und Gas sind nun wohl
verschiedene Mittel zur Erreichung dieses Zwecks, aber der letztere ist
es, der die Konkurrenz bewirkt, die Werke zu gleichartigen macht und
den Grund abgibt für eine behördliche Regelung ihrer Konkurrenz. Nur
auf diesen gleichen Zweck der Beleuchtung bezieht sich denn auch die
angefochtene Bedingung, dass das Gas der Elektrizität zu weichen habe,
wenn diese von der Gemeinde Rorschaeherberg zu annähernd gleichen
Bedingungen bezogen werden könne. Dass Gas und Elektrizität nicht in
gleicher Weise den Zweck erfüllen, mag seine Bedeutung haben dafür,
wie die Konkurrenzfrage zu lösen ist, beseitigt aber die Tatsache des
Vorhandenseins dieser Konkurrenz nicht.
Demnach hat das Bundesgericht erkannt: Der Bekaer wird abgewiesen.Verbot
der Doppelbesteuerung X'si 24.197
III. VERBOT DER DOPPELBESTEUERUNGINTERDICTION DE LA DOUBLE IMPOSITION
24. Urteil vom 3. April 1914 i. S. Bächtold & 0, AL.-(!. gegen Thurgau
und Baselstadt.
Besteuerung eines Fabrikationsbetriebes, dessen Geschäftssitz und
kaufmännische Leitung aus dem Kanton, in welchem sich die Fahrikanlagen
befinden, in einen andern Kanton verlegt wurden. Berechnung der in jedem
der beiden Kantone zu versteuernden Vermögensund Einkommensquoten.
A. Die Rekurreulin betreibt als Aktiengesellschaft Bächtold & Cic eine
Maschinenfabrik und Giesserei. Sie hatte bis Ende 1912 ihren Sitz in der
thurgauischen Gemeinde Steckhorn, wo sich die Fabrikanlagen befinden,
verlegte ihn aber auf 1. Januar 1913 nach der Stadt Basel.
In Basel wurde die Gesellschaft hierauf für das Jahr 1913 gemäss
ihrer Selbstdeklaration und zwar bezüglich der (auf den 30. Juni zu
entriehtenden) Vermögenssteuer auf Grund der Jahresbilanz pro 30. Juni
1912 und bezüglich der (erst auf den 30. November zu entrichtenden)
Ertragssteuer auf Grund der Jahresbilanz pro 30. Juni 1913 Wie folgt zur
Steuerleistung herangezogen : Von den als steuerpflichtiges V e r m ö
g e n der Gesellschaft behandelten Gesamtbetrag der eigenen Gelder von
1,036,828 Franken (1,0%,000 Fr. Aktienkapital + 27,000 Fr. Re-serven
+ 9828 Fr. Gewinnvortrag) erklärte die Steuerverwaltung als in Basel
versteuerbar zunächst ein praecipuum von 10 % = 103,682 Fr. für den
Sitz und dazu eine, durch verhältnismässige Verlegung der Gesamtaktiven
je nach ihrer Zugehörigkeit zum Fabrikationsort oder zum Gesellschaftssitz
bestimmte Quote der
198 d' taatsrecht.
restierenden 90 % von 933,146 Fr. Dabei bezeichnete sie als für Basel in
Betracht kommende Aktivposten : Debitoren , Väechsel , Wertschriften
und Kassa von zusammen 806,438 Fr. = 41,34% der Gesamtaktiven
von 1,950,785 (während der Besteuerung am Fabrikationsert überlassen
bleiben sollten die Aktivposten : Gebäude, Liegenschaften, Beamtenund
Arbeiterhäuser, Maschinen, Werkzeuge und Mobiliar, Waren, Halbfabrikate
und Materialien und Ökonomie von zusammen 1,144,347si Fr. = 58,66 %
der Gesamtaktiven). So ergab sich ein in Basel steuerpflichtiges Vermögen
von 489,445 Fr. (103,682 Fr. zum voraus + 41,34 % von 933,146 Fr. =
385,763 Fr.). Und in analoger Weise ermittelte die Steuerverwaltung den in
Basel steuerpflichtigen Ertrag der Gesellschaft unter Zugrundelegung des
bilanzmässig ausgewiesenen Reingewinns der Rechnungsperiode, von 37,184
Fr. 80 Cts., durch Einstellung eines praecipuum von 10% nebst einer
dem Verhältnis der für den Geschäftssitz Basel relevanten Aktivposten
zu den Gesamtaktiven der Vermögensrechnung entsprechenden Quote der
restierenden 90 %, auf total 14,628 Fr. 40 C'ls.
Anderseits wurde die Gesellschaft in Steckborn im Frühjahr 1913 für
dieses Jahr in gleichem Umfange, wie bis anhin, zur Vermögens; und
Einkommensversteue-
rung eingeschätzt, nämlich mit 1,170,690 Fr. Yermö-r
gen (entsprechend dem Aktienkapital nebst Reserven von 1,027,000 Fr.,
plus einem Betrage von 143,690 Fr. Amortisationen an Liegenschaften
, gleich der Dillerenz zwischen dem Assekuranzwert und dem geringeren
Bilanzwert der Gebäulichkeiten) und mit rund 30,000 Fr. Einkommen. Wegen
dieser Einschätzung beschwerte sich die Gesellschaft beim Regierungsrat
des Kantons Thurgau unter Hinweis darauf, dass die Gemeindesteuerbehörde
der Verlegung ihres Geschäftes nach Basel keine Rechnung getragen habe,
und mit dem Verlangen, ihreVerbot der Doppelnestcnernng. N° ".' 1. 199
Besteuerung ists steekborn sei der bundesrechtmàssigen T fixation der
baselstädtischen Steuerverwaltung anzupassen. In Erledigung dieser
Beschwerde beauftragte der Regierungsrat mit Beschluss vo rn 11. Juli
1913 die Steuerkommission Steckborn, die Rekurrentin neu einzusteuL-rn ,
bemerkte jedoch in der Begründung, -. dass der vorzunehmenden Tnxation
selbstverständlich nicht die. Normen der Basler Einschätzung, sondern
allein die thurgauischen steuerrechtlichen Vorschriften als Grundlage zu
dienen haben. Die Steuerkommission Steckborn hielt aber mit Verfügung
vom 5. August 1913 an ihrer erwähnten Einschätzung fest, Hierauf wies
der Regierungsrat, an den die Gesellschaft wiederum rekur--
ss rierte, Zunächst durch Beschluss vom 24. Oktober
1913 den Fall an die säeuerkommission zurück mit dem Auftrage, an Hand
der Bücher und Urkunden eventuell unter Beizug fachmännischer Hilfe die
rekurrentischen Verhältnisse genau zu eruieren und auf Grund dieser
Erhebungen die Einsteuerung nötigenfalls zu berichtigen Und sodann
entschied er durch Beschluss vom 7. November 1913 im Sinne der Abweisung
des Rekurses. Aus den Erwägungen dieses Beschlusses ist zu erwähnen :
Am 30. Oktober 1913 habe sich eine Abordnung der Steuerkommission
Steckborn in Begleitung des Staatsbuchhalters und des kantonalen
Rewsorates nach dem Geschäft der Gesellschaft in Steckborn begehen, um
die im Regierungsratsheschluss vom 24. Oktober verlangten Feststellungen
vorzunehmen. Es seien ihr aber, wie schon der steuerkommission vor Erlass
ihres T axntionsentscheides vom 5. August 1913, der Aufschluss über den
Verkehr in Basel und auch die Büchervorlage verweigert worden. Bei dieser
Sachlage erscheine eine Ausscheidung als unmöglich und könne die von
der Steuerverwaltung Basel getroffene Festsetzung der Steuerfaktoren auf
ihre Richtigkeit nicht nachgeprüft werden. Für die Einsteuernng im Kanton
2(-O Staatsrecht.
Thurgau könne das Basler Gesetz aber auch abgesehen davon nicht massgebend
sein. Denn tatsächlich liege der gesamte Grundbesitz der Gesellschaft
mit Maschinen, Werkzeugen und Mobilien, Waren, Halbfabrikaten und
Materialien in Steckborn, und hier befinde sich nach wie vor auch
das Geschäftsbureau, die Buchhaltung und die Kasse, während das
Geschäftsdomizil in Basel lediglich in der Meinung verzeigt worden sei,
der thurgauischen Besteuerung damit in der Hauptsache zu entgehen. Die
Mietung des dortigen Büreaus könne nach den Verumständungen nicht ernst
genommen werden, um so weniger, als die Allgemeine Immobiliengesellschaft
als Vermieterin erscheine, deren Präsident, Ed. Bischofi-Wunderli,
zugleich Delegierter des Verwaltungsrates der A..-G. Bächtold & Cie
sei. Zudem vermöchte die blosse Etablierung eines Büreaus an sich noch
keineswegs eine Verteilung der Betriebsfaktoren zu begründen. Da die
rekurrierende Gesellschaft somit den Nachweis schuldig geblieben sei, dass
sie in Basel tatsächlich ständige körperliche Anlagen und Einrichtungen
besitze, mittelst deren sich daselbst ein qualitativ und quantitativ
wesentlicher Teil ihres Geschäftsbetriebes vollziehe, könne ihr Begehren
nicht geschützt werden. Im einzelnen sei bezüglich der angefochtenen
Besteuerung des Differenzwertes von 143,690 Fr. der Liegenschaften auf §
5 des thurgauischen Steuergesetzes zu verweisen, laut welchem Gebäude
und Liegenschaften zum Katasterwerte steuerpflichtig seien.
8. Mit Eingabe ihres Vertreters vom 19. November 1913 hat die
A. G. Bächtold & Cia gegen die beiden Regierungsratsbeschlüsse vom
24. Oktober und ?. November 1913 rechtzeitig den staatsrechtlichen Rekurs
an das Bundesgericht ergriffen und die Anträge gestellt :
1. Die beiden Beschlüsse seien aufznheben.
2. Der Regierungsrat des Kantons Thurgau sei anzuweisen, der
thurganischen Steuertaxation der Rekurrentin pro 1913 folgende Faktoren
zugrunde zu legen:Verbot der Doppelbesteuerung N 24. 201 Vermögen:
a) an Liegenschaften. . . . Fr. 480,505 I)) an Betriebskapital . . .
66,878 Einkommen: 9519 Fr. 10 Cts. bezw. . . 8,919 10
3. Eventuell sei der Regierungsrat anZuweisen, mit den Steuerbehörden
des Kantons Basel-Stadt eine Einigung über die Verteilung der
Steuerfaktoren zwischen den beiden Kantonen unter Berücksichtigung des
bundesverfassungsmässigen Verbotes der Doppelbesteuerung zu erzielen.
Vorsorglich hatte die Gesellschaft schon dem Regierungsratsbeschlusse
vom 11. Juli 1913 gegenüber mit Eingabe ihres Vertreters vom 14. August
1913 staaterechtlichen Rekurs erhoben und gegen die darin zum Ausdruck
gebrachte Auffassung des Regierungsrates, dass für ihre Neueinschätzung
ausschliesslich das thurgauische Steuerrecht massgebend sei, mit
dem Verlangen protestiert, der Kanton Thurgau habe das Verbot der
Doppelbesteuerung zu beachten und als primär massgebend die Einschätzung
des Vermögens und Einkommens der Rekurrentin am Geschäftssitz in Basel
anzuerkennen. ·
Die nunmehr vorliegende definitive Rekurseingabe ersucht urn gleichzeitige
Erledigung dieser früheren Rechtsverkehr und macht zur Begründung ihrer
Anträge wesentlich geltend: Abgesehen von der Tatsache, dass sich die
Buchführung der Rekurreniin, ausser den für die Fabrikation notwendigen
Hülfsbüchern, am Gesellschaftssitze Basel befinde, sei das Verlangen der
Büchervorlage seitens der thurgauischen Steuerbehörden ein willkürliches.
Denn Streit herrsche ja nicht über die vorhandenen Steuerfaktoren
an sich, die alle aus der unbeanstand eten Bilanz ersichtlich seien,
sondern nur über die Verteilung der Faktoren unter die -Kantone Basel
Stadt und Thurgau. In den §§ 25 und 2.6 des thurgauischen Steuergesetzes
(vom 15. Februar 1899) sei das Recht der Steuerbehörden, von Urkunden,
Büchern etc. Einsicht zu nehmen, nur vorge-
202 staatsrecht-
sehen für die Feststellung der Steuerfaktoren, d. h. des Vermögens an
Kapitalien etc. und des Einkormnens, das der Steuerpflichtige besitze,
während hier alles klar zutage liege. Rein ohne innern Grund könne der
thurgauische Fiskus die Vorlage weder der Hauptbuchhaltung in Basel,
noch der für die Fabrikation notwendigen Hülfsbücher in Steckborn
verlangen. Ein solches Verlangen sei denn auch bei Vorliegen einer
anerkannten und klaren Bilanz noch niemals und nirgends gestellt worden;
das Vorgehen der Steuerbehör-den der Reknrrentin gegenüber müsse als
Völlig unnütze Schikane und als Willkür (Verstoss gegen die Garantie der
Art. 4
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999 Cst. Art. 4 Langues nationales - Les langues nationales sont l'allemand, le français, l'italien et le romanche. |
auch nicht verpflichtet, der Steuerbehörde Steckborn und den Beamten des
Regierungsrates Einsicht in ihren Verkehr in Basel und ihre dortigen
Einrichtungen zu gehen. Ein solcher Einblick in Gesellschaftsdetails
und Geschäftsgeheimnisse würde eine Gefährdung ihrer Geschäftsinteressen
und damit eine Verletzung der Handelsund Gewerbefreiheit (Art. 31
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999 Cst. Art. 31 Privation de liberté - 1 Nul ne peut être privé de sa liberté si ce n'est dans les cas prévus par la loi et selon les formes qu'elle prescrit. |
|
1 | Nul ne peut être privé de sa liberté si ce n'est dans les cas prévus par la loi et selon les formes qu'elle prescrit. |
2 | Toute personne qui se voit privée de sa liberté a le droit d'être aussitôt informée, dans une langue qu'elle comprend, des raisons de cette privation et des droits qui sont les siens. Elle doit être mise en état de faire valoir ses droits. Elle a notamment le droit de faire informer ses proches. |
3 | Toute personne qui est mise en détention préventive a le droit d'être aussitôt traduite devant un ou une juge, qui prononce le maintien de la détention ou la libération. Elle a le droit d'être jugée dans un délai raisonnable. |
4 | Toute personne qui se voit privée de sa liberté sans qu'un tribunal l'ait ordonné a le droit, en tout temps, de saisir le tribunal. Celui-ci statue dans les plus brefs délais sur la légalité de cette privation. |
bedeuten. Eventuell Wäre der Einblick nur statthaft in Basel selbst, in
Verbindung mit der Steuerbehörde von. Basel und zum allseitig anerkannten
Zwecke einer Ausscheidung der steuerrechte und -hetreffnisse beider
Kantone. Es sei nicht
richtig, dass die Rekurrentin in Basel tatsächlich keine '
ständigen körperlichen Anlagen und Einrichtungen besitze. Sie habe dort
Büreaulokalitaten, für die sie jährlich 1200 Fr. Mietzins bezahle;
dort werde ferner die Buchhaltung geführt; dort befinde sich auch
die Hauptkasse mit Postcheckkonto (V, N° 204) und ein Delegierter des
Verwaltungsrates, Ed. Bischoff-Wunderli. Dass dieser letztere zugleich
Präsident der Allg. Immobiliengesellschaft sei, in deren Gebäude sich die
Büreaus der Rekurrentin befanden, sei gewiss irrelevant. Völlig übersehen
habe der Regierungsrat auch die Be-Verbot der Doppeibesteuerung. N°
24. 203
deutung des Geschäftssitzes Basel, insbesondere als Rechtsdomizil. Aus
der Tatsache, dass der Kanton Basel Stadt als Geschäftssitz die
Bekurrentin im erwähnten Umfange besteuere, folge ohne weiteres eine
unzulässige interkantonale Doppelbesteuerung (Art. 46 Abs. 2
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999 Cst. Art. 46 Mise en oeuvre du droit fédéral - 1 Les cantons mettent en oeuvre le droit fédéral conformément à la Constitution et à la loi. |
|
1 | Les cantons mettent en oeuvre le droit fédéral conformément à la Constitution et à la loi. |
2 | La Confédération et les cantons peuvent convenir d'objectifs que les cantons réalisent lors de la mise en oeuvre du droit fédéral; à cette fin, ils mettent en place des programmes soutenus financièrement par la Confédération.10 |
3 | La Confédération laisse aux cantons une marge de manoeuvre aussi large que possible en tenant compte de leurs particularités.11 |
einer unzutrefl'cndeu Voraussetzung heruhe speziell die Heranziehung der
Differenz zwischen dem Assekuranzwert und dem geringeren Bilanzwert der
Gebäulichkeiten als steuerpflichtigeu Vermögens durch die thurgauisclien
Steuerbehörden. Denn auch im Kanton Thurgau sei bei Aktiengesellschaften
seit dem Inkrafttreten des heutigen Steuergesetzes bis zur Stunde
ausnahmslos das Aktienkapital nebst den Reservefonds der Besteuerung zu
Grunde gelegt und diese lediglich auf die Kategorien: Liegenschaften und
Kapitalien verteilt werden. Die Steuerverteilung sei also entsprechend der
Basler Taxation vorzunehmen. Danach entfalle auf den Kanton Thurgau ein
steuerpflichtiger Vermögensbetrag von 547,383 Fr. (58,66 % von 933,146
Fr.), auf welchen anzurechnen sei der Liegensehaktenwert laut amtlicher
Schatzung von 480,505 Fr. und darüber hinaus ein Betriebskapital von
66,878 Fr., und ein steuerpflichtiges Einkommen (auf Grund der Bilanz
vom 30. Juni 1912) von 9519 Fr. 10 Cts. oder, nach Abzug der 600
Fr. Existenzminimum, von 8919 Fr. 10 Cts.
C. Der Regierungsrat des Kantons Thurgau beantragt in seiner
Vernehmlassung vom 10. Dezember 1913, auf die Rekurseingabe vom 14. August
1913 sei nicht einzutreten, weil sie von Anfang an gegenstandslos gewesen
und jedenfalls inzwischen durch die Tatsachen überholt Worden sei, und
der Rekurs vom 19. November 1913 sei abzuweisen, eventuell sei auf Grund
einer durch das Bundesgericht vor-zunehmenden Untersuchung der Umfang
festzustellen, in 'welchem der Kanton Thurgau berechtigt sei, Vermögen und
204 Staatsrecht.
Einkommen der Rekurrentin zur Steuer heranzuziehen. Aus der Begründung
des Hauptantrages ist hervorzuheben:
a) Die Beschwerde über willkürliche Behandlung der Rekurrentin sei
nicht nur unbegründet, sondern durchaus leichtfertig. Der § 26 des
thurgauischen Steuergesetzes vom 15. Februar 1898 ermächtjge den
Regierungsrat ausdrücklich, im Steuerbeschwerdeverfahren auf Expertise
und Vorlage der Urkunden und Bücher zu erkennen. Wenn er daher von dieser
gesetzlichen Befugnis der Rekurrentin gegenüber Gebrauch gemacht habe,
so könne offenbar von Willkür a priori nicht die Rede sein. Übrigens
habe die Rekurrentin stets eine Steuerausscheidung zwischen den beiden
beteiligten Kantonen nach bestimmten prozentualen Ansätzen verlangt,
deren Richtigkeit nur durch eine Untersuchung der Bücher daraufhin,
in welchem Masse der behauptete Geschäftssitz Basel am Betrieb und an
der Gewinnerzielung beteiligt sei, hätte nachgeprüft werden können.
b) Was den Beschwerdegrund der unzulässig-en Doppelbesteuerung
betreiie, sei es dem Regierungsrat durch das Verhalten der Rekurrenlin
verunmöglicht worden, zu eruieren, ob bezw. inwieweit die von den
thurgauischen Taxationsorganen vorgenommene Veranlagung eine Verletzung
des Art. 46
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999 Cst. Art. 46 Mise en oeuvre du droit fédéral - 1 Les cantons mettent en oeuvre le droit fédéral conformément à la Constitution et à la loi. |
|
1 | Les cantons mettent en oeuvre le droit fédéral conformément à la Constitution et à la loi. |
2 | La Confédération et les cantons peuvent convenir d'objectifs que les cantons réalisent lors de la mise en oeuvre du droit fédéral; à cette fin, ils mettent en place des programmes soutenus financièrement par la Confédération.10 |
3 | La Confédération laisse aux cantons une marge de manoeuvre aussi large que possible en tenant compte de leurs particularités.11 |
kantonalen Beschwerdeveriahren, noch auch im staatsrechtlichen Rekurs
Tatsachen nachzuweisen versucht, aus denen sich ergähe, dass der Kanton
Thurgau die Grenzen seiner Steuerhoheit überschritten hätte. Sie scheine
der höchst sonderbaren Ansicht zu huldigen, die thurgauisehen
Steuerbehörden hätten sich um die Festsetzung des
Verhältnisses der Steuerverteilung auf die beiden Kantone nicht zu
kümmern, da dieses Verhältnis von Basel primär und auch für den Kanton
Thurgau verhindlich festgesetzt werden sei. Die Festsetzung des Umfangs
der von ihm beanspruchten Steuerbefugnis sei Verbot der Doppelbesteuerung
N° 24. 205
aber von jedem Kanton selbständig zu treffen, und auch eine Pflicht
der Kantone, von sich aus mit einander in Verbindung zu treten,
um zusammen die Steuerquoten festzusetzen, bestehe, entgegen der
Auffassung der Rekurrentin, nicht. Materiell falle in Betracht, dass
die sog. Verlegung des Geschäftssitzes nach Basel clienbar eine bloss
fingierte, ein Manöver der Rekurrentin zur Umgehung der Besteuerung
im Thurgau, sei. Soviel nämlich der Regierungsrat habe konstatieren
können, sei dadurch am Geschäftsbetrieb in Steckborn gar nichts geändert
werden. Fabrikation, Büreaus, Personal, alles sei im alten Bestande
da geblieben; in Basel sei lediglich ein Geschäftsdomizil verzeigt
worden, wo, laut Bescheinigung des Kontrollbüreaus Basel, ausser dem in
Basel wohnhaften Delegierten des Verwaltungsrates, Bischoff Wandern,
eine einzige Biireauangestellte arbeite. Dies spreche nicht für
eine wirkliche Verlegung des Geschiiftssitzes nach Basel; es handle
sich Vielmehr bei dieser Siizverlegungsangelegenheit bloss um einen
schreckschuss an die Adresse der 'thurgauischen Steuerbehörden, wie
das (beigelegte) Protokoll der Generalversammlung der Rekurrentin vom
14. September 1912 beweise (wonach der Verwaltungsrat ermächtigt wurde,
den Gesellschaiissitz ausserhalb des Kantons zu verlegen, sofern mit
der thurgauischen Steuerbehörde nicht eine Einigung erzielt werden kann
). Jedenfalls sei der Wille der Geschäftsverlegung nicht durch genügende
ell'ektive Massnahmen. auf die es für die Frage des Steuerdomizils
allein ankomme, zur Ausführung gebracht worden. Eventuell müsste das
Bundesgericht hierüber noch nähere Erhebungen veranstalten. Wenn aber
auch die Verlegung des Geschäftssitzes effektiv erfolgt sein sollte,
so wäre doch unter den gegebenen Verhältnissen in Basel kein Steuerort
im Sinne der neueren Doppelbesteuerungspraxis des Bundesgerichts, die
das Vorhandensein ständiger körperlicher Anlagen und Emrichtungen und
die Abwickelung eines qualitativ oder
295 Staatsrecht.
quantitativ wesentlichen Teils des Gesch äftsbetriebes vermittelst
derselben voraussetze, begründet worden. Vollständig irrelevant sei
demnach, dass sich das Rechtstmizil der Rekurrentin in Basel befinde,
da die-Wahl eines solchen keinerlei körperliche Anlagen, sondern
lediglich einen Handelsregistereintrag bedinge. Und für die Behauptung
der Rekurrentin, dass auch die Buchhaltung und die Hanptkasse des
Geschäftes sich in Basel befanden, liege kein Beweis vor; vielmehr sei
schwer zu glauben, dass die nachgewiesenermassen in Basel beschäftigte
einzige Büreauangestellte die gesamte Kassaund Buchführung besorge
; auch das Basler Postscheckkonto der Rekurrentin beweise hiefür an
sich nichts. Eventuell, falls nach dem Ergebnis der noch vorzunehmenden
Untersuchung die Steuerberechtigung des Kantons Basel-Stadt grundsätzlich
beachtet werden müsste, sei jedenfalls. die Steuerquote, welche dieser
Kanton im Einverständnis mit der Rekurrentin beanspruche, bedeutend
übersetztDas praecipuum von 10 % des Vermögens und Einkommens lasse sich
weder aus der bundesgerichtlichen Judi-katana noch aus den tatsächlichen
Verhältnissen rechtfertigen. Massgehend für die Verteilung der Steuer
seinach der ,geltenden Praxis vielmehr lediglich das Verhältnis der
Ausdehnung der in jedem Kanton existierenden Anlagen und der darin
wirkenden Produktionsfaktoren zur Gesamtunterneh. mung. Danach aber könne
der Anteil des Kantons Basel-Stadt unmöglich 41,34 % betragen, selbst
wenn sich Buchhaltung und Kassa daselbst befanden. Denn in Basel Würden
weder irgend welche Arbeitskräfte ausser der eine n Büreauangestellte,
beschäftigt, noch irgend welche Betriebskap italienverwendet, noch
ein Umsatz erzielt, während in Steckborn der gesamte produktive
Geschäftsbetrieb mit durchschnittlich über 250 Arbeitern (pro 1912)
vor sich gehe, das gesamte bewegliche und unbewegliche Betriebskapital
investiert sei und dasBetriebseinkommen eilektui ert werde. Der
Geschäfts-Verbot der Doppelbesteuerung N° 24. 207
tätigkeit in Basel entspreche also jedenfalls nur ein ganz minimer
Prozentsatz vom Vermögen und Einkommen der Gesmntunternehmung. Die
steuerrechtliche Bewertung .dergdem Kanton Thurgau zukommenden
Steuerobjekte aber habe auf Grund des thurgauischen Steuergesetzes zu
erfolgen, und es sei daher für die thurgauischen Grundstücke laut §5
lit. c des Steuergesetzes der Katasterwert nicht, wie die Rekurrentin
meine, der Buchwert massgebend, weshalb die Taxationsorgane mit vollem
Recht die Differenz zwischen Buchwert und Katasterwert ebenfalls zur
Besteuerung herangezogen hätten. WD. Die Vernehmlassung des
Regierungsrates des Kantons Basel-Stadt vom 17. Januar 1914 konstatiert,
dass die Rekurrentin mit Rücksicht auf die Verlegung ihres Geschäftssitzes
nach Basel hier in Anwendung des baselstädtischen Gesetzes betr. die
Besteuerung der anonymen Erwerbsgesellschaften vom 14. Oktober 1889 (mit
Nachträgen vom 13. März 1902 und 26. März 1908) insbesondere auch seines
§4, der eine dem Umfang einer auswärtigen Niederlassung entsprechende
Minderung der Basler Steuerpflicht vor-sehe zur Besteuerung herangezogen
Worden sei, und dass die Ernsthaftigkeit dieses Steuerdomizils nach
den in Basel festgestellten Verhältnissen der Rekurrentin von den
thurgauischen Steuerhehörden zu Unrecht in Zweifel gezogen werde. '
ZWE. Auf das Ersuchen des Instrnktionsrichters um nähere Bekanntgabe
der Feststellungen der Basler Steuerbehörden über die Verhältnisse der
Rekurrentin hat der Regierungsrat mit Zuschrift vom 12. März 1914 ein
Protokoll des Staatskassiers über den beim Sitze der Firma Bächtold &
Cie, Rheinsprung 1, vorgenommenen Augenschein eingereicht, das auch
vom Basler Vertreter der Rekurrentin, Bischoff-Wunderh,
unterzeichnet ist und folgenden Wortlaut hat:
Die Firma hat in den letzten Tagen das Domizil
AS 40 i 1914 14
208 Staatsrecht.
von der Falknerstrasse 7 in den Neubau Rheinsprung 1 verlegt.
Herr Bischoff-Wandern, Mitglied des Verwaltungs rates der A. G. Bächtold
& Cie, erklärte mir auf mein Betragen folgendes: Der Mietvertrag
für die Lo kale lautet auf meinen Namen; vom Mietzinse, der 2300
Fr. beträgt, hat die Firma A. G. Bächtold & Cie l/3 % zu vergfiîen;
von den Geschäftsunkosten ein schliesslich dem Gehalte einer Büralistin
bezahlt die A.-G. die Hälfte; dazu kommt das Honorar des Bü cherexperten
Madöry, der die Buchhaltung in seinen o eigenen Lokalitäten und mit
seinem eigenen Personal besorgt; an Gesellschaftsbüchern sind vorhanden:
Hauptbuch, Journal, Kassabuch und Bilanzbuch. Die Buchhaltung wird nach
amerikanischem System geführt. Die Korrespondenz betr. den Verkauf wird
von Basel aus geführt, ebenso werden die Aufträge, die von Reisenden
bei den Bestellern persönlich aufgenommen worden sind, vom Sitze Basel
aus schrift lich bestätigt, wie auch die ganze übrige Korrespon denz
betr den Verkauf und die Rechnungsstellung von Basel aus besorgt
wird. Der Kassaverkehr ist in Basel zentralisiert, woselbst-auch der
Postseheckkonto unterhaiten wird.
Ich habe mich vom Vorhandensein der oben erwähn ten Geschäftsbücher durch
Einsichtnahme versichert und mir auch die Dossiers mit den eingegangenen
Korrespondenzen verlegen lassen. Durch diesen Augen schein bin ich
zur Überzeugung gekommen, dass ein wichtiger Teil des kommerziellen
Betriebes sich in Basel ahwickelt. .
Ferner hat sich der Instruktionsrichter von der Rekurrentin einen durch
den Bücherexperten Fritz Madtiry in Basel erstellten Buebanszug über die
Ausgaben des Geschäftes, auf das Domizil Basel und den Fabri-kation-Fort
Steckhorn verteilt, und über die Anzahl der an beiden Orten beschäftigten
angestellten und Arbeiter
VV. ... vvvsszgyVerbot der Doppelbesteuerung N° 24. 209
vorlegen lassen, aus welchem zu erwähnen ist: Die Rekurrentin beschäftigte
im Geschäftsjahr 1912/13 vom 1. Januar 1913 an in Basel 2 administrative
Angestellte und in Steckborn (gleich wie im Geschäftsjahr 1911 1912)
durchschnittlich 16 technische und administrative Angestellte und
284 Arbeiter und Vorarbeiter. Von ihren Gesamtausgaben, die sich
im Geschäftsjahr 1912/13 auf 718,451 Fr. beliefen, entfallen (an
Gehältern, Unkosten, Reisespesen, Provisionen, Reklame und Zinsen) auf
den Goschäftssitz Basel bei Berücksichtigung der dem Ganzjahresbetrieb
daselbst entsprechenden Ziffern
106,696 Fr. Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die vorsorgliche erste Eingabe der Rekurrentin wird vom später
eingereichten definitiven Rekurs inhaltlich umfasst und bedarf daher
keiner besonderen Erörterung.
2. Die Beschwerden, welche die Rekurrentin aus dem Verlangen der
thurg. Steuerbehörden, von ihren Geschäftsbüchern Einsicht zu nehmen,
ableitet, sind unbegründet. In den §§ 25 und 26 des thurgauischen Gesetzes
betr. das Steuerwesen vom 15. Februar 1898 ist der Steuerkommission
und dem Regierungsrate als Steuerrekursinstanz ausdrücklich das Recht
zuerkannt, den Steuerpflichtigen zur Vorlage von Urkunden und Büchern, zum
Ausweis über Aktiven und Passiven, anzuhalten. Und wenn die Rekurrentin
einwendet, dass diese Massnahme nur zulässig sei, falls über die Höhe der
Steuerfaktoren Streit herrsche, während dies vorliegend nicht zutreffe, so
ist hierauf mit dem Begierungsrat zu erwidern, dass doch die ziffermäsflge
Verteilung der Steuerpflicht der Rekurrentin auf die beiden Kantone
Thurgau und Basel-Stadt streitig ist und dass es gewiss nahe lag, die
beiderseitigen Anteile unter Berücksichtigung der aus den Geschäftsbüchern
210 Staatsrecht.
ersichtlichen Organisation des Geschäftsbetriebes, speziell des
Verhältnisses zwischen Fabrikat-t und Geschäftssitz, festzustellen. Eine
solche Prüfung ihrer Verhältnisse hat sich denn die Rekurrentin auch ohne
weiteres seitens der Basler Steuerbehörde gefallen lassen. Es kann daher
im gerügten Vorgehen des thurg. Regierungsrates weder eine Willkür und
Verletzung der Garantie des Art. 4
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999 Cst. Art. 4 Langues nationales - Les langues nationales sont l'allemand, le français, l'italien et le romanche. |
noch auch eine Verletzung des Art. 31
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999 Cst. Art. 31 Privation de liberté - 1 Nul ne peut être privé de sa liberté si ce n'est dans les cas prévus par la loi et selon les formes qu'elle prescrit. |
|
1 | Nul ne peut être privé de sa liberté si ce n'est dans les cas prévus par la loi et selon les formes qu'elle prescrit. |
2 | Toute personne qui se voit privée de sa liberté a le droit d'être aussitôt informée, dans une langue qu'elle comprend, des raisons de cette privation et des droits qui sont les siens. Elle doit être mise en état de faire valoir ses droits. Elle a notamment le droit de faire informer ses proches. |
3 | Toute personne qui est mise en détention préventive a le droit d'être aussitôt traduite devant un ou une juge, qui prononce le maintien de la détention ou la libération. Elle a le droit d'être jugée dans un délai raisonnable. |
4 | Toute personne qui se voit privée de sa liberté sans qu'un tribunal l'ait ordonné a le droit, en tout temps, de saisir le tribunal. Celui-ci statue dans les plus brefs délais sur la légalité de cette privation. |
Handelsund Gewerbefreiheit gegen die Anwendung der allgemeinen und an sich
nicht verfassungswidrigen Steuergesetze natürlich keinen Schutz gewährt.
3. Eine interkantonale Doppelbesteuerung liegt insofern tatsächlich vor,
als die Rekurrentin für das Jahr 1913 mit einem Teil ihres Vermögens
und Erwerbes am nunmehrigen Gesellschaftssitze Basel zur Steuerleistung
herangezogen wird, während trotzdem der Kan-ton Thurgau Anspruch darauf
erhebt, am Fabrikationsorte Steckborn, wie bis anhin als die Gesellschaft
hier auch ihren Sitz hatte -ihr gesamtes Vermögen und Einkommen zu
besteuern. Die diesem Anspruche der thurgauischen Steuerbehörden
zugrunde liegende Annahme, dass es sich bei der Domizilverlegung der
Rekurrentin nach Basel um eine bloss fiktive, jedenfalls steuerrechtlich
unerhebliche Verkehr handle, ist nach Lage der Akten nicht haltbar. In
Basel hat die Rekurrentin nicht nur das durch den Handelsregistereintrag
begründete formelle Rechtsdomizil, sondern, wie durch die Erhebungen der
Basler Steuerbehörde und die vom Instruktionsrichter direkt eingehalten
Angaben über ihren Geschäftsbetrieb (oben, Fakt. E) in glaubwürdiger
Weise dargetan ist, auch ein ständiges Gesehäftsbüreau, von welchem aus
ein Delegierter des Verwaltungsrates mit einer Büreauangestellten den
Verkauf der Fabrikate leitet, Speziell die gesamte Verkaufskorrespondenz
erledigt, sowie die vom Bücher-Verbot der DoppelbesteuerungN° 24. 211
experten Madöry in seinen eigenen Geschäftsräumen besorgte zentrale
Buchund Kassaführung. Das sind unzweifelhaft ständige Einrichtungen ,
vermittelst deren sich ein wesentlicher Teil des Geschäftsbetrie-bes
der Rekurrentin abspielt und die demnach im Sinne der heutigen
Doppelbesteuerungspraxis des Bundesgerichts, auf welche der Regierungsrat
des Kantons Thurgau selbst Bezug nimmt, an ihrem zivilrechtlichen
Sitze auch ein Steuerdomizil der Rekurrentin als gegeben erscheinen
lassen. Berechtigt aber der Umfang des Basler Geschäftsbetriebes an sich
zu diesem Schlusse, so kommt nichts darauf an, dass der, Geschäftsbetrieb
in Steckborn seit der Sitzverlegung äusserlich keine Änderung erfahren
hat, dass insbesondere die Zahl der dort beschäftigten Büreauangestellten
nicht vermindert werden ist. Auch ist unter diesen Umständen ohne Belang,
dass namentlich Steuerrücksichten die Sitzverlegung veranlasst haben
mögen. Neben dem so neu begründeten Steuerdomizil Basel besteht jedoch,
wie unbestritten ist, das Stenerdomizil des Fabrikationsortes Steckborn
weiter. Folglich bedingt das bundesrechtliche Verbot der Doppelbesteuerung
die gegenseitige Abgrenzung der Steueranspriiche dieser beiden Orte. Dabei
empfiehlt es sich, die Vermögensund die Ertragsoder Einkommenssteuer
getrennt zu behandeln.
a) Zur Bestimmung des steuerpflichtigen Vermögens der Rekurrentin als
anonymer Erwerbsgesellschaft ist zwar sowohl im Kanton Basel Stadt, gemäss
52 seines Spezialsteuergesetzes, als auch im Kanton Thurgau, obschon
dessen Steuergesetz eine einschlägige Bestimmung nicht enthält, auf die
sog. eigenen Gelder (Aktienkapital und Reservefonds) abgestellt worden
(wobei die thurgauischen Steuerbehörden hiezu auch noch den Mehrbetrag
der Katasterschatzung gegenüber dem Buchwert der Liegenschaften gerechnet
haben). Für die Ausscheidung der beiderseitigen Steuerkompetenzen müssen
jedoch die unmittelbaren Vermögens-
21 ... staatsrecht-
werte in ihrer Beziehung zu den beiden Steuerorten
in Betracht gezogen werden, und zwar ist von der den
streitigen Taxationen zu Grunde gelegten Bilanz der
Rekurrentin pro 30. Juni 1912 auszugehen. Diese ent-
hält folgende Aktivposten :
1. Gebäude, Liegenschaften, Beamtenund Arbeiterhàuser, Maschinen,
Werkzeuge
und Mobiliar ..................... ' Fr. 536,815 2. Waren, Halbfabrikate
und Materialien . . 599,329 3. Ökonomie .......................
8,201 4. Debitoren ................... si. . . . 467,650
5. Wechsel ............ _ ............. 318,260 6. Wertschriften
.................... 17,000 7.Kassa...................... 3,528
Von diesen Posten sind die der Ziffern 1 3, im Gesamtbetrage von l,144,345
Fr., unbestrittenermassen dem Fabrikationsorte Steckborn zuzuweisen;
die der Ziffern 4 7 dagegen beansprucht Base] zu Unrecht im vollen
Umfange. Die Forderungen (speziell an gewöhn-
liche Debitoren und aus Wechseln) stellen eine bloss}
ideelle Beziehung zwischen dem Geschäft und seinen sehnt-einem dar, die
zivilrechtlich, soweit dies erforderlich ist, freilich am Wohnort des
Gläubigers, hier also am Gesellschaftssitz, lokalisiert wird, während nach
der für das Steuerrecht im allgemeinen mehr massgebenden wirtschaftlichen
Betrachtung die fraglichen Aktiven als Äquivalent der veräusserten Waren
mindestens eben so sehr dem Fabrikationsorte als solchem angehören. Diese
Erwägung führt dazu, die drei Forderungsposten (Ziff. 4, 5 und 6)
von zusammen 802,910 Fr. hälf'tig unter die beiden Steueransprecher zu
verteilen und somit dem Fabrikationsort Steckborn aus diesem Titel noch
einen Vermögensbetrag von 400,000 Fr. zuzuweisen. Danach entfälit (in
runden Zahlen) auf Steckborn ein Vermögensanteil von insgesamt 1,600,000
Fr., und auf Basel ein solcher von 400,000 Fr., wobei den Verhältnissen
des Gesellschafts-Vel-bot der Doppelhesteuerung. N° 24. 213
sitzes als solchen bereits nach Gebühr Rechnung getragen ist, so dass
daneben nicht noch ein besonderer Voraus-Anspruch (praecipuum) desselben
in Frage kommen kann. Die Rekurrentin ist, m. a. W., für ihr Vermögen
zu 4/5 (80 %) im Kanton Thurgau und zu 1/ (20 %) im Kanton Basel-Stadt
steuerpflichtig.
b) Für die Abgrenzung der beiderseitigen Ansprüche betr. die
Einkommens-oder Ertragsbesteuerung ist davon auszugehen, dass
der als Einkommen oder Ertrag in Betracht fallende Reingewinn
des Geschäftsbetfiebes der Rekurrentin durch das wirtschaftliche
Zusammenwirken der Fabrikationsund der zugehörigen Handelstätigkeit
(Anschaffung der Rohstoffe und Absatz der fertigen Waren) erzielt
wird und dass daher jeder der beiden Betriebsorte hieran beteiligt
ist. Nun hat das Bundesgericht i. S. Alpinis-Brunnen gegen Luzern
und Aargau, wo sich bei der Ausbeutung einer Wneralwasserquelle die
technisch-produktive Geschäftstätigkeit im einen und die kaufmännische
Geschäftsführung im andern Kanton abspielte, das Einkommensteuerrecht
der beiden Kantone nach Hälften ausgeschieden (AS 34 I N° 102, Erw. 2
_S. 682), und ähnlich auch 1. TS. .'Scheitlin gegen Thurgau und
St. Gallen bei einem reinen Handelsgeschäft (Fassholzhandel), dessen
Warenlager und Büreanräumlichkeiten kantonal getrennt waren (AS 33 I N°
7 Erw. 2 S. 55). Von diesen beiden Fällen unterscheidet sich jedoch
der vorliegende insofern, als hier nicht die gesamte kaufmännische
=Geschäftstätigkeit, sondern nur die Leitung des Warenverkauies nebst der
zentralen Buchhaltung und Kassaführung sich an dem vom Fabrikationsort
verschiedenen Geschäftssitze befindet, am Fabrikationsorte also nicht
bloss die gesamte Produktionstätigkeit, mit Einschluss ihrer technischen
Leitung, vor sich geht, sondern daneben auch noch der Einkauf der
Rohstoffe geleitet und das hierauf sowie auf den Versand der =fertigen
Waren und die Entlohnung des dortigen Per-
214 staat-skean
sonals bezügliche Buchund Kassawesen besorgt wird.
Und zwar werden, laut dem vom Instruktionsrichter
eingehalten Buchauszug (oben, Fakt. E), in Steckborn neben den etwa 260
Arbeitern noch 16 technische und. administrative Angestellter beschäftigt,
denen in Basel ausser dem nicht ausschliesslich der Rekurrentin dienenden
Personal für die Buchund Kassaführung, nur 2 administrative Angestellte
gegenüberstehen. Dazu kommt, dass bei einem Fabrikationsgeschäft der
Maschinenbranche, wie es hier in Frage steht, der technischen Produktion
gegenüber der kaufmännischen Leitung doch wohl die überwiegende Bedeutung
beizumessen ist, im Gegensatz nicht nur zu den reinen Handelsgeschäften
(bei örtlicher Trennung von Geschäftsleitung und Warenlager), sondern auch
zu Unternehmungen anderer Fabrikaticnszweige, in deren kommerziellem
Betrieb ,das sp'ekulative Moment eine grössere Rolle spielt. Diese
Erwägungen lassen es nach billigem Ermessen als gerechtfertigt erscheinen,
die Steuerhoheit der beiden Kantone bezüglich des Reingewinns der
Rekurrentin in gleicher Weise, wie bezüglich ihres Vermögens, abzugrenzen,
d. h. sie dem Kanton Thurgau für 4 [5 (80 %) und dem Kanton Basel-Stadt
für 1/5 (20 %) zuzuerkennen. Dieses Verhältnis entspricht auch annähernd
demjenigen der Betriebsausgaben in ihrer Verteilung nach der Zugehörigkeit
zum Fabrikationsort und zum Gesellschaftssitz, sswie sie sich aus dem
in Fakt. E erwähnten Buchauszug ergibt.
4. Auf Grund der vorstehenden Kompetenzausscheidung ist die Rekurrentin
für dasSteuerjahr 1913in den beiden Kantonen neu einzuschätzen. Dabei
hat jedoch wie gegenüber dem scheinbar abweichenden Standpunkte der
Rekurrentin ausdrücklich betont sein mag -jeder Kanten Recht und Pflicht,
nach den; Taxationsgrundsätzen der eigenen Gesetzgebung zu verfahren. Das
bundesrechtliche Verbot der Doppelbesteuerang hindert ihn nur, von den
so festgesetzten Gesamt--Verbot der Doppelbesteuemng. N° 24, 215--
steuerwerten eine höhere Quote, als die ihm zugeschicdene, steuerrechtlich
in Anspruch zu nehmen. Dagegen schliesst es insbesondere nicht
aus, dass zur Ermittlung des steuerpflichtigen Reinvermögens einer
Aktiengesellsschaft der eine Kanton einfach auf die in Form des
Aktienkapitals und der Reserven vorhandenen eigenen Gelder, der andere
aber auf den wirklichen Aktivenbesitz der Gesellschaft, unter Abzug der
Schulden, abstellt. Nur dürfen vom bundesrechtlichen Standpunkte aus
die beiden Systeme nicht vermengt werden, wenn dadurch ein unrichtiges,
zur Doppelbesteuerung führendes Gesamtresultat erzielt würde. So geht
es nicht an, dass der Kanton Thurgau neben dem Aktienkapital und dem
ausgewiesenen Reservefonds der Rekurrentin noch die Differenz zwischen
dem Buchund dem Katasterwert ihrer Liegenschaften einfach unter Hinweis
auf die Bestimmung seines Steuergesetzes (§ 5, litt. c),. wonach für die
Besteuerung des Grundeigentums der Liegenschaftskataster massgebend ist,
als Reinvermögen in Betracht zieht. Denn diese Gesetzesbestimmung hat
die Taxation der einzelnen wirklichen Vermögensbestandteile als solcher
im Auge und passt an sich nicht zur Feststellung des Réinvermögens nach
Massgabe der eigenen Gelder. Bei dieser letzteren Taxationsmethode ist
eine besondere Berücksichtigung des Liegenschaitskontos nur statthaft,
soweit in dessen hilanzmässiger Behandlung sog. stille Reserven versteckt
sein sollten. Im Sinne dieser Erwägungen ist der angefochtene Entscheid
des thurgauischen Regierungsrates aufzuheben.
Demnach hat das Bundesgericht erkannt : Der Rekurs wird dahin
gutgeheissen, dass der Entseheid des Regierungsrates des Kantons
Thurgau vom
7. November 1913 aufgehoben und festgestellt wird, dass die Rekurrentin
von ihrem Gesamtvermögen und
.216 Staatsrecht.
ihrem Gesamteinkommen je 4/5 (80 %) im Kanton Thurgau und: je 1/5 (20 %)
im Kanton Basel-Stadt zu versteuern verpflichtet ist.
25. Urteil vom 25. Juni 1914 i. s. Schwerzmann gegen Solothurn.
Besteuerung einer Person, die den Kanton während der in Frage stehenden
Steuerperiode verlassen hat, für den als Einkommen aufgefassten
Gewinn aus einem zur Zeit ihres Wohnsitzes im Kanton vollzogenen
Liegenschaftenverkauf. Willkür ? Doppelbesteuerung ?
A. Der Rekurrent wohnte früher in Subingen im Kanton Solothurn. Am
29. Mai 1912 verkaufte er seine dort befindliche Liegenschaft mit einem
Reingewinn von 123,700 Fr. und zog dann weg nach Niederlenz im Kanton
Aargau. Im März 1913 zeigte ihm die Kreissteuerkommission von Subingen an,
dass er für den Gewinn von 23,700 Fr. die solothurnisehe Einkommenssteuer
im Betrage von 474 Fr. bezahlen müsse. Nach § 10 der
Vollziehungsverordnung zum solothurnischen Steuer-r
gesetz vom 17. März 1895 ' fallen nämlich zur Bestimmung des steuerbaren
Einkommens in Berechnung: Bei Veräusserung von Liegenschaften sich
ergebende Reingewinne. Ueber die Auflegung von Steuern bestimmt § 32
der genannten Verordnung : Die Stenererhebnng . geschieht immer für das
Jahr, in welchem der Bezug ausgeführt wird; das Einkommen des Vorjahres
dient gegebenen Falls lediglich als Massstab für das laufende (Absatz
1). Der reine Liegenschaktengewinn (g 10 Ziff. 3 der Verordnung) fäiit
in dem der Veräusserung folgen den Jahr unter die Steuerpflicht. Einer
zu teilenden Erbschaft oder einer Konkursmasse gegenüber kann dagegen
der Steueranspruch sofort nach der Veräusse.e rung geltend gemacht
werden (Absatz 2). Der Rekurrent beschwerte sich beim solothurnischen
Regierungs-Verbot der Doppelhesteuerung. N° 25. 217
rat über die Besteuerung, indem er geltend machte, er wohne zur Zeit im
Kanton Aargau und unterstehe daher
,der Steuerhoheit des Kantons Solothurn in Beziehung
auf die Einkommenssteuer nicht mehr. Der Regierungsrat entschied am
31. Oktober i913:
In die Staatssteuerbeschwerde des Herrn Peter Schwarz--
mann wird nicht eingetreten. Aus der Begründung des
. Entscheides ist folgendes hervorzuheben: Da der Rekor-
rent zur Zeit des Verkaufes noch im Kanton Solothurn gewohnt habe, müsse
er den Gewinn aus dem Verkaufe dort versteuern. Für die Steuerpflicht
sei der Zeitpunkt des Verkaufes massgebend.
B. Gegen diesen Entscheid hat der Rekurrent den staatsrechtlichen
Rekurs an das Bundesgericht ergriffen mit dem Antrag, der Entscheid
sei aufzuheben Er macht geltend, dass eine Rechtsverweigerung
und eine Doppelbesteuerung vorliege und führt zur Begründung aus:
Die angefochtene Besteuerung verletze die klare Vorschrift des §
2 litt. a des Staatssteuergesetzes, wonach nur die Kantonseinwohner
steuerpflichtig seien, soweit es sich nicht um die Besteuerung von
Liegenschaften handle. Man habe es mit einer Einkommenssteuer für das
Jahr 1913 zu tun. Da der Rekurrent in diesem Jahre nicht mehr im Kanton
Solothurn, sondern im Kanton Aargau gewohnt habe, liege zudem eine
Doppelbesteuerung vor.
C. Der Regierungsrat des Kantons Solothurn hat die Abweisung des
Rekurses beantragt. Seinen Ausführungen ist folgendes zu entnehmen:
Es komme darauf an, ob der Steueranspruch entstanden sei zur Zeit, als
der Rekurrent noch im Kanton Solothurn gewohnt habe. Diese Frage sei zu
bejahen; denn es handle sich um die Besteuerung von Einkommen aus dem
Jahre 1912. Lediglich aus praktischen Gründen, um zu verhindern, dass
für Liegenschaftengewinne jeweilen während des Steuerjahres besondere
Taxationen stattfinden müssten, sei beschlossen worden, dass solche
Gewinne erst bei der