386 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. lll. Abschnitt. Staatsverträge.

Consiglio federale, al quale solo spetta il diritto di decidere della
ricevibilità di una domanda dal punto di vista puramente formale (vedi
art. 16 della legge federale 22 gennaio 1892; RU vol. 37 I pag. 98). Ma
volendo nondimeno toccare della loro fondatezza, si avverte che ambedue
le obbiezioni riposano su degli errori materiali e sono senz'altro
inammissibili. Dagli atti risnlta che la domanda di estradizione non
emana, come erroneamente pretende Cerabino, dal tribunale militare di
Milano, ma da un'Autorità a ciò indiscu-

tibilmente qualificata: la legazione italiana in Berna. (Art. 9 -

del trattato e art. 15 della legge sull'estradizione). Da un supplemento
d'inchiesta poi i cui risultati sono consegnati negli atti (art. 23),
emerge che una sentenza in contumacia non intervenne ancora e ciò appunto
in vista del procedimento pendente di estradizione.

4. A ragione invece contesta l'estradando l'ammissibilità della
estradizione per il titolo di diserzione. Ma va fatto in proposito
notare che l'estradizione non vien neanche domandata per il reato della
diserzione (vedi domanda del 26 giugno 1913). Converrä nondimeno, a sensi
dell'art. 11, cap. 2 della legge federale sull'estradizione, sottoporla
alla condizione che il reato di diserzione ascritto al Cerabino non
venga nè punito nè considerato come una circostanza aggravante.

Il Tribunale federale pronuncia:

L'opposizione è respinta e l'estradizione di Cerabino Enrico consentita
con la riserva che l'estradando non sia oggetto di provvedimento nè
passibile di pena per il reato di diserz10ne.

lll. Auslieserungsvertrag mit dem Deutschen Reiche. N° 65. 387

III. Auslieferungsvertrag mit dem Deutschen Reiche. Traité d'extradition
avec l'Empire allemand.

65. guten vom 6. Yovember 1913 in Sachen von Beter-dort

Umfang der Kognitionsbefngnis des BG als Ansltefernngsgerwhtsbof
nach Art. 23 und 24 Ausl-G. und Art. 181 OG. Art. 1 Zeff. 13'des
Auslieferungsvertrages mit Deutschland. Auslieferung wegen eures in einem
dritten Staate begangenen Kreditbetrnges Notwendtgkezt der Strafbarkelt
der Handlung im dritten Staate. Das Erfordernts der Strafbarkeit im
ers-achten Statute hat nur die Bedeutung, das? derselbe Tatbestand hier
ebenfalls strafbar wäre, nicht aber, dass fur das W Ausland begangene
Delikt ebenfalls Verfolgung eintreten würde.

Das Bundesgericht hat, da sich ergeben:

A. Mit Note vom 4. Juli 1913 hat die Kaiser-lich Deutsche Gesandtschaft in
Bern unter Berufung auf Art. 1 Ziff. 13 und 9 des Auslieferungsvertrages
zwischen der Schweiz und dem Deutschen Reiche vom 24. Januar 1874 beim
Bundesrat unt die Auslieferung der deutschen Staatsangehörigen Witwe
Eltsabeth von Petersdorf geb. Meyer nachgesucht. In dem dem Begehren
bei-· gegebenen Haftbefehl des Königl. Landgerichts Frankfurt a. M
I. Strafkammer vom 22. Mai 1913 wird der der Angeschuldtgten zur Last
fallende Tatbestand folgendermassen dargestellt: Frau von Petersdorf
habe in Paris in den letzten Monaten des Jahres 1911 in der Absicht,
sich und dem Schneider-gesellen Karl Walther einen rechtswidrigen
Vermögensvorteih nämlich unentgeltliche Beköstigung und Wohnung, zu
verschaffen, das Vermögen des Pensionsiuhabers Josef Wellhäuser dadurch
um 430 Fr. beschädigt, dass sie ihm die falschen Tatsachen vorgesptegelt
habe, sie besitze ein Gut, Strahlenbergerhof in FrankfurtA aM. und habe
bei der Frankfurter Banksirma Hauck ein grossered Guthabem und so in
ibm einen Jrrtum über ihre Kreditwürdrgkett erregt

AS 39 l 1913 ac

388 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. lll. Abschnitt. Staatsvertrà'ge.

und unterhalten habe. In diesen Handlungen liege das Vergehen des
Betruges im Sinne der §§ 4, Biff. 3 und 263 des Reichsstrafgesetzbuches,
die bestimmen:

ä 4. Wegen der im Auslande begangenen Verbrechen und Vergehen findet in
der Regel keine Verfolgung statt.

Jedoch kann nach den Strafgesetzen des Deutschen Reiches verfolgt werden
: .

3. ein Deutscher, welcher im Auslande eine Handlung begangen hat, die
nach den Gesetzen des Deutschen Reiches als Verbrechen oder Vergehen
anzusehen und durch die Gesetze des Ortes, an welchem sie begangen wurde,
mit Strafe bedroht ist

§ 263. Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen
Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines andern dadurch
beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung
oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Jrrtum erregt oder unterhält,
wird wegen Betruges mit Gefängnis bestraft, neben welchem auf Geldstrafe
bis zu dreitausend Mark sowie-,an Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte
erkannt werden

ann.

B. Frau von Petersdorf, die auf Grund des Auslieferung-sbegehrens in
Zürich verhaftet worden ist, hat gegen dieses protestiert und folgende
Einwendungen erhoben:

a) Die Angaben des Haftbefehls träfen nicht zu. Richtig sei lediglich,
dass sie dem Wellhäuser noch 60 Fr. Kostgeld schulde, die sie bis
jetzt nicht habe bezahlen können. Unwahre Angaben habe sie ihm nicht
gemacht. Es handle sich somit nicht um einen Betrug, sondern um eine
gewöhnliche zivilrechtliche Schuld.

b) Jedenfalls wäre das Delikt in Paris begangen und könnte daher nur
von den dortigen Behörden verfolgt werden Die deutschen Behörden seien
zur Strafverfolgung nicht zuständig, weshalb es an einer wesentlichen
Voraussetzung der Auslieferung fehle.

C. Nachdem das eidgenössische Justizund Polizeideparte-· ment durch
Vermittlung der Schweizerischen Gesandtschaft in Paris festgestellt hatte,
dass dort wegen der in Frage stehenden Hand-

lungen gegen Frau von Petersdorf keine Strafverfolgung eingeleitet worden
fei, hat es durch Schreiben vom 5. September 1913 die Akten gemäss Art. 23
des Auslieferungsgesetzes dem Bundesgericht zum Entscheide übermittelt.

lll. Auslieferungsvertrag mit dem Deutschen Reiche N° 65. 389

D. Das Bundesgericht hat zunächst am 26. September 1913 beschlossen,
die zuständigen deutschen Behörden zur Abgabe einer Erklärung darüber
zu veranlassen-

1. ob sie der Ansicht seien, dass die der Frau von Petersdors im
Haftbefehl zur Last gelegten Handlungen auch nach französischem Rechte
strafbar seien;

2) auf welche Bestimmungen der französischen Gesetzgebung sie sich für
diese Ansicht stützen.

Daraus hat das eidgenössische Justizund Polizeidepartement dem Gericht
am 27. Oktober 1913 einen ihm selbst durch Note der Kaiserlich Deutschen
Gesandtschaft vom 25. Oktober übermittelten Bericht des K. Landgerichts
Frankfurt a/M. I. Strafkammer vom 9. Oktober 1913 zugeftellt, in dem
sich diese auf die gestellten Fragen wie folgt ausspricht:

Das Landgericht sei der Ansicht, dass die der Frau von Petersdorf zur
Last gelegten Handlungen unter den Art. 405 des französischen Code pénal
fielen, der laute:

am. 405. Quiconque, soit en faisant usage de faux noms ou de fausses
qualités, soit en employant des manoeuvres frauduleuses pour persuader
l'existence de fausses entreprises, d'un pouvoir ou d'un crédit
imaginaire, ou pour faire naitre l'espérance ou la crainte d'un succès,
d'un accident ou de tout autre événement chimérique, se sera. fait
remettre ou délivrer ou aura tenté de se faire rametti-e ou délivrer, des
fonds, des meubles ou des obligations, dispositions, billets, promesses,
quittances ou décharges, et aura, par un de ces moyens, escroqué ou tenté
d'escroquer la totalité ou partie de la fortune d'autrui, sera puni d'un
emprisonnement d'un an au moins et de cinq aus an plus, et d'une amende
de cinquante francs au moins et de trois mille francs au plus.

Die danach erforderliche Täuschungshandlung liege vor: die Angeschuldigte
habe dem Wellhäuser vorgespiegelt, Gutsbesitzerin in Frankfurt aM. zu
sein. Sie habe auch ein Schriftstück verfasst, wonach sie das Gut
Strahlenbergerhof dem Karl Walther geschenkt habe, und habe durch
letzteren die Urkunde dem Wellhäuser zeigen lassen, um ihre Angabe
diesem als wahr erscheinen zu lassen. Damit erscheine die Voraussetzung
des Gesetzes en fais-ant usage defausses qualités als erfüllt. Jn
urfächlichem Zu-

390 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. m. Abschnitt. Staatsverträge.

fammenhang mit der Täuschungshandlung habe die Angeschuldigte für
430 Fr. Lebensunterhalt erlangt. Sie habe sich diesen rechtswidrig
angeeignet. Durch das Bestehen einer Forderung des Ge- schädigten gegen
die Angeschuldigte werde die Rechtswidrigkeit der Vermögensverschiebung
nicht ausgeschlossen Die Angeschuldigte habe auch die Absicht
rechtswidriger Vermögensverschiebung durch Täuschung und die
Bereicherungsabsicht gehabt; in Erwägung:

1. Nach feststehender Praxis hat sich das Bundesgericht als
Auslieferungsgerichtshos i. S. von Art. 23 und 24 des Bundesgesetzes vom
22. Januar 1892 mit der Frage, ob der Auszuliefernde sich des Vergehens,
dessentwegen die Auslieferung begehrt wird, schuldig gemacht habe, nicht
zu befassen, sondern lediglich zu untersuchen, ob nach dem Tatbestande,
wie er im Haftbefehl oder in den ihn ergänzenden Auslieferungsakten
enthalten ist, die Bedingungen für die Auslieferung erfüllt seien
(vergl. AS 38 I S. 614 Erw. 1 und die dort angeführten früheren
Urteile). Die Einwendung der Angeschttldigten, Frau von Petersdorf, die
Darstellung des Haftbefehls sei unrichtig, sie habe sich keine unwahren
Angaben zu Schulden kommen lassen, fällt deshalb als nnerheblich ausser
Betracht. _

2. Ob und inwiefern der Auslieferungsrichter berechtigt sei,
die Zuständigkeit des die Strafverfolgungbetreibenden Gerichts zu
prüfen, braucht nicht erörtert zu werden, da ans den Erklärungen der
Augeschuldigten in ihren Einvernahmen hervorgeht, dass sie mit der
dahingehenden Einsprache nicht etwa speziell die sachliche und örtliche
Zuständigkeit des Frankfurter Landgerichts, sondern die deutsche
Jurisdiktionsgewalt überhaupt bestreiten will, von der Anschauung
ausgehend, dass ein Strafanspruch grundsätzlich nur dem Staate
des Begehungsories, hier also Frankreich, zustehe. In diesem Sinne
aufgefasst fällt aber ihre Einwendung, wie sich aus den nachstehenden
Erörterungen ergeben wird, mit der anderen Frage zusammen, ob nach dem
schweizerisch-deutschen Auslieferungsvertrage die Auslieferungspflicht
bestehe, so dass sie ohne Zweifel in die Kognition des Bundesgerichts
fällt.

3. Gemäss Art. 1 Biff. 13 des erwähnten Vertrages ist der Betrug dann
als Auslieferungsdelikt zu betrachten, wenn die Handlungen nach der
Gesetzgebung der vertragenden Teile als

lli. Auslieferuugsvertrag mit dem Deutschen Reiche. N° 65. 391

Verbrechen oder Vergehen strafbar find. Voraussetzung der Auslieferung
ist somit einerseits, dass die dem Auszuliefernden zur Last gelegten
Handlungen nach dem Rechte des ersuchenden Staates als Betrug strafbar
sind, andererseits, dass sie auch nach dem Rechte des Zufluchtsortes die
Tatbestandsmerkmale eines Verbrechens oder Vergehens aufweisen. Dabei
ist zu beachten, dass nach

' dem im Haftbefehl angeführten § 4 des deutschen Reichsstrafgesetz-

buchs (RStG), die im letzteren enthaltenen Strafnormen auf im Ausland
begangene Handlungen nur ausnahmsweise, nämlich (abgesehen von den hier
nicht zutreffenden Fällen des § 4 Ziff. 1 und 2) nur dann Anwendung
finden, wenn der Täter deutscher Staatsangehöriger, die Tat nach den
deutschen Reichsgesetz-en als Verbrechen oder Vergehen anzusehen und
ausserdem auch durch die Gesetze des Ortes, an dem sie begangen-wurde,
mit Strafe bedroht ist, dass also die Geltung der deutschen Strafgesetze
für Aus-landsvergehen eines Deutschen nach den im RStG selbst enthaltenen
Regeln durch das Bestehen einer Strafnorm am Tatorte selbst bedingt
wird (vergl. Olshausen, Kommentar zum RStG 9. Aufl. I S. 69 Nr. 13
und die dortigen Zitate). Für die Anwendbarkeit des § 263 RStG auf
den vorliegenden Fall genügt es demnach nicht, dass die der Frau
von Petersdorf vorgeworfenen Handlungen an sich den Tatbestand der
erwähnten Vorschrift erfüllen was offenbar der Fall ist (vergl. über die
Strafbarkeit des sog. Kreditbetruges nach deutschem Recht Olshausen,
a. a. O., Bd. II S. 1096 Nr. 20 und die dort angeführten Urteile des
Reichsgerichts; Hegler, in der Vergl. Darstellung des deutschen und
ausländischen Strafrechts, Bes. T. B. VII S. 436/7) sondern es ist dazu
weiter erforderlich, dass sie auch nach dem am Begehungsorte geltenden,
also nach dem französischen Rechte, mit Strafe bedroht sind. Die Frage,
ob dieses Requisit gegeben sei, ist nach den im Schreiben des Landgerichis
Frankfurt aM. vom 9. Oktober 19t3 enthaltenen ergänzenden Auskünften
zu bejahen.

Zwar mag dahingestellt bleiben, ob in der der Angeschuldigten zur Last
gelegten Behauptung, sie sei Eigentümerin eines Gutes in Frankfurt
a-M., ein faire usage de. fausses qualités i. S. von Art. 405
des französischen Code pénal erblickt werden könnte. Nach der in der
französischen Judikatur und Doktrin herrschenden Meinung, die auch vom
Kassationshof geteilt wird, sind

392 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. III. Abschnitt. Staatsverträge.

unter qualités nur solche Eigenschaften zu verstehen, welche der
Person selbst anhaften, sich also auf ihren Status, Rang, Beruf
usw. beziehen, nicht aber blosse rechtliche Beziehungen zu Sachen, die
für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit der Person von Bedeutung sind
(vergl. GABRAUD, Traité de droit pénal francais 2. Aufl. Bd. 5 Nr. 2559
insbes. Anm.19; GARgON, Code pénal annoté zu Art. 405 Nr. 74 ff., Hegler,
a. a. O. S. 448 f. insbesondere Nr. 1). Entscheidend ist, dass man
es nach dem erwähnten Ergänzungsberichte jedenfalls mit der Anwendung
betrügerischer Machenschaften ( emploi de manoeuvres frauduleuses ), also
der in Art. 405 Op in letzter Linie erwähnten Unterart der escroquevje
zu tun hat. Denn danach hat sich die Angeschuldigte nicht begnügt,
persönlich dem Geschädigten zu erklären, dass sie ein Gut in Frankfurt
besitze -was als einfache lügnerische Angabe nach französischem Rechte
noch nicht strafbar wäre sondern hat ihm die Wahrheit dieser Tatsache
auch noch durch den Schneidergesellen Walther bestätigen lassen,
indem sie ihm durch letzteren einen über das fragliche Grundstück
errichteten Schenkungsakt vorweisen liess. Sie hat sich also der
Mitwirkung eines Dritten bedient, um durch dessen Auskünfte ihre
eigenen Vorbringen über jenen für ihre Kreditwürdigkeit bedeutsamen
Umstand als glaubwürdig erscheinen zu lassen. Ein solches Verhalten
fällt aber nach feststehender Praxis der französischen Gerichte und
übereinstimmender Meinung der Doktrin unter den Begriff der manoeuvres
frauduleuses , gleichgiltig, ob der Dritte sich bei seiner Jntervention
in gutem oder bösem Glauben befand (vergl. GARRAUD, a. a. O. Nr. 2261
insbesondere S. 564; GAB gem, zu Art. 405 Nr. 19 ff. ; Healer, S. 449,
insbesondere Nr. 3 RG in Strafsachen 32 Nr. 43). Dass diese nähere
Darstellung des Vergehenstatbestandes nicht schon im ursprünglichen
Haftbefehl, sondern erst auf den Aktenvervollständigungsbeschluss vom
26. September 1913 gegeben worden ist, kann nicht dazu führen, sie
nicht zu berücksichtigen. Wie das Bundesgericht schon in dem Urteile i·
S. Jeschke vom 10. Mai 1902 (AS 28 I Nr. 42 Erw. 5) ausgesprochen hat,
sind die Entscheide in Auslieferungsfachen der Rechtskraft im eigentlichen
Sinne nicht fähig. Die Ab- iveisung eines Auslieferungsbegehrens Zsteht
demnach seiner Erneuerung auf Grund eines anderen, abgeänderten oder
ergänzten

Ill. Auslieferungsvertrag mit dem Deutschen Reiche. N° 65. 393

Haftbefehls nicht entgegen. Umsomehr muss es als zulässig betrachtet
werden, den ursprünglichen Haftbefehl vor der Beurteilung des
Auslieferungsbegehrens zu ergänzen, wie denn auch bereits erklärt worden
ist, dass der Haftbefehl während des Auslieferungsverfahrens zurückgezogen
und durch einen neuen ersetzt werden könne (AS 38 I Nr. 24 Erw. 1).

Die erste Voraussetzung der Auslieferung, das Vorliegen eines nach §
263 RStG strafbaren Betruges ist demnach erfüllt.

4. Zur Herstellung der weiteren Voraussetzung der Strafbarkeit nach
dem Rechte des Zufluchtsortes genügt es, dass die der Auszuliefernden
vorgeworfenen Handlungen an sich d. h. nach ihrer Beschaffenheit auch
nach zürcherischem Rechte die Merkmale eines Vergebens enthalten. Dass
der Kanton Zürich selbst zu ihrer Verfolgung berechtigt wäre,
kann nicht gefordert werden. Richtig ist allerdings, dass manche
Auslieferungsverträge, so z. B. derjenige mit Belgien (Art. 1 Abs. 2)
und mit OefterreichsUm garn (Art. 1 Abs. 3) eine dahingehende Klausel
enthalten, die Auslieferung wegen Vergehen, die von einem Angehörigen
des ersuchenden Staates in einem dritten Staate verübt worden find,
also davon abhängig machen, dass auch der ersuchte Staat unter analogen
Verhältnissen seinen eigenen Staatsangehörigen verfolgen könnte. Hierin
kann indessen nicht etwa ein allgemeingiltiges Prinzip erblickt werben,
das auch ohne ausdrückliche Vertragsbestimmung zur Anwendung zu bringen,
bezw. als in dem Vorbehalt der beidseitigeu Strafbarkeit mitinbegriffen zu
betrachten ware. Denn die Vorschriften über das örtliche Geltungsgebiet
der Strafrechtssätze enthalten nicht wie die letzteren selbst ein
Urteil über die Rechtswidrigkeit einer Handlung, sondern beruhen auf
blossen Zweckmässigkeitserwägungen. Die Bestrafung der Auslaudsvergehen
unterbleibt nicht deshalb, weil man die Tat selbst als nicht straswürdig
anfähe, sondern weil man eine hinreichende Veranlassung für den eigenen
Staat, sie zu verfolgen, nicht als gegeben erachtet. Solche Erwägungen
können aber einem anderen Staate, der seinerseits die Verfolgung
übernehmen will und dazu nach seiner Gesetzgebung berechtigt ist,
nicht entgegengehalten werden (vergl. S chwarzenbach, das materielle
Auslieferungsrecht der Schweiz, S. 231 ff.). Der schweizerisch-deutsche
Auslieferungsvertrag wie auch das schweizerische Auslieferungsgesetz
selbst machen denn auch

394 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. lll. Abschnitt. Staatsverträge.

bewusst (vergl. Welti, Auslieferungswesen und AuslieferungsverBehr
zwischen der Schweiz und Deutschland S. 24) zwischen den im Gebiete
des ersuchenden und den im Gebiete eines dritten Staates verübten
Vergehen keinen Unterschied, wollen also die Auslieferungspflicht
in beiden Fällen nach denselben Grundsätzen beurteilt wissen. Dies
schliesst es aber notwendig aus, dem in Art. 1, Biff. 9, 12 und 13 des
Vertrages aufgenommenen Vorbehalt, wonach die Handlungen sich auch nach
dem Rechte des ersuchten Staates als Vergehen darstellen müssen, einen
weitern als den oben umschriebenen Sinn beizumessen. Eine Beschränkung
der Auslieferungspflicht kann sich allerdings bei solchen in einem
dritten Staate verübten Vergehen insofern ergeben, als, wenn auch der
Staat des Begehungsortes die Auslieferung verlangt, dessen Begehren der
Vorrang zu geben ist. (Art. 14 , Abs. 1 AuslG). Dieser besondere Fall
liegt indessen hier nicht vor, da nach den vom Bundesrat vorgenommenen
Erhebungen feststeht, dass in Frankreich gegen die Angeschuldigte keine
Strafverfolgung eingeleitet worden ist.

Hievon ausgegangen sind aber alle Bedingungen für die Auslieferung
gegeben. Denn dass die der Angeschnldigten zur Last gelegten Handlungen
an sich, d. h. abgesehen von ihrem Begehungsorte, auch nach zürcherischem
Rechte strafbar wären, kann keinem Zweifel unterliegen. Die zürcherischen
Gerichte haben stets angenommen, dass auch der sog. Kreditbetrug d. h. die
Veranlassung eines anderen zur Kreditgewährung durch unwahre Angaben
über die Zahlungsfähigkeit sich als Betrug im Sinne von Art. 191 des
zürcherischen Strafgesetzbuchs darstelle (vergl. Bin-cher, Kommentar
zum zürcherischen StrG zu Art. 191 N. 7).

erkannt:

Die Einsprache der Frau von Petersdorf gegen ihre Auslieferung an
Deutschland wird abgewiesen, und es hat die Auslieferung demnach
stattzufinden.

B. STRAFRECHTLICHE ENTSGHEIDUNGEN ARRÈTS DE DROIT PÉNAL

I. Fiskaldelikte. Délits de nature flscale.

66. zum: vom 24. cHentember 1913 in Sachen Franzen gegen Wwetzerisehe
Yandeeauwaltschast

Rechtzeitigkeit der Beschwerde (gegenüber Walliser Urteilen
). Unssrichtige Zolldeklaration nach Art. 55 litt
SR 631.0 Zollgesetz vom 18. März 2005 (ZG)
ZG Art. 55 Lager für Massengüter
1    In Lagern für Massengüter dürfen nur die vom BAZG zugelassenen Waren gelagert werden.
2    Sie dürfen höchstens zwei Jahre gelagert werden. In begründeten Fällen kann diese Frist auf Antrag auf höchstens fünf Jahre verlängert werden.
3    Die Einlagerung von Massengütern ist bei der zuständigen Zollstelle anzumelden.
. g ZG. Stellung
des Zoll- deklaranten der Bundesbahnen. Nicht diese, sondern
der Deklarant ist für die unrichtige Deklaration strafrechtlich
verantwortlich. Inwieweit kann der Deklarant bei der Verzollung der
Ware auf dee Angaben in den Begleitpapieren abstellen? Art. 22
SR 631.0 Zollgesetz vom 18. März 2005 (ZG)
ZG Art. 22 Zollstrassen, Schiffszolllandestellen und Zollflugplätze
1    Der Warenverkehr über die Zollgrenze zu Land, zu Wasser und in der Luft muss über bestimmte Strassen (Zollstrassen), Häfen und Landestellen (Schiffszolllandestellen) und Flugplätze (Zollflugplätze) erfolgen, die vom BAZG bezeichnet werden.
2    Soweit sie über die Zollgrenze führen, gelten überdies als Zollstrassen:
a  die dem öffentlichen Verkehr dienenden Eisenbahnlinien;
b  die elektrischen Leitungen;
c  die Rohrleitungen; oder
d  andere Verkehrs- und Kommunikationsverbindungen, die vom BAZG als Zollstrassen bezeichnet werden.
3    Das BAZG kann mit Rücksicht auf besondere Verhältnisse den Warenverkehr auch anderswo bewilligen. Es legt die Bedingungen und Auflagen fest.
ZG,
23 sf. der zugehörigen Verordnung, Art. 10 des internationalen
Eisenbahnfrachtverkehrs-Uebereinkommens und Art. 10 des
Eisenbahntransportgesetzes. Frage, inwiefern eine Zollübertretung ein
Formaldeh'kt bilde. DieStrafbnrkeit besteht, trotz objektiv unrlchtiger
Deklaration der Ware, jedenfalls dann nicht, wenn der Deklarant seine
Amtspflicht voll erfüllt hat. Rückweisung nach Art. 18 F. u. P. Ser.

A. Der Kassationskläger Heinrich Franzen ist Angestellter der
Schweizerischen Bundesbahnen und versieht als solcher die Funktionen
eines Zolldeklaranten auf der Station Brig. Danach hat er hinsichtlich
der Waren, die an dieser Station zollamtlich behandelt werden, für die
Bundesbahnen als Warenführer die Zolldeklaration abzugeben (Art. 22
des Zollgesetzes vom 28, Juni 1898). Am 29. Juni 1913 spedierte der
Weinhändler Carlo Amesauo in Cafale (Jtalien) an Pietro Vesini in
Montreux7 Fässer Wein, den er im Frachtbrief und in der mitgegebenen
Zollerklärung als Naturwein bezeichnete Gestützt auf diese An-
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 39 I 387
Datum : 26. Juni 1913
Publiziert : 31. Dezember 1914
Quelle : Bundesgericht
Status : 39 I 387
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 386 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. lll. Abschnitt. Staatsverträge. Consiglio


Gesetzesregister
AuslG: 14
OG: 23  24  181
ZG: 22 
SR 631.0 Zollgesetz vom 18. März 2005 (ZG)
ZG Art. 22 Zollstrassen, Schiffszolllandestellen und Zollflugplätze
1    Der Warenverkehr über die Zollgrenze zu Land, zu Wasser und in der Luft muss über bestimmte Strassen (Zollstrassen), Häfen und Landestellen (Schiffszolllandestellen) und Flugplätze (Zollflugplätze) erfolgen, die vom BAZG bezeichnet werden.
2    Soweit sie über die Zollgrenze führen, gelten überdies als Zollstrassen:
a  die dem öffentlichen Verkehr dienenden Eisenbahnlinien;
b  die elektrischen Leitungen;
c  die Rohrleitungen; oder
d  andere Verkehrs- und Kommunikationsverbindungen, die vom BAZG als Zollstrassen bezeichnet werden.
3    Das BAZG kann mit Rücksicht auf besondere Verhältnisse den Warenverkehr auch anderswo bewilligen. Es legt die Bedingungen und Auflagen fest.
55
SR 631.0 Zollgesetz vom 18. März 2005 (ZG)
ZG Art. 55 Lager für Massengüter
1    In Lagern für Massengüter dürfen nur die vom BAZG zugelassenen Waren gelagert werden.
2    Sie dürfen höchstens zwei Jahre gelagert werden. In begründeten Fällen kann diese Frist auf Antrag auf höchstens fünf Jahre verlängert werden.
3    Die Einlagerung von Massengütern ist bei der zuständigen Zollstelle anzumelden.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
haftbefehl • betrug • bundesgericht • frage • deutschland • einwendung • strafverfolgung • begehungsort • richtigkeit • angabe • not • zweifel • bundesrat • ersuchender staat • frankreich • ersuchter staat • weiler • doktrin • bedingung • wille
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