50 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. I. Abschnitt. Bundesverfassung.
2. Nach diesen Ausführungen muss die Beschwerde über die Verfügung der
zürcherischen Finanzdirektion gutgebeissen und der angefochtene Erlass
als gegen das bundesrechtliche Verbot der Doppelbesteuerung verstossend
aufgehoben werden. Hiebei soll die Frage unberührt bleiben, ob im übrigen
unter Umständen nicht dadurch, dass eine Ehefrau vom Ehemann faktisch
getrennt in einem andern Kanton wohnt, ein Steuerdomizil der Ehefrau
am betreffenden Orte begründet werden kann, sei es hinsichtlich eines
Sondergutes oder des Vermögens überhaupt bei anderweitiger Ordnung des
Güterrechts (z.B. Gütertrenxtung), sei es hinsichtlich des Erwerbs der
Ehefrau an jenem Orte.
Demnach hat das Bundesgericht erkannt: Die Beschwerde gegen die Verfügung
der zürcherischen Finanzdirektion vom 17. Oktober 1905 wird gutgeheissen
und die genannte Verfügung aufgehoben.
8. Alt-teil vom 8. Februar 1906 in Sachen Taverna gegen BMW
u. Granbeu.
Anerkennung der Steuerhoheit eines Kantons durch freiwillige amd
embelzaltiose Zahlung der Steuer. Steuerdomizil für einen Bevormundeien
(hinsiclitiich der Besteueru-ng des beeeeglz'clwn Ver- mögens): es
befindet siebam Orte der tatsächlichen Ausübung der Vormundschaft BG
deckst-ritt V. d.N. u.A., Art. 17; 4, Abs.2 ; 9; ze'e'rch. PGB §§ 733
ff. (rechtliche Stellung der M letter des Minderjährigen reach dem Tode
des Vaters}.
A. Dem am 17. April 1886 gebornen Rekurreuten, Martin Taverna von Davos,
war nach dem Tode seines Vaters von der Vormundschaftsbehörde Davos
als Vormund G. Valär in Davos bestellt worden. Im Oktober 1902 zog der
Rekurrent mit feiner Mutter-, Witwe Stein, nach Winterthur. Im Jahre
1903 waren Mutter Und Sohn sechs Monate von Winterthur abwesend, indem
sie sich, wie es scheint, auf Reisen befanden; seit dem Ok-
tober 1903 wohnen sie ununterbrochen in Winterthur,
woselbstII. Doppelbesteuerung. N° 8. 51
der Rekurrent das Technikum besucht. Am 31. Oktober 1903 wurde dem
Vormund von der Steuerkommifsion Winterthur eine Steuertaxationsanzeige
für den Rekurrenten, der ein bewegliches Vermögen von 60,000 Fr. besitzt,
zugestellt. Nachdem der Vormund die Steuerpslichi des Rekurrenten im
Kanton Zürich bestritten hatte, weil der Kanton Graubünden die Besteuerung
des Vermögens für sich beanspruche, verfügte die Finanzdirektion des
Kantons Zürich unterm 12. April 1904, dass der Rekurrent für sein
bewegliches Vermögen pro 1903 und die Folgezeit- in Winterthur staats-
und gemeindesteuerpsiichtig sei. Gegen diese Verfügung stand dem Vormund,
wie im Dispositiv ausdrücklich erwähnt ist, binnen 14 Tagen von der
Mitteilung an der Rekurs an den Regierungsrat offen, von welchem
Rechtsmittel jedoch kein Gebrauch gemacht wurde. In der Begründung
führt die Finanzdirektion aus, dass der offenbar mit Zustimmung der
Vormundschaftsbehörde Davos vorgenommene Domizilwechfel den Übergang
der vormundschaftlicheu Verwaltung an die Behörden von Winterthur und
damit ein Steuerdomizil des Rekurrenten am letzteren Orte begründet
habe, und dass der Kanton Graubünden nicht gestützt auf die blosse
tatsächliche Ausübung der Vormundschaft Steueransprüche geltend machen
könne. Im Juni 1904 verlangte die Waisenkommission Winterthur von der
Vormundschaftsbehörde Davos die Übertragung der Vormundschaft über den
Rekurrenten. Die letztere Behörde wies das Gesuch ab, der Kleine Rat des
Kantons Graubünden entschied dagegen unterm 25. April 1905 (mitgeteilt
am 4. Mai 1905) auf Begehren des Regierungsrates von Zurich, dass die
Vormundschaftsbehörde Davos pflichtig sei, die Vormundschaft über den
Rekurrenten an die Waisenkommifsion Winterthur zu übertragen Hiebei nahm
der Kleine Rat an, dass der Rekurrent, der mit seiner Mutter als Inhaberin
der elterlichen Gewalt und im Einverständnis der Vormundschaftsbehbrde
nach Winterthur gezogen sei und dort eine Niederlassung-Ebewilligung
erhalten habe, feinen ordentlichen Wohnsitz in Winterthur habe, weshalb
die dortigen Behörden zur Führung der Vormundschaft zuständig seien. Am
4. September 1905 wurde dem Steuerbareau Winterthur für den Rekurrenten
die Staatsund Gemeindesteuer pro 1903 und 1904 und die Gemeindesteuer
52 A. Siaatsrechiliche Entscheidungen. 1. Abschnitt. Bundesverfassung.
pro 1905 bezahlt; die Staatssteuer pro 1905 ist zur Zeit nicht bezahlt. Jn
Davos hat der Vormund die Landschaftsund Fraktionssteuer bis 1. April
1905 und die Kantonssteuer bis 1. Oktober 1904 bezahlt.
B. Mit Rechtsschrift vom 24. Oktober 1905 hat der Vormund des
Rekurrenten beim Bundesgericht die Anträge gestellt, das Bundesgericht
möge bestimmen, ob der Rekurrent für die Zeit von 1903 bis 1. Mai 1905
im Kanton Zürich oder im Kanton Graubünden steuerpflichtig sei, und es
möge denjenigen Kanton, der darnach die Steuer zu Unrecht bezogen habe,
zu deren Rückerstattung anhalten. In der Begründung wird behauptet,
die Steuern in Zürich seien, nachdem die Steuerkommission Winterthur
mit Sequestration gedroht habe, unter Protest bezahlt worden und bei
den Steuerzahlungen in Davos habe der Vormund sich stets gegen eine
eventuelle Doppelbesteuerung verwahrt. Sodann wird ausgeführt, es liege
zweifellos ein Fall unzulässiger Doppelbesteuerung vor, indem dasseibe
Objekt für die gleiche Zeit von zwei Kantonen und deren Gemeinden zur
Steuer herangezogen werde. Das Begehren um Rückerstattung der ohne
Schuldpflicht bezahlten Steuern rechtfertige sich deshalb, weil eine
unfreiwillige Zahlung vorliege.
G. Der Regierungsrat des Kantons Zürich hat beantragt, es sei der Rekurs
abzuweisen, soweit er sich gegen die zürcherische Besteuerung richte,
weil 1. das Recht auf die Besteuerung des beweglichen Vermögens des
Pflichtigen für die in Frage kommende Zeit dem Kanton Zurich und nicht
dem Kanton Graubünden zustehe; 2. die Einsprache gegen die zürcherischen
Steuer-fordernngen bis und mit dem Jahre 1905 durch Versäumnis der
gesetzlichen Rechtsmittel, speziell auch der für staatsrechtliche
Beschwerden in Art. 178 gifs. 3 OG eingeräumten Frist verwirkt fei, und
3. in der erfolgten Bezahlung der bis jetzt verfallenen zürcherischen
Staatsund Gemeindesteuern eine förmliche Anerkennung derselben liege. Es
wird unter anderm darauf aufmerksam gemacht, dass die pro 1903 durch die
unangefochten gebliebene Verfügung der Finanzdirektion festgestellte
Steuerpslicht des Rekurrenten nach den §§ 16/17 des zürcherischen
Steuergesetzes für drei Jahre in Kraft bleibe, da eingetretene
Vermögensverände-II. Doppelbesieuerung. N° 8. 53
mugen, auf Grund deren allein eine neue Sachprüfung hätte verlangt
werden können, beim Rekurrenten nicht behauptet seien, wie denn auch
ein bezügliches Begehren, das jeweilen im Frühjahr 1904 oder 1905
hätte gestellt werden müssen, nicht erhoben worden sei. Ferner wird
bestritten, dass dem Vormund mit Sequestration gedroht worden und dass die
Steuerzahlung am 4. September 1905 irgendwie unter Protest erfolgt sei.
D. Der Kleine Rat des Kantons Graubünden hat beantragt, es seien
Graubünden und die Gemeinde Davos bis Ende April 1905 als steuerberechtigt
anzuerkennen, weil bis zu diesem Zeitpunkt das Rechtsund Steuerdomizil
des Rekurrenten im Kanton Graubünden gewesen sei.
Der Gemeindevorstand von Dados hat sich diesem Antrage angeschlossen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Es besteht kein Streit darüber, dass vom 1. Mai 1905 an, d. h. seit
der tatsächlichen Übertragung der Vormundschaft über den Reknrrenten
von Davos nach Winterthur der letztere für sein bewegliches Vermögen
ausschliesslich der Steuerhoheit des Kantons Zurich untersteht Dagegen
ist streitig, welcher Kanton vor diesem Zeitpunkt steuerberechtigt war.
2. Was den Kanton Zurich anbetrifft, so sind für den Rekurrenten die
Steuern pro 1903 und 1904 und pro 1905 die Gemeindesteuer freiwillig und
ohne Vorbehalt bezahlt worden. In der Rekursschrist wird zwar behauptet,
dass die Zahlung auf angedrohte Sequestration hin und unter Vorbehalt
erfolgt sei. Doch it dies vom Regierungsrat bestritten und irgend ein
Nachweis dafür ist den Akten nicht zu entnehmen; insbesondere enthält die
im Original bei den Akten liegende Steuerquittung keinen Vorbehalt irgend
welcher Art. Zn dieser freiwilligen und vorbehaltlosen Zahlung nun muss
eine Anerkennung der betreffenden Steueransprüche erblickt werden, und
es erscheint schon aus diesem Grunde deren nachträgliche Anfechtung auf
dem Wege des staatsrechtlichen Rekurses als unzulässig Eine Anerkennung
liegt aber auch vor hinsichtlich der noch nicht bezahlten Staatssteuer
pro 1905 für die Zeit vom 1. Januar bis 1. Mai. Durch die mangels eines
Rekurses an den Regierungsrat in Rechtskraft
54 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. I. Abschnitt. Bundesverfassung.
erwachsene Verfügung der Finanzdirektion vom 12. April 1904 wurde gemäss
§§ 16 und 17 des zürcherischen Steuergesetzes die Steuerpflicht des
Rekurrenten für die dreijährige Periode 1903 1905 lediglich unter dem hier
nicht in Frage kommenden Vorbehalt von Veränderungen im Vermögensstand
festgestellt. Da die Steuerzahlung im September 1905 in Nachachtung
dieser Verfügung geschah, so muss sie nicht nur als Anerkennung der
speziell bezahlten Steuern, sondern auch als grundsätzliche Anerkennung
der dadurch festgestellten Steuerpflicht gedeutet werden, und dies muss
für die Staatssteuer vom 1. Januar bis 1. Mai 1905 umso mehr gelten,
als für dieselbe Periode die Gemeindesteuer geleistet wurde. Darnach
ist aber auch in Bezug auf den streitigen Staatssteueranspruch für die
genannte Zeit der staatsrechtliche Rekurs als verwirkt anzusehen. Auf die
Frage, ob die vorliegende Beschwerde dem Kanton Zürich gegenüber nicht
auch verspätet ware, oder ob die Frist des Art. 178 Ziff. 3 OG, weil es
sich Um einen Konflikt zwischen zwei Kantonen handeln würde, nicht zur
Anwendung komme (vergl. AS 30 I S. 613 f. und 31 I S. 53 Erw. 1) braucht
bei dieser Sachlage nicht eingetreten zu werden. Aus dem gesagten ergibt
sich auch bereits, dass das Rekursbegehren auf Rückerstattung bezahlter
Steuern gegenüber Zürich von vornherein unbegründet ist, weil von
unfreiwilliger Bezahlung nicht geschuldeter Steuern keine Rede sein kann.
3. Im Kanton Graubünden hat der Vormund des Reknrrenten für diesen
die Staatsund Gemeindesteuern bis 1. Mai 1905 bezahlt mit Ausnahme der
Staats-steuer für die Zeit vom 1. Oktober 1904 bis 1. Mai 1905, die von
Graubünden noch gefordert wird. Er behauptet aber, dass die Zahlung stets
unter Verwahrung gegen eventuelle Doppelbesteuerung erfolgt sei, worunter
offenbar ein Vorbehalt der Rückforderung für den Fall, dass nachträglich
durch das Bundesgericht die Steuerhoheit des Kantons Graubünden verneint
werden sollte, zu verstehen ist. Der Gemeindevorstand Davos anerkennt in
feiner Vernehmlassung, dass die tatsächlichen Angaben der Rekursschrist
richtig sind, so dass als zugestanden gelten darf, dass der erwähnte
Vorbehalt bei Bezahlung der einzelnen Steuerbeträge regelmässig gemacht
wurde. Nun hat das Bundesgericht im Falle Thurgau gegen Zürich (Urteil vom
18. Oktober 1905, abgedruckt in der Schweiz. Ju-II. Doppelbesteuemng. N°
8. 55
ristenzeitung 2 S· 167 *) ausgesprochen, dass, wenn der Mündel tatsächlich
ausserhalb des Vormundschaftskantons verweilt, das Stenerdomizil (fin
die Besteuerung des beweglichen Vermögens) dennoch im Kanten und am Orte
der Vormundschaftsbehörde, also am rechtlichen Domizil (Art. 4 Abs. 3
BG betr. zivilr. V. d. ER. u. A.) und nicht am Orte des tatsächlichen
Aufenthalts anzunehmen isf. Hiefür spricht vor allem die Erwägung,
dass der Aufenthalt des Mündels wenigstens regelmässig, und so auch im
vorliegenden Fall, nicht von dessen Willen abhängt, sondern durch den
Vormund oder die Vormundschaftsbehörde bestimmt with, und dass somit
das Subjektionsverhältnis des Mündels zum Aufenthaltskanton vom Willen
einer Person oder einer Behörde abhängt, die in keiner Beziehung zum
Aufenthaltsort Reben; ferner dass die Verwaltung und Verfügung über
das Bei-mögen des Mündels, woraus die Steuer bezahlt wird, den Behörden
des Wohnsitzkantons zustehen. Der Mündel erscheint so durch die starken
Bande der vormundschaftlichen und Vermögensbeziehungen mit dem Ort des
rechtlichen Domizils verfnùpft, und dieser intensive Zusammenhang muss
sich aller Regel nach gegenüber der Verbindung mit dem Aufenthaltsort als
,derart überwiegend darstellen, dass die letztere nicht als hinreichend
anerkannt werden kann, um das Steuerrecht des Aufenthaltskantons zur
Entstehung zu bringen In jenem Falle war allerdings davon auszugehen,
dass die Voraussetzungen sfür den Übergang der Vormundschaft auf
die Behörden des Aufenthaltsortes nicht gegeben waren (Art. 17 BG
"Bett. zivilr. V. d. N. u. A.), während vorliegend die Pflicht zur
Ubertragung der Vormundschaft von Davos nach Winterthur vom Kleinen Rat
von Graubünden in seinem Entscheide vom 25. April 1905 anerkannt worden
ist und zwar aus Gründen, die offenbar schon seit der Überfiedelung des
Rekurrenten nach Winterthur bestanden haben, und vom Standpunkt dieses
Entscheides aus wohl angenommen werden mug, dass die Behörde von Davos
schon im Jahre 1903 verpflichtet gewesen wäre, die Vormundschaft über
den Rekurrenten an diejenige von Winterthur abzugeben. Gleich-
* Nunmehr auch Amt}. Samml. 31 l Nr. 404 S. 601 H. (Anm. cè. Red.]î Publ.)
56 A. Siaatsrechtliche Entscheidungen. 1. Abschnitt. Bundesverfassung.
wohl ist hier die Steuerhoheit von Graubünden bis zur Übertragung der
Vormundschaft anzuerkennen; denn die Gründe, die im Falle Thurgau
gegen Zürich entscheidend waren; das Steuerdomizil am Sitze der
Vormundschastsbehörde zu belassen, stellen wesentlich auf die tatsächliche
Ausübung der äliormundschaftf und die tatsächliche Verwaltung und
Verfügung über das Bermögen des Mündels und auf die hiedurch geschaffenen
tatsachlichen Beziehungen zwischen dem Mündel und dem Orte der Behörde
ab. Der Umstand, dass die Behörden des Aufenthaltsortes eigentlich zur
Führung der Vormundschaft berechtigt waren und deren Ubergang verlangen
könnten, bedingt daher keine andere Lösung der Frage, weil eben jener als
massgebend erklarte tatsächliche Zusammenhang des Mündels mit dem erstern
Orte bis zur wirklichen Übertragung der Vormundschaft In unverminderter
Weise fortbesteht. Auch aus Erwägungen praktischer Natur empfiehlt es
sich, die Begründung eines neuen Steuerdoinizils des Mündels (für das
bewegliche Vermögen) vom tatsächlichen Ubergang der Vormundschaft und
nicht davon abhangig zu machen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für
einen solchen Ubergang Vorhanden waren, weil im erstern Fall ein festes,
leicht· erkennbares Kriterium für die Frage der Steuerhoheit und der
Entstehung eines neuen Steuerwohnsitzes des Mündels besteht, während
es im letztern Fall auf höchst unbestimmte Momente ein Verweilen des
Vögtlings ausserhalb des Vormundschaftskantons mit ausdrücklicher oder
stillschweigendee Zustimmung der Behörden ankommen würde. .
Der Kleine Rat von Graubünden hat in seinem Entscheidevom 25. April 1905
die Auffassung vertreten, dass der Rekrurent unter der elterlichen
Gewalt seiner Mutter stehe und dassdeshalb nach Art. 4 Abs. 2 BG
betr. zivilr. V. d. N. u. A. der Wohnsitz der Mutter auch als rechtliches
Domizil des Rekurrenten zu gelten habe. Darnach wurde angenommen, dass
Winterthur seit der Ubersiedelung von Daoos dorthin eigentlicher Wohnort
des Rekurrenten im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmnng sei. Allein
diese Auffassung ist rechtsirrtümlich. Die elterliche Gewalt bestimmt
sich nach dem Rechte des Wohnsitzes (Art. 9 l. c:), und da die Mutter des
Rekurrenten ihren Wohnsitz wohl zweifellos seit 1903 in Winter-thuthatte,
entscheidet es sich nach- II. Doppeibesieuerung. N° 8. 57
zürcherischem Recht, ob ihr von da an die elterliche Gewalt über den
Rekurrenten zustand. Nach zürcherischem Rechte geht aber die väterliche
Gewalt beim Tode des Vaters nicht auf die Mutter, sondern auf den Vormund
in Verbindung mit der Vormundschaftsbehörde über (PG § 733 ff.), und es
kann darnach ein Domizil des Rekurrenten in Winterthur gemäss Art.4 Abs.2
BG betr. zivilr. V. d. N. u. A. nicht in Betracht kommen, ganz abgesehen
von der Frage, in welcher Weise beim Bestehen der elierlichen Gewalt der
Mutter vor-liegend die Kollision zwischen Art. é Abs. 2 und Abs. 3 I. c.,
welch letztere Bestimmung allgemein den Sitz der Vormundschaftsbehörde
als Wohnsitz der unter Vormundschaft stehenden Personen erklärt, zu lösen
wäre. Unter diesen Umständen braucht nicht geprüft zu werden, ob ein
Domizil des Rekurrenten in Winterthur gemäss Art. 4 Abs. 2 ]. c., falls es
anzunehmen wäre, eine andere Lösung der Frage nach dessen Steuerdomizil,
als die oben gegebene, die auf die überwiegenden tatsächlichen Beziehungen
des Mündels zum Orte der Vormundschaftsbehörden abstellt, bedingen würde.
Nach diesen Ausführungen ist Graubünden berechtigt, den Rekurrenten bis
zum Mai 1905, dem tatsächlichen Übergang der Vormundschaft, zu besteuern,
und es kann auch eine Verpflichtung dieses Kantons, die bezahlten Steuern
zurückzuerstatten, nicht in Frage kommen.
4. Das erste Rekursbegehren, es möchte das Bundesgericht bestimmen,
welcher der beiden Kantone für die in Betracht kommende Zeit
sieuerberechtigt sei, ist dahin zu verstehen, dass entweder die
Steueransprüche von Zürich oder diejenigen von Graubünden als unzulässig
zu erklären seien. Wie ausgeführt wurde, ist dieses Beschwerdegesuch
sowohl Zurich, als auch Graubünden gegenüber unbegründet, und ebenso muss
nach dem gesagten das zweite gleichfalls alternativ gegen beiden Kantone
gerichtete Begehren auf Rückerstattuiig bezahlter Steuern verworfen
werden. Der Rekurs ist daher beiden Kantonen gegenüber abzuweisen
Demnach hat das Bundesgericht erkannt:
Der aufm-e wird abgewiesen.