12 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster Zivilgerichtsînstanz.

5. Sind die Beklagten demnach im Widerspruche mit der Vorinstanz wegen
Mitverschnldens an dem Unsalle als hastpflichtig zu erklären, so ist im
weitern die Frage des ersatzpslichtigen Schadens des Veruuglückten zu
pm'ifen. Nun kann dabei allerdings nicht entscheidend auf das vom Kläger
produzierte, weil von den Beklagten bestrittene Privatgutachten abgestellt
werden, allein die Umstände des Falles nötigen doch nicht dazu, noch eine
gerichtliche Expertise für die Schadenstaration im Sinne der eventuellen
Berufungsbegehren des Klägers einholen zu lassen, indem es dem Richter
bei der vorliegenden nicht bedeutenden Verletzung des Verunglückten
möglich ist, den Schaden ans Grund allgemeiner wissenschaftlicher
Erfahrung direkt nach seinem Ermessen mit genügender Sicherheit
festzustellenAus der von Kaufmann, Handbuch der Unsallverletzungen,
S. 358 s., ge- gebenen Übersicht der einschlägigen Entschädigungspraxis
ist nämlich ersichtlich, dass der Verlust des ganzen Daumennagelgliedes im
allgemeinen eine dauernde Verminderung der Erwerbssähigkeit von höchstens
10 M bedingt. Somit kann die hier in Frage stehende blosse Verkrüppelung
des Daumennagels auch bei Berücksichtigung der besondern Berussbildung
des Verunglückten jedenfalls nur zu einer wesentlich geringem Taxation
einer solchen Benachteiligung führen. Wird aber hievon ausgegangen
und dazu in Betracht gezogen, dass das Mitverschulden der Beklagten,
welches im ungünstigsten Falle bei der Annahme, dass der Konduiteur,
entsprechend der Darstellung des Vernngiiickten, die Türe überhaupt nicht
geschlossen habe anf einer blossen Unachtsamkeit des fehlbaren Beamten von
an sich gewiss nicht erheblicher Tragweite beruht, keineswegs als grobe
Fahrlässigkeit im Sinne des Art. '? EHG, wie der Kläger geltend macht,
sondern nur als geringfügig zu betrachten ist, so dass das schuldhafte
Verhalten des Verungliickten überwiegend ins Gewicht fällt, so erscheint
es als den Verhältnissen angemessen, dem Kläger lediglich den Betrag
der dem Verunglückten erwachsenen direkten Aus-lagen (Heilungs-

kosten 2e.) von 202 ge. 25 (Sis. als Entschädigung zuznsprechen,-

den die Beklagten, entgegen der Behauptung der Berufungsschrift,
niemals definitiv, sondern, wie in Erwägung 2 oben dargestellt, stets
nur eventuell anerkannt haben. Bei dieser Sachlage kann die

HL Haftpflicht für den Fabrikund Gewerbebetrieb. N° 4. ss 13

unter den Parteien streitige, vom Bundesgericht bisher nicht entschiedene
Frage unerörtert bleiben, ob dem Verunglückten als gegenwärtigem Rentner
nach Massgabe der Art. 5 und 6 EHG grundsätzlich ein weitergehend-er
Hastpflichtanspruch überhaupt zustehe. Demnach hat das Bundesgericht
erkannt:

Die Berufung des Klägers wird teilweise gutgeheissen und das Urteil
des Obergerichts des Kantons Schafshausen vom 25. November 1905 in der
Hauptsache dahin abgeändert, dass die Klage mit Bezug auf die eingeklagten
direkten Auslagen (Heilungs-

lkostxn ze.) im Gesamtbetrage von 202 Fr. 25 Cis-. zugesprochen wir .

III. Haftpflicht für den Fabrikund Gewerbebetrieb. Responsabilité pour
l'exploitation des fabriques.

4. guten vom 31. Januar 1906 in Sachen Gauner-, KI u. Hauptber.-Kl.,
gegen Genossenschaft Mgemetuer Honsumvereiwss Bekl. u. Anschlussber.-Kl.

Betriebsunfafl; Begriff, Art. 2
SR 611.0 Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) - Finanzhaushaltgesetz
FHG Art. 2 Geltungsbereich - Dieses Gesetz gilt für:
a  die Bundesversammlung einschliesslich ihrer Parlamentsdienste;
b  die eidgenössischen Gerichte sowie die Schieds- und Rekurskommissionen;
bbis  die Bundesanwaltschaft und die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft;
c  den Bundesrat;
d  die Departemente, ihre Generalsekretariate und die Bundeskanzlei;
e  die Gruppen und Ämter;
f  die Verwaltungseinheiten der dezentralen Bundesverwaltung, die keine eigene Rechnung führen.
FHG. Steflung des Bundesgerichts
als Ber-u-fmegsinstanz beim Vm'handensee'ee verschiedene-r sich
wide?"-sprechende-r Expertisen und zur Stellungnalmne der kanîonalen
Instanz dazu. Art. 81
SR 611.0 Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) - Finanzhaushaltgesetz
FHG Art. 2 Geltungsbereich - Dieses Gesetz gilt für:
a  die Bundesversammlung einschliesslich ihrer Parlamentsdienste;
b  die eidgenössischen Gerichte sowie die Schieds- und Rekurskommissionen;
bbis  die Bundesanwaltschaft und die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft;
c  den Bundesrat;
d  die Departemente, ihre Generalsekretariate und die Bundeskanzlei;
e  die Gruppen und Ämter;
f  die Verwaltungseinheiten der dezentralen Bundesverwaltung, die keine eigene Rechnung führen.
, 57
SR 611.0 Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) - Finanzhaushaltgesetz
FHG Art. 2 Geltungsbereich - Dieses Gesetz gilt für:
a  die Bundesversammlung einschliesslich ihrer Parlamentsdienste;
b  die eidgenössischen Gerichte sowie die Schieds- und Rekurskommissionen;
bbis  die Bundesanwaltschaft und die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft;
c  den Bundesrat;
d  die Departemente, ihre Generalsekretariate und die Bundeskanzlei;
e  die Gruppen und Ämter;
f  die Verwaltungseinheiten der dezentralen Bundesverwaltung, die keine eigene Rechnung führen.
OG. Neurasthenie als Folge des Unfalès. Mass der
Entschädigung (bei einem etwa 30 jährigen Metzgerknecht). Ari. 6 Abs. i
litt. b FHG. Ablehnung des Rektifikationsvorbehaltes, Art. 8
SR 611.0 Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) - Finanzhaushaltgesetz
FHG Art. 8 Erfolgsrechnung - Die Erfolgsrechnung weist den Aufwand und den Ertrag einer Rechnungsperiode aus; sie zeigt namentlich das operative Ergebnis und das Ergebnis aus Beteiligungen.
Abs. i FHG.

A. Durch Urteil vom 27. November 1905 hat das Appellationsgericht des
Kantons Baselstadt über die Streitfrage:

Jst die Beklagte schuldig, dem Kläger eine Entschädigung von öjso
Fr. nebst 5 0/0 Zins seit 16. Dezember 1903 zu bezahlen? er ann :

Es wird das erstinstanzliche Urteil bestätigt

14 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster Zivilgerichtsinstanz.

Das Urteil der ersten Instanz, des Zivilgerichts Basel, vom 17. Oktober
1905 lautet:

Die Beklagte wird zur Zahlung von 930 Fr. nebst 5 0/0 Zins seit
16. Dezember 1903 an den Kläger verurteilt.

B. Gegen dieses Urteil des Appellationsgerichts hat der Kläger die
Berufung an das Bundesgericht ergriffen mit den Anträgen:

1. Es sei das angefochtene Urteil aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung
von 5430 Fr. samt Zins zu 5 0/0 seit 16. Dezember 1903 zu ver-urteilen.

2. Eventuell: Es sei die Sache an das Appellationsgericht zurückzuweisen
mit der Auflage, eine Oberexpertise durch einen unparteiischen
Sachverständigen anzuordnen und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger
auf Grund des Ergebnisses dieser Expertise zn entschädigen.

8. Eventuell: Es sei eine solche Oberexpertise durch das Bundesgericht
selbst anzuordnen und die Beklagte zu verurteilen, auf Grund des
Crgebnisses dieser Expertise {den Kläger zu entschädigen.

4. Eventuell: Es sei der Kläger für die Zeit vom 25. Juni 1904 bis
25. Juni 1905 mit 750 Fr. (V.2 Jahreslohn) und von da ab bis ein Jahr
nach Rechtskraft des vom Bundesgericht zu fallenden Urteils auf der Basis
von 50 9/0 partielle Erwerbsunfähigkeit und einem Jahresverdienst von
1500 Fr. zu einschadigen und ihm das Recht zur Nachklage gemäss Art. 8
SR 611.0 Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) - Finanzhaushaltgesetz
FHG Art. 8 Erfolgsrechnung - Die Erfolgsrechnung weist den Aufwand und den Ertrag einer Rechnungsperiode aus; sie zeigt namentlich das operative Ergebnis und das Ergebnis aus Beteiligungen.

FHG vorzubehalten.

G. Die Beklagte hat sich der Berufung angeschlossen mit dem Antrag,
es sei die Klage gänzlich abzuweisen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Der 1872 gebotene Kläger war Metzgerknecht in der Schlächterei
des Allg. Konsumvereins in Basel mit einem Taglohn von 4 Fr. 75
(été. Am 16. Dezember 1903 waren Arbeiter des Gasund Wasserwerks und
der Maschinenmeister des Allg. Konsumvereins damit beschäftigt, eine
5 Meter lange Röhre an der Decke des Lokals zu legen, wo der Kläger
arbeitete. Hiebei fiel die Röhre dem Kläger, der ein Messer am Fenster
holen wollte, auf den Kopf. Er trug eine Quetschwunde davon, die ihm im
Spital genäht wurde. Am 4. Januar 1904 aus demIll, Haftpflicht für den
Fahrikund Gewerbebetrieb. N° 4. 15

Spital entlassen, nahm er aber die Arbeit noch nicht auf, sondern trat in
erneute Behandlung ins Spitah um dann nach 14 Tagen (16. März 1904J von
Professor Hildebrand als geheilt entlassen zu werden. Darauf verrichtete
der Kläger während etwa acht Wochen leichtere Arbeiten. Nachdem er ein
drittes Mal im Spital gewesen war, wurde er am 4. Juni entlassen mit
dem Rate, er solle zur Erholung aufs Land gehen. Am 8. Juni wurde ihm
seine Stelle von der Beklagten auf den 25. Juni gekündet.

Auf Verlangen des Klägers wurde durch den Zivilgerichtspräsidenten
Basel-Stadt eine vorsorgliche Erpertise über seinen Gesundheitszustand
angeordnet. Der Experte, Professor Egger in Basel, gelangte in seinem
Gutachten vom 22. August 1904 zu folgenden Schlüssen: Der objektive
Besund ergebe nur ganz minime Anzeichen der vomKläger behaupteten Leiden
(Kopiweh, Schwindel beim Blicken und Laufen, Zittern in den Beinen). Ein
geringer Grad von Nervosität sei zurückgeblieben Der Kläger werde aber
dadurch in seiner Arbeitsfähigkeit nicht beschränkt; er werde bei einigem
guten Willen fein Gewerbe vollkommen ausüben können.

Der Klager, der mittlerweile nach Bern verzogen war, begann jedoch nicht
zu arbeiten, sondern liess sich am 24. November 1904 von Professor Niehans
in Bern untersuchen. Dieser Arzt erklärte, es sei noch nicht zu bestimmen,
ob ein bleibender Nachteil infolge des Unfalls, der wahrscheinlich eine
Schädelfraktur zur Folge gehabt habe, bestehen bleibe. Am 19. April 1905
untersuchte Professor Niehans den Kläger von neuem und schätzte hiebei
die Erwerbseinbusse für eine weitere geraume Zeit auf 50 0/0 und die
definitive Erwerbseinbusse aus 85-40 10.

Die im Mai 1905 beim Zivilgericht Basel gegen die Beklagte eingereichte
Klage wurde in erster Linie auf Art. 67
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 67 - 1 Der Bereicherungsanspruch verjährt mit Ablauf von drei Jahren, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung des Anspruchs.39
1    Der Bereicherungsanspruch verjährt mit Ablauf von drei Jahren, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung des Anspruchs.39
2    Besteht die Bereicherung in einer Forderung an den Verletzten, so kann dieser die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Bereicherungsanspruch verjährt ist.
OR und eventuell auf das
FHG gestützt. Das Gericht erhob ein Ergänzungsgutachten von Professor
Egger. Dieser Erperte sprach sich dahin aus: Die Beschwerden des Klägers
seien nach seinen Aussagen immer noch die gleichen: Kopfschmerzen,
Schwindel, Betäubungsgefüht. Diese subjektiven Gefühle machten sich
aber objektiv gar nicht bemerkbar. Es sei nicht anzunehmen, dass eine
Schädelfraktur vorgelegen habe; denn eine solche hätte durch den

16 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster Zivilgerichisinstanz.

behandelnden Professor Hildebrand und seinen Assistenten festgestellt
werden müssen. Es sei vielmehr eine funktionelle Nervenstörung vorhanden;
der Kläger biete das deutliche Bild einer ausgeprägten Neurafthenie. Eine
solche könne nur dadurch geheilt werden, dass der Kranke trotz der
Beschwerden arbeite; mit einiger Energie könne dieser vollständig
seinen Beruf ausfüllen. Dem Kläger fehle diese Energie noch, weil er
seine Hoffnung auf eine grosse Entschädigungssumme setze. Gleichwohl
müsse man ihm, da eben in dieser Schwäche seine Krankheit bestehe,
eine kleine Entschädigung zuerkennen, jedoch nicht für lange Zeit, da
er so am ehesten wieder seine volle Erwerbsfähigkeit erlangen werde. Der
(Experte nimmt an, dass der Kläger feine volle Arbeit verrichten Yonne,
wenn er in den nächsten 3 4 Jahren je 3 4 Wochen Ferien neache, was
einer Erwerbseinbusse von 10 0/9 für die nächsten 8 4 Jahre gleichkomme.

2. Das in Fakt. A mitgeteilte Urteil des Zivilgerichts BaselStadt,
das vom Appellationsgericht unter Aufnahme der Motive bestätigt worden
ist, stützt sich auf folgende wesentliche Begründung: Der Anspruch aus
Art. 67
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 67 - 1 Der Bereicherungsanspruch verjährt mit Ablauf von drei Jahren, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung des Anspruchs.39
1    Der Bereicherungsanspruch verjährt mit Ablauf von drei Jahren, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung des Anspruchs.39
2    Besteht die Bereicherung in einer Forderung an den Verletzten, so kann dieser die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Bereicherungsanspruch verjährt ist.
OR sei abzuweisen, weil nichts dafür vorliege, dass der Schaden
durch mangelhafte Anlage oder sehlerhafte Unterhaltung des Gebäudes
herbeigeführt worden sei. Dagegen liege ein Betriebsunfall im Sinne des
FHG vor. Der Unfall habe sich im Betriebs-total und während der Kläger
seine Arbeit verrichtet, d. h. ein für seine Arbeit notwendiges Messer
geholt habe, ereignet. Es sei nicht notwendig, dass auch das schädigende
Ereignis selber durch den Betrieb erfolgt sei. Ubrigens sei die Röhre,
die auf den Kläger herabgefallen sei, im Jnteresfe des Betriebs, um
diesen zu erleichtern oder in bestimmter Beziehung zu ermöglichen,
gelegt worden, und hiebei habe sich der Maschinenmeister der Beklagten
Beteiligt, so dass man es also keineswegs mit einein dem Betrieb völlig
fern stehenden Vorgang zu tun habe. Für die Festsetzung des Schadens
sei ans die Erpertife Egger abzustellen. Das Gutachten Niehans könne
schon als Privatgutachten nicht in Betracht kommen; zudem gehe es
von einer unrichtigen Voraussetzung (Schädelfraktur) aus und sei auch
materiell durch die Ausführungen von Professor Egger widerlegt. Darnach
sei -übrigens in Übereinstimmung mit der Erfahrung In. Haftpflicht für
den Fabrikund Gewerbebetrieb. N° 4. 17

anzunehmen, dass der Kläger bei regelmässiger Arbeit seine volle
Erwerbsfähigkeit wieder erlangen werde. Er sei auch dem haftpflichtigen
Unternehmer gegenüber verpflichtet, die Arbeit wieder aufzunehmen,
da er seinerseits alles tun müsse, um feine Arbeitsfähigkeit
zurückzuerhalten. Nach dem Vorschlag des Experten sei für 3 4 Jahre von
jetzt an eine Erwerbseinbusse von 10 0/0 anzunehmen; dagegen dürfe die
Invalidität für die Zeit von der äusserlichen Heilung bis zum Ausgang
des Prozesse-Z etwas höher angesetzt worden, nämlich für das erste Jahr
seit dein 25. Juni 1904 (bis zu welchem Zeitpunkt der Kläger den vollen
Lohn erhalten habe) auf 30 0/0 und für das folgende Jahr auf 20 0/0. Es
ergehe sich so für die fraglichen 5 Jahre bei einem Jahresverdienst von
rund 1500 Fr. und nach Abzug von 20 (',/ wegen Zufalls ein Betrag von
rund 1000 Fr., auf den der Kläger als Entschädigung Anspruch habe.

3. Der Kläger hat den ursprünglich in erster Linie erhobenen Anspruch
aus Art. 67
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 67 - 1 Der Bereicherungsanspruch verjährt mit Ablauf von drei Jahren, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung des Anspruchs.39
1    Der Bereicherungsanspruch verjährt mit Ablauf von drei Jahren, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung des Anspruchs.39
2    Besteht die Bereicherung in einer Forderung an den Verletzten, so kann dieser die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Bereicherungsanspruch verjährt ist.
OR schon vor Appellationsgericht nicht mehr aufrecht
erhalten. Was sodann die Frage anbetrifft, ob der Unfall, der den
Kläger am 16. Dezember 1903 betroffen hat, als Betriebsunfall im Sinne
des FHG zu betrachten sei, so kann auf die zutreffeuden Ausführungen
des Zivilgerichts verwiesen werden Der Kläger hat die Verletzung bei
feiner Arbeit im Betriebe der Beklagten erlitten, und er war gerade
infolge seiner Arbeit dem schädigenden Ereignis ausgesetzt. Auch wenn
man für den Begriff des Betriebsunfalles verlangen wollte, dass das
schädigende Ereignis selber eine Beziehung zum Betriebe haben müsse, so
wäre auch dieses Requisit hier vorhanden, indem das Herunterfallen der
Röhre im Zusammenhang zum Betrieb stand, da die Röhrenleitung, wie das
Zivilgericht hervorhebt, offenbar für den Betrieb, um diesem zu dienen,
erftellt wurde. Dass die hier verwirklichte Gefahr keine ordentliche,
sondern eine ausserordentliche Gefahr für das betreffende Gewerbe ist,
kann nach bekannter Praxis für die Frage-, ob ein Betriebsunfall vorliege,
nichts verschlagen (s. z. B. AS 25 II S. 169).

4. Bei der Frage, ob dem Kläger infolge des Unfalls ein Schaden entstanden
sei, haben die Vorinstanzen die Ergebnisse des gerichtlich erhobenen
Gutachtens von Professor Egger akzeptiert.

AS 32 n _ 1906 . 2

18 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster Zivilgerîchtsinstanz.

Die bezüglichen tatsächlichen Feststellungen sind für das Bundesgericht
nach Art. 81
SR 611.0 Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) - Finanzhaushaltgesetz
FHG Art. 2 Geltungsbereich - Dieses Gesetz gilt für:
a  die Bundesversammlung einschliesslich ihrer Parlamentsdienste;
b  die eidgenössischen Gerichte sowie die Schieds- und Rekurskommissionen;
bbis  die Bundesanwaltschaft und die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft;
c  den Bundesrat;
d  die Departemente, ihre Generalsekretariate und die Bundeskanzlei;
e  die Gruppen und Ämter;
f  die Verwaltungseinheiten der dezentralen Bundesverwaltung, die keine eigene Rechnung führen.
OG verbindlich. Als aktemvtdrtg können sie selbstverständlich
nicht etwa deshalb angefochten werden, weil sie zum Teil mit der
Auffassung von Professor Ntehans in Bern in Widerspruch stehen; denn
die Ausführungen des letztern wurden vom (Experten keineswegs ignoriert,
sondern berücksichtigt Auch waren die Vorinstanzenzweifellos, und ohne
dem Vorwurf der Aktenwidrigkeit zu verfallen, befugt, dem amtlichen
Gutachten Egger vor dem Privatgutachten Niehans den Vorzug zquebein
Ganz abgesehen von seiner grösseren formellen Autoritat als amtliches
Gutachien, durfte das erstere auch deshalb als zuverlafsiger erachtet
werden, weil es in Kenntnis des gesamten Materials und namentlich auch
des Privatgutachtens Niehans erstattet worden war. Ob das Zivilgericht
angesichts der Widersprüche zwischen dem ersten Gutachten Egger und
dem Bekichte Niehans berechtigt war, von Professor Egger ein zweites
erganzendes Entachten zu verlangen, oder ob es verpflichtet gewesen
ware, einen

neuen Erperten zu ernennen, ist eine Frage des kantonalen Pro_

zessrechts, die sich der Kognition des Bundesgerichts entzieht. Übrigens
hat der Kläger keine Bestimmung der kantonalen PO nennen können, mit der
das (auch sachlich gewiss berechtigte). Vorgehen des Zivilgerichts im
Widerspruch stehen würde-. Bei dieser Sachlage bleibt im Verfahren vor
Bundesgericht sur die Erhebung einer Oberexpertife und für die Rücksendung
der Akten an die kantonalen Gerichte zu diesem Behufe kein Raum.

5. Angesichts der für das Bundesgericht verbindlichen tatsäch-

lichen Feststellungen der Expertise nun möchte vielleicht das
Vorhandensein eines Schadens infolge des Unfalls insofern auf den
ersten Blick als zweifelhaft erscheinen, als der Experteterklarn dass
der Kläger trotz feiner Beschwerden seinen Beruf vollständig ausfüllen
könnte. Allein nach den weitern Ausführungen des (EUR;-netten fehlt es
dem Kläger hiefür an der nötigen (Energie, wechseln ganzes Sinnen und
Trachten auf eine Entschädigung gerichtet ist, und diese unrichtige
Gedankenrichtung, die den Kiager an der Wiederaufnahme der Arbeit
verhindert hat, beruht nicht etwa auf seinem freien Willen, so dass er
sich bei gutem Willen davon hätte frei machen können, sondern ist, wie der
Erperte aus-III. Haftpflicht für den Fabrikund Gewerbebetrieb. N° 4. 19

drücklich erklärt, eine krankhafte Schwäche, d. h. wohl eine auf
beeinträchtigte Einsicht und gehemmten Willen zurückzuführende fehlerhafte
Vorstellung-, die sich seit dem Unfall beim Kläger entwickelt hat. Der
Kaufalzufammenhang zwischen dieser Störung und dem Unfall ist deshalb,
und zwar im Gegensatz zu dem vom Bundesgericht kürzlich entschiedenen
Fall Sidler (Urteil vom 13. Dezember 1905 *), vorliegend als gegeben
anzunehmen, weil jener Zustand getrübter Einsicht und gehemmten Willens
auf den Unfall und seine unmittelbaren Folgen zurückgeht. Im Falle Sidler
stand dagegen nach dem Ergebnis der ärztlichen Expertise fest, dass
der damalige Kläger sich von einer ähnlichen, dort durch übertriebenen
Egoismus zu erklärenden falschen Gedankenrichtung bei gutem Willen hätte
befreien können, und es erschien deshalb der Kansalzusammenhang zwischen
den noch vorhandenen Beschwerden und dem Unfall unterbrochen. Der
Unterschied zwischen dem Zustand Sidlers und demjenigen des Klägers
erklärt sich auch sachlich hinlänglich aus dem Umstand, dass Sidler
feine Stelle nicht verlor, dass ihm stets der volle Lohn ausbezahlt und
die Heilungskosten ersetzt wurden, und dass er wieder mit dem früheren
Lohn weiter arbeiten konnte, während der Kläger seine Stelle schon bald
einbüsste und daher bei ihm die Sorgen um die ökonomische Existenz und
somit das Streben nach Entschädigng erklärlich sind und es nicht ausfallen
kann, wenn sich daraus infolge der durch den Unfall beeinträchtigten
Einsicht und der daherigen Hemmung des Willens eine Zwangsvorstellung,
die ihrerseits als durch den Unfall und seine Folgen ausgelöst erscheint,
entwickelt hat.

6. Bei Festsetzung des Masses der Entschädigung muss in einem Falle wie
dem vorliegenden das richterliche Ermessen naturgemäss eine grosse Rolle
spielen. Grundsätzlich ist eine gewisse Zurückhaltung jedenfalls geboten,
da erfahrungsgemäss die Erledigung des Prozesses geeignet ist, einen
günstigen Einfluss aus das Besinden des Haftpflichtklägers auszuüben. Die
Limitierung der Entschädigung aus 5 Jahre seit dem 25. Juni 1904, bis
zu welchem Zeitpunkt-: der Kläger den vollen Lohn erhalten hat, entspricht

* AS 31 H N° 75 S. 590. (Anm. d. Red. f. Pubä.)

20 A. Entscheidungen des Bundesgenchts als oberster
Zivilgerichtsinstanz. ·

den Feststellungen des Sachverständigen, nach welchen seit der Erstattung
des Gutachtens (25. September 1905) noch 3 4 Jahre beschränkte
Eriverbsfäbigkeit anzunehmen ist. Auch darin haben die Vorinstanzen
wohl das richtige getroffen, dass sie die Entschädigung abgestuft und
für die ersten beiden Jahre grössere Beträge gesprochen haben, weil
nach der ganzen Sachlage eine grössere Beeinträchtigung für die erste
Zeit anzunehmen ist. Die Ansätze endlich von 10 % Erwerbseinbusse für
die drei letzten Jahre stützen sich auf die Erpertise und diejenigen
für das erste und zweite Jahr stehen offenbar in richtigem Verhältnis
dazu, wenn man bedenkt, dass der Zustand des Klägers auch von seinem
subjektiven Standpunkt aus bisher eine gewisse Arbeit nicht ausschloss,
wie er denn auch zeitweilig arbeitete. Die ziffernmässige Berechnung der
Entschädigung ist von den Parteien nicht angefochten und gibt auch zu
keinen Ansstellungen Anlass. Dem Vegehren des Klägers um Aufnahme des
Rettisikationsvorbehaltes ins Urteil nach Art. 8
SR 611.0 Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) - Finanzhaushaltgesetz
FHG Art. 8 Erfolgsrechnung - Die Erfolgsrechnung weist den Aufwand und den Ertrag einer Rechnungsperiode aus; sie zeigt namentlich das operative Ergebnis und das Ergebnis aus Beteiligungen.
FHG ist keine Folge
zu geben, weil die dadurch hinausgeschobene definitive Liquidation des
Haftpflichtfalles aller Erfahrung nach einer Besserung im Zustande des
Klägers im Wege stehen würde. Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Hauptberufung des Klägers und die Anschlussberufnng der Beklagten
werden abgewiesen und es wird das Urteil des Appellationsgerichis des
Kantons Basel-Stadt vom 27. November 1905 bestätigt.III. Haftpflicht
für den Fabrikund Gewerbebetrieb. N° 5. 21

5. Weil vom 1. Februar 1906 in Sachen @aötiissel, Bekl. U. Ber.-Kl.,
gegen Hasses-, Kl. u. Ber.-Bekl.

Begriff des (Betriebs)unfaes. Wann liegt ein solcher im Gegensatz
zu einem Massen Ki'ankkeitsausòmch vor bei Bestehen einer latet-ten
Tuberkulose? Steèlung des Bundesgem'chtes ; Art.81
SR 611.0 Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) - Finanzhaushaltgesetz
FHG Art. 2 Geltungsbereich - Dieses Gesetz gilt für:
a  die Bundesversammlung einschliesslich ihrer Parlamentsdienste;
b  die eidgenössischen Gerichte sowie die Schieds- und Rekurskommissionen;
bbis  die Bundesanwaltschaft und die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft;
c  den Bundesrat;
d  die Departemente, ihre Generalsekretariate und die Bundeskanzlei;
e  die Gruppen und Ämter;
f  die Verwaltungseinheiten der dezentralen Bundesverwaltung, die keine eigene Rechnung führen.
OG. Bückweisung zur
Erläuterung und Ergänzung eines Gntachtem? Art. 82
SR 611.0 Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) - Finanzhaushaltgesetz
FHG Art. 8 Erfolgsrechnung - Die Erfolgsrechnung weist den Aufwand und den Ertrag einer Rechnungsperiode aus; sie zeigt namentlich das operative Ergebnis und das Ergebnis aus Beteiligungen.
OG.

A. Durch Urteil vom 25. Oktober 1905 hat die II. Appellationskammer des
Obergerichts des Kantons Zürich erkannt:

Der Beklagte ist verpflichtet, dem Kiäger 4500 Fr. zu bezahlen, abzüglich
bereits bezahlte 1252 Fr. 30 Età, nebst Zins zu 5 0/3 von dem noch
auszurichtenden Betrag seit 15. Januar 1904.

B. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte rechtzeitig die Berusung an
das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag, es sei die Klage gänzlich
abzuweisen, eventuell seien die Qberexperten Professor Schlatter
und Dr. Silberschmidt um Erläuterung ihres Obergutachtens in näher
bezeichnetem Sinne (vergl. Erwägung 4 unten) zu ersuchen.

C. Der Kläger hat auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des
angefochtenen Urteils antragen lassen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Der im Jahre 1866 geborene Kläger Hermann Gasser war in der Schreinerei
des Beklagten J. Hablützel-Gasser, seines Schwagers, in Feuertalen, als
Vorarbeiter angestellt In der ersten Hälfte des Monats Februar 1903 -das
genaue Datum ist nicht festgestellt stiess ihm bei der Arbeit ein Unfall
zu. Uber die näheren Umstände desselben hat der Beklagte anlässlich
der persönlichen Befragung vor erster Instanz ausgesagt, am Abend des
Unfallstages habe ihm seine Frau bei seiner Heimkehr mitgeteilt, es sei
dem Kläger in der Schreinerei ein Fleck: Ling auf den Fuss gefallen,
der Kiäger hinke stark; hierauf, etwa eine halbe Stunde nach Eintritt
des Unfalls, habe er den Kläger darüber befragt, erinnere sich aber
nicht mehr, mit welchen Worten ihm dieser den Unfall geschildert habe,
sondern wisse nur, dass er nach der Art dieser Schilderung zur Überzeugung
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 32 II 13
Datum : 31. Januar 1906
Publiziert : 31. Dezember 1907
Quelle : Bundesgericht
Status : 32 II 13
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 12 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster Zivilgerichtsînstanz. 5. Sind


Gesetzesregister
EHG: 5  6
FHG: 2 
SR 611.0 Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) - Finanzhaushaltgesetz
FHG Art. 2 Geltungsbereich - Dieses Gesetz gilt für:
a  die Bundesversammlung einschliesslich ihrer Parlamentsdienste;
b  die eidgenössischen Gerichte sowie die Schieds- und Rekurskommissionen;
bbis  die Bundesanwaltschaft und die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft;
c  den Bundesrat;
d  die Departemente, ihre Generalsekretariate und die Bundeskanzlei;
e  die Gruppen und Ämter;
f  die Verwaltungseinheiten der dezentralen Bundesverwaltung, die keine eigene Rechnung führen.
8
SR 611.0 Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) - Finanzhaushaltgesetz
FHG Art. 8 Erfolgsrechnung - Die Erfolgsrechnung weist den Aufwand und den Ertrag einer Rechnungsperiode aus; sie zeigt namentlich das operative Ergebnis und das Ergebnis aus Beteiligungen.
OG: 57  81  82
OR: 67
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 67 - 1 Der Bereicherungsanspruch verjährt mit Ablauf von drei Jahren, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung des Anspruchs.39
1    Der Bereicherungsanspruch verjährt mit Ablauf von drei Jahren, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung des Anspruchs.39
2    Besteht die Bereicherung in einer Forderung an den Verletzten, so kann dieser die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Bereicherungsanspruch verjährt ist.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • bundesgericht • weiler • schaden • wille • frage • zivilgericht • zins • lohn • basel-stadt • vorinstanz • mass • stelle • richtigkeit • schreinerei • ermessen • erste instanz • verurteilung • ehg • unternehmung
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