' 3. Zeiten det II. Dienen-items vom 27. Fee-mai 1913 in Sachen Burgen
Kl. n. Ver.-KL, gegen ._Staaisanwattschaft des sentenYom, Ver-Bett
Aberkennnng der Eheh'ehkeit eines Kindes: Passivlegitimation der
Staatsanwaltschaft. Der Beweis der Unmöglichkeit der Vaterschaft des
Ehemannes ist auch bei Geburt des Kindes innerhalb eines Zeitmnms den
300 Tagen nach der Scheidung der Ehe nötig.
Welche Erfordernisse sind an den Beweis der Unmöglichkeit der
Vaterschaft zu steilen ?
A. Der Kläger, geb. 1887, hatte sich am 21. November 1908 mit der
Kellnerin Louise Bracher, geb. 1888, verheiratet. Am 27. Juni 1911 ist
diese Ehe geschieden worden, nachdem der gemeinsame Haushalt schon
im März 1911 aufgelöst worden war, wobei jedoch die Ehegatten noch
bis zur Scheidung beide in Bern gewohnt hatten. Am 15. Januar 1912
gebar die geschiedene Frau einen Knaben, der als Paul Burger in das
Zivilstandsregister eingetragen wurde. Bis dahin war die Ehe kinderlos
gewesen
B. Durch Urteil vom 6. November 1912 hat der Appellationshos des Kantons
Bern über das Rechtsbegehren des Klägers: ss
Es sei dem von der Beklagten, Frau Luise Burger geb. Bracher am
15. Januar 1912 gebotnen und als ehelich unter dem Namen Paul Burger
in die Zivilstandsregister eingetragenen Kinde der if,eheliche Stand
abzuerkennen und es sei dasselbe als unehelich aus den Mädchennamen
seiner Mutter in die Zivilstandsregister einzutragen.
erkannt:
In Adänderung des erstinstanzlichen Urteils wird der Kläger mit seinem
Klagebegehren abgewiesen.
Das erstinstanzliche Urteil hatte aus Gutheissung der Klage gelautet.
Gegen dieses Urteil war weder von der Mutter noch vom Vormund des Kindes,
gegen welche die Klage gerichtet war, wohl aber (gemäss Art. 95 der
kantonalen Gerichtsorganisation vom 31. Januar 1909, § 42 der kantonalen
ZPO und § 55 Abs. 2 des Prozessdekretes vom 30. November 1911) von der
Staatsanwaltschast appelliert worden.
1. Familienrecht. N° 3. 9
Es steht fest, dass die Klage innerhalb der Frist des Art. 253
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 253 |
eingereicht worden war.
C. Gegen das Urteil des Appellationshofes hat der Kläger rechtzeitig
und in richtiger Form die Berufung an das Bundesgericht ergrissen mit
dem Antrag aus Gutheissung der Klage, ferner mit den Anträgen:
1. Es seien Frau Burger und Hans Burger in die bundesgerichtliche
Verhandlung zu laden und in Sachen einzuvernehmen.
2. Es sei die Einvernahme folgender früher schon genannter Zeugen
anzuordnen:
a.) der Frau Knuchel, Lentulusstrasse, Bern,
b) der Eheleute Zehnder, Belpstrasse, Bern,
c) des Herrn Widmer, Gipsers und Malermeister, Bern,
d) der FrL Bangs, Damenschneiderin. Bühlstrasse 38, Bern,
und
des Herrn Popp, Lorrainestrasse La, Bern,
die genauer abzuhören waren.
3. Eventnellt Es sei das Urteil vom 6. November/15. Dezember aufzuheben
und zur Aktenvervollständigung und neuen Beurteilung an das kantonale
Gericht zurückzuweisen.
D. Ju der heutigen Verhandlung hat der Vertreter des Ktägers die
Berufungsanträge wiederholt und begründet Für die Staatsanwaltschaft
des Kantons Beru ist niemand erschienen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Da sowohl der Vormund als die Mutter des Kindes, um dessen Zivilstand
es sich handelt, das die Klage gutheissende erstinstanzliche Urteil
anerkannt haben, so ist vor allem zu prüfen, ob die Staatsanwaltschaft
des Kantons Bem, die allein die Appellation gegen jenes Urteil ergriffen
hat, hier legitimiert war. Diese Frage ist ähnlich wie die Frage, wer in
Bevormundungsfällen antragberechtigt sei (vergl. Urteil des Bundesgerichts
vom 2. November 1912 i. S. Haber gegen Baselstadt, Crw. 1 *) in erster
Linie keine Frage des kantonalen Prozesstechts, sondern eine solche des
materiellen, eidgendsstschen Rechtes, wenigstens in dem Sinne, dass das
eidgenössische Recht den Kreis der Personen be-* AS 3811 S. &).
lt) Oberste Zieilgariehlsiasttinz. [. Materiellrechtliche Entscheidungen.
stimmt, denen die Kantone derartige Jnterventionsrechte zu erteilen
befugt sind, wobei es dann Sache der Kantone ist, ob und in welchem
Umfange sie, soweit es sich um die Jntervention von Beh örden handelt,
von dieser Befugnis Gebrauch machen wollen.
Die hier in Betracht kommende Bestimmung des eidg. Rechtes (Art. 253
Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 253 |
betr. Anfechtung der ehelichen Abstammung nur dem Kind und der
Mutter. Allein dadurch wollte offenbar das schon bisher in mehreren
Kantonen anerkannte Recht des Staates, zu Gunsten der Ehelicherklärung
zu interveniente, nicht aufgehoben werdeu, zumal da den einschlägigen
Bestimmungen des ZGB unzweifelhaft das Bestreben zu Grunde liegt, im
Interesse der Offentlichkeit -' also ganz abgesehen von den daneben in
Betracht kommenden privaten Interessen die Fälle der Unehelicherklärung
von Kindern, die während der Ehe oder innert einer bestimmten Frist nach
Auflösung der Ehe geboren werden, möglichst einzuschränken. Diejenigen
kantonalen Bestimmungen, durch welche dem Staate in dieser Materie eine
Jnterventionsbefugnis zuerkannt wird, stehen also mit dem eidgenössischen
Rechte durchaus im Cinklang, da sie verhindern, dass ein Kind infolge der
blossen Nichtbestreitung der Aberkennungsklage seitens der Mutter oder
des Vormundes, oder infolge der Nichtergreifung eines Rechtsmitteis
seitens dieser Personen, seinen ehelichen Stand verlieren fami. Es
verhält sich damit ähnlich, wie mit denjenigen Bestimmungen der
kantoualen Einführuugsgesetzn durch welche das in Art. 158
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 253 |
die Ehescheidungen vorgesehene Ofsizialverfahren auch auf die Klage
betr. Aberkennung der ehelichen Abstammung anwendbar erklärt wird,
wie dies z. B. gerade im Kauton Bern durch § 55 Abs. 2 des Dekretes
Bett. das gerichtliche Verfahren, vom 30. November 1911, geschehen ist.
Da somit die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern als zum Prozesse passiv
legitimiert zu betrachten ist, braucht nicht erörtert zu werden, welche
Folgen die Ablehnung dieser Passivlegitimation für das Schicksal der
vorliegenden Berufung, die ja nicht von der Staatsanwaltschaft, sondern
gegen diese ergriffen worden ist, gehabt haben würde.1. Familienrecht. N°
3. H
2. (Nichteintreten auf das Begehren um Ergänzung des Beweisversahrens·)
3. Bei dieser Sachlage bleibt materiell nur noch die Frage zu·untersuchen,
ob die Vorinstanz mit Recht dem Kläger den Beweis auferlegt hat, dass
er unmöglich der Vater des Kindes sein könne.
Diese Frage ist aus Grund des Art. 254
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 254 |
ist die Anwendbarkeit des zitierten Artikels nicht etwa auf den Fall
zu beschränken, dass das in Betracht kommende Kind noch während der Ehe
geboren wurde, sondern es gilt für Art. 254, gleichwie übrigens auch für
Art. 255, die allgemeine, in Art. 252 auch für die nachfolgenden Artikel
formulierte Voraussetzung dass das Kind während der Ehe oder innerhalb
einer Frist von 300 Tagen nach Auflösung der Ehe- geboren wurde. Innerhalb
dieses und nicht etwa innerhalb eines engeren Rahmens unterscheidet das
Gesetz die Fälle der Geburt nach dem 180. Tage seit Eingehung der Ehe,
die es in Art. 254 behandelt, einerseits, und die Fälle der Geburt vor
dem 180. Tage, die es in Art. 255 behandelt-, anderseits-. Allerdings
enthält dann Art. 255 auch eine Bestimmung, die sich auf die
Fälle der Geburt nach dem 180. Tage seit dem Eheabschluss bezieht
und also genau genommen eine Ergänzung des Art. 254 bildet, die Bestimmung
nämlich, dass der Ehemann seine Anfechtung nicht weiter zu begründen
braucht, sofern die Ehegatten zur Zeit der Empfängnis durch gerichtliches
Urteil getrennt waren". Allein diese Voraussetzung trifft "im vorliegenden
Falle feststehendermassen nicht zu. Dass aber die Ehegatten zur Zeit
der mutmasslichen Empfängnis (im April 1911) faktisch getrennt lebten
und sich auch bereits auf die Scheidung vorbereiteten (wie aus einer
bei den Akten liegenden, am 11. April 1911 abgeschlossenen Konvention
her-, vorgeht), genügt nicht zur Anwendung des Art. 255; ebensowenig
der Umstand, dass die Ehefrau sich seststehendermassen des Ehebrnches
schuldig gemacht hat; denn die zitterte Gesetzesbestimmung stellt die,
übrigens durch Art. 255 Abs. 2 wesentlich abgeschwächte Präsumption der
Unehelichkeit ausdrücklich nur für den Fall auf, dass das Kind vor dem
180, Tage seit Abschluss der Ehe geboren ist, oder dass die Ehegatten
zur Zeit der Empfängnis durch gerichtiiches Urteil getrennt waren-
12 Oberste Zivilgerichtsinstanz. 'l. Materiellrechtliche Enkscheidungen.
4. War somit in der Tat Art. 254 anwendbar, so hat die Vorinstanz dem
Kläger mit Recht den Beweis auferlegt, dass er unmöglich der Vater des
Kindes sein könne-L Diesen Beweis aber hat der Kläger nach den, für
das Bundesgericht verbindlichenweil nicht aktenwidrigen tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz nicht zuerbringen vermocht.
Richtig ist, dass nicht in allen Fällen der Nachweis der physischen
Unmöglichkeit der Zeugung durch den Ehemann erbracht zu werden braucht,
sondern dass unter Umständen auch der Nachweis einer moralischen
Unmöglichkeit genügt. Allein im vorliegenden Falle hat sich die
richterliche Untersuchung gerade auch auf diesen Punkt erstreckt,
und es ist die Frage, ob derKläger unmöglic) der Vater des Kindes
sein könne, u. a. gerade aus moralischen Gründen-S insbesondere mit
Rücksicht aus den Charakter der Ehefrau und wohl auch des Ehemannes,
verneint worden. Von einer
Verletzung eidgenössischen -Rechtes kann somit nicht gesprochen
werden. Demnach hat das Bundesgericht erkannt: Die Berufung wird
abgewiesen und das Urteil des Appellationshoses des Kantons Bern vom
6. November 1912 in allen Teilen bestätigt.
4. guten dee II. Dtvttabteitnng vom 6. zum 1913 in Sachen ,ä.,
KI. u. Ver.-Kl. gegen B., Bekl. u. Ber.-Bekl.
Vaterschaftsktage. Unzùchtiger Lebenswandel (A rt. 315 ZGB) ;
E.,-ann er aus den Umständen, unter (lezzendie Scfuwîngermeg erfalgte,
Imrvorgehen?A. Durch Urteil vom 5. Oktober 1912 hat das Obergericht des
Kantons Zürich erkannt:
Die Klage wird abgewiesen
B. Gegen dieses den Parteien am 15. November 1912 zugestellte Urteil
hat die Klägerin am 4. Dezember 1912 die Berufung an das Bundesgericht
ergriffen mit dem Antrag, die Klage sei gutzuheissen, eventuell sei die
Sache zur Abnahme der von
1. Familienrecht. No 4. 33
der Klägerschaft anerbotenen Beweise an die Vorinstanz zurückzuweisen.
C. In der heutigen Verhandlung hat die Vertreterin der Klägerin diesen
Antrag erneuert Der Vertreter des Beklagten hat auf Abweisung der Berufung
und Bestätignng des angesochtenen Urteils geschlossen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung
1. Die Klagen-im geschiedene K. machte am 17. Juni 1910 bald nach
ihrer Scheidung. anlasslich einer Tanzbelustigung im Stemen zu
Oberrieden, die Bekanntschaft des damals verheirateten. Beklagten. Aus
dem Heimweg von Oberrieden nach Thalwil kam es zwischen beiden zum
Geschlechtsverkehr. Nach der Behauptung der Klägerin soll dieser Verkehr
bis in den August 1911 sortgedauert haben Und der Beklagte der Vater des
von ihr am 30. März 1912 in der Frauenklinik in Zürich geborenen Knaben
Max sein. Mit der vorliegenden Klage verlangt nun die Klagerin und ihr
durch den Amtsvormund der Stadt Zürich verbeiständeter Knabe, dass der
Beklagte als ausserehelicher Vater des Max K. erklärt und verpflichtet
werd-e, der Klägerin als Ersatz für die Entbindungskosten und den
Unterhalt während 4 Wochen vor und nach der Geburt 100 Fr. und att-das
Kind bis zu dessen zurückgelegtem 18. Altersjahr ein Unterhaltsgeld von
monatlich 25 Fr.
· zu bezahlen, vorbehältlich der ans den Bestimmungen des Zwil-
gesetzbuches sich ergebenden weitern Rechte des Kindes. In der
Hauptverhaudlung vor Bezirksgericht gab der Amtsvormund der Stadt Zärich
die Erklärung ab, er ziehe namens des Klägers Max K. die Klage zurück. Die
Klägerin hielt an der Klage fest. Der Beklagte schloss auf Abweisung der
Klage. Er stellte sich in erster Linie auf den Standpunkt, er könne schon
deswegen nicht der Vater des von der Klägerin am 30. März 1912 geborenen
Kindes sein, weil er seit dem Herbst 1910 keinerlei Beziehungen mehr zur
Klägerin unterhalten habe. Sodann machte er geltend, dass die Klägerin
von allem Anfang gewusst habe, dass er verheiratet gewesen sei und dass
sie ausser mit ihm noch mit andern Männern geschlechtlich verkehrt habe,
insbesondere mit dem verheirateten H. F. in ThalwiL Die erste Instanz, der
sich das Obergericht ohne weiteres anschloss, hat die Klage ohne Beweis-