112 Civilrechtspflege.

ihre Verfügungsberechtigung zu bezeugen Mehr habe sie nicht gethan;
namentlich sei nicht nachgewiesen, dass bei den diesbezüglichen
massgebenden Verhandlungen mit dem Direktor der Beklagten (Stanb)
überhaupt die Rede davon war, ob sie noch minderjährige Kinder habe oder
nicht. Nach den Aussagen des Direktors Staub erscheine es allerdings
als wahrscheinlich, dass Notar Baur bei diesem Anlass in Gegenwart
der Klägerin erklärt habe, sie sei eigenen Rechts, nicht bevogtet und
handlungsfähig und er begreife gar nicht, warum man für die Rückzahlung
derartige Schwierigkeiten mache. Allein es fehle jeder Beweis, ja sogar
jeder Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin damals gewusst habe, dass ihr
die Dispositionsbefugnis über den Kassaschein nicht zustehe; von einem
Dolns ihrerseits im Sinne von am. 50 O.-R. könne daher nicht gesprochen
werden. Wenn man aber auch so weit gehen wolle, anzunehmen, die Klagerin
sei verpflichtet gewesen, die Gesetze und somit die Beschränkung ihrer
Dispositionsbefugnis zu kennen, so sei das Verschulden der Klagerin nach
dieser Richtung jedenfalls nur ein geringes, das durch das wenigstens
ebensogrosse des Direktors der beklagten Bank im Sinne des am. 51
O.-R. vollständig aufgewogen werde. Denn auch dieser habe die Gesetze
kennen müssen, und da er im weitern aus der Eigentumsbescheinigung
entnommen habe, dass die Klägerin Witwe sei, sei es von seiner Seite eine
Fahrlässigkeit gewesen, sich nicht zu erkundigen, ob sie Kinder habe. Wenn
somit die Beklagte durch den genannten Umstand zu Schaden gekommen
sei, so habe sie, trotz einer gewissen Fahrlässigkeit der Klägerin,
denselben hauptsächlich ihrer eigenen Nachlässigkeit zuzuschreiben,
und könne deshalb von ihr in Gemässheit des am, 51 O.-R keinen Ersatz
beanspruchen Die Annahme der Vorinstanz nun, dass die Klägerin nicht
gewusst habe, dass sie in der Befugnis-, über den fraglichen Titel
zu verfügen, beschränkt sei, ist weder aktenwidrig, noch beruht sie
auf einer bundesgesetzliche Bestimmungen verletzenden Würdigung des
Beweisergebnisses Es ist deshalb von vornherein mit der Vorinstanz davon
auszugehen, dass die Klägerin die Beklagte nicht absichtlich getäuscht,
oder wissentlich im Irrtum über ihre Dispositionsfähigkeit gelassen habe;
gegenteils darf angenommen werden, sie habe sich bei Em-

Bundesgericht erklärt mit dem Antrag,

merde. In der mündlichen Ver andlu neueet der Anwalt des Iiefla h ng
vor Bundesgericht er:

tEventuell beantragt er, das Verbot, dem Kläger in der durch den Verkauf
und Vertrieb von Keramikartikeln KoIll. Ohligatiouenrecht. N° 14. HZ

Pfang des Geldes im guten Glauben be unde ° '

fuck) die Auffassung der Vorinstanz, dass fdie glagxzkekmxmeihkx der
IVorwurf emer gewissen Fahrlässigkeit treffe nicht als re tstarrtitmlich
bezeichnet werden, indem die Klägeriti es unterlie " ' uber Ihre
Befugnisse, über den Kassaschein zu verfügen die Erstlich Aufklarung
zu verschaffen. Und wenn auch mit der-Vorinstlge zuqsagen ist, dass
mindestens ein ebensogrosses Mass von NanF iassstgkett den Organen der
Beklagten zur Last fällt so eri cha?; es immerhin nicht gerechtfertigt,
die Beklagte den Schaden allij tragen zu lassen. Es hat vielmehr-, unter
Würdigung der elif samten Verhältnisse eine Repartition ex aequo et bono
ei ge: treten, und ist darnach die klägerische Forderung auf eine ng!
trag von 4000 Fr. herabzusetzen n EUR-

Demnach hat das Bundsgericht erkannt:

Die Berufung der Beklagten wird dahin als begründet erklärt,

Dass die Ria e Bl " ' wird. g DB fw: einen Betrag von 4000
Fr. zugesprochen

14. Urteil vom 30. März 1901 in Sachen Perino gegen Jeuch Konkurrenz
verbot, stipzelzîert erreichenan eines Gescîeeif

. . . tsverkaeefes. Tra Miste-, Vertragsaeesle un Art. 1 " ' ' 9 _
Uebem-etung. g g ( 6' 0. B.).Gulag/feet, Art. 17 0.-R.

A. Durch Urteil vom 18. Februar 1901 hat das Appellations-

gericht des Kant · . _ ffätigt. WB Vaselstadt das ersttnstanzliche
Urteil be-

B. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte die Berufung an das

dass die Klage abgewiesen

gten den gestellten Berufungsantrag. Schweiz nkurrenz

' Hex-Jn2. WM 'è

UA Civilrechtspflege.

zu machen, auf diejenigen Keramikartikel zu beschränken, welche
Gegenstand und Bestandteil des mit dem Vertrag vom 8. April 1887 dem
Kläger abgetretenen Geschäftes bildeten. Weiter eventuell beantragt er,
im Dis-positiv dem Worte Keramikartikel beizufügen: nàmlick) Wand: und
Bodenverkleidnngsplatten aus Thou, und dem Dis-positiv eine Fassung
zu geben, welche die Bethätigung des Beklagten als Angestellter in
einem mit Verkauf und Vertrieb von Keramikartikeln sich befassenden
Geschäft nicht ausschliesse. Der Anwalt des Klägers erklärt, dass seiner
Ansicht nach allerdings das Konkurrenzverbot sich nur aus Baumaterialien
beziehe; die Frage sodann, ob die Thätigkeit des Beklagten in einem
Konkurrenzgeschäft als Angestellter das Konkurrenzverbot verletze, sei
heute nicht zu beurteilen, sondern einem spätern Verfahren, nachdem über
das Verhältnis des Beklagten mit Bunf: hardt Beweis erhoben sein werde,
vorzubehalten. Im übrigen beantragt er Abweisnng der vom Beklagten
gestellten Begehren und Bestätigung des angesochtenen Urteils-.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Durch Vertrag vom 6. April 1887 verkaufte der Beklagte Heinrich Perino
dem Kläger Eugen Jeuch sein in Basel betriebenes Baumaterialiengeschäft
zum Gesamtpreise von 88,702 Fr. 69 Ets. Als Gegenstand des Kaufes
bezeichnet der Vertrag:

a.) Das gesamte Lager an Baumaterialien und Baumaterialienmustern,
das geschäftliche Mobiliar und die Betriebsutensilien

h) Den gesamten Bestand an Debitoren per Zi. März 1887.

c) Das ausschliessliche Recht auf die sämtlichen, dem Verkäufer am
31. März 1887 zustehenden Generalvertretungen für dieSchweiz, und zwar: _

Diejenige der Firma Villeroy-Boch, Mosaikfabrik in Mettimi), und derselben
Firma Terracottafabrik in Merzig auf Grund des Vertrages vom 1. April 1887
für die Dauer von mindestens sechs Jahren vom Antritt an, diejenigen der
übrigen Firmen aufGrund schriftlicher Zustimmungserklärungen derselben,
bei derenBeibringnng der Verkäuser mitzuwirken hat.

d) Die Rechte des VerkäUfers ans einem mit einem HerrnF. S. Becker
bestehenden Mietvertrage über die Geschäftsräum--

lichkeiten.Ill. Obligationenrecht. N° 14. 115

Der Kan reis vo ' ' kolgendermassxsä verum? 83,702 Fr. 69 Ces. wird m
Art. IV a.) Laut Inventar für Baumateria" '

b) Fee Mobiiiar und Utensiiien .sim · · Fr. E)??? i? c) Für Debitoren
. . . . . . . 16,131) GD d) Als Aversalvergütung für die Abtretung
, 94 des Baumaterialiengeschästes und die Agenturen 35 000 .Art.III.
des Kaufvertrages bestimmt: ,Herr Petri-no ver ' sich [nennt, Herrn (Eugen
Jeuch in der Schweiz in keinerpg "tet se( es durch eigene Etablierung,
oder Ctablierung eines EIN-risikm. Form einer Filiale oder Repräsentation
Konkurrenz Wn ber-l rettett.' Nach Abschluss dieses Vertrages und
Übergabezseines Geschaftes begab sich der Beklagte zunächst ins Ausland
kehrte aber spater wieder in die Schweiz zurück, wo er verschiedene-Unte
nehmungen scheint betrieben zu haben. Am 23. September 1893 schrieb er von
Bern aus, wo er damals etabliert gewesen zu sein scheint, been-Klagerî
er beabsichtige einen Posten in einem bessern Baumaterialiengeschaft
anzunehmen, und glaube dass ihm dies nach dein Vertrage, welcher nur die
eigene Etablierung verbiete wohl gestattet sei. Der Kläger antwortete,
dass er auch die An-, stellung in einem Baumaterialiengeschäft, das wie
das seini Keramikartikel führe, als Übertretnng des Konkurrenzverbotkg
ansehen musste. Der Beklagte eröffnete nichtsdestoweniger im Frühling
1900 m Bottmingen bei Basel ein Baumaterialietigeschäft welches nach
den vom Beklagten gebrauchten Briefköpsen Idee": karten und erlassenen
Jnseraten hauptsächlich auf den-Verträvon Wand: und Bodenplatten gerichtet
ist. Am 28. Mai 1900 liess ihm der Kläger eine schriftliche Verwarnung
zugehen worauf der Beklagte antwortete, dass er sich zum Betriebe seines
Ge: schaftesberechtigt halte und dasselbe demgemäss auch fortführen
Tcrdglsitt Flagezxchrilft vom 7. September 1900 erhob daraufhin er eun
' ' ten witng Anträgikägericht Baselstadt Klage gegen den Beklag1.
Es e' ' verurteilmsi Beklagter zu einer Entschadigung von 500 Fr. zu
2. Es sei dem Beklagten geri tlicl u verbiete " " durch den Verkan und
Vertriebchvori Äcramikartixlelndekllälass-:

116 civtlrechtsptlege.

Konkurrenz zu bereiten, und er sei für jeden Fall dersZuwidew handlung
gegen das Konkurrenzverbtotl zu einer Entschadigung von . den Klä er
u verur eten. 1ogOOetF.;:Tläagner behaup?et, îie Handlungsweise des
Beklagten bedeute eine Übertretung des Konkurrenzverbotes, durch welches
dem Beklagten jegliche Konkurrenz in Keramikarnkeln, b. h in Wandund
Bodenverkleidungsplatten in der Schweiz untersagt worden sei. In einer
nachträglichen Eingabevom 5. Januar 1901 magna-, er sodann noch geltend,
dass der Beklagte auch bet dem Um käm des Hotels Gehrig im Sommer und
Herbst ,1900 als Kon rrent in Keramikartikeln aufgetreten sei und sich
ferner beifetnefm Angestellten des Baugeschästes La Roche, Stahelin &
Ele." in Basel bemüht habe, den Kläger als nicht mehr kdnkurrenzsagig
darzusiellen, für welche Behauptung Jedoch dem Klager der Me.-t weis
laut Feststellung der ersten Instanz nicht gelungen ist. i einem
weitern in derselben Eingabe enthaltenen Vorbrtngeni der Beklagte sei
in allerletzter Zeit in ein Baumaterialtengeschaxt er; Basel (Gipswerk
Kienberg W. E. Burckhardts eingetretenäaun setze seither die Konkurrenz
gegen den Klager 0inanderer . wisse fort, wurde der Kläger von den
kantonalen Justanzen zuru gewiesen, weil dasselbe nicht mehr in den
Rahmen des vorliegen- ro e es e öre. WIDE fîîiîonaÎeî Gerichte haben,
entgegen dem auf vaweisung der Klage gerichteten Antrag des Beklagten
ubereinstimmend erkannt: Der Beklage werde zur Zahlung dont 000 Fr. an
den Kläger verurteilt, und es werde ihm gerichtlich verboten, dem Kläger
in der Schweiz durch Verkauf und Vertrieb von Keramikartikeln aller Art
Konkurrenz zu bereiten. · · _

2. Bei der Beurteilung der vorliegenden Klage ist in erster Linie
die Tragweite des stivulierten Konkurrnenzverbotes festzustellen In
dieser Beziehung hat der Beklagte zuuachst behauptet, das im Vertrag
vom 6. April 1887 niedergelegte Konkurrenzverbot beziehe sich nur ans
den Handel mit denjenigen Artikelm welche der Beklagte zur Zeit des
Geschäftsverkauses in seinem Geschasttge führt habe, d. h. speziell auf
den Handelmit Artikeln derjenigen Häuser, für welche der Brklagte damals
die Vertretung besass fund dem Kläger abtrat. Diese Auffassung ist von
den kantonalen Hu-lll. ObligationenrechL N° 14. 117

stanzen mit Recht als unrichtig zurückgewiesen worden. Gegenstand
des Kaufvertrages vom 6. April 1887 bildete das vom Beklagten in
Basel betriebene Baurnaterialiengeschäft, wobei der Verkäufer des
Geschäfte-s sich verpflichtete, dem Käuser in keiner Weise, sei es
durch eigene Etablierung oder Etablierung eines Dritten in Form einer
Filiale oder Repräsentation Konkurrenz zu bereiten. Dieses Verbot
bezieht sich seinem Wortlaute und dem Zusammenhang des Vertrages nach
aus den Geschäftszweig des abgetretenen Geschäftes Überhaupt, nicht
etwa nur aus den Handel in einzelnen Artikeln bestimmter Provenienz,
welche zur Zeit des Verkaufs des Geschäfts in diesem gerade geführt
wurden und vorrätig waren. Eine Beschränkung des Konkurrenzverbotes in
letzterem Sinne müsste, um als gewollt angenommen zu werden, deutlich
ausgesprochen sein. In eine Klausel, welche schlechthin die Konkurrenz
verbietet, kann sie nicht hineininterpretiert werden. Denn es ist ja,
wenigstens nach der regelmässigen Gestaltung der Lebensverhältnisse klar,
dass wirksame Konkurrenz nicht nur mit den absolut gleichen Artikeln,
bezw. mit Artikeln der gleichen Produktioushäuser, sondern nicht weniger
mit andern Waren der gleichen Art, welche zur Befriedigung der nämlichen
Bedürfnisse bestimmt sind, geübt werden kann und regelmässig geübt wird.
Wenn daher ein Gewerbetreibender beim Verkaufe seines Geschäftes dem
Erwerber verspricht, ihm keine Konkurrenz zu bereiten, so ist klar, dass
sich das Versprechen nicht nur auf die Waren derjenigen Provenienz,
welche zur Zeit des Verkaufes im Geschäft geführt wurden, sondern
aus alle gleichartigen, zur Befriedigung des gleichen Bedürfnisse-Z
bestimmten, dein gleichen Handelszweige angehörenden Waren bezieht. An
ein in ersterem Sinne beschränktes Konkurrenzverbot ist, wenn schlechthin
auf die Konkurrenz verzichtet wird, jedenfalls nicht gedacht und es ist
denn auch flat, dass den Interessen,I welche durch das Konkurrenzverbot
gesichert werden sollen, durch ein in der ersteren Art beschränktes
Verbot kein wirksamer Schutz gewährt wäre. Wenn im vorliegenden Falle das
Konkurrenzverbot hauptsächlich nur für die Mettlacherund Merzigerplatten
stipuliert worden, der Handel in allen übrigen Baumaterialien dem
Beklagten dagegen freigegeben gewesen wäreso wäre dem Beklagten offenbar
voxn ersten Augenblicke an frei-

118 Givilrechtspflege.

gestanden, dem Kläger in dem bisherigen Absatzgebiet und Kundenkreise
seines Geschäftes die empfindlichste Konkurrenz zu machen. Dieses
Ergebnis steht aber mit der offenbaren Absicht und dem Zwecke des
Vertrages, welcher dahin ging, dass der Beklagte seinen bisherigen
Absatzund Kundenkreis gegen das für die Abtretung des Geschäftes
vereinbarte Entgelt von 35,000-Fr. dem Kläger zu überlassen habe,
in unvereinbarem Widerspruch, und es ist daher diese Auslegung des
Vertrages-, als den Grundsätzen der guten Treue zuwiderlaufend, zu
verwerer, wie denn übrigens auch der Beklagte selbst vor dem Prozesse,
wie sich aus feinem Briese an den Kläger vom 28. September 1899 ergibt,
durchaus nicht der Meinung war, es komme dem Konkurrenzverbot bloss jene
beschränkte Bedeutung zu.

3. Jst also davon auszugehen, dass das Konkurrenzverbot sich auf das
Baumaterialiengeschäft überhaupt, und nicht nur auf den Handel mit
Mettlacherund Merzingerplatten u. s. w. beziehe, so ist nun dagegen
vom Beklagten im weitern geltend gemacht worden, das Konkurrenzverbot
sei einschränkend zu interpretieren, es beziehe sich nur auf die
Konkurrenz durch eigene Etablietung oder Etabliernng eines Dritten,
und in dieser Form habe er dasselbe nicht übertreten. Der Beklagte
scheint dabei davon auszugehen, das Konkurrenzverbot verbiete ihm nur,
das Baumaterialiengeschäft in der Schweiz als Eigenhändler zu betreiben,
nicht auch in diesem Geschäft als provisionsberechtigter Kommissionär
oder Agent (Vertreter) thätig zu sein. Hierüber ist zu bemerken: Es
ist richtig und auch vom Bundesgericht stets anerkannt worden, dass
Konkurrenzverbote strikte zu interpretieren sind, d. h. dass sie nicht
deshalb ausdehnend aus Fälle erstreckt werden dürfenwelche sie dem klaren
Wortlaute des Vertrages nach nicht betreffen, weil die Parteien, wenn sie
an diese Fälle gedacht hätten, möglicheroder sogar wahrscheinlicherweise,
das Verbot auch für sie stipuliert hätten. Allein auf der andern Seite
ist ebenso klardass bei Auslegung von Konkurrenzverboten ebensowenig
wie bei Auslegung anderer Willenserklärungen einseitig am Wortlaute
gehaftet werden darf, dass vielmehr für Konkurrenzverbote die allgemeine
Auslegungsregel des Ari.16 O.-R., wonach der übereinstimmende wirkliche
Wille der Parteien und nicht die unrichtigeIII. Obligationenrecht. N°
14. _ 119

Bezeichnung oder Ansdrucksweise zu beobachten ist, ebenfalls gilt, und
dieselben nach den Regeln von Treu und Glauben derart auszulegen sind,
dass nicht etwa eine einseitig auf den Wortlaut sich stiitzende Umgebung
des erkennbar wahren Sinnes des Verbotes, ein Handeln in fraudem des
letztern zugelassen wird, Geht man nun hievon aus, so kann einem Zweifel
zunächst nicht unterliegen, dass das Konkurrenzverbot dem Beklagten den
Betrieb eines Baumaterialiengeschästes in ssder Schweiz überhaupt, nicht
nur insoweit er dabei als Etgenhändler, sondern auch insoweit er dabei
als Kommissionär (in eigenem Namen aber auf fremde Rechnung) ioder als
Agent (an fremden Namen und auf fremde Rechnung) sich beteiligt. Sowohl
der Kommissionär als der Agent in Baumaterialien, welcher sein Geschäft
in der Schweiz betreibt, macht ja natürlich dem klägerischen Geschäfte
Konkurrenz und es fällt seine Thätigkeit sogar unter den ausdrücklich
im Vertrage hervorgehobenen Fall, dass die Konkurrenz durch eigene
Etablierung gemacht wird; denn sowohl der Kommissionär als der Agent ist
ja selbständig etablierter Kaufmann, und wenn daher der Beklagte in der
Schweiz als Baumaterialienhändler sich niederlässt, da ausschliesslich
oder vorwiegend Kommissionsoder Agenturgeschäfte in diesen Artikeln
abschliesst, so macht er dem Kläger gerade so durch eigene Etablierung
Konkurrenz, wie wenn er ausschliesslich oder vorwiegend Propregeschäfte
abschliesst. Dass das Konkurrenzoerbot auch den Geschäftsbetrieb
als Kommissionär oder Agent umfasst, entspricht übrigens wie dem
Wortlaute des Vertrages so auch den Umständen Denn es ist flat, dass die
Nachteile, welche eine von dem (bei den schweizerischen Baugeschäften
eingeführten) Beklagten geübte Konkurrenz für das klägerische Geschäft
herbeiführen musste, ungefähr gleich waren, ob nun der Beklagte sein
Konkurrenzgeschäft ausschliesslich oder vorwiegend als Kommissionär oder
Agent leistungsfähiger Konkurrenzfirmem oder ob er es ausschliesslich
oder vorwiegend als Proprehändler betreibe, so dass ein Grund, in dieser
Hinsicht einen Unterschied zu machen, nicht vorlag.

4. Bezüglich der Frage, ob das Konkurrenzverbot dem Beilagten auch
verbiete, als Angestellter in einem Baumaterialiengeschäft in der Schweiz
thätig zu sein, hat der Anwalt des Klä-

120 Civilrechtspflege.

gers heute den Standpunkt vertreten, es sei hierüber im vorliegenden
Prozesse nicht zu entscheiden, sondern dieser Punkt einein spätern
Verfahren, nachdem über das Verhältnis des Beklagten zu E. Burckhardt
Beweis erhoben sein werde, vorzubehalten. Angesichts dieses Umstandes
ist auf diese Frage heute nicht einzutreten und lediglich festzustellen,
dass dieselbe durch die gegenwärtige Entscheidung nicht berührt werde.

5. Wenn nun von der oben entwickelten Auffassung des Konkurrenzverbotes
im Sinne des Vertrages auszugehen isf, so muss sich fragen, ob das derart
gestaltete Konkurrenzverbot gültig oder vielmehr, weil gegen Art. 17
O.-R. Verstossend, ungültig sei? Letzteres ist vom Bekiagten behauptet
worden, und es muss übrigens die Frage, ob das Konkurrenzverbot als
unsittlich nichtig sei, von Amtes wegen geprüft werden. Nun hat das
Bundesgericht in konstanter Praxis an dein Grundsatze festgehalten,
dass Konkurrenzverbote dann als unfittlich nichtig seien, wenn sie
die Freiheit des Verpflichteten in so weitgehender Weise beschränken,
dassdarnach dessen wirtschaftliche Persönlichkeit als aufgehoben, ihrer
naturgemässen Bethätigung entzogen erscheint, was dann der Fall sei,
wenn dem Verpflichteten die Ausübung einer bestimmten wirtschaftlichen
Thätigkeit, speziell des erlernten Beruer gänzlich oder doch innert so
weiten zeitlichen oder örtlichen Grenzen untersagt sei, dass dies nach
den konkreten Verhältnissen praktisch einem gänzlichen Verbote nahe käme
(ng. bundesgerichtliche Entscheitungen, Amtl. Samml., Bd. XVII, S. 722
Erw. 3). Dagegen hat das Bundesgericht Konkurrenzverbote, welche zufolge
ihrer zeitlichen oder örtlichen Beschränkung eine derartige Fesselung
sder wirtschaftlichen Persönlichkeit des Verpflichteten nicht enthalten,
stets als gültig anerkannt; es hat speziell auch anerkannt, dass zur
Gültigkeit eines Konkurrenzverbotes nicht schlechthin erforderlich sei,
dass es gleichzeitig zeitlich und örtlich beschränkt sein müsse, sondern
dass es genüge, wenn es in der einen oder andern Richtung begrenzt
sei, sofern in Anbetracht der zeitlichen oder örtlichen Beschränkung
die naturgemässe Bethätigung der wirtschaftlichen Persönlichkeit des
Verpflichteten nach den obwaltenden Verhältnissen nicht aufgehoben sei
(vgl. bundesgerichtliche Entscheidungen, Umts. Samml., Bd. XXI, S. 644
Erw. 3). Diese AuffassungIII, Obligationen-sacht N° 14. 121

entspricht denn auch der herrschenden Meinung der deutschen wie
französischen Doktrin und Praxis und erscheint als innerlich begründet,
da Konkurrenzverbote doch nur dann für unzulässig zu erachten sind,
wenn sie mit Rücksicht aufihren gesamten Jnhalt als eine allzugrosse
unleidliche Beschränkung der wirtschaftlichen Freiheit des Berpflichteten
sich qualifizieren

6. Frägt es sich demgemäss, ob das vorliegende Konkurrenzverbot nach
seinem festgestellten Inhalte eine nach Art. 17 O.:siàsii. nnznlässige,
weil zu weitgehende Beschränkung der wirtschaftlichen Freiheit des
Beklagten involviere, so ist dies angesichts der konkreten Verhältnisse
zu verneinen Das Konkurrenzverbot ist allerdings zeitlich unbeschränkt,
dagegen ist es, wie sachlich, so auch örtlich derart begrenzt, dass
davon, es mache dein Beklagten die Bethätigung in dem von ihm früher
betriebenen Baumaterialiengewerbe praktisch ganz oder nahezu unmöglich,
nicht gesprochen werden fumi. Allerdings bezieht sich das Konkurrenzverbot
örtlich auf das ganze Gebiet der Schweiz. Allein selbstverständlich ist
der Betrieb des Baumaterialiengeschäftes in keiner Weise auf das Gebiet
der Schweiz beschränkt, und es liegt nicht das mindeste dafür vor, dass
speziell etwa dem Beklagten der Betrieb ausserhalb der schweizerischen
Grenzen nicht oder doch nur schwer möglich wäre. Das Konkurrenzverbot ist
daher trotz der mangelnden zeitlichen Beschränkung als gültig anzuerkennen
Hieran ist umsomehr festzuhalten, als bei einem Verkause eines Geschäftes
mit der Kundschaft ein Konkurrenzverbot in gewissem Umfange überhaupt
durchaus sachentsprechend tft, und der Beklagte für seinen ohne zeitliche
Beschränkung ausgesprochenen Verzicht auf den Geschäftsbetrieb in
der Schweiz das von ihm als angemessen erachtete Äquivalent in dem
Abtretungspreise des Geschäftes sich ausbedungen und erhalten hat,
während dieser Preis offenbar anders festgestellt worden wäre, wenn der
Beklagte die Stipulation eines Konkurrenzverbotes überhaupt verweigert,
oder dasselbe nur für eine bestimmt beschränkte Zeit hätte zugeben wollen.

7. Wenn demgemäss das Konkurrenzverbot als gültig zu erachten ist,
so kann ein Zweifel daran, dass der Beklagte dasselbe übertreten hat,
nach der oben festgestellten Tragweite des Verbotes nicht obwalten. Eine
Übertretung liegt jedenfalls darin, dass der

122 Civilre chlspflege.

Beklagte in Bottmingen ein Baumaterialiengeschäft errichtet und
betrieben hat. Der Betrag des dadurch dem Kläger gestisteten Schadens
ist von den Vorinstanzen, mit Rücksicht wesentlich aus die Dauer des
Konkurrenzbetriebes während der ganzen Bausaison 1900 nach freiem
Ermessen auf mindestens den geforderten Betrag von 500 Fr. festgesetzt
worden Diese Entscheidung fist m keiner Weise rechts-irrtümlich oder
aktenwidrig, es ist ihr vielmehr durchaus beizutreten. Allerdings
mangelt, wie dies der Natur-der Sache nach kaum anders möglich isf,
ein genauer ziffernmasziger Nachweis des Schadens in seinen einzelnen
Faktoren. Allein nachdem der Beklagte in der Bausaifon 1900 dem Kläger
intensive Konkurrenz gemacht, nachdem er speziell, wie sich aus den
Zeugenaussagen ergibt, denselben in den Preisen unterboten und dadurch
verschiedene Bestellungen erlangt hat, so darf nach freiem richterlichem
Ermessen ohne weiteres angenommen werden, dass er durch seine Konkurrenz
dem Kläger einen Schaden von 500 Fr. zugefügt habe. Ebenso ist, wie sich
aus den obstehenden Ausführungen über die Tragweite des Konkurrenzverbotes
ergibt, die vorinstanzliche Fassung des Verbotes des Konkurrenzbetriebes
für die Zukunft zu bestätigen, unter dem Vorbehalt, dass über die Frage
der Berechtigung des Beklagten, in ein Konkurrenzgeschaft in der Schweiz
als einfacher Angestellter einzutreten, im gegenwärtigen Prozess nicht
entschieden sei. Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung des Beklagten wird im Sinne der Erwägungen als unbegründet
abgewiesen und demnach das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons
Baselstadt vom 18. Februar 1901 bestätigt.IV. Schuldbetreibung und
Konkurs. N° 15. 123

IV. Schuldbetreibung' und Konkurs.

Poursuite pour dettes et faillite.

15. Urteil vom 28. Februar 1901 in Sachen Schweizerische Volksbank und
Genossen gegen Stettler und Mosimann.

Vinée'kate'an im. K Mir-UrseDenWnriilranien das Forum verschliesse-der
Urteil. Berufung Megegen. Haupturteii (Art. 58 Org.-Ges.)? Art. 260 Sch:
u. Konk.-Ges. ; Nat-ter und Wesen der Abtretung der Ansprüche der Masse
an einzelne Gläubiger.

A. Durch Urteil vom 16. November 1900 hat der Appellationsund
Kassationshof des Kam-Ins Bern erkannt:

Den Jmpetranten ist ihr Begehren zugesprochen

B. Gegen dieses Urteil haben die Jmpetraten rechtzeitig und in richtiger
Form die Berufung an das Bundesgericht ergriffen, mit dem Antrag: Jn
Aufhebung des angefochtenen Urteils seien die Jmpetranten mit ihrem
im Termin vom 22. Juni 1900 gestellten Zwischenbegehren abzuweisen
und sei die Sache an die kantonalen Gerichte zur weiteren Behandlung
zurückzuweiseu.

C. Die Jmpetranten beantragen in ihrer Antwort auf die Berufung: Es sei
die Berufung als unzulässig zu erklären und den Jmpetraten das Forum des
Bundesgerichtes zu verschliessen; eventuell sei die Berufung abzuweisen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Das angefochtene Urteil beruht auf folgendem Sachverhalt: In dem
am 13. März 1900 eröffneten Konkurse des Jakob Binniker, Küblers in
Langnau (Renten Bern) machten dessen Bürgen Arnold Stettler und Werner
Mosimann (beide in Langnau) mittelst Eingabe vom 10/11. April 1900 das
Eigentumsrecht an einer Anzahl von Maschinen, Maschinenbestandteilen
und Zubehörden, die vom Konkursamte auf 3219 Fr. 10 Cis geschätzt worden
waren, geltend, gestützt auf einen angeblichen
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 27 II 113
Datum : 30. März 1901
Publiziert : 31. Dezember 1902
Quelle : Bundesgericht
Status : 27 II 113
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 112 Civilrechtspflege. ihre Verfügungsberechtigung zu bezeugen Mehr habe sie nicht


Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • konkurrenzverbot • bundesgericht • frage • schaden • vorinstanz • weiler • nichtigkeit • dauer • richtigkeit • unternehmung • kauf • jahreszeit • zweifel • ermessen • mass • entscheid • kundschaft • wissen • umfang
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