590 A. Oberste Zivilgerichtsmstanz. (,Materiellrechtliche Entscheidungen.
sein einer vertraglichen Verbindung voraussetzi und sich auf die
Vollziehung des Vertrages bezieht. Wenn sie dabei noch bemerkt, vor dem
Eins-fange der fehlenden Packungen könne sie die Angelegenheit unmöglich
ins Reine bringen-, so kann mit den letztern Worten unter den gegebenen
Umständen nicht ihre Mitwirkung-zum Abschluss des Vertrages gemeint
sein, sondern einzig die Erteilung der für die Vertragsvdllziehung
noch erforderlichen Weisungen. Durch ihr ganzes Verhalten hat sie der
gegnerischen Auffassung, dass eine vertragliche Abmachung vorliege,
zugestimmt und sie muss diese Auffassung um so mehr nach Treu und Glauben
gegen sich gelten lassen, als sie sich auch später noch wiederholt
einzig aus das Fehlen der fraglichen Packungen berufen und sich erst
imJuni auf den Standpunkt gestellt hat, es habe sich bloss um eine für
sie unverbindliche Offerte gehandelt.
4. Nachdem sich die Beklagte in der Folge unter Bestreitung ihrer
vertraglichen Gebundenheit geweigert hat, zur Ausführung des Vertrages
Hand zu Bieten, ist die von den Klägern behauptete Schadenersatzpflicht
wegen Vertragsbruchs im Grundsatzes gegeben. Für die Prüfung, ob und in
welcher Höhe die einzelnen geltend gemachten Ersatzanfprüche begründet
seien, dürften zwar die Akten, besonders das Expertengutachten, die
erforderlichen Anhaltspunkte grösstenteils bieten. Immerhin ist dies doch
nicht in allen Beziehungen der Fall, namentlich nicht, was diefür den
Provisionsansprach von 930 Fr. wesentlichen ·tatsächlichen Verhältnisse
betrifft, und es rechtfertigt sich daher, die Sache zur Festsetzung der
zuzusprechenden Entschädigung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Demnach hat das Bundesgericht erkannt:
Die Berufung wird unter Aufhebung des angefochtenen Urteils des
luzernischen Obergerichts vom 8. März 1912 im Grundfake gutgeheissen und
die Sache zur Schadensfesiseizung im Sinne von Erw. 4 an die Vorinstanz
zurückgewiesen.
4. Obligatîonenrecht. N° 93. 59]:
93. gv,-leit der I. giudei-keinen vom 26. Oktober 1912 in Sachen game,
Kl. und Ver.-KL, gegen @fl, Bekl. und Ber.-Bekl.·
Lizenzvertrag über Ausführung von. Deckeukonstfflktionen nach patenu'prtem
System mit Konkurrenzverba! und Konventianatstrafe. Gültigkeit des
Vertrages: keine unzulässige Einschränkung der wirtschaftlichen
Freiheit. Ueberschreitung des Konkrssrmzserboîesdeerck den
Lizenznehmer durch Ausführung ecm Bauten in KonkurrenzSystemen? Tatund
Rechtsfz'age. Rückweisung an die Vorinstanz zur Anordnung einer neuen
Expa-EUR539. Voraussetzungen der Rückweisung nach Art. 82 OG. .
Das Bundesgericht hat auf Grund folgender Prozesslage:
A. Mit Urteil vom 22. April 1912 hat das Obergericht des Kantons Thurgau
über die Rechtsfrage:
' Ist die klägerische Forderung von 5000 Fr. nebst Zins zu 5 0/0 seit
dem 28. Juli 1906 gerichtlich zu schützen ?" erkannt:
Die Rechtsfrage wird verneinend entschieden
B. Gegen dieses den Parteien am 6. Mai 1912 zugestellte Urteil hat der
Kläger innert Frist die Berufung an das Bundesgericht erklärt, mit den
Anträgen, es sei die Klage in vollem Umfange zu schützen.
C. In der heutigen Verhandlung hat der Vertreter des Klägers diese Anträge
erneuert und den weiteren Eventualantrag gestellt, es sei die Sache gemäss
Art. 82 OG zur Vervollständigung des Tatbestandes durch Neuvornahme oder
Ergänzung der Expertise an die kantonalen Jnftanzen zurückzuweisen. Der
Vertreter des Beklagten hat Abweisung der Berufung und Bestätigung
des angefochtenen Urteils beantragt. Eventuell hat er aus Rückweisung
der Sache an die kantonalen Justanzen angetragen, zur Ergänzung der
Expertise darüber, ob die vom Beklagten ausgeführten Deckenkonstruktionen
als vertragswidrige Ausführungen in Konkurrenzsystemen zum System des
Klägers zu betrachten seien; ganz eventuell zur Beweiserhebung über
Preis und Konkurrenzfähigkeit des Systems Münch; --
592 A. Oberste Zivilgerichtsinstanz. [. Materiellrechtliche
Entscheidungen.
in Erwägung :
1. Durch Vertrag vom 22. Mai 1902 übertrug der Kläger dem Beklagten
das Recht zur Ausführung von Skelettkonstruttionen nach System Munch"
für den Kanten Thurgau unter folgenden Bedingungen:
Herr Ott verpflichtet feel), bei vorkommenden Gelegenheiten (Eingaben zu
machen für Arbeiten in Skelettkonftrultion nach Syem Münch, bestehend aus
armiertem Beton oder sonstigem armiertem Mauerwerk für Wände, Decken,
Unterzüge, Stützen und Säulen, für alle Arten von Gewölbeth sowie für
Stützmauern, Fundamente ze. zc. Herr Ott verpflichtet sich, auch die ihm
von Herrn Münch im Gebiete des Kantons Thurgau übertragenen Arbeiten in
Skelettkonstruktion auszuführen nach vorher vereinbarten Preisen.
Die für die Eingaben nötigen Skizzen, Berechnungen und allfällige
Eingabenpläne liefert Herr Münch dem Herrn Ott Iederzeit kostenfrei
und übernimmt auch die Verantwortung für die Richtigkeit der statischen
Berechnungen und für die Solidität der Konstruktion
Herr Ott seinerseits übernimmt die alleinige Garantie für die richtige
sachgemässe Ausführung nach den erhaltenen Zeichnungen und Angaben.
Herr Ott hat die für die Berechnungen nötigen Unterlagen (Grundrisse
und Belastungsatigabensvon dem betreffenden Architekten oder Bauherrn
zu verlangen und Herrn Münch kostenfrei zu übermitteln.
Herr Ort hat für die Ausführung von Arbeiten in Steintgkonsiruktion nach
System Mima) einen besondern Konto zu führen und die Abrechnung mit Herrn
Münch halbjährlich auf 30. Juni und 31. Dezember zu regulieren. Herr Ott
verpflichtet sich, dem Heute Münch als Entschädigung für Lieferung der
statischen Berechnungen und nötigen Zeichnungen, sowie als Lizenzgebühr
einen bestimmten Betrag zu bezahlen. Diese an Herrn Mime!) zu bezahlende
Gebühr wird vorderhand festgesetzt, wie folgt:
1. Für die Ausführungen von flachen Decken, sowie von flachen
Spiegelgewölben beträgt die Gebühr 1 Fr. per m'.
2. Für alle übrigen Konstruktionen 10 0/9 der Übernahmssumme.
4. Übligationenrecht. N° 93. 593
Herr Ott verpflichtet sich, keine Arbeiten nach System Münch zu
übernehmen, ohne das Einverständnis des Herrn Münch. Er darf auch in
keinem Falle unterlassen, an Herrn Münch die vereinbarte Entschädigung
für ausgeführte Arbeiten zu entrichten.
Herr Ott hat Herrn Münch sofort nach Eingang einer Bestellung in Kenntnis
zu setzen und demselben die nötigen Unterlagen, die zur Ausarbeitung
der Arbeitspläne erforderlich find, baldmöglichst zuzustellen.
Herr Ott verpflichtet sich, während der Dauer dieses Vertrages Wweder
Ausführung noch Vertretung in Konkurreuzsystemen zu itsübernehmen Als
Konkurrenzsysteme sind zu betrachten alle Konstruktionen in armiertem
Beton oder in Wölbsteindecken.
Der Vertrag wurde auf 10 Jahre abgeschlossen, mit dem Vorbehalt, dass der
Kläger ihn nach Ablauf der ersten zwei Jahre lösen könne, wenn die vom
Beklagten an den Kläger zu bezahlendeu Gebühren den Jahres-durchschnitt
von 1000 Fr. nicht erreichen sollten. Endlich konvenierten die Parteien,
dass bei absichtlicher Zuwiderhandlung gegen die Bestimmungen des
Vertrages der fehlende dem geschädigten Teil eine Konventionalstrafe von
5000 Fr. zu bezahlen habe, ausser allfälligem Schadenersatz, und dass
der Gchchädigte überdies das Recht habe, den Vertrag ohne Schadenersatz
sofort zu lösen. '
2] Der Kläger machte dem Beklagten vom Sommer 1905 hinweg schriftlich
Vorstellungen, weil er den Vertragsbeftimmungen absichtlich
zuwiderhaiidle. Er unterlasse es, bei Bauausschreibungen die nötigen
Eingaben für die Verwendung des Systems Münch zu machen und habe
wiederholt Deckenkonstruktionen in Konkurrenzsystemen ausgeführt
So habe er namentlich beim Verglischulhaus in Arbon Decken nach dem
Konkurrenzsystem Kleine erstellt. Ferner habe er dem Banmeister Landis
in Zug die Verwendung des Systems Münch direkt abgeraten. In der Folge
belangte der Kläger den Beklagten auf Bezahlung der Konventionalstrafe
von 50U0 Fr.
Der Beklagte hat gegenüber der Klage folgende Einwendungen erhoben: Die
Firma Ott, die den Vertrag vom 22. Mai 1902 mit dem Kläger abgeschlossen
habe, bestehe nicht mehr. Im Jahre 1903 habe sie sich in die Firma Ott &
Keller umgewandelt Diese
594 A. Oberste Zivilgerichtsinstanz. [. Materiellrechtliche
Entscheidungen.
sei nicht in den Vertrag eingetreten. Die Klage sei daher schon wegen
mangelnder Passivlegitimation des Beklagten abzuweisen. Sodann sei der
Vertrag unsittlich, indem der Beklagte von der ordnungsmässigen Ausübung
seines Berufes ausgeschlossen ware, wenn er keine anderen Konstruktionen
in armiertem Beton und keine anderen Wölbsteindecken ausführen dürfte
als die Münchschen, die nicht konkurrenzfähig seien. Übrigens habe
er die Münchschen Decken empfohlen, wo es möglich gewesen und nie
Deckenkonstruktionen erstellt, deren Ausführung ihm laut Vertrag
verboten fei. Namentlich bestreitet der Beklagte, beim Berglischulhaus
in Arben Decken nach System Kleine verwendet und den Baumeister
Landis veranlasst zu haben, ein anderes als das klägerische System
anzuwenden. Dagegen habe der Kläger den Vertrag gebrochen, indem er sein
System beim Kantonalbankgebäude in Weinfelden durch andere Baumeister
als den Beklagten habe ausführen lassen. Jedenfalls habe der Beklagte
seinerseits nicht absichtlich den Vertrag verletzt; Eventuell wäre die
Konventionalstrafe, weil übersetzt, nach Art. 182 aOR zu reduzieren-
Das Bezirksgericht Arbon hat mit Urteil vom 13. Dezember 1906 die Klage
wegen Unsittlichkeit des Vertrages bezw. Unmöglichkeit der Erfüllung
durch den Beklagten abgewiesen Das Obergericht des Kantons Thurgau
erklärte jedoch die Appellation des Klägers gegen das erstinstanzliche
Urteil begründet und erkannte mit Zwischenurteil vom 25. Februar 19ÒÎ,
es sei auf die Frage einzutreten, ob der Beklagte sich vertragswidrigen
Verhaltens schuldig gemacht habe und das hiefür erforderliche
Beweisverfahren durchzuführen Hieran hörte das Bezirksgericht Arben
eine Reihe von Zeugen darüber ab, ob der Beklagte das System Mime!) Bet
vorkommenden Gelegenheiten empfohlen und bezügliche Eingaben gemacht
habe. Ferner ordnete das Qbergericht mit einem zweiten Zwischenurteil
vom 29. April 1908 eine Expertise an gut Feststellung, ob der Beklagte
im Zeitraum vorn Mai 1902 bis Juli 1906, d. h. in der Zeit zwischen
Vertragsabschluss und Klageeinleitung, in den von ihm ausgeführten
Neubauten Deckenlonstruktionen in armiertem Beton und Wölbsieindecken nach
[rem den Systemen angewendet habe. Als Erperten wurden vom Bezirks-gerächt
die Herren a. Prof. Hilgard, Jngenieur in Zürich,
4. Obligationenrecht. N° 93. 595
und Jngeuieur Elskes, Direktor der Zementfabrik St. Sulpice,
ernannt. Gleichzeitig wurden diesen Experten in einem von Johannes Franz
Kleine in Berlin gegen die Firma Ott & Keller angehobenen Patentprozess
vom Bezirksgericht Arbou die Fragen zur Beantwortung vorgelegt, ob die vom
Beklagten beim Verglischulhaus in Arbon verwendete Deckenkonstruktion eine
Nachahmung der patentierten Kleine-Decken sei und ob das Patent Kleine
eine Erfindung bedeute. Die Erperten haben ihr Gutachten im November
1910 erstattet. Sie kommen darin hinsichtlich der Konkurrenzfrage
Münch-Oti zum Schluss, dass der Beklagte beim Berglischulhaus in Arbon
und bei zehn andern Bauten eine Deckenkonstruktion verwendet habe,
die zwar-nicht als Wölbsteindecke, wohl aber als armierte Betondecke
und damit als Decke fremden Systems im Sinne der gestellten Frage zu
betrachten sei. Hierauf gestützt hat das Bezirksgericht Arbon mit Urteil
vom 13. Januar 1912 die Klage gutgeheissen. Der Beklagte appellierte gegen
dieses Urteil an das Obergericht, indem er u. a. eine Prioaterklärung
der (Experten vom 16. April 1912 ins Recht legte, worin diese auf
Anfrage des Beklagten ihr Gutachten im folgenden Sinne erläutern: Ob
die Deckenkonstruktion des Beklagten unter den Begriff Konkurrenzsystem
im Sinne des Vertrages vom 22. Mai 1902 falle, sei zum mindesten zu
bezweifeln und eine beabsichtigte Zuwiderhandlung des Beklagten gegen das
vereinbarte Konkurrenzverbot erscheine als vollständig ausgeschlosfen. Das
Obergericht führt im angefochtenen Urteil aus, dass jene Erläuterung aus
prozessualischen Gründen ausser Betracht falle; es hat die Klage aber
trotzdem abgewiesen. Mit Urteil vom 28. Juni 1912 hat das Bundesgericht
die Streitsache Kleine gegen Ott & Keller zur Aktenvervollständigung und
neuen Beurteilung an das Bezirksgericht Arbon zurückgewiesen, weil die
Überprüfung der Rechtsfragen auf Grund der Expertise Hilgard und Elskes
nicht möglich war.
3. Die Einrede der mangelnden Passivlegitimation wurde heute vom
Beklagten fallen gelassen. Sie entbehrt denn auch jeder Begründung,
da der Beklagte trotz seines im Jahre 1903 erfolgten Eintrittes in die
Firma Ott & Keller aus dem am 22. Mai 1902 mit dem Kläger abgeschlossenen
Vertrage zweifellos persön-
595 A. Oberste Zivilgerichisinstanz. I. Materiellrechfliche
Entscheidungen.
lich belangt werden kann. Dagegen hat der Beklagte in der heutigen
Verhandlung wieder mit Nachdruck den Standpunkt vertreten, dass dieser
Vertrag unsittlich und das Konkurrenzverbot daher ungültig sei. Die
Vorinstanz hat jene Einrede in ihrem ersten Zwischenurteil von der
Erwägung aus abgewiesen, dass dein Beklagten neben der durch den Vertrag
ausgeschlossenen Ausführung von Konstruktionen in armiertem Beton oder
in Wölbsteindecken ein reiches Arbeitsfeld offen bleibe, in welchem eine
hinreichende und konkretrenzfähige Betätigung möglich fei. Ferner falle
in Betracht, dass die Einwilligung in den Nachteil, der dem Beklagten aus
dem vereinbarten Konkurrenzderbot erwachsen möge, eine der Bedingungen
für die Überlassung der Lizenz zur Ausnutzung des Bausysteins Munch an
den Beklagten gebildet habe. Ob dieses System konknrrenzfähig sei oder
nicht, habe der Richter nicht zu untersuchen Es sei Sache des Beklagten
gewesen, sich bei Eingebung des Vertrages darüber zu vergewissern.
Diesen Ausführungen ist beizupflichten Im streitigen Konkurrenzvetbot
kann eine unzulässige Einschränkung der wirtschaftlichen Freiheit des
Beklagten, eine unzulässige Beeinträchtigung seiner wirtschaftlichen
Existenz nicht erblickt werden. Es unterscheidet sich wesentlich
von den normalen, im Dienstvertrag oder bei Kaufen vereinbarten
Konkurrenzverboten, wo der Verpflichtung aus dein Verbot während
dessen Tau-er eine Leistung sdes Mitkontrahenten in der Regel nicht
gegenübersteht Die vorn Bundesgericht über die Konkurrenzklausel
aufgestellten Grundsätze sind daher nicht ohne weiteres auf den
vorliegenden Vertrag anwendbar. Durch diesen hat der Klager dem
Beil-sagten das Recht zur Ausführung von Deckenkvnfiruktionen in
armiertein Betou und in Wölbsteindecken nach seinen Patenten eingeräumt,
wogegen der Beklagte sich u. a. dem angefochtenen Konkurrenzverbote
imiei 509. Der Vertrag ist als Ganzes nicht zu beanstanden, wenn er
auch dein Beklagten mehr Verpflichtungen auferlegt als dem Klager, zumal
er von Fachleuten abgeschlossen wurde, die sich über die Tragweite der
einzugehenden Verpflichtungen bewusst sein mussten. Die Konventionalstrafe
von 5000 Tyr. im besondern wurde nicht mir für den Fall absichtlicher
Zuwiderhandlungen durch den Beklaglen vereinbart, sondern sie gilt auch
für absichtliche Vertragsverletzungen durch den Klager. Dafür, dass das
System des Klagers nicht
4. Ohiigafionenrecht. N° 93. 597
konkurrenzfähig sei, liegt nichts vor und es ist der dahingehende
eventuelle Beweisantrag des Vektagten verspätet. Unbegründet ist endlich
der vom Beklagten heute erhobene Einwand, dass der Kläger den Nachweis
eines berechtigten Interesses an der Einhaltung des Konkurrenzverbotes
durch den Beklagten nicht erbracht habe. Dieser Nachweis liegt schon
darin, dass der Kläger die stipulierte Konventionalstrafe eingeklagt hat.
4. Jst also der Vertrag und damit die Bestimmung über die
Konventionalstrafe gültig, so kann dem Kläger auch nicht entgegengehalten
werden, dass die Erfüllung des Vertrages durch ihn unmöglich geworden
sei und dass er die Konventionalstrafe aus diesem Grunde nicht fordern
könne (ON 181, neu 163). Der Vertrag enthält keine Bestimmung, die den
Kiäger verpflichtete, die nach seinem System auszuführenden Arbeiten
beim Kantonalbankgebäude in Weinfelden angeblich die einzige Ausführung
des Systems Münch im Kanton Thurgau dem Beilagten zu übergeben. Wenn
der Kläger diese Arbeiten einem andern Baumeister übertrug, so liegt
folglich darin kein Vertragsbruch
:"). Es bleibt zu untersuchen, ob der Beklagte den Bestimmungen des
Vertrages absichtlich zuwider-gehandelt habe und die Konventionalstrafe
daher verfallen sei. Der Kläger macht eine doppelte Zuwiderhandlung
geltend. Einmal habe er die Verbreitung des klägerischen Systems
wissentlich nicht gefördert und absichtlich unterlassen, bei
Vauausschreibungen, die ihm zur Pflicht gemachten Eingaben für die
Verwendung jenes Systems zu machen. Das Bezirtsgericht Arbon hat auf
Grund der Zeugenaussagen festgestellt, dass der Kläger in dieser Hinsicht
den ihm obliegenden Beweis nicht erbracht habe. An diese tatsächliche
Feststellung ist das Bundesgericht gebunden, da sie weder aktenwidrig
ist, noch auf einer bundesrechtswidrigen Würdigung des Beweisergebnisses
beruht.
6. Sodann wirft der Kläger dem Beklagten namentlich vor, er habe
zahlreiche Bauten in Konkurrenzsystemen zum System Munch ausgeführt,
obschon er sich vertraglich verpflichtet hatte, während 10 Jahren weder
Ausführung noch Vertretung in Konkurrenzsystemen zu übernehmen Ob die vom
Beklagten verwendete Konstruktion als Konkurrenzsystem zu betrachten sei,
ist eine Expertenfrage, wobei zu bemerken ist, dass laut
598 A. Oberste Zivilgeriehtsinstanz. I. Materiellrechtliche
Entscheidungen.
' Vertrag unter den Begriff Konkurrenzsystem alle Konstruktionen in
armiertem Beton oder in Wòlbsteindeifen fallen. Die kantonalen Jnstanzen
haben denn auch in casa eine Expertise angeordnet. Diese wurde aber
ungeschickter Weise mit der Expertise in Sachen Kleine c. Qtt & Keller
bereinigt, wo die patentrechtliche Frage zu entscheiden war, ob die vom
Beklagten im Bergtischulhaus in Arbon verwendete Deckenkonstruktion eine
Nachahmung des Systems Kleine bedeute. (Kleine ist in Berlin etabliert und
Architekt Münch, der heutige Kläger, ist sein Vertreter für die Schwein
Dazu kommt, dass in der Fragestellung an die Experten die massgebende
Vertragsbestimmung ungenau wiedergegeben isf, indem der Ausdruck
Konkurrenzsystem durch fremdes System ersetzt wurde. Wenn nun auch
die Erperien Eingangs ihres Gutachtens erklären, dass sie unter fremden
Systemen solche Deckenkonstruktionen verstehen, die von den dem Beklagten
zur ausschliesslichen Verwendung vorgeschriebenen so wesentlich abweichen,
dass sie als Konkurrenzsyfieme der Münchschen Decken zu bezeichnen wen,
so haben die obigen Verumftändungen die Expertise über den vorliegenden
Fall dennoch in unvorteilhafter Weise beeinflusst und zur Folge gehabt,
dass das Gutachten an einem gewissen Mangel an Bestimmtheit leidet. Mit
vollständiger Sicherheit ergibt sich daraus nur, dass die vom Beklagten
verwendeten Decken nicht als Wölbsieindecken, nicht aber, ob sie als
eigentliche Kon-
struktionen in armiertem Beton und damit als Konkurrenzsysterne im
Sinne des Vertrages angesehen werden können. Im ·EXPOSS , auf das sich
das Gutachten stützt, charakterisieren die (fixperten jene Decken als
armierte Betonrippendecken mit Hohlsteinsüllung oder als Plattendecken
aus Zement, Beton und Hohlsieinen". Im Gutachten selber drücken sich die
Experten allgemein dahin aus, dass der Beklagte im massgebenden Zeitraum
(@@ 1906) bei elf Bauten armierte Betondecken, also Decken nstetnden
Systemes, verwendet habe. Zn der nachträglichen Erläuterung erklären
sie hinwieder, sie hätten lediglich das Verhaltnis der Ottschen Decken
zu den Systemen Mime!) und Kleine charakterisiert; ob jene Decken
unter den Begriff Konkurrenzshstem im Sinne des Vertrages fallen,
könne an Hand desselben nicht mit Sicherheit beantwortet werden, sei
aber mindestens zu bezweifeln. Eine absichtliche Zuwiderhandlung des
Beklagten gegen4. Obligationenrecht. N° 93. 599
das vereinbarte Konkurrrenzverbot scheine vollständig ausgeschlossen.
Letztere Bemerkung bezieht sich nicht auf die Sachverständigen-, sondern
aus die Rechtsfrage, die auf Grund des Erpertenbefundes vom Richter zu
lösen ist; sie fällt daher von vornherein ausser Betracht. Es kann aber
der Erläuterung eine prozessualische Bedeutung Überhaupt nicht beigemessen
werden wie die Vorinstanz zutreffend bemerkt -, da sie nicht vom Gericht,
sondern vom Beklagten eingeholt wurde.
Wenn die Vorinstanz die Klage dennoch abgewiesen hat, so geschah es
namentlich von der Erwägung aus, dass der Beklagte die streitige
Deckenkonstrnktion schon vor dem Abschluss des Vertrages mit dem
Klager angewendet habe und ihre weitere Verwendung durch den Vertrag
nicht ausgeschlossen worden sei. Der Beklagte habe die Ausführung
dieses Systems nicht erst libernehmen müssen, wie sich der Vertrag
ausdrücke. Diese Argumentation ist nicht stichhaltig. Die Vorinstanz
geht von der irrtümlichen Auffassung aus, dass dem Beklagten nur die
Ausführung armierter Betonkonstruktionen fremden Systems untersagt sei
und schräntt das vereinbarte Konkurrenzuerbot, dessen wahrer Sinn nicht
der von ihr angegebene sein kann, in unzulässiger Weise ein (vergl.
BGE 27 II 118 f.). Es lag dem Beklagten ob, den Kläger beim Abschluss
des Vertrages auf die von ihm schon damals verwendete Deckenkonsirukiion
hinzuweisen, wenn sie dein Kläger nicht ohnehin bekannt war, und es
hätte eine ausdrückliche Bestimmung aufgenommen werden müssen, wenn sie
vom Konkurrenzverbot ausgeschlossen werden wollte. Beim Mangel an einer
solchen Bestimmung muss angenommen werden, dass die Konkurrenzklausel auch
aus das streitige System anwendbar sei, sofern dieses überhaupt unter den
Begriff Konkurrenzsystem im Sinne des Vertrages falli. Da diese Frage nach
dem Gesagten durch die Expertise Hilgard und Elskes nicht als hinreichend
abgeklärt erscheint, ist die Sache an die Vorinstauz zurückzuweisen zur
positiven Feststellung, ob die vom Beklagten im massgebenden Zeitpunkt
(Mai1902 bis Juli 1906) ausgeführten Deckenkonstruktionen, nach Art der
im Berglischulhaus zu Arbon verwendete-in nach dem Urteil Sachverständiger
als Ausführungen in Konkurrenzsystenten im Sinne des Vertrages vom 22. Mai
1902 zu betrachten sind oder nicht, und zu neuer Entscheidung auf dieser
600 A. Oberste Zivilgerichtsinstanz. !. Materiellrechtliche
Entscheidungen.
Grundlage Dass der Kläger einen dahingehenden Antrag erst in der heutigen
Verhandlung gestellt hat, steht der Rückweisung nicht entgegen, zumal
das Bundesgericht eine solche Aktenvervollständigung auch von Amtes
wegen verfügen kann, wenn ein Eutscheid im Rahmen der materiellen
Berufungsanträge aus Grund der Akten nicht möglich ist. Es erscheint
unter den vorliegenden Umständen als wünschenswert, dass eine neue
selbständige Expertise eingeholt werde, die jedoch auf die Beantwortung
der angegebenen Frage zu beschränken ist; ' erkannt:
Die Berufung wird dahin begründet erklärt, dass das Urteil des
Obergerichts des Kantons Thurgau vom 22. April 1912 aufgehoben und die
Sache zur Aktenvervollständigung im Sinne von Erwägung 6 und zu neuer
Entscheidung an die Vorinsianz zurückgewiesen wird.
94. get-teil der I. aniram-etwas vom 2. gioventù 1912 in Sachen
cHauch & Cie., Bekl. u. Hauptber.-Kl., gegen MIME-mh & gie,
Ki. u. Anschlussber.-Kt.
infwmafionsauftrag. Haftung des Auskzmflgebers gegen-Tiber dem
Auskanflneàmer für unrvichtige Auskunft. Durch Verwahrungsklausel {darf
nur die Haftung des Ausksztgebers für leichtes Verschulden weg-bedungen
werden, Art. 100 need, 114 aOR. Vom berufxmässigm Auskunftgeber meess
ein haber Grad seen Sorgfalt amd Gewissenkafligkeit verlangi werden ;
für das Verschulden seines Recherche-ars haftet ee' wie für sein eigenes,
Ärt. 181 neu, M5 aOR. Kausalzusammenhang zwischen der werichtigen Auskunft
Wes dem eingetretenen Schaden. Bei der Bemessung des Schadenersatzes
ist geniales aOR 113, neu-· 99 Abs. 2 dies Wesen der berufsmalssigen
Auskunfte'rteélung als blosser K rediterkusinde'glmg im Gegensatz zur
Kreditversickerung, sewie das geringe Entgelt zu berücksichtigen.
Das Bundesgericht hat auf Grund folgender Prozesslage:
A. Mit Urteil vom 23. April 1912 hat das Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt über das Klagebegehren:
4. Obligacionenrechi. N° 94. 601
Es sei die Beklagte zu verurteilen, an die Klagfirma 6140 Fr. (nebst
Zins zu 5 °/o seit Klaganhebung), event. was der Richter für angemessen
erachtet, zu bezahlen ;
erkannt:
Die Beklagte wird zur Zahlung von 2000 Fr. nebst 5 0/0 Zins seit dem
4. Oktober 1911 an die Klägerin verurteilt. Die Mehrforderung der Klägerin
wird abgewiesen-
B. Gegen dieses den Parteien am 3. Mai 1912 zugestellte Urteil bat die
Beklagte rechtzeitig und formrichtig die Berufung an das Bundesgericht
erklärt, mit dem Antrag:
Es sei in Aufhebung des Urteils des Appellationsgerichtes die Klägerin
mit ihrer Klage gänzlich abzuweisen
C. _ Die Klägerin hat sich innert Frist der Berufung angeschlossen mit
dem Begehren-: .
Es sei die Beklagte zu verurteiien, an die Klagfirma 5000 Fr. nebst Zins
à 5 % seit Klaganhebung zu bezahlen; eventuell was der Berufungsrichter
als angemessen erachtet
D. In der heutigen Verhandlung haben die Parteivertreter diese Anträge
erneuert und begründet und je aus Abweisung der gegnerischen Berufung
angetragen; -
in Erwägung :
1. Jakob Kürsteiner, Getreidehändler, in Zürich III, kaufte im Februar
1911 bei der Klägerin 4 Wagen Hafer zum Gesamtpreise von 6140 Br. Die
Klägerin beauftragte die Rheinschisfahrt-A.G. norm. Fendel in Mannheim
mit der Lieferung, sistierte diese aber am 23. Februar infolge ungünstiger
Gerüchte über die Zahlung-Zfähigkeit Kürsteiners. Gleichen Tages wandte
sie sich an die Beklagte, bei der sie für Haudelsauskünste abonniert mar,
und ersuchte sie an Grund der allgemeinen und besonderen Bedingungen
des laufenden Abonnements um Auskunft über Kürsteiner; sie bezeichnete
die Auskunft als sehr pressant und gab an, es handle sich um einen
Warenkredit von 5000 Fr. Die allgemeinen Abonnementsbedingungen lauten
u. a.: Die Informationen sind streng vertraulich und persönlich und
wie üblich unverbind-" lich. Sie dürfen somit nicht als Sicherstellung
betrachtet werden. Das Institut garantiert in keiner Weise gegen die
Möglichkeit eines Jertumes und nimmt keine Verantwortng für entstehende