408 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. IV. Abschnitt-. staaisveriräge.

gedachten Richtung unmöglich erzielt werden konnte. Aus diesen
Ausführungen erhellt auch, dass eine Aktenvervollständigung nicht
stattzufinden hat, da selbst dann, wenn alle Behauptungen des
Angeschuldigten erwiesen wären, der Tat der politische Charakter
abgesprochen und sie des Asylschutzes nicht würdig erklärt werden müsste.

3. Erscheint sonach die Einsprache des Augeschuldigten als unbegründet,
so mag immerhin noch folgendes bemerkt sein: Aus der vom Rechtsbeistand
des Angeschuldigten eingelegten Anklageakte gegen Laguna und Givizdon
ergibt sich, dass diese Angeklagten von einem Militärgericht verfolgt
werden, und der Schlusspassus lässt Zweifel darüber aufkommen, ob nicht
auch Kilatschitski vor das nämliche Gericht gestellt werden wolle. Es
erscheint nun fraglich, ob dieses Militärgericht als ordentliches
Gericht, auf das sich die Erklärung der russischen Gesandtschaft bezieht,
angesehen werden kann. Das wäre nach Auffassung des Bundesgerichts nur
dann der Fall, wenn es als ständiges, für eine gewisse Kategorie von
Fällen eingesetztes Gericht anzusehen ist, nicht aber dann, wenn ihm
jeweilen nach Belieben einer Behörde nur ausnahmsweise gewisse Fälle
zugewiesen würden. Die Auslieferung ist daher an den Vorbehalt zu knüpfen,
dass in der Erklärung der ruf-fischen Gesandtschaft, der Angeschuldigte
werde durch die ordentlichen Gerichte beurteilt, die Zusicherung liege,
er werde nicht vor ein Militärgericht, das nur vereinzelte Fälle von
Verbrechen auf Anordnung einer Behörde hin zu beurteilen hat, gestellt.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Einsprache des Georg Kilatschitski gegen das Auslieferungsbegehren
der kaiserlich-russischen Gesandtschaft in Bern wird abgewiesen und
die Auslieferung des genannten hat demnach stattzufinden, jedoch unter
Vormerknahme der Erklärung der russtschen Regierung, dass Kilatschitski
vor die ordentlichen Gerichte, im Sinne von Crw. 3, gestellt und wegen
keines vor der Auslieferung begangenen politischen oder eines mit
einem solchen konneer Vergehens verfolgt werde.B. STRAFRECHTSPFLEGE
ADMINISTRATION DE LA JUSTICE PENALEI. Polizeigesetze des Bundes. Lois
de police de 1a Confédération.

Auswanderungswesen. Agence d'émigratîon.

64. Zweit des gestatten-hope vom 11. Juni 1907 in Sachen am}, Wifi,-KL,
gegen gtaatsanwalts-hast Zurich, Kass.-Bekl.

Art. 10 and 19 Aust ; Art. 41 bundesrätliche Verordnung dazu nam12.
Februar 1889. Bedeutung des A-rt. 10 leg. cit. Verhältf mslzu
Art. 19. Beteiligung an einem Kolom'sationsumemehmen. Prüfung der
Vee'fassungsmdssigkeit der Verordmmg.

A. Durch Urteil vom 15. November 1906 hat die III. Appellationskamtner
des Obergerichts des Kantons Zürich über die Anklage:

Der Angeklagte Salomon Frey hat in der Zeit vom November 1905 bis heute
in seinem Bureau Schweizergasse 10 in "Zin-ici; I und von demselben
aus im Kanton Zürich und andern schweizerischen Kantonen dadurch
Kolonisationsunternehmen vertreten, Auswanderungsgeschäfte betrieben
und für die Auswanderung Propaganda gemacht, ohne im Besitze der hiefür
vorgeschriebenen Konzession des schweizerischen Bundesrates zu sein,
dass er berufsmässig und gelegenheitsweise sich Auswanderern und zur
Auswanderung geneigten Personen gegenüber ais Re-

410 B. Strafrechtspflege.

präsentant der Anglo-Swiss-Land-Comp. und des Trisco
Einwanderungsdepariements in St. Louis U. St. A. aus-gabs, und
für die Auswanderung in deren Gebiet in der Weise sich verwendeie,
dass er Land der genannten Kompagnien zum Zwecke der Auswanderung
nach dem Staate Missouri verkaufte, Auskunft gab über die Mittel der
Beförderung ins Auswanderungsk gebiet und über die Beschaffenheit dieses
Gebietes im allgemeinen "ohne Bezug auf die speziell zu veräussernden
Landparzellen, für die Answanderung nach dem Staate Missouri durch
Prospekte und Publikationen Reklame machte und auch Erleichterungen für
diese Auswanderung in Aussicht stellte, indem er insbesondere in Bezug
auf das Land der vertretenen Gesellschaften Kaufven träge ausstellte,
Formulare für die ersten Anzahluugen ansertigte, einen Bericht eines
gewissen Thomann über das Ozarkgebiet, Briefe eines U. Fischer und
E. Widmer, Komitebericht über die

beabfichtigte Schweizerkolonie zu Brandsville Und Die zwei

ersten Landkäuferih eine Broschüre Im sonnigen Südwesten",
ein Flugblatt Zu Kund sei und zu wissen und Jnferate, durch
welche zu Kolonisationszwecken die Auswanderung nach den Staaten
Missouri und Arkansas empfohlen wurde, wie Akt. 19, 33 und 34
in der Berner-Volkszeitung in Herzogenbuchsee, in der Glast in
Bassersdorf, im Wehnthaler in Dielsdorf, in der AndelfingerZeitung,
im BremgartnerWochenblatt, im Zosinger Tag-, Volksund Wochenblattii
veröffentlichte und verbreitete, wobei er sich in genannter Weise
insbesondere an folgende Personen wandte: (folgt Aufzählung).

Dadurch hat der Angeklagte sich schuldig gemacht der Ubertretung der
Art. 10 und 19 des Bandes-gesetzes betreffend den Geschäftsbetrieb
von Answanderungsagenturen vom 22. März 1888, sowie des Art. 41
resp. 44 (gemäss Bundesratsbeschluss vom 12. Februar 1889), der
Vollziehungsverordnung vom 10. Juli 1888 zum genannten Bundesgesetz; --

erkannt:

Der Angeklagte ist schuldig der Übertretung der Art. 10 und 19 des
Bundesgefetzes betreffend den Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagenturen
vom 22. März 1888 sowie des Art. 41 der Vollziehungsverordnung vom
10. Juli 1888 zum genannten Gesetze.

I. Polizeigesetze des Bundes. Auswanderungswesen. N° 84. 411

B. Der Verurteilte hat gegen dieses Urteil rechtzeitig und formgerecht
die Kassationsbeschwerde an das Bundesgericht eingelegt, mit dem Antrag
auf Aufhebung des angefochtenen Urteils und Rückweifung der Sache an
die Vorinstanz.

G. Er hat ferner gegen das Urteil die Kassationsbeschwerde an das
Kassationsgericht des Kantons Zürich ergriffen. Dieses Gericht ist
jedoch durch Beschluss vom 8. Januar 1907 auf die Kassationsbeschwerde
nicht eingetreten, mit der Begründung, es sei auf die Beschwerdepunkte
(Verletzung von Art. 34
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 34 Politische Rechte - 1 Die politischen Rechte sind gewährleistet.
1    Die politischen Rechte sind gewährleistet.
2    Die Garantie der politischen Rechte schützt die freie Willensbildung und die unverfälschte Stimmabgabe.
BV, Verletzung des Grundsatzes nulla poena
sine lege, Verletzung der Art. 10, 19, 24 und 25 Aust, Unanwendbarkeit
von Art. 41 der bundesräti. VO zum Aust) überall das Rechtsmittel der
eidgenöfsischen Kassationsbeschwerde anwendbar·

D. Gegen den Entscheid des Kassationsgerichts hat der Verurteilte
den staatsrechtlichen Rekurs an das Bundesgericht angekündigt und um
Sisiierung des Verfahrens vor Bundesgericht, gemäss Art. 170
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 34 Politische Rechte - 1 Die politischen Rechte sind gewährleistet.
1    Die politischen Rechte sind gewährleistet.
2    Die Garantie der politischen Rechte schützt die freie Willensbildung und die unverfälschte Stimmabgabe.
OG, ersucht.

Die II, Abteilung des Bundesgerichts hat diesen Reknrs unter dem 13. März
1907 abgewiesen-K

E. Der Verurteilte hat ferner gegen das oder-gerichtliche Urteil den
staatsrechtlichen Rekurs an das Bundesgericht ergriffen.

F. Die Staatsanwaltschast des Kantons Zürich hat keine Antwort auf die
Kassationsbeschwerde eingereicht.

Der Kafsationshof zieht in Erwägung:

1. Hinsichtlich des dem angefochten-en Urteile zu Grunde liegenden
Tatbesiandes ist lediglich zu bemerken, dass das angefochtene Urteil im
vollen Umfange den in der Anklageschrift uiedergelegten Tatbestand als
erstellt erachtet hat.

2. In seiner Kasfationsbeschwerde behauptet der Kassationskläger mm,
das angefochtene Urteil verletze die Art. 10, 19 und 24 Aust; ferner
Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
und 34
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 34 Politische Rechte - 1 Die politischen Rechte sind gewährleistet.
1    Die politischen Rechte sind gewährleistet.
2    Die Garantie der politischen Rechte schützt die freie Willensbildung und die unverfälschte Stimmabgabe.
BV sowie den allgemeinen Rechtsgrundsatz nulla poena
sine lege. Art. 10 Aust stelle keine Strafnorm auf; jedenfalls sei er
von der Vorinstanz unrichtig interpretiert worden. Auch keine der in
Art. 19 Aust mit Strafe bedrohten Handlungen habe der Kafsationskläger be-

* Oben Nr. 6 S. 48 ff. (Anm. d. {ted. f. Publ.)

412 B. Strafrechispflege.

gangen: Er habe keine Auswanderungsgeschäfte betrieben, sondern lediglich
Land seiner Kompagnie verkauft, und zwar zu Spekulationszwecken, nicht
zum Zweck der Auswanderung. Jus-besondere habe er nicht Auswanderer
befördert Ver-urteilt worden sei er lediglich, weil er sich an einem
nicht konzessionierten Kolonisationsunternehmen beteiligt habe. Allein
die Interpretation, die die Vorinstanz diesem Gesetzesbegriff gebe, sei
faisch: beteiligen sei in dem Sinne aufzufassen, dass eine Anwerbung
von Leuten für das Kolonisationsunternehmen und eine Beförderung der
Leute erfolge; unter einem Kolonisationsunternehmen aber sei nur ein
solches zu verstehen, bei dem unter dem Deckmantel einer Vertretung
eines Kolonisationsunternehmens sich eine Auswanderungsagentur verbergen
würde. Denn gemäss Art. 34
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 34 Politische Rechte - 1 Die politischen Rechte sind gewährleistet.
1    Die politischen Rechte sind gewährleistet.
2    Die Garantie der politischen Rechte schützt die freie Willensbildung und die unverfälschte Stimmabgabe.
BV sei der Bundesgesetzgeber nur zum Erlass von
Bestimmungen über Aus-wanderungsagenturen befugt, nicht zu Bestimmungen
über das Auswanderungswesen im Allgemeinen; am. 10 und 19 Aust seien
daher auch in diesem Sinne auszulegen. Eine Answanderungsagentur nun
habe der Kassationskläger nicht Betrieben. Dass er Propaganda für die
Auswanderung gemacht habe, sei unerwiesen und zudem belanglos, da die
Propaganda nicht verboten sei. Ferner seien die betreffenden Kompagnien
gar nicht als Kolonisations-Unternehmen aufzufassen, da als solche nur
solche Unternehmungen erscheinen, die Kolonien im öffentlich-rechtlichen
Sinne des Worts begründen wollen. Des weitern sei Art. 24 Aust verletzt,
weil der Kassationskläger nicht irreführende Publikationen erlassen
habe. Endlich gehe Art. 41 Vollz.-VO über das Gesetz hinaus und dürfe
daher nicht angewendet werden.

3. Was nun zunächst die behauptete Verletzung von Art. 10 Aust
betrifft, so stellt dieser Artikel ein Gebot auf an die Personen,
Gesellschaften oder Agenturen, welche in irgend einer Eigenschaft ein
Kolonisationsunternehmen vertreten: er statuiert eine Anzeigepflicht,
die verknüpft ist mit einer Entscheidungsbefugnis des Bundesrates. Die
Sanktion dieses Gebotes findet sichzusammen mit der Sanktion anderer
Übertretungen des Gesetzes, in um. 19: Die Übertretung des Gebotes des
Art. 10 ist dort ausdrücklich vorgesehen und unter Strafe gestellt. Der
Ausdruck ein Kolonisatignsunteruehmen vertreten wird von dem in
Ari-19[. Polizeigesetze des Bundes. Auswanderungswesen. N° 64. 413 -

enthaltenen Ausdruck sich an einem Kolonisationsunternehmen beteiligen
mitumfasst. Es kann daher nicht gesagt werden, dass.

· Art. 10 ein Gebot aufstelle, das keine Strafsanktion enthalte.

Wenn sodann die Vorinstanz den Kassationskläger der Übertretung von
Art. 10 und 19" des Aust schuldig erklärt hat, so will sie damit nicht
etwa aussprechen, es liege eine Jdeatkonturrenz zweier Vergehen vor,
was offenbar unrichtig wäre; sondern sie nimmt nur der Vollständigkeit
halber Bezug ans den das Gebot selbständig aufstellenden Artikel,
d. h. eben den Art, 10.

4. Der Übertretung von Art. 24 Aust ist der Kassationskläger nicht
schuldig erklärt worden; dieser Beschwerdepunkt erweist sich daher von
vornherein als hinfällig. .

5. Das Schwergewicht der Kassationsbeschwerde beruht in der
Auslegung des Begriffes sich an einem Kolonisationsunternehnten
beteiligen. Die Argumentation des Kassationsklägers geht mit Bezug
auf diesen Punkt zunächst dahin, das Gesetz sei so auszulegen, dass
nur Auswanderungsagenturen, die sich mit Kolonisationsunternehmungen
befassen, darunter fallen, da nur bei dieser Auslegung das Gesetz mit
der Verfassung, Art. 34
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 34 Politische Rechte - 1 Die politischen Rechte sind gewährleistet.
1    Die politischen Rechte sind gewährleistet.
2    Die Garantie der politischen Rechte schützt die freie Willensbildung und die unverfälschte Stimmabgabe.
BV, übereinstimme, während es bei anderer
Auslegung über die Verfassung hinausgehen würde. Nun gibt aber der
Kassationskläger selber, mit Recht, zu, dass das Bundesgericht die
Verfassungsmässigkeit des Auswanderungsgesetzes nicht nachzudener hat;
das ist an Hand von Art. 113 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 113 * - 1 Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge.
1    Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge.
2    Er beachtet dabei folgende Grundsätze:
a  Die berufliche Vorsorge ermöglicht zusammen mit der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise.
b  Die berufliche Vorsorge ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch; das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
c  Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber versichern ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einer Vorsorgeeinrichtung; soweit erforderlich, ermöglicht ihnen der Bund, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer eidgenössischen Vorsorgeeinrichtung zu versichern.
d  Selbstständigerwerbende können sich freiwillig bei einer Vorsorgeeinrichtung versichern.
e  Für bestimmte Gruppen von Selbstständigerwerbenden kann der Bund die berufliche Vorsorge allgemein oder für einzelne Risiken obligatorisch erklären.
3    Die berufliche Vorsorge wird durch die Beiträge der Versicherten finanziert, wobei die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezahlen.
4    Vorsorgeeinrichtungen müssen den bundesrechtlichen Mindestanforderungen genügen; der Bund kann für die Lösung besonderer Aufgaben gesamtschweizerische Massnahmen vorsehen.
BV, der auch für den Kassationshos
gilt, ganz flat. Zweck des Gesetzes ist nun aber gerade, auch solche
Personen, die nicht eine Auswanderungsagentur betreiben, zu fassen,
wenn sie sich an Kolonisationsunternehmen beteiligen; hierin lag einer
der Hauptpunkte der Revision, wie in der bundesrätlichen Botschaftj BBl
1887 III S. 208
ff., spez.209 f., eingehend ausgeführt isi. Der Text
des Gesetzes, Art. 10 und 19, lässt denn auch keinem Zweifel darüber
Raum, dass nicht nur Auswanderungsagenturen von der Anzeigepflicht
getroffen werden. Die Handlungen des Kassationsklägers, wie sie
aus der Anklageschrift hervorgehen, erfüllen nun den Tatbestand der
Beteiligung und Vertretung- an einem Kolonisationsunternehmen, sofern
nicht die Auslegung des Ausdruckes Kolonisationsunternehmen, die der
Kassationskläger verte-itt, zutrifft. Dieser Auslegung kann

414 B. Sirafrechtspflege.

nicht beigestitnmt werden. Die Kolonisationsunternehmen, die das
Auswanderungsgesetz im Auge hat, brauchen keineswegs öffentlichrechtlicher
Natur zu sein und eine Beziehung zum Staate, zum Mutterland, zu haben;
der Begriff ist vielmehr identisch mit Besiedelungsunternehmungen.
Eine öffentlichrechtliche, staatliche Kolonisation kennt ja das
Bundesrecht gar nicht, und gerade aus den vom Kassationskläger zitierten
Stellen der bundesrätlichen Botschaft, BBl 1887 III S. 219 ff., geht
hervor, dass der Bund eine eigene Kolonisationspolitik stets abgelehnt
hat,. weiter aber auch, dass Kolonisationen von Kantonen, Gemeinden und
Privatgesellschaften ganz gleich gestellt werden wollten.

6. Der letzte Beschwerdepunkt des Kassationsklägers besasst sich
mit Art. 41 der (ergänzten) bundesräilichen Vollz.-VO zum Aust, vom
12. Februar 1889: Der Kassationskliiger greiftdie Verfassungsmässigkeit
dieser Bestimmung an. Zur Prüfung dieses Beschwerdepunktes ist der
Kassationshof allerdings befugt, da diese Frage einen Präjudizialpunkt
für die Entscheidung über die Beschwerde bildet und Art. 113
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 113 * - 1 Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge.
1    Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge.
2    Er beachtet dabei folgende Grundsätze:
a  Die berufliche Vorsorge ermöglicht zusammen mit der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise.
b  Die berufliche Vorsorge ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch; das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
c  Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber versichern ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einer Vorsorgeeinrichtung; soweit erforderlich, ermöglicht ihnen der Bund, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer eidgenössischen Vorsorgeeinrichtung zu versichern.
d  Selbstständigerwerbende können sich freiwillig bei einer Vorsorgeeinrichtung versichern.
e  Für bestimmte Gruppen von Selbstständigerwerbenden kann der Bund die berufliche Vorsorge allgemein oder für einzelne Risiken obligatorisch erklären.
3    Die berufliche Vorsorge wird durch die Beiträge der Versicherten finanziert, wobei die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezahlen.
4    Vorsorgeeinrichtungen müssen den bundesrechtlichen Mindestanforderungen genügen; der Bund kann für die Lösung besonderer Aufgaben gesamtschweizerische Massnahmen vorsehen.
BV dem
Bundesgerichte nur die Nachprüfung von Bundesgesetzen und allgemein
verbindlichen Bundesbeschlüssen und von der Bundesversammlung genehmigten
Staatsverträgen verbietet. Allein sachlich ist der Beschwerdepunkt
unbegründet. Das Gesetz verpflichtet und berechtigt in Art. 24 den
Bundesrat zum Erlasse der nötigen Vollziehungsreglemente; es erteilt
ihm dabei speziell die Kompetenz, Annoneen in öffentlichen Blättern
oder andere Publikationen jeder Art, welche geeignet find, Personen,
die auswandern wollen, in Irrtum zusführen, zu verbieten. Wenn nun
die angefochtene Vollziehung-Zverordnung in Art. 41 die Beteiligung an
Kolonisationsunternehmungen zunächst an eine Anzeige an den Bundesrat
knüpftso wiederholt er lediglich das Gebot des Art. 10 des Gesetzes-.
Abs. 2 der Bestimmung sodann, welcher lautet: Sowohl Veröffentlichung als
Erteilung von Auskunft über vom Bundesrat nicht als zulässig anerkannte
Kolonisationsuniernehmungen zumZwecke der Propaganda sind verboten,
hält sich ebenfalls voll- ständig im Rahmen des Gesetzes Es ist hier
vom Bundesrat ein Verbot ausgestellt, zu dessen Aufstellung Art. 24
des Gesetzes dem Bundesrate die Berechtigung gibt. Die Sanktion dieses
Verbotes

ll. Geistiges und gewerbliches Eigentum. Erfinderrecht. N° 65. 415

aber ist wiederum in Art. 19 des Gesetzes zu finden. Dass nun der
Tatbestand der Verbotsübertretung erfüllt ist, bedarf keiner Ausführung

7. Mit Recht hat der Kassationskläger an seinen Einwendungen
betreffend die Nichtanwendung der Vorschriften des Bandes-gesetzes über
Fiskalstrafsachen, vom 30. Juni 1849, nicht mehr festgehalten. Eine
selbständige Prüfung durch den Kassationshof (bergl. Art. 171 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 113 * - 1 Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge.
1    Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge.
2    Er beachtet dabei folgende Grundsätze:
a  Die berufliche Vorsorge ermöglicht zusammen mit der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise.
b  Die berufliche Vorsorge ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch; das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
c  Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber versichern ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einer Vorsorgeeinrichtung; soweit erforderlich, ermöglicht ihnen der Bund, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer eidgenössischen Vorsorgeeinrichtung zu versichern.
d  Selbstständigerwerbende können sich freiwillig bei einer Vorsorgeeinrichtung versichern.
e  Für bestimmte Gruppen von Selbstständigerwerbenden kann der Bund die berufliche Vorsorge allgemein oder für einzelne Risiken obligatorisch erklären.
3    Die berufliche Vorsorge wird durch die Beiträge der Versicherten finanziert, wobei die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezahlen.
4    Vorsorgeeinrichtungen müssen den bundesrechtlichen Mindestanforderungen genügen; der Bund kann für die Lösung besonderer Aufgaben gesamtschweizerische Massnahmen vorsehen.
OG)
ergibt, dass im Entscheide der Vorinstanz hierüber keine Verletzung von
Bundesrecht liegt.

Demnach hat der Kassationshof erkannt: Die Kassationsbeschwerde wird
abgewiesen.

II. Geistiges und. gewerbliches Eigentum. Propriété littéraire et
industrielle.

Erfinderrecht. Brevets d'invention.

65. Zweit des cîassatio-usholes vom 4. Juni 1907 in Sachen gets,
Kass.-Kl., gegen Hiegel & avait, Kass.-Bekl.

Art. 28 Abs. 2 PatGes. : ne bis in idem. Art. 24 Ziff. 2 cod.: Ort des
Deliktes der Einführung eines nacfzgseahmten Gegensta-eades.

A. Am 5. September 1905 hatte der Kassationskläger gegen die Firma Albert
Siegel, in Landau (Pfalz), beim Bezirksamte Schwyz wegen Übertretung
des Bundesgesetzes betr. die Erfindungspatente Strafund adhäsionsweise
Zivilklage erhoben, da die beklagte Firma an Nägeli & Sie. in Steinen
(Schwyz) einen Filter geliefert habe, welcher sich ais Nachahmung eines
vom Kläger in der Schweiz patentierten Produktes darstelle.

Das Bezirk-samt war auf die Klage u. a. ans dem Grunde nicht eingetreten,
weil die schwyzerischen Behörden zur Aburteilung des Falles nicht
kompetent seien, indem es sich um eine In Deutsch-
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 33 I 409
Date : 11. Juni 1907
Published : 31. Dezember 1908
Source : Bundesgericht
Status : 33 I 409
Subject area : BGE - Verfassungsrecht
Subject : 408 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. IV. Abschnitt-. staaisveriräge. gedachten


Legislation register
BV: 31  34  113
OG: 170  171
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federal court • federal council of switzerland • lower instance • company • police law • convicted person • court of cassation • sanction • hamlet • accused • indictment • doubt • position • property • nulla poena sine lege • constitution • decision • departure • entry • remedies
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BBl
1887/III/208 • 1887/III/219