426 C. Entscheidungen der Schuldbetreibuugs-

dass die Forderung die im Handelsregister eingetragene Firma
A. Degenhardt-Lötscher und nicht den in der Firma als Prokurist
tätigen Ehemann Albert Degenhardt betreffe. Gesiützt daran wies die
kantonale Aufsichtsbehörde die Beschwerde als unbegründet ab, da der
Konkursandrohung ein auf die Firmainhaberin lautender Zahlungsbefehl
vorausgegangen und dieser ihr vom Briefträger persönlich zugesiellt
worden sei.

C. Gegen diesen Entscheid hat Frau Degenhardt-Lötscher unter Erneuerung
ihres Begehrens innert Frist an das Bundesgericht rekurriert. Dem Rekurs
liegt das Schuldnerdoppel des Zahlungsbefehls bei mit der Adresse:
An Herrn A. Degenhardt-Lötscher, worauf die Rekurrentin ausdrücklich
hinweist, mit dem Beifügen, die kantonale Aufsichtsbehörde sei offenbar
vom Betreibungsamt nicht genügend oder unrichtig unterrichtet worden.

Die kantonale Aufsichtsbehörde stellt fest, dass das Schuldnerdoppel des
Zahlungsbefehls der Beschwerde an die kantonale Jnstanz nicht beilag und
dass auch aus den Akten des Betreibungsamtes sich nicht ergeben habe,
dass es an Herrn A. DegenhardtLötscher adressiert war. Es sei daher als
novum zurückzuweisen.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Durch das
von der Rekurrentin eingelegte Schuldner-

doppel ist erstellt, dass der Zahlungsbefehl Nr. 10,258 in Wirt-

lichkeit an den Ehemann A. Degenhardt-Lötscher und nicht an seine
Ehefrau als Inhaberin der gleichnamigen Firma gerichtet war und dass
er ihr lediglich als Vertreterin ihres Ehemannes zugestellt wurde. Die
Annahme der Vorinstanz, dass der angefochtenen Konkursandrohung ein
auf die Rekurrentin lautender Zahlungsbefehl voransgegangen und damit
die gesetzliche Voraussetzung für den Erlass einer Konkursandrohung
erfüllt war, erweist sich daher als irrtümlich und es fragt sich nur,
ob auf das Schuldnerdoppel des Zahlungsbesehls Rücksicht genommen werden
dürfe, obschon es der kantonalen Aufsichtsbehörde bei der Fällung ihres
Entscheides nicht vorlag.

2. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist diese Frage zu besahen Die
Aufsichtsbehörden haben unbestrittenermassen das Recht und die Pflicht,
eine amtliche Untersuchung über die an sie-und Konkurskammer. N° 84. 427

gerichteten Beschwerden anzuordnen, und dürfen sich nicht damit begnügen,
auf die Behauptungen und die Belege des Beschwerdeführers abzustellen. Zur
amtlichen Untersuchung gehört aber als essentiale die Beiziehung und
Prüfung der Akten der betreffenden Betreibung. Dieses Material bildet
einen integrierenden Bestandteil der Beschwerdeakten. Es ist daher
durch die Aufsichtsbehörde nachzuverlangen, wenn das beschwerdebeklagte
Amt es seiner Berichterstattnng beizulegen Unterlässt. Nehmen die
kantonalen Aufsichtsbehörden ihrerseits davon Umgang, die nötigen Akten
herbeizuschaffen, so bleibt es dem Rekurrenten anheimgestellt, die in
seinem Besitz befindlichen Betreibungsurkunden auch noch im Stadium des
Reknrses an das Bundesgericht zu produzieren, und eskann ihm nicht die
Einrede entgegengehalten werden, dass sie als Unzulässige nova ausser
Betracht fallen. Die Oberaufsichtsbehörde hat vielmehr das Recht, auf
diese Urkunden abzustellen, und nötigenfalls selber für die nachträgliche
Beiziehung der fehlenden Betreibungsakten zu sorgen. Diese Erwägung
führt nach dem. Gesagten ohne weiteres zur Gutheissung des Rekurses.

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer erkannt:

Der Rekurs wird begründet erklärt und demgemäss die angefochtene
Konkursandrohung aufgehoben.

84. Gntsthetd vom lll. Heutember 1911 in Sachen Hammer-thaten

Art. 92 Z isf. 3 SchKG : Pfdndbarkeit eines fertigen und zum Verkauf
bestimmten Oelgemd'ldes eines K unstmalers.

A. Der Rekurrent, Valentin Gammenthaler, Kunstmaler in Zürich IV,
beschwerte sich beim Bezirksgericht Zürich als unterer Aufsichtsbehörde
darüber, dass ihm für eine Forderung der Bezirksgerichtskasse I von 117
Fr. 65 Cts. am 1. Mai 1911 ein Olgemälde mit Goldrahmen im Schätzungsivert
von 150 Fr. gepfändet worden sei. Er machte geltend, das gepfändete
Bild stelle

428 C. Entscheidungen der Schuldbetreibnngs-

seine nach der Natur aufgenommene Landschaft dar. Solche Originale würden
von den Künstlern nicht zum Verkauf gemalt, sondern dienten ihnen als
unerlässliche Borlagen für die zum Verkauf bestimmten Reproduktionen
Dies treffe umso mehr zu, wenn das Bild, wie im vorliegenden Fall,
eine italienische Landschaft (Comersee) darstelle. Er könne daraus immer
wieder neue italienische Motive schöpfen, ohne nach Jtalien zurückkehren
zu müssen. Für die Richtigkeit dieser Behauptungen berief sich der
Rekurreut auf eine Expertise.

Das Bezirksgericht Zürich wies jedoch die Beschwerde als unbegründet ab
und die obere kantonale Aufsichtsbehörde bestätigte diesen Entscheid aus
folgenden Gründen: Das gepfändete Bild dürfte nur dann freigegebenwerdem
wenn es sich als ein zur Ausübung des Kunstmalerbernfes notwendiges
Werkzeug, Gerät oder Instrument im Sinn von Art. 92 Ziff. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 92 - 1 Unpfändbar sind:
1    Unpfändbar sind:
1  die dem Schuldner und seiner Familie zum persönlichen Gebrauch dienenden Gegenstände wie Kleider, Effekten, Hausgeräte, Möbel oder andere bewegliche Sachen, soweit sie unentbehrlich sind;
1a  Tiere, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden;
10  Ansprüche auf Vorsorge- und Freizügigkeitsleistungen gegen eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge vor Eintritt der Fälligkeit;
11  Vermögenswerte eines ausländischen Staates oder einer ausländischen Zentralbank, die hoheitlichen Zwecken dienen.
2  die religiösen Erbauungsbücher und Kultusgegenstände;
3  die Werkzeuge, Gerätschaften, Instrumente und Bücher, soweit sie für den Schuldner und seine Familie zur Ausübung des Berufs notwendig sind;
4  nach der Wahl des Schuldners entweder zwei Milchkühe oder Rinder, oder vier Ziegen oder Schafe, sowie Kleintiere nebst dem zum Unterhalt und zur Streu auf vier Monate erforderlichen Futter und Stroh, soweit die Tiere für die Ernährung des Schuldners und seiner Familie oder zur Aufrechterhaltung seines Betriebes unentbehrlich sind;
5  die dem Schuldner und seiner Familie für die zwei auf die Pfändung folgenden Monate notwendigen Nahrungs- und Feuerungsmittel oder die zu ihrer Anschaffung erforderlichen Barmittel oder Forderungen;
6  die Bekleidungs-, Ausrüstungs- und Bewaffnungsgegenstände, das Dienstpferd und der Sold eines Angehörigen der Armee, das Taschengeld einer zivildienstleistenden Person sowie die Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände und die Entschädigung eines Schutzdienstpflichtigen;
7  das Stammrecht der nach den Artikeln 516-520 OR189 bestellten Leibrenten;
8  Fürsorgeleistungen und die Unterstützungen von Seiten der Hilfs-, Kranken- und Fürsorgekassen, Sterbefallvereine und ähnlicher Anstalten;
9  Renten, Kapitalabfindung und andere Leistungen, die dem Opfer oder seinen Angehörigen für Körperverletzung, Gesundheitsstörung oder Tötung eines Menschen ausgerichtet werden, soweit solche Leistungen Genugtuung, Ersatz für Heilungskosten oder für die Anschaffung von Hilfsmitteln darstellen;
9a  die Renten gemäss Artikel 20 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946193 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung oder gemäss Artikel 50 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959194 über die Invalidenversicherung, die Leistungen gemäss Artikel 12 des Bundesgesetzes vom 19. März 1965195 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung sowie die Leistungen der Familienausgleichskassen;
2    Gegenstände, bei denen von vornherein anzunehmen ist, dass der Überschuss des Verwertungserlöses über die Kosten so gering wäre, dass sich eine Wegnahme nicht rechtfertigt, dürfen nicht gepfändet werden. Sie sind aber mit der Schätzungssumme in der Pfändungsurkunde vorzumerken.198
3    Gegenstände nach Absatz 1 Ziffern 1-3 von hohem Wert sind pfändbar; sie dürfen dem Schuldner jedoch nur weggenommen werden, sofern der Gläubiger vor der Wegnahme Ersatzgegenstände von gleichem Gebrauchswert oder den für ihre Anschaffung erforderlichen Betrag zur Verfügung stellt.199
4    Vorbehalten bleiben die besonderen Bestimmungen über die Unpfändbarkeit des Bundesgesetzes vom 2. April 1908200 über den Versicherungsvertrag (Art. 79 Abs. 2 und 80 VVG), des Urheberrechtsgesetzes vom 9. Oktober 1992201 (Art. 18 URG) und des Strafgesetzbuches202 (Art. 378 Abs. 2 StGB).203
SchKG
darstellen würde. Dem sei aber nicht so. Es handle sich in casu um ein
vollendetes Gemälde, das der Reknrrent selber zum Verkauf bestimmt habe,
wie sich schon aus der Einrahmung ergebe, und nicht etwa um Skizzen oder
Studien, die für weitere Arbeiten zu dienen bestimmt seien.

B. Diesen Entscheid hat der Rekurrent nunmehr innert Frist an das
Bundesgericht weitergezogen, unter Festhaltung an seiner Auffassung und
Erneuerung feines Begehrens um Aufhebung der Pfändung. Er bestreitet, dass
das Bild zum Verkauf bestimmt gewesen sei. Schon äusserlich stelle sich
heraus, dass der Rahmen, dessen Pfändbarkeit übrigens anerkannt werde,
nicht zum Bild gehöre. Neu ist ferner die Behauptung des Rekurrenten, dass
er auch Schüler halte und das gepfändete Bild auch immer zu Lehrzwecken
gedient habe. Endlich beantragt der Reknrrent neuerdings die Anordnung
einer Expertise.

Die Vorinstanz hat von Gegenbemerkungen zum Rekurs abgee en.

1 h Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwägung:

1. Mit der Vorinstanz ist zu sagen, dass nur die Unpfändbarkeitsbestimmung
des Art. 92 Ziff. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 92 - 1 Unpfändbar sind:
1    Unpfändbar sind:
1  die dem Schuldner und seiner Familie zum persönlichen Gebrauch dienenden Gegenstände wie Kleider, Effekten, Hausgeräte, Möbel oder andere bewegliche Sachen, soweit sie unentbehrlich sind;
1a  Tiere, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden;
10  Ansprüche auf Vorsorge- und Freizügigkeitsleistungen gegen eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge vor Eintritt der Fälligkeit;
11  Vermögenswerte eines ausländischen Staates oder einer ausländischen Zentralbank, die hoheitlichen Zwecken dienen.
2  die religiösen Erbauungsbücher und Kultusgegenstände;
3  die Werkzeuge, Gerätschaften, Instrumente und Bücher, soweit sie für den Schuldner und seine Familie zur Ausübung des Berufs notwendig sind;
4  nach der Wahl des Schuldners entweder zwei Milchkühe oder Rinder, oder vier Ziegen oder Schafe, sowie Kleintiere nebst dem zum Unterhalt und zur Streu auf vier Monate erforderlichen Futter und Stroh, soweit die Tiere für die Ernährung des Schuldners und seiner Familie oder zur Aufrechterhaltung seines Betriebes unentbehrlich sind;
5  die dem Schuldner und seiner Familie für die zwei auf die Pfändung folgenden Monate notwendigen Nahrungs- und Feuerungsmittel oder die zu ihrer Anschaffung erforderlichen Barmittel oder Forderungen;
6  die Bekleidungs-, Ausrüstungs- und Bewaffnungsgegenstände, das Dienstpferd und der Sold eines Angehörigen der Armee, das Taschengeld einer zivildienstleistenden Person sowie die Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände und die Entschädigung eines Schutzdienstpflichtigen;
7  das Stammrecht der nach den Artikeln 516-520 OR189 bestellten Leibrenten;
8  Fürsorgeleistungen und die Unterstützungen von Seiten der Hilfs-, Kranken- und Fürsorgekassen, Sterbefallvereine und ähnlicher Anstalten;
9  Renten, Kapitalabfindung und andere Leistungen, die dem Opfer oder seinen Angehörigen für Körperverletzung, Gesundheitsstörung oder Tötung eines Menschen ausgerichtet werden, soweit solche Leistungen Genugtuung, Ersatz für Heilungskosten oder für die Anschaffung von Hilfsmitteln darstellen;
9a  die Renten gemäss Artikel 20 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946193 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung oder gemäss Artikel 50 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959194 über die Invalidenversicherung, die Leistungen gemäss Artikel 12 des Bundesgesetzes vom 19. März 1965195 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung sowie die Leistungen der Familienausgleichskassen;
2    Gegenstände, bei denen von vornherein anzunehmen ist, dass der Überschuss des Verwertungserlöses über die Kosten so gering wäre, dass sich eine Wegnahme nicht rechtfertigt, dürfen nicht gepfändet werden. Sie sind aber mit der Schätzungssumme in der Pfändungsurkunde vorzumerken.198
3    Gegenstände nach Absatz 1 Ziffern 1-3 von hohem Wert sind pfändbar; sie dürfen dem Schuldner jedoch nur weggenommen werden, sofern der Gläubiger vor der Wegnahme Ersatzgegenstände von gleichem Gebrauchswert oder den für ihre Anschaffung erforderlichen Betrag zur Verfügung stellt.199
4    Vorbehalten bleiben die besonderen Bestimmungen über die Unpfändbarkeit des Bundesgesetzes vom 2. April 1908200 über den Versicherungsvertrag (Art. 79 Abs. 2 und 80 VVG), des Urheberrechtsgesetzes vom 9. Oktober 1992201 (Art. 18 URG) und des Strafgesetzbuches202 (Art. 378 Abs. 2 StGB).203
SchKG in, Betracht kommt und dass bei der
weitherzigsten Auslegung ein Olgemäldeund Konkurskammer. No 84. 429

nicht unter den Begriff der dem Rekurrenten znr Ausübung seines Berufes
notwendigen Werkzeuge, Gerätschaften, Instrumente oder Büchertt
subsumiert werden kann. Der Rekurrent gibt sich als eigentlichen
Kunstmaler aus. Auch einem blossen Kopisten könnte aber das Recht auf
Belassung eines so wertvollen Olgemäldes nicht zuerkannt werden. Umso
weniger kann ein Künstler darauf Anspruch erheben. Dass ein solcher seinen
Beruf ohne Vorlage einfach nicht mehr ausüben könne, wie der Rekurrent
ausführt, ist eine Behauptung, die sich mit dem Begriff der Kunst nicht
verträgt. Es bedarf keiner besonderen Sachkenntnis, um festzustellen,
dass ein Landschaftsmaler, wenn er wirklich ein solcher ist, Landschaften
auch ohne Inanspruchnahme früherer fertiger Arbeiten malen kann. Die vom
Rekurrenten verlangte Anordnung einer fachmännischen Expertise war denn
auch durchaus überflüssig.

2. Dass es sich tatsächlich um ein fertiges und zum Verkauf bestimmtes
Gemälde handelt und nicht um blosse Skizzen und Studien, die noch nichts
fertiges darstellen, sondern erst zur Ausführung eines zukünftigen
Gemäldes dienen sollen und dafür benötigt werden, hat die Vorinstanz
mit Recht an Hand der Tatsache festgestellt, dass das gepfändete Bild
eingerahmt ist (vergl. auch Mon.-Bl. f. Betr. und Konkursrecht 2 Nr·
78). Und es ändern daran auch die Ausführungen des Rekurrenten in der
Rekursschrist an das Bundesgericht nichts.

Ebensowenig könnte die nachträgliche Behauptung des Rekrurenten, dass
er das Bild auch zu Lehrzwecken Benötige, nach dem Gesagten dessen
Freigabe rechtfertigen, abgesehen davon, dass diese Behauptung schon
als unzulässiges novum ausser Betracht fällt.

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer

erkannt:

Der Nekurs wird abgewiesen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 37 I 427
Date : 01. September 1911
Published : 31. Dezember 1911
Source : Bundesgericht
Status : 37 I 427
Subject area : BGE - Verfassungsrecht
Subject : 426 C. Entscheidungen der Schuldbetreibuugs- dass die Forderung die im Handelsregister


Legislation register
SchKG: 92
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