674 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. I. Abschnitt. Bundesverfassung.

vertraglich und buchhaltungsgemäss gar kein Salär für tatsächlich
geleistete persönliche Arbeit eines Geschäftsteilhabers mit Domizil in
einem andern Kanton, als demjenigen des Geschäftssitzes, ausgeschieden
ist, der Verständigung der beiderseitigen Steuerbehörden, eventuell
dem Entscheide des Bundesstaatsgerichtshofes, dorbehalten bleiben, die
fragliche Steuerverteilung den jeweiligen Verhältnissen gerechterweise
entsprechend vorzunehmen (vergl. hier das bereits angezogene Urteil
i. S. Morgeuthaler, a. a. O., Erw. 3 in fine).

2. Aus der vorstehenden allgemeinen Erwägung folgt für den gegebenen
Fall, dass der Kanten Zürich grundsätzlich berechtigt ist, den in Zürich
wohnhaften Rekurrenten für den seiner persönlichen Mitarbeit im Geschäfte
der Kollektivgesellschaft J. Brandeis Söhne, in Baden, entsprechenden
Betrag des von ihm nach seiner Angabe lediglich als Geschäftsgewinn
bezogenen Einkommens zu besteuern. Der gegen diese grundsätzliche
Steuerberechtigung Zürichs gerichtete Rekurs erweist sich somit als
unbegründet. Dagegen ist die danach in Zürich zu versteuernde Quote des
Geschäftsgewinns gemäss dem Verbote der interkantonalen Doppelbesteuerung
natürlich der aargauischeu Steuerhoheit entzogen Die Höhe seiner
Steuerveranlagung in den beiden Kantonen für das streitige Steuerjahr
(1907) aber hat der Rekurrent nicht angefochten, obschon er wissen
musste, dass speziell die den Reims: gegenstand bildende zürcherische
Taration entgegen seiner Vehauptung in der Retursschrift gegenüber dem
regierungsrätlichen Entscheide nicht sein Geschäftseinkommen in Baden
schlechthin umfasste, da die Verfügung der Finanzdirektion vom 22. Juli
1908 ausdrücklich betont, dass die unteren Steuerbehörden mit dem Ansatz
von 5000 Fr. lediglich sein Arbeitseinkommen, für seine persönlichen
Dienste im Geschäft, besieuerten. Es muss daher bei den beiderseitigen
Tarationen, vorläufig wenigstens-, ohne weiteres sein Bewenden
haben. Dagegen ist dem Rekurrenten jedenfalls unbenontmen, die Frage der
Angemessenheit dieser Tarationen in ihrem Zusammenhange für zukünftige
Steuerperioden auszuwerfen und eventuell ebenfalls im staatsrechtlichen
Reknrsverfahren zur Entscheidung bringen zu lassen. Übrigens scheint
ihm der Schlusspassus des angesochtenen Entscheides des zürche-f

Ii. Doppelbesteuemng. N° 102. 75

rischen Regierungsrat-es bezüglich des Ansatzes pro 1907 noch den
Behind der Steuerexpertenkommission vorzubehalten, welchem durch diesen
Rekursentscheid natürlich nicht präjudiziert wird. Demnach hat das
Bundesgericht , erkannt: Der Rekurs wird abgewiesen

102. get-teil vom 18. Yovember 1908 in Sachen Antlitz-Ermatten
39m. en.-@. (Muller, Eretler & gie.) gegen Yilihof und Damm Juzem
(Gemeinde Wohlen und gransen gaaanz).

Steuerpflicht einer Gesellschaft., die die Ausbeutemy und den Betrieb
einer Méneralwasserquelle zum Gegenstand Izasseî und in einem vom
Kamen, in dem die Quelle äe'egt Med ausgeòeutee' wird (i. c. Luzern)
verschiedenen Kanton (i. c. Aargau) Hier-en kasnfrnriyznisrleeee Sitz hat.
Teilung der Steuerhoheit.

Das Bundesgericht hat auf Grund folgender Aktenlage:

A. Unter der Firma Alpinis Brunnen Kon1.-A.-G. (Müller, Gretler &Eie.) in
Wohlen ist am 6. Februar 1908 eine Kommandit-Aktiengesellschaft mit Sitz
und Verwaltung in Wohlen (Aargau) gegründet worden, deren unbeschränkt
hastende Mitglieder Max Müller-Gretler und Louis Gretler, beide in Wohlen,
find. Zweck der Gesellschaft ist, gemäss § 2 ihrer Statuten, der Erwerb,
Ausbau und Betrieb der bisher von der Firma Gretler & Eie. in Wohlen
besessenen Mineralwasserquelle beim Bad Knutwil, sowie der Versandt des
dort entspringenden Mineralund Taselwassers. Als Versandtstelle bezeichnen
die Statuten das Bad Knutwil Der Generalversammlung steht das Recht
zu, den Betrieb auch ähnlicher anderer Geschäfte zu beschliessen-. Das
Gesellschaftskapital ist auf 300,000 Fr. festgesetzt und eingeteilt in
600 Namenaktien zu 500.Fr., von denen die beiden unbeschränkt haftenden
Gesellschafter zusammen 200 Stück über-

676 A. Staatsrechtlictte Entscheidungen. l. Abschnitt. Bundesverfassung.

nehmen und daneben vorläufig nur 111 Stück zur Ausgabe ge-

Langen. Die von den unbeschränkt haftenden Gesellschaftern über-

nommenen Aktien werden liberiert als Gegenwert für ihre Aus-

lagen und Zahlungen an die Quelle und das Betriebsinventar,

die gemäss genauem Inventar pro 31. Dezember 1907 an die

Kommandit-Aktien-Gesellschaft übergehen ($, 8 der Statuten).

Ferner übernimmt die Gesellschaft auch noch andere (näher bestimmte)
Passiven. Anderseits erwirbt sie alle Aktiven der Firma Gretler &
(Sie., ihre Debitoren, sowie als Eigentum alle s. Bt. oon Gretler &
Eie. bei Troller & (Sie. erworbenen Rechte, Liegen-

schaften, Betriebsinventar usw ferner Quellfassung, die Schau-

bernquelle, Recht auf Schutzmarke und alle seit Übernahme
derAlpinisquelle von Gretler & Cie. erworbenen, zum Betrieb der Quelle
bestimmten Immobilien und Veweglichkeiten, gemäss dem im Herbst 1907
aufgestellten Inventor, alle Verträge, das Recht an Konventionalstrafe
gegen O. Troller von 100,000 Fr. (EUR 24 der Statuten). Die Firma
Gretler & (Sie. hatte nämlich ihrerseits das Geschäft des Versandts
von Mineralwasser-Stahlsprndel Bad Knutwil durch Vertrag vom lZ. März
1907 der Kommanditgesellschaft Troller & Cie. mit Aktiveu und Passiven
abgekauft und dazu gleichzeitig, durch Separatvertrag, vom unbeschränkt
haftenden Teilhaber dieser Gesellschaft, Otto Troller, persönlich die
hintere Stahlquelle zum Preise von 25,000 Fr. nebst einer darum gelegenen
Landparzelle von 2000 m2 zu 50 Etsper in-' erworben. Im April 1908 nun
schätzte die Gemeindesteuerkommission von Wilihof (Kis. Luzern), deren
Gemeindebann diese Quelle angehört, die Kommandit-Aktiengesellschaft
Alpinis Brunnen mit 9000 Fr. Erwerbssteuerkapital, entsprechend einem
steuerpflichtigen Erwerb von 1500 Fr. ein, während bisher-, noch pro 1907,
die Gesellschaft Troller & (Sie welche auch ihren Sitzin der Gemeinde
Wilihof hatte, hier für ein Erwerbssteuerkapital von 15,000 Fr.,
gleich 2500 Fr. Erwerb, besteuert worden war.. Gegen diese Taxativn
der Gemeindebehörde beschwerte sich die KommA.-G. beim Regierungsrat
des Kantons Luzern, indem sie geltend machte, dass sie an ihrem Sitze
Wohlen, wo sich ihre Geschäftsleitung befinde, erwerbsstenerpflichtig
sei und dort tatsächlich auch für ihren Erwerb besteuert werde, sodass
ihre Heranziehung zurII. Doppelbesteuerung N° 102. 67?

ererbssteuer in Wilihof eine unzulässige Doppelbesteuerung darftelle und,
eventuell, für das erste Geschäftsjahr der Gesellschaft jedenfalls auch
zu hoch gegriffen wäre. Der Gemeinderat von Wilihof wandte jedoch zur
Rechtfertigung seines Steuer-anspruchsem, due sich der wesentlichste
Teil der Geschäftstätigkeit dekGesellschaft ständig und unter besonderer
Leitung in dieser Gemeindeabwickle, da hier das aus der Erde fliessend-e
Mineralwafser durch besonders geleitete Arbeiter transportfähig gemacht,
auf Lager gehalten und überall hin versandt werde. Durch Entscheid vom
29. Juli 1908 wies hierauf der Regierungsrat die Beschwerde ab indem er
gestützt auf diese Angaben der Gemeindebehörde die Frage der Steuerpflicht
der Gesellschaft in Wilihof grundsätzlich bejahte und über die Höhe der
angefochtenen Taration bemerkte, ihr Ansatz sei einstweilen zu belassen,
dagegen bleibe es der Rekurrentin sur die Zukunft nnbenommen, den Nachweis
zu erbringen dass aus ihrem Geschäftsbetriebe in Wilihof ein steuerbarer
Erwerb im angesetzten Betrage nicht resultiere.

B. Jnnert der gesetzlichen Frist seit der Zustellung des vorstehenden
Entscheides hat die Kommandit-Aktiengesellschaft AlPinis Brunnen
den staatsrechtlichen Rekurs an das Bundesgericht ergriffen. Sie
beschwert sich über bundesrechtswidrige Doppelbesteuerung, indem
sie in erster Linie an ihrer Auffassung, dass ne nur im Kanton Aargau
erwerbssteuerpslichtig fei, festhält undwesentlich ausführt: In Wilihof
(Bad Knutwil) werde einfach das aus der Quelle strömende, allerdings
sehr sorgfältig gefasste und durch Filter geleitete Mineralwasser in die
Versandtflaschen abgefüllt, welche dann, verpackt, grossenteils ins Lager
nach Wohlen spediert und von dort an die einzelnen Besteller versandt
wurden. Diese Wasserabfüllnng zum Versandtzweck könne nun nicht etwa als
Fabrikationstätigkeit, als Schaffung eines neuen Rechtsgutes, betrachtet
werden, sie bilde auch keineswegs, wie die Luzer- ner Steuer-behörden
annähmen, die Haupttätigkeit der Gesellschaft und stehe nicht unter
besonderer Leitung, indem der Angestellte, welchem die Uberwachung der
damit beschäftigten Arbeiter obliege, fast die ganze Zeit in Wohlen,
auf dem Bureau der Gesellschaft, oder auf Geschäftsreisen sei und nur
hie Und da nach Knutwil gehe. Die Haupttätigkeit der Gesellschaft,
welche eben ein Han-

878 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. I, Abschnitt. Bundesverfassung.

delsgeschäst betreibe, liege vielmehr in der kaufmännischen
Geschäftsleitung in Wohlen. Hier wickle sich der gesamte Verkehr
mit den Kunden ab, von hier aus werde auch die Reklame betrieben
und überhaupt alles das besorgt, was den Erwerb bedinge; denn ohne
diese Handelstätigkeit in Wohlen wäre das in Knutwil in Flaschen
abgefüllte Wasser für die Gesellschaft fast tvertlos. Das Abfüllen
der Flaschen stelle nur eine Hülfsarbeit dar, es bedeute nichts
anderes, als das Sammeln eines Produktes (des aus der Quelle strömenden
Mineralwassers), das der Gesellschaft bereits gehöre. Und dies könne nicht
erwerbssteuerpflichtig machen, sonst käme man dazu, dass jeder Landwirt,
der ausserhalb seiner Wohngemeiude ein Kartoffelfeld besitze und die
darauf wachsenden Kartoffeln einsammle und zur Verwertung heimführe,
diesen Ertrag am Orte des Kartoffelfeldes versteuern müsste. Soweit
aber gehe weder die Luzerner Steuerpraxis, noch namentlich die
Doppelbesteuerungspraxi-Z des Bundesgerichts (z. vgl. Entscheid
i. S. Jtnhof vom 18. Oktober 189(): AS 16 Nr. 88 S. 627 ff., wo der
Grundsatz aufgestellt sei, dass das Domizil die Erwerbssteuerpflicht
bestimme; ferner die dem vorliegenden ähnlichen Fälle Schwarzenbach &
(Sie.: AS 25 I Nr. 86, und Esseiva: AS 26 I VLBI). Eventuell könnte
der Kanton Luzern die Erwerbssteuet jedenfalls nicht allein beziehen,
sondern es wäre eine Ausscheidung zwischen ihm und dem Kanton Aargau
zu treffen, wobei Luzern als bloss ausnahmsweise forderungsberechtigt
genau festzustellen hätte, in welchem Umfange ihm die Steuer gebühre,
was bisher noch nicht geschehen sei (zn vgl. AS 26 I Nr. 3 S. 19 ff. und
23 Nr73 S 500 ff·). Ganz eventuell wäre die Gesellschaft als im Aargau
steuerfrei zu erklären. Demnach werde das Rekursbegehren gestellt:
i. Der Entscheid des luzernischen Regierungsrates vom 29. Juli 1908
sei aufzuheben, und es sei festzustellen, dass die Rekurrentin nicht
pflichtig sei, im Kanton Luzern Erwerbssteuern zu bezahlen; _ 2. Eventuell
sei, in Aufhebung dieses Entscheides, die Sache san den luzernischen
etiegierungsrat zurückzuweisen zur Feststellung der Faktoren und des
Umfangs, in welchem die Rekurrentin im Kanton Luzern, und demzufolge
im Kanten Aargau nicht mehrsteuerpslichtig sei; '3. Ganz eventuali sei
die Rekurrentin von der Erwerbs- II. Doppelbesteuerung N° 102. 679

steuerpflicht im Kanton Aargau zu befreien und seien die Verfüzsgungen
der aarg. Steuerbehörden wegen Doppelbesteuerung aufzuheben.

C. Der Regierungsrat des Kantons Luzern hat auf Abweisung des Rekurses
angetragen. Er bemerkt zunächst, die Behauptung der Rekurrentin vor
Bundesgericht, dass nicht der gesamte Wasserverkauf unmittelbar in
Wilthof erfolge, sondern ein Teil der gefüllten Flaschen in ein
Lager nach Wohlen gehe und von Idort aus versandt werde, sei neu
und deshalb nicht zu berücksichtigen. Sodann betont er wesentlich,
den geschäftlichen Funktionen Eder Rekurrentin in Wohlen komme bloss
akzessorische, den Vertan des Mineralwassers vermittelnde, Bedeutung
zu. Jhr Bureau daselbst qualisiziere sich lediglich als Hülfsanlage ihres
Geschäftsbe- triebs Dieser spiele sich in der Hauptsache in Wilihof
ab, wo das von der Rekurrentin in Handel gebrachte Objekt gewonnen
mathe. Dass dasselbe nicht im Fabrikationswege, sondern von der Natur
selbst erzeugt merde, sei unerheblich. Entscheidend sei, dass mit dem
Aufhören der Mineralwafsergewinnung in Wilihof das ffBureau in Wohlen
notwendig dazu kommen mùszte, seine Funktionen einzustellen, während
umgekehrt die Aufhebung dieses Bureaus nicht notwendigerweise auch die
Einstellung des Geschäftsbetriebes in Wilihof bedingen würde. Dazu komme,
dass sich dieser Betrieb zugegebenermassen nicht bloss auf die Gewinnung
des Verkaufsobjektes beschränke, sondern dass von Wilihof aus direkt
auch Mineralwasser verkauft und somit Erwerb erzielt werde. Was aber die
Höhe der streitigen Erwerbstaration betreffe, seien die luzernischen
Steuerbehörden, wie schon im angefochtenen Entscheide angedeutet,
bereit, eine Reduktion derselben vorzunehmen, wenn die Rekurrentin sie
als übersetzt nachweise.

D. Der Regierungsrat des Kantons Aargau, welchem ebenfalls Gelegenheit zur
Vernehmlassung geboten worden ist, hat zGutheiszuug des Rekurses im Sinne
seines Hauptbegehrens beantragt. Er schliesst sich der Argumentation der
Rekurrentin an, dass sie kein Fabrikationssondern ein Handelsgeschäft
betreibe, dessen Haupttätigkeit am Geschäftssitze Wohlen vor sich
gehe, und

fügt bei, die Einrede des Regierungsrates von Luzern, dass mit idem
Aufhören der Mineralwassergewinnung in Wilihof das Bu-

AS341 1908 45

680 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. [. Abschnitt. Bundesverfassung.

reau der Rekurrentin in Wohlen seine Funktionen einstellen müsste, sei
unbehelflichz denn mit dem Aufhören des Weinbaus müssten ja auch alle
Naturweinhandlungen zu funktionieren aufhören, daraus aber sei doch nicht
zu schliessen, dass die Weinhändler ihren Erwerb da zu versteuern hätten,
wo der Wein wachse, und nicht da, wo sich ihre Geschäfte befanden; -

in Erwägung:

1. Die Tätigkeit, durch welche die Rekurrentin einen Erwerb zu erzielen
bezweckt, ist nicht der Handel mit Mineralwasser als solcher, sondern,
nach ihren Statuten und der Art ihres tatsächlichen Geschäftsbetriebs,
die Ausbeutung einer Mineralquelle beim Bad Knutwil, in der luzernischen
Gemeinde Wilihof, durch Fassen und Abfüllen dieses Mineralwassers in
Flaschen, nebst dem Verkauf und Versandt desselben. Es handelt sich also
um die gewerbsmässige Gewinnung und Verwertung eines an einem bestimmten
Orte zur Verfügung stehenden Naturproduktes Die gesamte Leitung dieses
Unternehmens-, sowohl der Wasserfassung und -bereitstellung, als auch
des Wasserverkaufs und -versandts, erfolgtvom Sitze der Rekurrentin
aus, der sich in Wohlen (Kanton Aargau) befindet. Die ausführende
Geschäftstätigkeit dagegen vollzieht sich in der Hauptsache am Orte,
wo die Quelle zu Tage triti, so namentlich das Abfüllen, Verpacken
und Versenden der Flaschen. In letzterer Beziehung behauptet zwar die
Rekurrentin,. dass die Versandtflaschen grossenteils nicht direkt an die
Abnehmer geliefert, sondern zunächst in ein Lager nach Wohlen gebracht
würden. Allein dieser Angabe wider-spricht die statutengemässe Bezeichnung
des Bades Knntwil, d. h. der Gemeinde Wilihof, alsVersandtstelle.
Hieraus ist zu schliessen, dass die fragliche indirekte- Versendung
des Wassers jedenfalls eine Ausnahme bildet, welcherkeine entscheidende
Bedeutung beizumessen ist, wie sich denn die Re- kurrentin darauf vor
den luzernischen Steuerbehörden auch gar nicht berufen hatte. Der
streitige Geschäftsbetrieb gehört somit wirtschaftlich den beiden
streitigen Kantonen cm: während sich die Betriebsleitung mit den gesamten
kaufmännischen Funktionen an seinemrechtlichen Sitze im Kanton Aargau
befindet, geht die wesentliche produktive Geschäftstätigkeit dauernd,
bei ständigen Anlagen und Einrichtungen, im Kanton Luzern vor sich,
wo die ausgebeuteteII. Doppelbesteuerung-. N° 102. 681

Mineralquelle immobilisiert isf. Die beiden Betriebs w "

hinsichtlich des Betriebszweekes der Erwethserzielungzg::zgeîxseliltrii
von einander abhängig und bilden in diesem Sinne eine unlösbare
Einhe1t. JOemi gleichwie einerseits die gewinnbringende Ver-
wertung des in veräusserungsfähige Form gebrachten Mineralwassers
der kaufmännischen Tätigkeit bedarf, so setzt anderseits der Erfolg
dieses kaufmännischen Wirkens jene technische Bereitstellung des
zu verwertenden Naturproduktes voraus-. Bei solcher Sachlage nun
erscheinen nach der heutigen Praxis des Bundesgerichts grundsätzlich
beide Kantone als zur Erwerbsbesteuerung der Rekurrentin berechtigt;
quantitativ aber beschränken sich ihre Steueranspruche, mit Rücksicht
auf das Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung gegenseitig derart,
dass sie zusammen auf keinen Fall mehr,als den vorhandenen Gesamterwerb
des steuerpflichtigen Geschtastsbetriebes umfassen dürfen. Es handelt
sich hier um Verhattnqse, ähnlich denjenigen, weiche den Entscheiduiigeu
in Sachen Etektrizitätswerk Kubel (AS 31 I Nr. 9 Erw. 5 S. 76/77) und
neuesten-Z in Sachen Scheitlin (AS 33 I Nr. 7 Erw. 1 S. 54/55) zu Grunde
lagen, und wie sie auch schon in dem von der,Rekirren-tin unrichtiger
Weise für ihren Standpunkt zitterten Falle thos (AS. 16 Nr. 88) zu einer
Teilung des Steuerrechts gefuhrt hatten, teils auf Grund freiwilliger
Anerkennung der interessierten Kantone { bezüglich der Erwerbs-steuer:
a. a. O. S. 627) teils ndch dem Entscheide des Bundesgekichis kbezügiich
der Ver-Z mögenssteuer: a. a. O. S. 632). Dagegen unterscheiden sich die
m der Rekursschrift als direkte Präjudizien angerufenen ältern Urteile
in Sachen Schwarzenbach ( AS 25 I Nr. 86) und Esseiva (AS 26 I Nr. 52)
in erheblichen Tatbestandsmomenten vom gegebenen Falle und basieren
überdies auf der Anwendung eines in den erwähnten spätern Entscheidungen
teilweise modifizierten Begriffs des besonderen Steuerdomizils Gegen die
Heranziehung des Falles Esseiva (in welchem die in Sitten befindliche
Kelterei einer mit Sitz in Freiburg betriebenen Weinhandlung als ein
besonderes Erwerbssteuerdomizil nicht begründet erachtet wurde) ist
insbesondere zu bemerken, dass die Kelterung in Sitten der von dritten
Rebbesitzern angekausten Trauben auf die allein der damals streitige
Erwerbssteueranspruch des Kantons Wallis sich

682 A. Staatsrechtliche EntscheidungfflîL Abschnitt. Bundesverfassung.

bezog jedenfalls nicht einen im gleichen Sinne wesentlichen Bestandtteil
des Betriebes der Weinhandlung als solcher bildete, wie hier die
Bereitstellung des von der Rekurrentin ständig und ausschliesslich
aus der eigenen Quelle in Wilihos bezogenen und als solches in
den Handel gebrachten Mineralwassers für ihren Geschäftsbetrieb
der Quellenausbeutung. Ebenso erscheinen auch die anderweitigen
Einwendungen gegen die grundsätzliche Berechtigung auch des Kantous
Luzern zur Besteuerung des Erwerbs der Rekurrentin als Unbehelflich. Die
Argumentation der Vernehmlassung des aargauischen Regierungsrates,welche
dahingehe, die Rekurrentin sei am Orte ihrer Mineralquelle ebensowenig
erwerbssteuerpflichtig, als ein Weinhändler da, wo der Wein wachse (statt
da, wo sich sein Geschäft besinde), übersieht, dass der Erwerb eines
Weinhändlers als solchen eben nicht im Ertrage der Weinreben, sondern
lediglich im Gewinn aus dem am Geschäftsorte betriebenen Weinumsatze
liegt. Und die Behauptung der Rekurrentin, dass sie sich hinsichtlich des
Wasserbezugs aus ihrer luzernischen Mineralquelle in analoger Stellung
befinde, wie ein Landwirt, welcher die Ernte seines auswärts gelegenen
Kartoffelfeldes einsammle, und dass sie danach nicht am Orte der Quelle
erwerbssteuerpflichtig sein könne, geht offensichtlich fehl, weil der
gewöhnliche Ertrag eines solchen Kartoffelseldes, aller Regel nach,
gemäss den Grundsätzen über die Liegenschaftsbesteuerung, gerade nicht
in der Wohnsitzgemeinde des Eigentümers als solcher, sondern vielmehr
in der Gemeinde, wo der Acker gelegen ist, zu versteuern ware, und weil
ferner das Mineralwasser doch nicht, wie die erntereife Kartoffel, ein
mit seiner Behändigung ohne weiteres verwertbares Naturprodukt darstellt.

2. Was die quantitative Abgrenzung der Steueransprüche der beiden Kantone
betrifft, dürfen die örtlich getrennten Betriebszweige der kaufmännischen
Geschäftsführung im Kanten Aargau und der technisch-produktiven
Betriebstätigkeit im Kenton Luzern nach ihrem erörterten Zusammenwirken
zur Erzielung des Erwerbs wohl als unter sich gleichwertige Faktoren
desselben angesehen werden. Es rechtfertigt sich daher, jedem der
Kantone die Hälfte des jeweiligen Gesamterwerbes der Rekurrentin als
steuerpflichtige Quote zuzuerkennen Zn diesem Sinne ist einerseits
dieII. Doppelhesteuerung. N° 103. 683

Angelegenheit, in Aufhebung des in erster Linie und ausdrücklich dem
Rekurse unterstellten Entscheides der luzernischen Steuerbehdrden,
zu neuer Bestimmung des Steueransatzes pro 1908 an diese Behörden
zurückzuweisen, und anderseits auch den aargauischen Steuerorganem deren
Verfügung die Reknrrentin zwar nicht speziell bezeichnet, jedoch eventuell
allgemein ebenfalls angefochten hai, die Verpflichtung aufzuerlegen, ihre
Steuerforderung für das gleiche Steuerjahr entsprechend festzusetzen;
erkannt: _

ss'eefllefurss wird in dem Sinne gutgeheissen, dass die Rekrutrentin, in
Aufhebung des abweichenden Entscheides der luzernischen Steuerbehòrden,
pflichtig erklärt wird, ihren Erwerb je zur Hälfte m den Kantonen Luzern
und Aargau zu versteuern.

103. Eli-teil vom 10. Dezember 1908 in Sachen Freie-Hinter
gegen Regierung-rat sitzen-. Bekuesss gegen den Bezug einer
Hundesteuer. -Doppelbesteueffing? --

anern. Wurme-gesetz vom 9. März 1859, gg 56 und 57; Ges. betr.
(lee Hundetazeren vom 7. Juni 1869.

Das Bundesgericht hat da sich aus den Akten ergeben:

A. Der Rekurrent Heinrich Frey-Hirzel, Notar, in Gonienschwil (Aargau)
hat am 12. September 1908 ein Jagdpatent für den Kanton Luzern erworben,
das ihn berechtigt, während der Jagdzeit vom 1. Oktober bis und mit
30. November 1908 in dem der Jagd geöffneten Gebiet des Kantons mit zwei
Hunden zu jagen. Für dieses Patent hat er folgende Taer entrichten müssen:

Für die allgemeine Jagd (inkl. 1 Hand) . . Fr. 80

Zuschlag für nicht im Kenton niedergelassene

Jager . . . 30 er die Flugjagd . 20 für den zweiten Hund 10 Hundesteuern
. ,; 30

Total Fr. 150
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : 34 I 675
Date : 01 janvier 1908
Publié : 31 décembre 1908
Source : Tribunal fédéral
Statut : 34 I 675
Domaine : ATF- Droit constitutionnel
Objet : 674 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. I. Abschnitt. Bundesverfassung. vertraglich


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