272 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz.

51 Fr. 50 Cis und 48 Fr., also 3 Fr. 50 W. per Kg., so dass sich
der Schadenersatzanspruch des Klägers für die beim Oktober-Vertrag
noch rückständigen 500 Kg. aus 1750 Fr. belaufe, wovon die anerkannte
Gegenforderung des Beklagten, 133 Fr. 50 (Stà, in Abrechnung falle. Die
Begründung eines weitern Schadenersatzanspruches des Klägers damit,
dass er selbst seiner Abnehmerin, der Mechanischen Seidenstossweberei
Rüti, 2000 Fr. Schadenersatz habe vergüten müssen, sei Unstichhaltig,
weil die Aufhebung des Kaufvertrages mit dem Beklagten keineswegs
die Nichterfüllnng des Vertrages mit man zur notwendigen Folge gehabt
habe. Vielmehr wäre es dem Kläger möglich gewesen, sich die Ware -wenn
auch zu höherem Preise von anderer Seite zu beschaffen und so seiner
Lieferungspflicht gegenüber der Mechanischen Seidenstoffweberei Rüti
Genüge zu leisten Dieser Begründung gegenüber macht der Beklagte in erster
Linie geltend, der Kläger selber habe eine abstrakte Schadensberechnung
gar nicht aufgestellt, und die Vorinstanz dürfe daher eine solche nicht
einführen. Allein abgesehen davon, dass es sich hiebei Um eine Frage
des kantonalen Prozessrechts handelt, hat der Kläger durch Hinweise auf
bundesgerichtliche Urteile und Hafners Kommentar auch eine abstrakte
Schadensberechnung aufgestellt, so dass also der Einwand des Beklagten
haltlos ist. Der Kläger seinerseits ficht das vorinstanzliche Urteil in
diesem Punkte mit der Begründung an, es liege Verletzung von Bundesrecht
darin, dass dem Kläger das Recht der konkreten Schadensberechnung
adgesprochen werde; insbesondere sei die Auffassung der Vorinstanz
rechtsirrtümlich, dass der Kläger zum Deckungskan verpflichtet gewesen
sei. Dieser Berufnngsangrisf des Klägers ist unbegründet. Der vom
Kaufvertrage wegen Verzuges des Verkäufers zurücktretende Käufer,
der Schadenersatz verlangt, farm, wie in der Praxis des Bundesgerichts
längst anerkannt ist, entweder den konkreten oder den abstrakten Schaden
verlangen (Hafner, Komm., 2. Aufl., Art.234 Anm. 7); wählt er ersteres,
so hat er nachzuweisen, dass er einen konkreten Schaden erlitten hat,
und das kann er nun nicht ohneweiteres dadurch, dass er den ihm von
seinem Abnehmer belasteten Schaden seinem Verkaufer in Anrechnung
bringt. Einem solchen Verfahren steht vielmehr schon der Grundsatz
entgegen, dass der Geschädigte den Schaden nicht ins angemessene darf
wachsenlll. Obligationem'echt. N° 38. 273

lassen und dass er seinerseits das seinige zur Abwendung und
Verminderung des Schadens zu tun hat, soweit die gute Treue das
erfordert (vergl. Urteil des Bundesgerichts vom 16. März 1906 in
Sachen Ammann gegen Jeanlosz schon ans diesem Grundsatze folgt, dass
der Kläger zum Deckungskaus verpflichtet ist (vergl. auch Seufserts
Archiv 39 Nr. 38), falls er sich seinerseits schon anderweitig durch
Weiterverkauf verpflichtet hat. Andernfalls steht der Geltendmachung
des konkreten Schadens die Einrede des mangelnden Kausalzusammenhanges
entgegen. Imvorliegenden Falle ist diese Einrede gegenüber dem dem Kläger
von der Seidenftoffweberei Rüti belasteten Schaden Umso begründeter, als
es insbesondere auch an allem Nachweis dafür fehltdass die 500 Kg., die zu
der Lieferung des Klägers an seine Abnehmerin fehlten, gerade diejenigen
sind, die noch vom OktoberVertrag hätten geliefert werden sollen. Auf
diese konkrete Schadensberechnung kann daher nicht eingetreten werden,
sondern das Urteil ist auch in diesem Punkte zu bestätigen. Demnach hat
das Bundesgericht erkannt:

Hauptberufung sowohl als Anschlussberufung werden abge-

wiesen, und es ist damit das Urteil des Handelsgerichts des

Kantons Zürich vom 17. November 1905 in allen Teilen bestätigt.

38. Anteil vom 6. Dis-til 1906 in Sachen Glaser-Hamen und Genossen
Kl. u. Ber.-K1., gegen gekommen Bekl. u. Ber.-Bekl. Verjährung der Klage
aus Art. 671 OR. Es kommt die Frist des

Art. 69, nicht diejenige des Art. 146 zur Aeewmedemg. Streeéweré,
Verfah1°en;.4rt. 60 Abs. I, 73 Abs. i OG.

A. Durch Urteil vom 16. Dezember 1905 hat die I. Appellationskammer des
Obergerichies des Kantons Zürich die Klage abgewiesen.

* In der Amtl. Sammi. nicht abgedruckt. (Anm. d. Reds. Publ.}

274 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als
oberstenZivilgerichtsinstanz.B. Gegen dieses Urteil haben die Kläger
rechtzeitig und unter Beilegung einer Rechtsschrift die Berufung an das
Bundesgericht eingelegt. Sie stellen die Anträge:

1. Es möchte die Berufungsinstanz das angesochrene Urteil im vollen
Umfange aufheben und den Bettagten Rommel im Sinne der Gutheisznng
der Klage verpflichten, an die Kläger, nämlich: (Folgt Aufzählung
Die Ansprüche bewegen sich in Beträgen von 1000 bis 8000 Fr. und
machen zusammen 24,()00 Fr. aus) abzüglich der für die Kläger aus der
Karitas-smasse des verstorbenen Schellenberg erhältlichen Dividenden,
die von denselben eingeklagten Beträge zu bezahlen.

2. Eventuell möchte die Berufungsinstanz das Quantitativ der Forderungen
der Kläger nach richterlichem Ermessen festsetzen, oder die Akten an
die Vorinstanzen zum materiellen Entscheid zurückzuweisen.

C. (Rückzug der Berufung eines der Kläger.)

D. In der heutigen Verhandlung ist vom Präsidenten eröffnet worden,
dass nur über die Verjährungsfrage zu verhandeln sei.

Hieran haben die Vertreter der Kläger Abweisung der Verjährungseinrede
und Gutheissung der Berufung, der Vertreter des Beklagten Abweisung der
Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils beantragt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Zn tatsächlicher Beziehung ist aus den Akten hervorzuheben: Der
Beklagte beteiligte sich an der Gründung der Aktiengesellschaft BadKurund
Wasserheilanstalt in Zürich V in der Weise, dass er am 30. Oktober 1898 an
der konstituierenden Generalversammlung teilnahm und bei der Eintragung
im Handelsregister mitwirkte, letzteres durch Mitunterzeichnung der
Anmeldung, auf Grund deren die Eintragung erfolgte; am 21. November 1898
wurde er in den Verwaltungs-rat der Aktiengesells chaft gewählt. In der
konstituierenden Generalversammlung wurde festgestellt, dass das gesamte
Attienkavital von 350,000 Fr. vollständig gezeichnet und voll einbezahlt
sei. Eine Bare Einzahlung der Zeichner war indessen nicht erfolgt, sondern
die Einzahlung sollte verrechnet werden mit dem Anteil der Gründer am
Vermögen des von ihnen schon im Herbst 1897 gegründeten Konsöktiums (dem
der Beklagte nicht angehört hatte), das auf dieIII. Ohligationenrecht. N°
38. 275

neu gegründete Aktiengesellschaft übergehen sollte; die aus den
Mitteln dieses Konsortiums gekaufte Liegenschaft samt den auf Rechnung
des Konfortiums daran erstellten Bauten war der neu zu gründenden
Akeiengesellschaft für 750,000 Fr. verkauft und der Kauspreis durch
400,000 Fr. Hypotheken und 350,000 Fr. in Aktien, die alle den Konsorten
zugeteilt worden waren, getilgt worden; jeder Aktienzeichner hatte dann
20 0/O seiner AktienBeteiligung der Aktiengesellschaft abzutreten, damit
diese Aktien an Dritte abgestossen werden könnten. Von dieser Verrechnnng
der Einzahlungen mit dem zu übertragendeu Konsortialvermögen wurde in den
Statuten nichts gesagt. Am 7. Juli 1900 wurde über die Aktiengesellschaft
der Konkurs eröffnet, in dem das Aktienkapital gänzlich verloren
ging. Die Klagen-, welche Aktionäre der salliten Aktiengesellschaft
find, haben teilweise, nämlich Nr.1-3, zunächst im Konknrse über den
Nachlass des im Januar 1901 gestorbenen Verwaltungsratspräsidenten
Schellenberg Schadenersatzforderungen aus Aktienbesitz angemeldet
und sind dabei geschützt worden. Am 27. April 1903 (Eingang der
Klage beim Friedensrichter) resp. 5. Juni 1903 (Datum der Weisung)
haben sie dann die vorliegende Klage mit dem aus Fakt. B ersichtlichen
Pechtsbegehren erhoben, die sie auf Art. 671 Ziff. 2 und 3 OR stützen
Der Beklagte hat der Klage u. a. die Einrede der Verjahrung gestützt
auf Art. 69 OR entgegengehalten, und beide kantonale Jnstanzen haben
ihn bei diesem Standpunkt geschützt, die Klage somit wegen Verjährung
abgewiesen. Dabei hat die II. Instanz die Verhandlung und den Entscheid
auf die Verjährungsfrage beschränkt.

2. Auch das Bundesgericht hat sich in seiner Beurteilung der Sache auf
die Verjährungseinrede zu beschränken: Müsste diese abgewiesen werden,
so wäre die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Sinne des
Art. 82 Abs. 2 OG an die Vormstanz zurückzuweisem da die Vorinstanz über
die Sache selbst, abgesehen von der Verjährung, nicht geurteilt hat. Dabei
ist zu bemerken, dass das zutreffende Verfahren für das Bundesgericht
das mündiiche ist, da bei der Bestimmung Über die Zusammenrechnung von
Klagen Art. 60 Abf. 1 auch massgebend ist für das zu wählende Verfahren

3. Die Begründung des zweitinstanzlichen Urteils über die

276 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz.

Frage der Verjährung lässt sich wie folgt zusammenfassen: Entscheidend
sei, ob die Klage ans Art. 671 Qui auf einqvertragliches oder auf
ein ausservertragliches Handeln der Geländer gestützt merde; im
ersten Falle komme die zehnjahrige Versahrungsfrist des Art. 146
OR, im zweiten die einzahrige des Art. t)9 Abs. 1 OR zur Anwendung
Letztere wäre abgelauer gewesen im massgebenden Zeitpunkt, 27. April
1903; denn die Verjährungsfrift laufe vom 7. Juli 1900 an, demuDatum
der Konkurseröffnung, von welchem Tage an die Klager Kenntnis von den
gründungsvorgängen und vom Schaden gehabt hätten. Nun stelle Art. 671 OR
einfach einen speziellen Anwendungsfall des Art. 50 dar. Was Ziff. 1 und
2 des Art. 671 betreffe, so bestehe zwischen den Gründern, die nnwahre
Angaben in Zirkularen und Profpekten verbreiten oder die Ubernahme
von Vermögensobjekten verschleiern, und der Aktiengesellschaft,
den Aktionären oder gar den Gläubigern der Aktiengesellschaft [fem
vertragliches Verhältnis, weder ein Mandat, noch eine. Geschäftsführung
ohne Auftrag könne in Frage kommen. Zweifelhaft Trscheine dies bezüglich
des in Ziffer 3 enthaltenen Jzatbestandexs1 Die Eintragung in das
Handelsregister habe nach Art. 622 Our von den im Gründungsstadium
gewählten Mitgliedern der Verwaltung zu geschehen, und es könnte nun
gesagt werden-c dass der korporatioe Organismus in diesem Stadium bereits
gewisse Wirkungen äussere, indem die Mitglieder der Verwaltung nach den
Grundsätzen gewählt werden, welche für die entstandeue Gesellschaft
gelten und daher aus diesem Grunde bereits ein Mandatsderhältnis
für die in der konstituierenden Versammlung gewahlten Mitglieder
der Verwaltung bestehe. Allein aus der Behandlung der Haftung aus der
Eintragung in Art. 671 und nicht m Art. 673 und 674 OR sei zu schliessen,
dass das Gesetz die Haftung aus der Eintragung als eine Gründerhaft
behandelt wissen molle. Der Umstand sodann, dass sich der Tatbestand
des Art. 671 nicht im vollen Unifange mit der Begriffsbeftinunung der
unerlaublen Handlung des Ari. 50 OR decke, schliesse nicht ausdass er
einen Anwendungsfall dieser Bestimmung bilde. Daqudasz es sich bei der
Gründerhaftnng um eine Haftung aus Delikt handle, spreche sich denn auch
Theorie und Praxis überwiegendIII. Ohligationenrecht. N° 38. 277

aus: Lehmann, Recht der Aktiengesellschaft, I S. 450, 468, 483; Hafner,
Anm. 6 zu Art. 50 und Anm. 4 zu Art. 671; Rossel, S. 671 und 768z
Haberstich, II S. 602; BGE 21 S. 567; OLG München, in ZSchwR, NF 15
469. Ein weiteres Argument dafür, dass es sich bei der Gründungshaftung
um Haftung aus Delikt handle, ergehe sich aus der Art, wie in den
Art. 671, 673 und 674 die Solidarhaft geregelt sei: bei Art. 671 sei die
Solidarhaft nicht ausdrücklich auszusprechen gewesen, weil sie sich schon
aus Art. 60 OR ergebe. (Hafner, Art. 671 Anm. 4; Haberstich, II S. 602;
Vogt, Anleitung, S. BGB-) Endlich könne auch nicht gesagt werden, die
kurze Verjährungsfrift wider-spreche der Billigkeit

4. Zu diesen Ausführungen der Vorinstanz ist zu bemerken: Die Parteien
sind darüber einig, dass die Klage verjährt ist, falls die einjährige
Verjährungsfrist des Art. 69 OR zur Anwendung zu kommen hat, dagegen
nicht, falls die zehnjährige Verjährungsfrift des Art. 146 anzuwenden
ist. Es fragt sich daher einzig, ob der mit der Klage geltend gemachte
Anspruch ein Anspruch auf Schadenersatz im Sinne des Art. 69 OR
ist. Nun kennt das Obligationenrecht zwar als Entstehungsgründe von
Obligationen nicht nur Vertrag und Delikt es sei nur auf Abschnitt
III des ersten Titels, Ungerechtfertigte Bereicherung-C verwiesen ,
so dass mit der Darlegung, dass es sich bei der Haftung der Gründer
dieser Aktiengesellschaft nicht um eine vertragliche Haftung handelt,
noch nicht implicite gesagt ist, die Haftung müsse danach eine Haftung aus
Delikt sein; allein jene Ausführung behält immerhin dann ihren Wert, wenn
auch von der ausseroertraglichen Haftung keine andere als eine Haftung
aus Delikt vernünftigerweise angenommen werden kann, und das ist nun
offenbar der Fall. Darin, dass es sich bei der Haftung aus Art. 671 OR
nicht um eine vertragliche Haftung handelt, ist der Vorinstanz durchaus
beizustimmen, und es kann ihr nur darin nicht beigetreten werden, dass
sie hinsichtlich der Ziffer 8 des Art. 671 Zweifel über die rechtliche
Natur der Haftung äussert. Zunächst fehlt es zwischen den Gründern und
der Gesellschaft sowohl als auch zwischen ihnen und den Aktionäreu und
den Gläubigern an jedem vertraglichen Bande; auch von der Anf-

278 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz,

fassung aus, dass den Aktionären und [den Gläubigern nur der primär
der Gesellschaft zustehende Anspruch anwachse, wie der Anspruch der
Gesellschaft gegenüber der Verwaltung aus Art. ETFS und 674 auch den
Aktionären und den Gläubigern gewahrt wird, fehlt es im Verhältnis
zwischen Gesellschaft und Gründern an jeder vertraglichen Beziehung,
schon desidegen, weil die Gesellschaft im Gründungsstadium noch gar
nicht besteht. (AS Zl S. 567 Erw. 18). Sodann sind aber auch die
Pflichten,aus deren Verletzung Art. 671 einen Schadenersatzanspruch
gewahrt, nicht vertragliche, d. h. aus einem Vertragsverhältnis
entspringende Pflichten, sondern Pflichten gegenüber IedermannY dem
Publikum, der Allgemeinheit. Auch wenn ein Vertrag zwischen den Gründern
und der zu gründeuden Gesellschaft als moglich angenommen werden will,
z. B. ein Jllationsvertrag (vet-gl. Urteil des OLG München a. a. O.), so
sind doch die in Art. 671 verpönten Handlungen nicht Zuwiderhandlungen
gegen solche Vertragspflichten, die im Interesse der Gesellschaft
bestehen:·nicht das Nichterfülleu der Jllationspflicht gegenüber der
Gesellschaft verpflichtet nach Ziffer 2 oder die Nichteinzahlung des
Bittendetrages nach Ziffer 3 zum Schadenersatz, sondern die Verschleierung
der Einlage, die wahrheitswidrige Angabe über die Einzahlung; die in
Art. 671 aufgestellten Pflichten sind nicht Im Interesse der Gesellschaft,
sondern des Publikums eingeführt Es sind also Pflichten der allgemeinen
Rechtsordnunglhqwelche mf am. 671 aufgestellt find, Und die Verletzung
dieser Pflichten ist ein Ver-floss gegen die allgemeine Rechtsordnung-C
gegen, em zum Schutze von Jedermann, der mit den Gründern in Veziehung
treten kann, aufgestelltes Gebot (oder Verbot). Wenn die Vormstanz
hinskchn lich der Ziffer 3 des Art. 671 Bedenken augen, so tst daran zu
ver-weisen, dass unter den Bescheinigungen und Urkunden dieser Bestimmung
nicht die Anmeldungserklärung des Art. ,622 zu verstehen ist, die einzig
vom Vorstande zu unterzeichnen ist; viel-

mehr sind jene Bescheinigungen und Urkunden die Beilagen zur-

Anmeldungserklärung (gifs. 2 4 des Art. 622), die denn auch

nach dem Schlusssatz des Art. 622 allein von der Register-behörde

aufzubewahren find. Bei diesen Angaben wirkt aber .die
Verwaltung als solche nicht mit, und es kann also auch hier nicht
vonIll. Obligafionenrecht. N° 38. 279

einer vertraglichen oder vertragsähnlicheu Haftung gesprochen werden. Aus
dem gesagten ergibt sich aber auch schon, dass dieVerletzung der
in Art. 671 normierten Pflichten eine unerlaubte widerrechtliche
Handlung im Sinne des Art. 50 OR, ein Delikt darstellt; denn gerade
das ist das Charakteristische des Deliktes, dass es eine Verletzung
von Rechten, Rechtsgütern oder rechtlich geschützten Interessen des
Einzelnen oder der Gesamtheit enthält, die nicht durch Vertrag, sondern
durch die allgemeine Rechtsordnung oder durch spezielle Schutzgesetze
begründet find. Art. 50selbst enthält denn auch gar nicht die Norm,
deren Übertretung Schadenersatz nach sich zieht, sondern nur den
allgemeinen Grundsatz, dass widerrechttiches Handeln Schadenersatzpflicht
nach sichzieht; was widerrechtlich ist, wird durch die allgemeine
Rechtsordnung- oder durch besondere Schutzgesetze oder Normen, die
in; eidgenössischen oder im kautonalen Recht begründet sein können,
bestimmt Das Obligationeurecht enthält denn auch selbst ausserhalb des
H. Abschnittes des ersten Titels, der ex professo die Obligationen aus
unerlaubter Handlung- behandelt, eine Reihe von Schadenersatzansprüchen
aus Handlungen, die nicht anders denn als deliktische in gedachtem Sinne
zu konstruieren sind; soAtt. 5 Abs. 2, Art. 23, Art. 28 Abs. 2, Art. 48
(zweifelhaft, vergl. AS 25 H S. 855 Erw. 7), Art. 860, Art. 876, und

die Bestimmungen des Obligationenrechtes über unerlaubte Hand-

lungen finden ergänzende Anwendung auch auf solche Delikstat-

bestände, die in eidgenössischen Spezialgesetzen geregelt find, sofern

diese nicht besondere Bestimmungen enthalten. Es ist daher weiter

auch durchaus richtig, wenn die Vorinftanz ausführt, der Um-

stand, dass der Deliktstatbestand des Art. 671 nicht völlig der

Begriffsbestimmung des Art. 50 entspreche, schliesse nicht ans,

dass er einen Anwendungsfall dieser Bestimmung bilde: Das

Gesetz konnte natürlich neben dem allgemeinen Grundsatz des Art.
50 einzelne Deliktstatbestäude nach Art des zur Entstehung eines
Schadenersatzanspruches erforderlichen Verschuldens wie auch nach Jnhalt
und Mass des Schadenersatzes (vergl. Art. 52 , 53 , 54

.OR) speziell regeln, ohne dass deshalb der betreffende Tatbestand

seine Patur als Delikt verliert; wenn daher Art. 671 eine wissentliche
Ubertretung der speziell normierten Pflichten fordert, während

280 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz.

nach Art. 50 Fahrlässigkeit genügt, um zum Schadenersatz zu verpflichten,
so schliesst das nicht aus, dass der Anspruch ein Deliktsanspruch sei. Zu
diesen Erwägungen über die rechtliche Natur des Anspruches gesellt sich
die weitere über das Solidarverhältnis, die schon von der Vorinstanz
eingehend gewürdigt worden ist Es sei dem von der Vorinstanz ausgeführten
nur beigefügt, dass auch das französische Gesetz über die Gesellschaften
vom 24. Juli 1867, das dem Aktienrecht des Obligationenrechts ebenso
sehr zum Vorbild diente, wie die deutsche Aktiennovelle, in Art. 42 die
solidarische Haftbarkeit der Gründer vorsieht. Einzig diese entspricht
denn auch der Natur dieser Haftung, da eine Teilung der einheitlichen
Tat der mehreren Täter nicht wohl denkbar ist Aus dem Stillschweigen
bezüglich der Solidarität in Art. 671 entgegen Art. 673 und 674, ist
daher mit der Voeinstanz daraus zu schliessen, dass das Gesetz ohne
weiteres auf Art. 671 Art. 60 angewendet wissen will, und das erklärt
sich wiederum nur daraus, dass es die Haftung aus Art. 671 als Haftung
aus unerlanbter Handlung betrachtet. Aus Art. 675 endlich lässt sich
nicht etwa ein Argument gegen die Deliktsnatur des fraglichen Anspruches
her-leiten Die dort normierte ausdrückliche Zustimmung des geschädigten
Aktionärs zum Dechargebeschluss der Aktiengesellschaft ist nichts anderes
ais ein Fall von ausdrücklichem Verzicht aus den Schadenersatzanspruchz
es wird damit nur der Anspruch des Aktionärs abhängig gemacht von der
Fortexistenz des Anspruchs der Gesellschaft, der ja auch der Schaden
primär enstanden ist. Das schliesst aber die Deliktsuatur des Anspruchs
nicht aus, da ja auch der Anspruch der Gesellschaft gegen den Gründer
deliktischen Charakter hat Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung der Kläger wird als unbegründet abgewiesenUnd es ist damit
das Urteil der ersten Appellationskammer des Obergerichts des Kantons
Zürich vom 16. Dezember 1905 in allen Teilen bestätigt.

.... Obligationenrecht. N° "39. 281

39. guten vom 5. Mai 1906 in Sachen Hollbergeu Bekl. u. Ber.-Kl., gegen
Yöskingey Kl. u. Ber.-Bekl.

Form der Berufung: Angabe, inwieweit das Urteil angefochten wird
Art. 67 Abs. 2 OG. Zulässigkeit: Anwendbarkeit eidgenössischea;
Rechts. Bedeutung des Handeisgebmucfes gegenüber dem OR. Kauf -'
Absohiuss? Spezial-vollmacfet dazu. Genehmigung, Art. 47 OR," Art. i
eod. '

A. Durch Urteil vom 25. Januar 1906 hat das Handelsgericht des Kantons
Aargau über die Rechts-begehren V

der Klage: Es sei der Beklagte schuldig und zu verurteilen, seine
Bestellung an den Kläger vom 5. Mai 1905 zu halten und demgemäss sei er
pflichtig, die Sendung vom 11. August gemäss den daherigeu Fakturen aus
dem Lagerhaus in Zofingen in Empfang zu nehmen und den daherigen Betrag
mit 1130 Fr. 80 Cis. edentuell d. h. bei Rückgabe des Fasses SKC Nr. 3951
mit 1415 Fr. 40 Cis. auf 15. November 1905 samt Zins à 50/O seit dort
mit Zuzug der Lagerspesen zu bezahlen;

der Antwort: Die Klage sei abzuweisen,

erkannt:

Der Beklagte wird schuldig erklärt, seine Bestellung an den Kläger vom
5. Mai 1905 folgenden Inhalts-: Zirka 2000 Liter Cognac Teilliard 46/70
in. 115 Fr. die 100 Liter, franco Bahnhof Hosingen in rundem Fass von
60 65 Liter inbegriffen, zahlbar m 90 Tagen netto und lieserbar bis
6. Mai 1906 auf successiven Abruf; die erste Lieferung von 12 Fass
von 60 65 Liter und ein Fass von 300 350 Liter Cognac courant 420 à
100 Fr. die 100 Liter ohne Fass, ab Genf lieferbar in der Zeit vom 10
bis 15. August 1905 zu halten und demgemäss die Sendung vom 11. August
gemäss den daherigen Fakturen in Klagbeilagen 3 und 4 aus dem Lagerhaus in
Zosingen in Empfang zu nehmen und den bezüglichen Betrag von 1430 Fr. 30
(Stà, eventuell d. h. bei Rückgabe des Fasses SK C Nr. 3951 mit 1415 Fr.

AS 32 n 1905 19
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 32 II 273
Date : 16. März 1906
Published : 31. Dezember 1907
Source : Bundesgericht
Status : 32 II 273
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : 272 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster Zivilgerichtsinstanz. 51 Fr.


Legislation register
OG: 67  82
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