828 Civîlrech tspflege.

IX. Civilstreitig'keiten zwischen Kantonen einerseits und. Privaten oder
Korporationen anderseits. Difl'érends de droit civil entre des cantons
d'une part et des particuliers ou des corporations d'autre part.

109. Anteil vom 5· Oktober 1905 in Sachen ziegcersche Tonwarenfabrik
vou @ebrîidex gezeigt, Kl., gegen Hainen Hchakkhausem Bakr.

Klage auf Erteiiung einer Wasserrechtskonzession. Sie ist nicht
eieilrechtlisher Nat-m' und das Bundesgericht deshalb nicht (naeh Art. 48
ZW. 4 OG) zur Bearéeihmg zuständig. Auch als staatsrechtliche Klage
kann sie nicht erhoben werden. Dagegen ist Pri- eatrechtlicher Natur
das Begehren auf Anerkennung des Nutzungsrechtes an einer Wasserkraft
um Massgabe der jeweiligen Gesetzgeòemg des Beklagten. Legitimation zu
einer solchen Feststeihmgs Mage. Erwerb des behaupteten Prinatrechts
unter der Gesetzgebang eines Staates, dem die Hoheit am Fluss zes-r
Zeit des Erwerbes faktisch zustand. Zürcher PGB, §§ 485, 486", 657,
659. Zürcher Gesetz über das Gewerbewesen, etc., vom 9. Mai 1832,
58 Z. 6; über Erteilung von Wasse'rrechten, ein., vom 21. März 1836,
ge beir. die Benutzung der Gewässer, etc., vom 14. April 1822, ge ;
bei}: die Kost-gleiten der Gewässer, nem 15. Dezember 1901, FZ 22,
33. Einfluss der Tatsache, dass durch Geriahtsurteii die Fiusshoheit
einem andern Kanton zugesprochen wird, ais demjenigen, von dem sie
bis dahin faktisch ausgeùbt worden war, auf die vom letzteren Kanton
erteilten Konzessionen. Auseinanderhaltung der prieairechtlichen und der
staatsrechtlichen W delete-ngm der Staatensuecession. Vo-raeessetzemgm
der Nebeflniniernenlion nach. BGP, AM. 16; Kostemzerlegurng
bei Unteräiegen der Havuptpartei med des Neben.intereenienten
(Litisdemm-ziatin).

A. Durch Urteil vom 9. November 1897 (A. S., Bd. XXIII, 2. T., Nr. 196,
S. 1405 ff.) sprach das Bundesgericht als Staatsgerichtshof, auf Klage des
Kantons Schaffhausen gegen den Kanton Zürich betreffend die Staatshoheit
über den Rhein,IX. Civilstreitigkeiten zwischen Kantonen und Privaten,
etc. N° 109. 829

dem Kanton Schasshansen, in teilweiser Gutheissung seines Hauptanspruches,
auf der Strecke von der badisch-schasshausischen Grenze bei Büsingen
bis hinunter zu der Stelle, wo sich ehedem das Urwerf befunden hat
(im Gegensatz zu der Strecke unterhalb des Urwerss bis zum Nohl, auf
welcher die Mittellinie des Stromes als Grenze festgestellt wurde),
das Hoheitsrecht über den gesamten Strom zu, während tatsächlich an
dessen linkem Ufer der Kanton Zürich im Laufe des 19. Jahrhunderts
-unbeanstandet bis auf einen letzten Fall, der zum damaligen Prozesse
Veranlassung gab durch Erteilung von Wasserrechtskonzessionen seine
Hoheit ausgeübt hatte. Dagegen trat das Bundesgericht durch das
gleiche Urteil auf das weitere Rechtsbegehren des Kantons Schaffhausen
Um Richtigerklärung jener vom Kanton Zürich auf dem linken Rheinnfer
erteilten Wasserrechtskonzessionen zur Zeit nicht ein, u. a. weil hierüber
nicht abgesprochen werden könne, ohne dass zuvor auch die am damaligen
Prozesse nicht beteiligten Inhaber der als Gegenstände subjektiver
Berechtigungen sich darstellenden Konzessionen angehört würden· Jn
Ausführung dieses bundesgerichtlichen Urteils schlossen die Kantone
Zürich und Schafshausen im Jahre 1900 einen Staatsvertrag ab, wonach auf
der dem Kanton Schasfhansen gänzlich zuerkannten Rheinstrecke die als
solche bereits früher vereinbarte, vom bestehenden Flusslaufe zum Teil
abkoeichende Korrektions-Uferlinie als Grenze festgesetzt wurde. Diese
Grenze durchschneidet das am linken Rheinuser oberhalb der zürcherischen
Gemeinde Flurlingen gelegene, gegenwärtig der als Klägerin auftretenden
Firma der Gebrüder Ziegler gehörende Etablissement der Zieglerschen
Tonwarenfabrik mit Wasserwerksanlage derart, dass der weitaus grösste
Teil des Zulaufkanals dieser letzteren auf Schaffhauser, das untere Ende
des Kanals, das Turbinenhaus und das Fabrikgebäude dagegen auf Zürcher
Gebiet liegt.

Aus der Entstehungsgeschichte der Zieglerschen Wasserwerksanlage ist hier
hervorzuheben : Im Jahre 1831 errichtete der Grossvater der klägerischen
Firmateilhaber, Jakob Ziegler-Steiner Später Ziegler-Pellis) nachdem er
bereits im Jahre 1828 aus dem rechten Rheinnser Unterhalb Schaffhausen
eine Ziegelhütte, die er später (1849) ebenfalls zu Eigentum erwarb,
gepachtet

830 Civilrechtspflege.

hatte, derselben gegenüber, auf dem linken Ufer, ein eigenes Gebäude,
die heutige Tonioarenfabrik, und erwirkte hiefür vom Regierungsrat
des Standes Zurich laut Akt desselben vom 5. Juli 1831 die Bewilligung
zur Errichtnng eines Wasserrades und Stampfwerkes . . . zum Beha? der
Fabrikation irdener Teach-el und einer mit diesem Werke zu verbindenden
Olmi"thle, unter verschiedenen Bedingungen, worunter die, dass die
Anlage ohne eingeholt-e Erlaubnis weder verändert, noch zu einem andern
Fabrikationsoder Gewerbezweig benutzt werden dürfe. Der Zulaufkanal dieser
Anlage erstreckte sich am linken Ufer aufwärts bis zum sogenannten
Rheinfels, einem in den Rhein oorspringenden Felskopfe. Jin Jahre
1833 verlängerte Ziegler-Steiner, mit Bewilligung des zürcherischen
Regierungsraies vom 5. März dieses Jahres, den Zulauskanal, indem
er ihn vermittelst eines Tunnels durch den Rheinfels und auf 524
Fuss Länge oberhalb desselben weiterführte. Durch Beschluss des
zürcherischen Regierungsrates vom 2. Juni 1853 sodann wurde ihm, nunmehr
Ziegler-Pellis, eine weitere Verlängerung des Kanals von 100 Fuss,
ebenfalls unter gewissen Vorbehalten, bewilligt; doch gelangte dieses
Projekt in der Folge nicht zur Ausführung. Im Jahre 1863 erteilten die
Regierungen von Zurich und Schaffhausen in gegenseitigem Einverständnis
einein in der Stadt Schafshausen gebildeten provisorischen Comité zu
Handen einer zu gründenden Wasserwerksgesellschaft Schafshausen die
Bewilligung quer über den Rhein ein Überfallswehr zu ersteflen, welches
am linken Ufer an das obere Ende der Umsassungsmauer des Zieglerschen
Zulaufkanals anschloss, um die so zu gewinnende Wasserkraft vermittelst
Drahtseiltransmissionen auf beiden Rheinufern für industrielle Zwecke
auszubeuten. Gegen diese Anlagefür welche das Turbinenhaus am linken
Ufer, nahe oberhalb des Uberfallwehrs, mit einem Ablaufkanal längs
des Zieglerschen Zulaufkanals erbaut werden sollte, erhob der damalige
Inhaber der Zieglerschen Tonwarenfabrik, Johannes Ziegler-Ernst, der
Sohn Jakob Zieglers und Vater der klägerischen Firmateilhaber, wegen
Beeinflussung seines Wassereinlaufes Einsprache In der Folge kam am
25. September 1863 zwischen Ziegler-Ernst und dein erwähnten Comité ein
später im Grundbuch der NotariatskanzleiIX. Civilszreitigkeiten zwischen
Kantonen und Privaten, etc. N° 199. 831

Feuerthalen eingetragener Vertrag zustande, wonach die
Wasserwerksgesellschaft Schaffhausen zur Beseitigung der Zieglerschen
Einsprache den Tonwarensabriken eine in ihren Kanal einzulanfende
Wassermenge von 160 Kubikfuss per Sekunde garaniierte, mit Vorbehalt
einer Reduktion dieses Quantnms für den Fall ausserordentlich
niederen Wasserstandes. Gegen Ende der 1880er Jahre projektierte die
Wasserwerksgesellschaft Schaffhausen eine Erweiterung ihrer, nach 1863
tatsächlich ausgeführten Anlage durch Erstellung eines neuen Zulaufkanals
unterhalb des bestehenden Turbinenhauses, über dessen einzuwölbenden
und als Sohle zu benutzenden Ablauskaual, mit einem zweiten (nntern)
Turbinenhaus, unmittelbar oberhalb des Rheinfelseus für 5 Turbinen,
zur Untsetzung der hier auf diese Weise verfügbaren Wasserkraft in
elektrische Energie. Da aber die beiden klägerischen Firmateilhaber, auf
welche das Zieglersche Geschäft inzwischen übergegangen war, gegen das
publizierte Projekt Einsprache erhoben, traf die Wasserwerksgesellschast
mit ihnen durch Vertrag vom 18. Februar 1888 nebst Nachtrag vom 10. Juni
1889, in Aufhebung des oben erwähnten Vertrages vom 25. September
1868, eine Verständigung wesentlich folgenden Inhaltes: Die Gebrüder
Ziegler bezw. die Klägerin trat an die Wasserwerksgesellschaft ihren
Kanal oberhalb des Rheinfelsens samt dem anliegenden, ebenfalls in
ihrem Eigentum stehenden Userabhang zu einem bestimmten Kaufpreise ab.
Dagegen übernahm die Wasserwerksgesellschaft, welche die von der Klägerin
erworbene Kanalstrecke in ihrem eigenen Zulaufkanal siir das neue
(untere) Turbinenhaus ausgehen liess, behufs neuer Wasserzuleitung für
die Tonwarenfabrik die Erstellung einer (nach Konstruktion und Anlage
näher bezeichneten) Einlauffalle oberhalb des Felskopses im Zieglerschen
Kanal und ging für sich und ihre Rechtsnachfolger die Verpflichtung ein,
der Tonwarenfabrik zu allen Jahresund Tageszeiten ein Wasserquantum
von 4500 Liter per Sekunde über jene Falle, deren Regulierung bis zur
Inanspruchnahme des genannten Quantums der Klägerin anheimgegeben wurde,
zukommen zu lassen, gemessen an einer zu vereinbarenden und mit einer
Marke zu bestimmenden Stelle, unterhalb des Felskopses , wiederum mit
einem (näher umschriebenen)

Reduktionsvorbehalt für den Fall ausserordentlich niederen Wasser-

832 Civilrechtspflege .

standes. Dieses Abkommen, dessen Erfüllung durch die
Wasserwerksgesellschaft als dingliche Last aus deren gesamtem Werke
erklärt wurde, wurde nach Bewilligung der Erweiterungsanlage jener seitens
der Regierungen von Zürich und Schaffhaufen und nach ihrer Ausführung in
das Grundprotokoll von Flurlingen und das Servitutenprotokoll der Stadt
Schaffhausen eingetragen. Es erfuhr in der Folge, nachdem die Anlagen
der Wasserwerksgesellschaft an die Stadt Schaffhausen übergegangen
waren, durch Vertrag zwischen der Stadt; d. h. den ftädtischen Lichtund
Wasserwerfen, Abteilung Wasserwerk, mit Genehmigung des Stadtrates und
der Klägerin, vom li./14. März 1900, in einem Nebenpunite, bezüglich
der Zugangsverhältnisse zur Grenze der beidseitigen Anlagen, eine
Abänderung. Durch Beschluss vom 2, Juli 1891 sodann, welcher eingangs
die den Rechtsvorfahren der Klägerin erteilten Bewilligungen, sowie die
Konzession an die Wasserwerksgesellschaft für ihre Erweiterungsanlage
und die dadurch gemäss dem in seiner Hauptbestimmung betreffend die
Garantie des Waffle-quantum? von 4500 Sekundenliter wieder-gegebenen
Verträge mit der Klägerin, der die privatrechtlichen Verhältnisse ordne,
bedingten Abänderungen des Wasserwerkes der letzteren erwähnt, erteilte
der Regierungsrat des Kantons Zürich der Klägerin eine neue Konzession
des Inhalts: Den derzeitigen Besitzern der Zieglerschen Tonwarenfabrik in
Flurlingen wird in Erweiterung des ihrem Rechtsvorfahren, Herrn Ziegler:
Steiner in Winterthur, unterm 5. Juli 1831 bewilligten Wasserrechts
am Rhein beim Steinhölzli, oberhalb Flurlingen, jedoch .unbeschadet
allfällig späterer Privatansprüche, deren civilrichterliche Erledigung
dem Inhaber der Konzession und nicht dem Staate zur Last fallen
würde, die Bewilligung erteilt, die in Folge der neuen Anlagen der
Wasserwerksgesellschaft vorgenommenen Änderuugen an ihrem Wa sserwerke
fortbestehen zu lass en, dies unter näher angegebenen Bedingungen,
worunter einem Vorbehalte des Fischereirechtes in den Kanälen der Anlage
zu Gunsten des Staates. Gleichzeitig lud der Regierungsrat seine Direktion
der öffentlichen Arbeiten ein, die Wasserkraft zu messen zum Zwecke der
Festsetzung des Wasserzinses, und wies die Klägerin an, die Konzession
binnen bestimmter Frist in das zuständigeIX. Civitstreitigkeiten zwischen
Kantonen und Privaten, etc. N° 109. 833

Notariats-Protokoll eintragen zu lassen. Diese Konzessiou wurde bezüglich
des Fischereirechts-Vorbehalts auf Ansuchen der Klägerin modifiziert durch
Beschluss des Regierungsrates vom 1. November 1895. Ausser diesen das
Zieglersche Wasserwerk selbst betreffenden Akten wurden den Inhabern des
Werks im Laufe der Zeit verschiedene Konzesfionen erteilt zur Übertragung
der ausgebeuteten Kraft vom linken auf das rechte Rheinnfer, nämlich:
für eine erste Drahtseiltransmission zur Kraftverwendung im rechtsufrigen
Zieglerschen Geschäfte, durch entsprechende Beschlüsse der Schaff-

hauser Regierung, vom 31. Januar 1866, mit Modifikation

vom 12.,!15. September 1866, und der Ziircher Regierung vom 4.
August 1866; für eine weitere Drahtfeiltransmission zum gleichen
Zweck-2, durch Beschlüsse der Schaffhauser Regierung, vom 28. Juli
1875, und der Zürcher Regierung, vom 18. März 1876, bezw. für eine
(tatsächlich nicht ausgeführte) Verlegung dieser Transmission, durch
Beschluss der Schaffhauser Regierung, vom 29. April 1891, und Verfügung
der zürcherischen Direktion der öffentlichen Arbeiten, vom 13. Juni
1891; für eine dritte Drahtseiltransmissiou zur Kraftabgabe an die
Trieotfabrik der Firma Blumer, Botsch & Cie., später Blumen Müller &
Cie., durch Beschlüsse der Schaffhaufer Regierung (an den Namen der
Krafipächterin und auf 40 Jahre lautend), vom 29 April 1891 und der
Zürcher Regierung, vom 11. Juni 1891; endlich für eine elektrische
Uberleitung zur Kraftabgabe an Fridolin Luchsinger zur Neurnuhle durch
Beschlüf se der Schaffhauser Regierung (wie: sderum dem Kraftpächter
ausgestellt) vom 8. Mai 1895, und der Zürcher Regierung vom 29. Juni
1905. Ferner wurde der Klägerin bezw. ihren Rechtsvorfahren zur Verbindung
der beidufrigen Geschäftsanlagen von den beiden beteiligten Kantonen die
Ersiellung zunächst (1831) einer lediglich privaten Rheinfähre und später
(1858/1859) eines dem öffentlichen Verkehr zugänglichen Fahrsteges über
den Rhein gestattet. An die Finanzierung dieses letzteren leisteten die
beiden Kantone Beiträge. Am 15. Oktober 1864 wurde zwischen dem Inhaber
des Zieglerschen Geschäftes und der Stegkommission der interessierten
Gemeinden Schaffhanfen und Flurlingen über den Unterhalt des Steges ein
von den Regiemugen Züriehs und Schaffhausens hierauf, am 15. April bezw.

xxx}, ?. 1905 55

834 civjireciitspäege.

12. Mai 1885, genehmigter Vertrag abgeschlossen, wonach das Zieglersche
Geschäft den Stegunterhalt gegen Aushändigung der

hiefür bereits angelegten Fonds für ewige Zeiten als dingliche

Last auf dem linksufrigen Etablissement übernahm und zur Sicherstellung
dieser Verpflichtung gegenüber den an die Stelle der sich auflösenden
Stegkotnmission tretenden Kantonen Zürich und Schaffhausen die linksufrige
Fabrik nebst Umschwung und dem damit verbundenen Wasser-recht als
Reallast verschrieb, die ohne Zustimmung der beiden Regierungen in den
Gemeindeprotokolleu nicht gelöscht werden dürfe. Dieser Vertrag, dessen
Fertigung auf der Notariatskanziei Fenerthalen am 22· Mai 1865 erfolgte,
wurde durch Zusatzvertrag vom 13. Oktober 1898 zwischen der Klägerin,
den Bandirektionen der beiden Kantone und der Gemeinde Flurlingen im
Sinne einer Erweiterung des Nutzungsrechtes der Offentlichkeit an dem
Stege ergänzt.

Wegen der durch das bundesgerichtliche Urteil vom 9. November
189? bezw. den zürcherisch-schaffhauserischen Staatsvertrag vorn
Jahre 1900 geschaffenen neuen Situation trat die Klägerin mit den
Regierungen von Zürich und Schaffhausen in Unterhandlungen, unt an
Stelle ihrer bisherigen Wasserrechtskonzessionen von jedem der beiden
Kantone für den seiner Hoheit unterstehenden Teil der Wasserwerkund
Kraftüberleitungsanlagen entsprechende Teilkonzessionen zu erlangen. Der
Regierungsrat des Kantons Zürich erteilte ihr durch Beschluss vom 7· Mai
1902 eine solche Konzession, die bezüglich des Werkes selbst ohne Angabe
einer zeitlichen Beschränkung ihrer Erteilung, dahin lautet, es sei der
Klägerin gestattet, die gemäss Vertrag mit den Konzessionsinäussern
der Wasserwerksantage der Stadt Schaffhausen und gemai; Verbilligung
des Kantons Schaffhausen dem Rhein entnommenen 4500 Liter Wasser pro
Sekunde auf dem Gebiete des Kantons Zürich weiterzuleiten und dieselben
in Vermehrung des vorn Kanton Schaffhausen konzedierten Gefälls auf ein
Gefäll weiter zu benutzen, das dem Gesäll des Wasserspiegels kkztdes
Rheines von der Kantonsgrenze abwärts bis zum Ende desbestehenden
Auslaufkanals in den Rhein oberhalb Flurlingen entspricht unter
Festsetzung des jährlichen Wasserzinses auf 144 Fr. und mit der Weisung
an die Klägerin, die KonzessionIX. Civilstreifigkeiten zwischen Kantonen
und Privaten, etc. N° îOQ. 885

samt der Wasserrechtsbestimmung ins Notariatsprotokoll Feuerthalen
eintragen und die früher erteilten, dadurch aufgehobenen Konzessionen
löschen zu lassen. Die Klägerin nahm diese Konzession anunter dem
Vorbehalte, dass ihr eine konforme, zeitlich unbeschränkte Konzession
auch vom Kanton Schaffhausen, für den Hauptteil des Wasserwerkes,
gewährt merde. Der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen seinerseits
anerbot der Klägerin zwar ebenfalls die Erteilung einer Konzession
(laut gedrucktem Entwurf, datieri vom 2. April 1902), des Inhalts,
dass ihr das Recht verlieheu, bezw. von neuem bestätigt merde, gut
Erzeugung ,.,1notorischer Kraft und Verwendung derselben in ihrer Fabrik
am Hufen und am rechten Rheinufer das Wasser des Rheins im Anschlusse
an den Zulauskanal des neuen (untern) Tini-irrenl)auses des städtischen
Wasserwerkes Schaffhausen mit dem Gefälle zu benutzen, das zwischen dem
Wasserspiegel unmittelbar unterhaib der Einlauffalle der Tonwarenfabrik
und dem Wasser piegel des Rheins an der untern Hoheitsgrenze des Kantons
Schaffhauseu besteht unter Verweisung bezüglich der

Wasserwerksanlage auf den Vertrag der Klägerin mit dem Wasser-

werk der Stadt Schaffhausen und auf die bestehenden Einrichtungen
und Vorkehrungen, mit Festsetzung des Wasserzinses für 193
Pferdekräfte à 4 Fr. auf 772 Fr., und unter Erneuerung der bisherigen
Kraftüberleitungsbewilligungen. Doch sollte die Konzession beschränkt
sein an eine Dauer, welche zeitlich zusammenfällt mit derjenigen
(sc. Konzession), welche an die Wasserwerksgesellschaft Schaffhausen
unterm 12. Januar bezw. 13. März 1889 für einen Zeitraum von 40 Jahren
erteilt wnrde, und sie sollte erlöschen, sofern die Konzessionäre ihr
Domizil im Kanton aufgeben oder ihre konzessionsgemässen Verpflichtungen
nicht erfüllen würden; dagegen sollte eine der Stadt Schaffhausen
als Besitzerin des Wasserwerkes mit dem untern Turbinenhaus alliällig
zugestandene Verlängerung der Konzession auch für die Klägerin Geltung
haben (Ziffer XII des Konzessionsentwurfes). Mit Zuschrift an den
Regierungsrat vom 1. Aprik 1902 beanstandete die Klägerin an diesem, ihr
vor dem Tage seiner Datierung zur Kenntnis gebrachten Entwurfe, ausser
einem Nebenpiinkte, die erwähnte zeitliche Beschränkung der Konzession,

836 Givih'cchispflegc.

unter Hinweis auf ihr bisher bestehendes und vom Ranma Zürich als solches
weiterhin anerkanntes unbeschränkte-s Recht. Allein

der Regierungsrat lehnte durch Beschluss vom 2. April 1902 das .

bezügliche Modifikationsbegehren ab, und erklärte auf eine neue Eingabe
der Klägerin, vom Mai 1902, worin diese ihre Rechtsstellung des nähern
erörterte, durch Schreiben vom 25. Rovember 1902, er verharre auf seinem
frühem Standpunkte; die der Klägerin erteilten zürcherischen Konzefsionen
fallen für die Konzessionserteilung seitens des Kantons Schaffhausen nicht
in Betracht; dieselben seien von einer unzuftändigen Behörde erlassen
und deshalb ungültig; die am 2. April 1902 festgestellte Konzeffion,
welche nunmehr aus jenen Zeitpunkt definitiv erteilt werde, sei eine neue
und könne daher an Hand des schaffhauserischen Gesetzesrechts (Art. 2
und 22 des Gewässergesetzes) nach seinem, des Regierungsrats, Gutfinden
zeitlich beschränkt werden. Da die Klägerin gleichwohl die ihr zugestellte
Konzessionsurkunde nicht unterzeichnete, setzte ihr der Regierungsrat
in einem Schreiben vom 27. Dezember 1902 hiefür Frist bis 15. Januar
1903 mit der Androhung, dass widrigensalls ihr die staatliche Konzession
Liberhaupt entzogen und der Regierungsrat dafür sorgen würde, dass der
Wasserzufluss zu ihrem Gewerke unterbleibe. Hieran erklärte sich die
Klägerim mit Zuschrift an den Regierungsrat vom 14. Februar 19·)3, bereit,
die Befristung der Konzession anzunehmen, wenn dieselbe, entsprechend
einer inzwischen der Stadt Schasfhausen für ihr Wasserwerk gewährten
Konzessionsverlängerang, bis 1960 erstreckt merde. Der Regierungsrat
aber beschloss am 18. Mai 1903, nachdem er zuvor eine Vernehmlassung der
Stadt Schafshausen über die streitige Angelegenheit eingeholt hatte, der
Konzessionsentwurf vom 2. April 1903 werde annulliert, und es werde die
Baudirektion mit der Aufstellung eines neuen Entwurf-es betraut, sofern
die Klägerin an ihrem Konzessionsbegehren festhalte; in der Zwischenzeit,
bis diese Wasserwerksverhältnisse durch eine Konzession geregelt seien,
werde der Klägerin aus Zusehen Bin die Benutzung der jetzt bestehenden
Anlage gegen Entrichtung des in der annullierten Konzessidn sirierteu
Wasserzinses gestattet.

B. Im März 1904 hat nun die Klägerin, nachdem ihr
in-IX. Civilstreiligkeiien zwischen Milione}! und Privaien, etc. N°
109. &}?

zwischen, trotz Erneuerung des Konzessionsgesuchs, ein neuer
Konzessionsentwurf seitens des Regierungsrates von Schafshausen nicht
zugekommen war, gegen den Kanion Schasfhausen beim Bundesgericht die
vorliegende Klage erhoben mit den Rechtsbegehren:

I. Der Beklagte sei zu verpflichten, durch seine kompetenten Organe der
Klägerin eine Konzession für ihr am linken Ufer bestehendes Wasserwerk am
Rhein aus der ganzen von demselben ausgenutzten Gefällsstrecke bis hinab
zum sog· Urwers und für das der Klägerin vertraglich und tatsächlich
zufliessende Wasserquantum von 4500 Sekundenliter aus unbeschränkte
Zeitdauer zu erteilen.

II. Eventuell sei die Klägerin im Besitze ihres im Rechtsbegehren I
umschriebenen Wasserwerkes am Rhein zu schützen und habe der Beklagte
diesen Besitz für so lange zu respektiren, als dieKlägerin keine
Änderungen am Wasserwerke vornehme, welchenach der Gesetzgebung des
Beklagten einer staatlichen Bewilligung bedürfen und so lange sie dem
Beklagten den Wasserzins bezahle, wie er nach dessen Gesetzgebung allen
Wasserwerken an öffentlichen isiewässern auferlegt sei.

Die Klageschrift bemerkt zunächst in prozessualer Hinsicht, es handle
sich um eine civilrechtliche Streitigkeit: Die Klägerin mache ein zeitlich
unbeschränkte-Z Wasser-recht ans einer nach dem Urteil des Bundesgerichts
vom 9. November 1897 in der Hauptsache der Staatshoheit des Beklagten
unterstehenden Strecke des Rheines, somit ein Privatrecht im Sinne der
§§ GOT 616 PGB des Kantons Schasfhausen geltend. Sie verlange, dass
der Beklagte zu dessen Respektierung verhalten werde, und zwar dies
in erster Linie in der Form, dass er der Klägerin eine Konzession als
Ersatz für die von ihr ansgewirkten zürcherischen Konzessionen, ohne
Verschlechterung ihrer hergebrachten Rechtsstellung, zu verleihen,
und in zweiter Linie dadurch, dass er die Klägerin in ungestörten
Besitze und Betriebe ihres Wasserwerkes, nicht bloss auf Zusehen hin,
zu belassen habe, während der Beklagte die Existenz jenes Wasserrechts
bestreite und sich für frei erachte, die Klägerin in der Benutzung ihres
Wasserwerkes zu belassen oder ihr dasselbe zu entziehen Der Streitwert
übersteige den Betrag von 3000 Fr.;

838 Givilrechtspflege.

denn es stehe nach der von den Organen des Beklagten selbst vorgenommenen
Messung eine Wasserkrast von zirka 193 PS in Frage-, deren Wert allein,
abgesehen von den Kapitalien, welche

die Klägerin in ihren mit dem Wasserwerk zusammenhängenden ·

Fabriken eingesetzt habe, ans zirka 4(),000 Fr. anzuschlagen sei.
Somit sei die Klägerin nach Massgabe des am. 48 Ziffer 4 OG zur direkten
Anrufung des Bundesgerichts gegenüber dem Beklagten berechtigt. Dabei
verkünde sie sowohl dem Kanton Zurich, ans dessen Konzessionen sie vorab
ihr Recht ableite, als auch der Stadt Schaffhausen den Streit.

Sodann werden die vorstehenden Rechtsbegehren materiell mit wesentlich
folgenden Ausführungen begründet: In der Zeitperiode, in welcher der
Klägerin bezw. ihren Rechtsvorgängern die in Fakt. A oben ausgeführten
zürcherischen Konzessionen verliehen und die bezüglichen Anlagen erstellt
worden seien, hätten die Behörden des Beklagten nicht daran gedacht,
dass diesem letzteren das ausschliessliche Hoheitsrecht über den ganzen
Rhein oberhalb des sog. Urwerss zustehe und seien umgekehrt die Behörden
des Kantons Zürich der Meinung gewesen, dass auch auf dieser Strecke,
wie weiter unten, die Mitte des Rheins die Staatsgrenze bilde. Dies sei
als durch den bundesgerichtlichen Entscheid vom 9. November 1897 (Erw. 5
litt. c) festgestellt zu betrachten und ergebe sich übrigens auch aus den
vorliegend produzierten Akten. Bei dieser Sachlage aber seien die Privaten
berechtigt gewesen, sich zur Erwerbung von Wasserrechten an diejenigen
Kantonsbehist-den zu wenden, welche nach der übereinstimmenden Auffassung
der beiden Kantone als zur Verleihung von solchen zuständig angesehen
worden seien, und es könne die nachträgliche Feststellung des Irrtums
jener Auffassung durch das zitierte Urteil nicht die Richtigkeit der von
Zürich erteilten Konzessionen zur Folge haben. Vielmehr sei anzunehmen,
dass die Behörden des Beklagten das fragliche Recht in der Zeit vor
Anhebung des Hoheitsprozesses (3. April 1894) den Behörden des Kantons
Zürich zur Ausübung delegiert hätten, so dass der vom schaffhauserischen
Regierungs-rate nachträglich gegenüber der Klägerin eingenommene
Standpunkt als dolos bezeichnet werden müsse. Der Regierungsrat von
Schaffhausen habe sich aber nicht nurIX. Civilstreiligkeiten zwischen
Kantonen und Privaten, etc-. N° 109. 839

stillschweigend, durch konkludentes Verhalten, mit der
Wasserreehtsverleihung an die Klagerin bezw. ihre Rechtsvorgänger seitens
des Kantons Zürich einverstanden erklärt, sondern er habe auch positiv
seine Zustimmung dazu ausgesprochen, also auch seinerseits die Bewilligung
zur Erstellnng und zum Betriebe des klägerischen Wasserwerkes erteilt. So
habe er insbesondere mitgewirkt bei der Erteilung der ersten zürcherischen
Konzession vom 5. Juli 1831 an Z. Ziegler-Steiner. Dieser sei nämlich nach
Eingang seines Konzessionsgesuchs vom Regierungsrat des Fantonsusurich
(Sektion für administrative Streitigkeiten) daraus aufmerksam gemacht
worden, dass vor Prüfung des Gesuchs von Schaffhansen die Bewilligung
zur Anlage des projektierten Aufsangwuhres bund zur Einrammung eines
Pfahls im Rheinbett für die projektierte Fähre erteilt werden müsse,
dies auf Grund des Staatsvertrages zwischen den Kantonen Zürich und
Schaffhausen vom 20. Mai 1824, durch den die beidseitigen Uferlinien
des Rheins als Grenzstroms unter teilweiser Korrektiou desselben fixiert
worden waren, mit der Vereinbarung, dass diese Uferlinien ohne beidseitkge
Zustimmung nicht verändert werden dürften. Hieran habe Hieglew Steiner
diese Bewilligung nachgesucht und durch Beschlusse des Regierungsrats
von Schasshausen, vom 30. Mai 1881 bezüglich der Kanalanlage, und vom
17. Juni bezuglich der Fähre, auch erhalten. Erst nach Einsendung dieser
Akte an den Regierungsrat des Kantons Zürich habe er dessen Konzesston
erlangt. Ferner sei der Regierungsrat von Schasshausen auch bei Anlass
der vom Kanten Zürich im Jahre 1833 konzessionterten Erweiterung des
Zieglerschen Wasserwerkes tätig geworden. Er habe, laut Eintrag in
seinem Protokoll, am 21. Dezember 1832 aus Bericht des Mitgliedes Junker
Archivar Peyer uber das Erweiterungsprojekt Ziegler-Steiners beschlossen,
denselben zu veranlassen, einen Plan dieses Projektes vorzulegen und
die regierungsrätliche Bewilligung zu dessen Aussuhrung einzuholenUnd
mit Beschluss vom 31. Januar 1833 habe der Regierungsrat zufolge
eines weiteren Berichts des Junkers Archivar lPeyer über die Prüfung
des inzwischen eingeretchten Planes die Bewilligung zu Fortsetzung der
betreffenden, bereits begonnenen Kanalarbeiten nach Massgabe des Planes
erteilt, mit dem Vor-

840 Civilreehtspflege.

behalt, die dadurch bedingte Modifikation der mit dem Kante-n Zürich
vereinbarten Ufertinien nach Vollendung der Arbeiten im bezüglichen
Marchlibell nachzutragen. Dieser Beschluss habe zweifel-

los dein zürcherischen Regierungs-rate bei Fassung seines Kon-·

zessionsbeschlusses vom 5. März 1833 vorgelegen, wenn er auch darin nicht
ausdrücklich angeführt werde. Mit Bezug auf die Konzession vom 2. Juni
1853 sodann stehe wenigstens fest, dassdie Regierung von Schaffhausen
die projektierte Kanalverlängerung ebenfalls ausgeschrieben, inspiziert
und zur Begutachtung an die Baudirektion gewiesen babe. Was endlich
die Konzession vom 2. Juli 1891 ssetreffe, falle in Betracht, dass die
tatsächlich ausgeführte neue Anlage der Wasserwerksgesellschast mit
dem untern Turbinenhaus nur durch die Abtretung des oberen Teils ihres
Zulaufkanals seitens der Klägerin und durch die Verlegung der Einiauffalle
der Klägerin in den neuen Zulaufkanal der Wasserwerksgesellschaft
möglich gewesen sei; folglich schliesse die Konzession der Schasfhauser
Regierung an die Wasserwerkgesellschaft notwendig auch die Bewilligung zur
Umgestaltung des Wasserwerfes der Klägerin auf Grund ihres Vertrages mit
der Wasser-werfgesellschast in sich. Dazu fomme, dass in den Konzessionen
für Übertragungen von Kraft des klägerischen Werkes auf das rechte
Rheinufer, welche die Schasfhauser Regierung wiederholt Hand in Hand
mit derjenigen von Zürich erteilt habe, implicite die Anerkennung des
Wasserwerkes selbst ausgesprochen sei. Die gleiche Bedeutung habe auch die
Beteiligung der Schasfhanser Regierung an dem Abkommen mit der Klägerin
betreffend Erstellung und Unterhalt des von dieser gewünschten Steges
über den Rhein, speziell die Tatsache, dass sich die Regierung dabei
das klägerische Wasser-recht zur Sicherung der vertragsmässigen Pflicht
der Klägerin zum Unterhalte des Steges dinglich habe verschreiben
lassen. Übrigens habe der heutige Beklagte im Prozesse gegen den
Kanton Zürich über das Hoheitsrecht am Rheine selbst zugestanden,
dass die Erstellung der Anlagen der Klägerin und ihrer Rechtsvorgänger
gewöhnlich auf beiden Seiten genehmigt worden sei. _ Allein auch wenn
die Schasfhauser Behörden sich nicht in dem durch das bundesgerichtliche
Urteil vom 9. November 1897 korrigierten Irrtum über das Hoheits-I);
Giviistreitigkeiien zwischen Kantonen und Privaten, etc. N° 109. 84]

recht am Rhein bewegt hätten, so hätten die Rechtsvorgänger der Klägerin
unter der Herrschaft der schasshauserischen Gesetzgebung gestützt aus
die blosse Tatsache der Erstellnng ihres Werkes ganz die gleichen Rechte
erworben, welche ihnen der Kantou Zürich verliehen habe. Bis zum Jahre
1855, also im Zeitraum der klägerischen Anlagen auf Grund der beiden
zürcherischen Konzessionen von 1831 und 1833, habe das Schaffhauser Recht
überhaupt keine Konzession der Regierung zur Anlegung eines Wasserwerks
an einem öffentlichen Flusse gefordert. Denn nach dem in dieser Hinsicht
massgebenden kantonalen Gesetze über die Ehehaften vom 27. Mai 1808,
welches erst durch das Gesetz über das Gewerbewesen vom 1. Mai 1855
aufgehoben worden sei, hätten allerdings Mühlen und andere Wasserwerke,
so durch Räder getrieben werden unter der Aufsicht der Regierung gestanden
und zur Neuanlage oder Erweiterung einer Bewilligung derselben bedurft,
wobei sie eine Retognitionsgebühr und eine jährliche Gewerbsgebühr
hätten bezahlen müssen. Allein diese letztere sei keine Entschädigung
für die Benutzung des Wassergefälls, sondern, ihrem Namen entsprechend,
eine Gewerbesteuer gewesen, welche auch Gewerbe ohne Wasserkraft, wie
Bleichereien, Ziegelhütten, Tabernenwirtshäuser, Bierbrauereien Zt.,
die alle unter der Bezeichnung Ehehasten zusammengefasst worden seien, in
einer nach Art und Umfang des Gewerbes zu bemessenden Höhe zu entrichten
gehabt hätten. Danach aber seien die Rechtsvorgänger der Klägerin von
dieser Steuer gar nicht betroffen worden, weil sich ihr Motor mit den
zugehörigen gewerblichen Anlagen eben von jeher, wie noch heute, aus dem
Gebiete-des Kantons Zürich befunden habe und folglich der zürcherischen
Gesetzgebung unterstellt gewesen sei. Wenn also auch die Schafshauser
Behörden das Hoheitsrecht über den ganzen Rhein oberhalb des Urwerss
in jener Zeit bewusst gehandhabt hätten, so wäre dies der damaligen
Begründung des Wasserwerkes der Klägerin, welches später lediglich
umgestaltet worden sei, in keiner WeIse entgegengestanden. Übrigens habe
das schaffhausercsche Gesetz betr. das Gewerbewesen, vom 1. Mai 1855,
den prinzipiellen Standpunkt des Gesetzes von 1808 nicht geändert: es habe
nur aus polizeilichen bezw. aus Gründen der öffentlichen Wohlfahrt die

842 Civilrechtspflegq.

Ausübung gewisser Berufsarten und Gewerbe, als Ausnahme von der
bundesrechtlich garantierten Gewerbefreiheit, an die staat-

liche Bewilligung geknüpft und speziell aus Grund der Wasser-.

polizei für die Betreibung von Wasser-merken die Erwirkung eines
Gewerbescheins und für die Erstellung oder Veränderung derselben die
Einholung einer Baubewilligung vorgeschrieben Aus schon bestehende
Wasserwerke habe das Gesetz nicht zurückgewirkt. Erst das privatrechtliche
Gesetzbuch des Kantons Schasfhausen habe im Sachenrecht (HI. Buch),
welches mit 1.Septetnber 1865 in Kraft getreten sei, in Kopie
des zürcherischen Privatrechts von 1854, unter den §§ 607 611 die
Wasserrechte an einem öffentlichen Flusse als Privatrechte erklärt,
die der Bewilligung der Staatsbehörde bedürfen als Ausfluss des
Hoheitsrechts des Staates über die öffentlichen Gewässerz doch sei
für die schon bestehenden Wasserwerke die nachträgliche Einholung der
gesetzlichen Bewilligung nicht vorgeschrieben worden. Noch später erst,
durch das Gesetz über die Gewässer, vom 17. Januar 1879 (Art. 23),
habe der Beklagte für jede beanspruchte und konzedierte Wasserkraft an
öffentlichen Gewässern oder aus solchen gespiesenen Kanälen, zu Gunsten
des zur Korrektion und Unter-halt des Gewässers Verpflichteten also
beim Rheine des Staates selbst einen jährlichen Zins von 3 4 Fr. per
Pserdekraft beansprucht und als zinsfrei nur diejenigen Wasser-werte
erklärt, siir welche ein früher bestehender Wasserzins nachweislich
los-gekauft worden sei. Dieser Wasserzinspflicht nun unterwerse sich
die Klägerin ohne weiter-es; wie sie auch dem Kanten Zürich während
der Zeit seiner Ausübung des Hoheitsrechts am linken Rheinufer stets
die geforderten Wasserzinse bezahlt habe. Seit Beginn des Prozesses
um das Hoheitsrecht am Rhein habe sie den von Zürich für das gesamte
Werk festgesetzten Zins gerichtlich deponiert, und es haben sich die
Regierungen Zürichs und Schafshausens nachträglich über die Teilung
dieser Deposiia in der Weise verständigt, dass die Wasserzinse bis und
mit dem Jahre 1901 dein Kanton Zürich vollständig überlassen worden seien.
Damit habe der Beklagte zu Gunsten des Kantons Zürich auf den Wasserzins
für die ganze frühere Periode verzichtet, während welcher er nach seiner
wirklichen Rechtsstellung zur ErhebungIX. Civilstreitigkeiten zwischen
Kantonen und Privaten, etc. N° 189. 843

desselben berechtigt gewesen ware. Aus dem Angebrachten ergebe sich, dass
der Klägerin ein zeitlich unbeschränktes Wasserrecht nach Massgabe ihrer
zürcherischen Konzessionen zustehe, das der Beklagte in der einen oder
andern Weise im Sinne der Klagebegehren anzuerkennen habe. Der Beklagte
sei zu einer zeitlichen Beschränkung jenes Rechts oder gar dazu, die
Klägerin nur auf Zusehen hin im Besitze desselben zu belassen, schon
deshalb nicht berechtigt, weil die Begründung des Rechts vorbehaltlos
und zu einer Zeit erfolgt sei, in welcher die Gesetzgebung sowohl
Zlirichs, als auch Schafshausens nur bezw. jedenfalls als die Dèegel,
die zeitlich unbeschränkte Verleihung von Wasserrechten an öffentlichen
Gewässern gekannt habe. In Schafshausen seien tatsächlich erst im Jahre
1889 drei (einzeln bezeichnete) Konzessionen mit zeitlicher Beschränkung
erteilt worden, welche jedoch lediglich Ausnahmen von der gesetzlichen
Regel bildeten und nur damit allenfalls notdürftig motiviert werden
könnten, dass der Begriff einer staatlichen Wasserwerksbewilligung
es von selbst mit sich bringe, dass dieselbe auch an gesetzlich nicht
ausdrücklich vorgesehene Bedingungen geknüpft werden dürfe. Die zeitliche
Unbeschränktheit des klägerischen Wasserrechtes sei denn auch von der
Regierung des Kantons Zürich loyal anerkannt worden, indem deren neue
Konzession an die Klägerin vom 7. Mai 1902 keine zeitliche Beschränkung
vorsehe, obschon allerdings die zur Zeit ihrer Erteilung geltende
zürcherische Gesetzgebung neue Wasserrechte überhaupt nur noch auf 100
Jahre znlasse. Sollte übrigens die Klägerin in der vorliegenden, in ihrer
Art einzig dastehenden Streitsache einen zu ihren Gunsten verwendbaren
Rechtsstandpunkt übersehen haben, so werde das Bundesgericht ersucht,
von Amtes wegen daran abzustellen.

C. Der Beklagte hat ebenfalls unter Verkündung des Streites an die Stadt
Schasfhausen wegen Beteiligung der Stadt an den streitigen Verhältnissen
als Rechtsnachfolgerin der Wasserwerksgesellschaft Schasshausen die
Klage mit den Anträgen beantwortet: Das Bundesgericht wolle sich als
in der Sache nicht zuständig erklären und demgemäss auf die materielle
Behandlung der Klage nicht eintreten; eventuell wolle es die Begehren
der Klägerin abweisenz weiter eventuell den Beklagten nur zu einer

844 Civilrechtspflege.

Konzessionserteilung auf die Dauer von vierzig Jahren, von 1889 an
gerechnet, und nur zur Abgabe von 2000 Schaden{iter verhalten Die
Jnkompetenzeinrede wird mit der Behauptung begründet, es liege keine
civilrechtliche Streitigkeit vor, wie sie Art. 48 , Biff. 4 OG voranssetze;
denn das Hauptbegehren der Klägerin gehe dahin, es sei der Beklagte
zur Erteilung einer bestimmt umschriebenen Wasserrerhtskonzession zu
verhalten; eine solche Konzessionserteilung aber sei, wie wissenschaftlich
feststehe, als Akt der Staatsgewalt und nicht als civilrechtliche
Angelegenheit aufzufassen und könne deshalb nicht auf dem Wege eines
Civilprozesses gegen den Staat erzwungen werden. Im weitern wird
kurzgesasst ausgeführt: Die dem eventuellen, gegen Besitzesstörung
gerichteten Klagebegehren zu Grunde liegende Konstruktion, welche
darauf hinauslaufe, was die Klägerin verlange, besitze sie eigentlich
schon durch die allerdings aus Jrrtukn erteilten, aber von ihr in gutem
Glauben und deshalb rechtsgültig auchgegenüber dem Beklagten erworbenen
zürcherischen Konzessionen, sei durchaus verfehlt. Der im Verhältnis
zwischen dem Kamen Zürich und der Klägerin obwaltende Irrtum könne,
gemäss den civilrechtlichen Grundsätzen über den Irrtum, welche die
Klagerin zufolge ihres Standpunktes gegen sich gelten lassen müsse,
nicht dazu führen, den Beklagten als Dritten der Klägerin für dieFolge
jenes verantwortlich zu machen; er könne vielmehr nur die Wirkung
haben, die auf Grund des Irrtums erteilten Konzefsionen unter den
Beteiligten als ungültig erscheinen zu lassen, nach der Rechtsregel:
nemo plus juris ad aiiam transferre potest quam ipse habet. Allein
auch wenn die Konzessionen, trotz dem Irrtum, als für den Kanton Zürich
rechtsverbindlich angesehen werden sollten, so wurde ihre Wirksamkeit doch
nicht den Wechsel der Staatshoheit auf der davon berührten Rheinstrecke
überdauern und auch den an Stelle des Kantons Zürich tretenden Beklagten
binden; denn nach allgemeiner Rechtstheorie höre das verliehene Recht zu
existieren auf, wenn das Recht des Verleihers hinfällig werde (resolut0
jure concedentis resolvitur jus concessam). Es bestehe kein Rechtsgrund,
um den Beklagten zur Bewilligung der von Zürich erteilten Rechte zu
verhalten. Somit könne die Konzessionsverleihung seitens des Kantons
Zürich nicht zur Be-IX. Civilsls'eitigkeiien zwischen Kantonen und
Privaten, etc.. e' 109. 845

gründung des eingeklagten Rechtes dienen. Gegenüber dem weiteren
Argument der Klägerin aber, wonach die Organe des Beklagten selbst
Konzessionsbewilligungen erteilt hätten, sei zu bemerken, dass der
Beklagte allerdings, entsprechend der Darstellung der Klägerin,
wiederholt von dieser begrüsst worden sei und Erklärungen abgegeben
habe, jedoch nicht, wie die Klägerin annehme, als Konzefsionsverleiher
für das Wafserwerk, sondern lediglich auf Grund seines Staatsvertrags
mit Zürich über die Regulierung der Eltheinuferlinien vom Jahre 1824,
was ohne weiteres aus der Tatsache erhelle, dass nur der Kanton Zürich
Konzessionsnrkunden ausgestellt und Wasserzinse bezogen habe. Die
Ausführungen des Vertreters des heutigen Beklagten im Hoheitsprozesse mit
Zürich seien jedenfalls vorliegend nicht massgebend und könnten von der
Klägerin nicht für sich ausgebeutet werden. Die Ausführungen der Klägerin
endlich, dass sie das ihr von Zürich konzedierte Recht auch unter der
Herrschaft der gleichzeitig geltenden, bei Nichtbeftehen des Irrtums
über die Staatshoheit am Rhein massgebenden Schaffhauser Gesetzgebung
erlangt haben würde, seien, weil lediglich auf eine Fiktion und nicht
auf die realen Verhältnisse basiert, ohne allen praktischen Beding
Allein gesetzt auch, der Beklagte hätte, wie tatsächlich Zurich, der
Klägerin Konzessionen erteilt, so würde dieser nicht selbstverständlich
ein Privatrecht zustehen. Von den bestehenden Schaffhauser Wasserrechten
seien nämlich privatrechtlicher Natur nur die aus alter Zeit datierenden,
welche fast ausschliesslich ursprünglich Lehen gewesen seien und im Laufe
der Zeit dinglichen Charakter angenommen hätten. Jhr Charakteristikum
liege in ihrer Eintragung im Grundbuch als Bestandteil der zugehörigen
Liegenschaft und darin, dass sie, sofern bei ihrer Konstituierung ein
kapitalisierter Betrag bezahlt worden sei, von den Konzessionsgebühren
befreit seien. Weder die eine noch die andere dieser Vor- aussetzungen
aber treffe beim Wasserwerk der Klägerin zu; dasselbe sei vielmehr durch
Konzession begründet und habe stets, in letzter Zeit auch dem Kanton
Schaffhaufen, die Konzessionsgebührren bezahlt. Wenn jedoch, entgegen
der bisherigen Erörterungder Beklagte prinzipiell zur Gewährung einer
Konzession an die Klägerin verpflichtet sein sollte, so könnte es sich
nur um eine

846 Civilrechtspflege.

besrisiete Konzession handeln. Denn die unbefristeten Konzessionen
seien jedenfalls nach der Meinung des Schaffhauser Privatrechts,
das in § 701 die Konstituierung ewiger Reallasten ausdrücklich
verbiete kündbar, und es seien auch tatsächlich in Schaffhausen schon
ursprünglich unbefristete in befristete Konzesfionen umgewandelt worden,
so insbesondere diejenige der Wasserwerkgesellschast Schafshausenz
überhaupt tendiere die schaffhanserische Rechts-entwicklung nach
der Befristnng hin, indem die neueren Konzessionen fast alle nur auf
bestimmte Zeit gewährt worden seien. Die danach zulässige Festsetzung
einer Zeitdauer aber sei ausschliesslich Sache der Konzessionsbehörde,
eventuell dürfte der Richter die Frist für die Klägerin nicht über
das Jahr 1929 hinaus erstrecken, da die einzig zu Gunsten der Stadt
Schaffhausen als Rechtsnachfolger-in der Wasserwerksgesellschast gewährte
längere Frist (bis 1949) ihren Grund in besonderen (näher angegebenen)
Verhältnissen habe. Bezüglich des Wasserquantums sodann werde bestritten,
dass der Klägerin konzessionsgetnäss und tatsächlich 4500 Sekundenliter
zukommen. Diese Zahl sei lediglich in dem Ver-trage zwischen der Klägerin
und der Wasserwerkgesellschaft genannt, welcher weder den Kanten Zürich
noch den Beklagten berühre. Es gebühren der Klägerin in Wirklichkeit
nicht mehr als 2000 Sekundenliter, wofür Beweis durch Zeugen, Expertise
und Augenschein beantragt werde. Übrigens werde der Regierungsrat von
Schasfhausen die Klägerin im Falle der gänzlichen Abweisung ihrer Klage
voraussichtlich nicht völlig auss Trockene setzen, sondern werde ihr
auch nachher vermutlich ungefähr diejenige Konzession gewähren, welche
ihr schon vor dem Prozesse ungetragen worden sei.

Jm Begleitschreiben zur Rechtsnntwort verweist der Vertreter des
Beklagten auf eine beigelegte Rechtsschrist der Stadt Schafshausen und
erklärt dieselbe, mit Ausnahme ihrer Eventualanträge, zum integrierenden
Bestandteil feiner Rechtsvorkehr.

D. lDie Stadt Schaffhausen hat nämlich der an sie ergangenen
Aufforderung zum Prozessbeitritt in der Weise Folge geleistet, dass sie
dem Regierungsrat von Schasshausen zu Handen des Bundesgerichts eine
Prozessschrift hatte einreichen lassen, die der

Vertreter des Beklagten mit dessen Rechtsantwort dem
Bundes.IX. Civilsireiiigkeiten zwischen Kantonen und Privaten, etc. N°
109. 847

gericht übermittelt hat. Darin wird im wesentlichen geltend gemacht:
Jn dem auf Grund des bundesgerichtlichen Urteils vom 9. November
1897 abgeschlossenen Staatsvertrag vom Jahre 1900 hätten sich die
Kantone Zürich und Schaffhansen auch über die Löschung der von Zürich
irrtümlich erteilten Konzessionen verständigt, und der Vertrag sei vom
Grossen Rate des Kantons Schaffhausen erst genehmigt worden, nachdem der
Regierungsrat des Kantons Zürich verbindlich erklärt habe, nach dieser
Genehmigung die Aufhebung der fraglichen Konzessionen zu vollziehen.
Später, mit Zuschrist an den Regierungsrat des Kantons Schasshausen
vom 18. Dezember 1902, habe denn auch der Regierungsrat des Kantons
Zürich mitgeteilt, dass er seine Finanzdirektion eingeladen habe, die
Notariatskanzlei Feuerthalen zu ermächtigen, die Löschung der Konzessionen
mit Rechtswirkung vom 9. November 1897 an vorzunehmen. Es existiere also
für das Wasserwerk der Klägerin gar keine zitrcherische Konzession mehr,
und da sich die Klägerin auch nicht etwa ans Ersitzung berufen könne,
wegen der entgegenstehenden ausdrücklichen Bestimmung des zürcherischen
Gesetzes betreffend die Benützung der Gewässer und das Wasserbauwesen
vom 14. April 1872, so fehle ihr jeder Titel für ein vom Kanton Zurich
hergeleitetes Privatrecht. Ein sotches könne aber noch weniger auf eine
schafshauserische Konzession gestützt werden, weil eine solche nie erteilt
worden sei, sondern von der Klägerin ja erst verlangt merde. Demnach
wende der Beklagte mit Recht ein, dass das Bundesgericht mangels eines
Privatrechts der Klägerin in Sachen nicht zuständig sei. Es handle sich
hier um einen lediglich das öffentliche Recht beschlagenden Anspruch auf
Erteilung einer neuen Konzession, welcher höchstens vom Kanton Zürich
gestützt aus die Behauptung erhoben werden könnte, der Beklagte habe
gemäss dem Staatsvertrage vom Jahre 1980 nach dem Rückng der zürcherischen
Konzessionen eine Konzession nach Schafshauser Recht zu erteilen. Die
Unzulässigkeit der vorliegenden Klage ergehe sich aus den Präjudizien
des Bundesgerichts in Sachen Chur gegen Graubünden vom 10· April 1880:
Bd. VI, S. 285 ff., und Spinnerei Murkart gegen Thurgau vom 23. September
1881: Bd. VII, S. 571 ff., sowie aus einem Entscheid des Bundes-

848 Civilrechtspiiege.

rates vom 19. Februar 1889 (abgedruckt in der Beilage zum Amtsblatt des
Kantous Schasfhausen: 1889, S. 79), worin

derselbe eine Einsprache des Kantons Thurgau gegen eine vorn

schaffhauserischen Regierungsrat an die Wasserwerkgesellschaft erteilte
Konzession abgelehnt habe, mit der Begründung, dass die Kantone in der
Erteilung von Wasserrechtskonzessionen souverän seien unter Vorbehalt der
Bestimmungen des eidgen. Wasserbaupolizeigesetzes vom 22. Juni 187'i". Jn
der Sache selbst sei in tatsächlicher Beziehung hervorzuheben, dass es
sich, da Turbinenhaus und Fabrikgebäude der Klägeriu auch nach der neuen
Grenzregulierung auf zürcherischem Gebiete liegen, um eine Wasser-entnahme
aus dem Schaffhauser Rhein zu Gunsten eines ausserhalb des Kantons
befindlichen Etablisfemeuts handle. In allen neuen schasfhauserischen
Konzessionen aber sei die Abgabe von Kraft über die Kantonsgrenzen
hinaus ganz untersagt oder an eine ausdrückliche Verbilligung des
Regierungsrates geknüpft, und neuestens, durch Beschluss des Grossen
Rates vom 29. November 1901, sei der Regierungsrat angewiesen worden,
Konzessionen überhaupt nur unter der Bedingung zu erteilen, dass die
Wasserkräfte im Kanion zu verwenden seien. Ferner sei zu beachten,
dass die der Klägerin vom Kanton Zürich erteilten Konzessionen sich
gemäss § 10 des zürcherischen Gesetzes betr. die Benutzung der Gewässer
und das Wasserbauwesen vom 14. April 1872 jeweilen nur auf ihr eigenes
Etablissement bezogen hätten, während die Wasserkraft, weiche die Klägerin
tatsächlich noch an andere Etablissemente habe verpachten können, ihr
nicht konzessionsmässig, sondern bloss aus Grund des Vertrages mit der
Wasserwerkgesellschaff vom 18. Februar 1888 zustehe, und daher auch nicht
Anspruch auf eine künftige Konzession habe. Aus dem von der Klägeriu für
sich angerufenen Verhalten der Schaffhauser Behörden endlich gehe nur
hervor, dass dieselben vom Bestehen des klägerisehen Werkes Kenntnis
gehabt und dagegen keinen Einspruch erhoben hätten, weil sie eben die
Kompetenz zur Konzessionserteilung irrtümlich dem Kanton Zurich beigelegt
hätten. Von einer Delegation des in Wirklichkeit dem Kanton Schafshausen
zustehenden Rechts an Zürich aber könne schon deswegen keine Rede

setzt, weil man nur ein Recht, von welchem man wine, dass
e?KX. Civilstrcitigkeiten zwischen Kantonen und Privaten, etc. N° 109. 849

einem zustehe, und jedenfalls nicht ein staatliches Hoheitsrecht, an einen
fremden Staat delegieren könne. Eine Konzessiou bedürse als Privilegium
eines besondern ausdrücklichen Errichtungsaktes; ein solcher aber
sei schaffhauserischerseits nie ausgestellt worden. Die Behauptung der
Klägerin, dass sie bei Nichtbesteheu des Irrtums über die Staatshoheit ihr
Wasserrecht vöm Bektagten erhalten hatte, entbehre. abgesehen von dem rein
problematischen Charakter der bezüglichen Erörterung, jeder Begründung,
da der Regierungsrat von Schaffhausen gewiss nicht einem ausserkantonalen
Etablissement unentgeltlich ein so wertvolles Wasser-recht zugestanden
hätte. Allein selbst wenn der Klägerin seinerzeit Konzessionen ohne
zeitliche Beschränkung erteilt worden waren, so könnten dieselben nach
richtiger Rechtsauffassung (zu vergl. Weiskes Rechtslerikon, Bd. II,
S. 758z Bd. VIH, S. 498 bis 502) doch im Interesse des Staatswohls
beschränkt werden. Ubrigens berühre diese Frage den Beklagten nicht;
für ihn sei, sofern er verpflichtet sein sollte, der Klägerin eine
Konzession zu erteilen, nur die bestehende eigene Gesetzgebung massgebend
Nun könne die Klägerin aus dein Ehehastengesetz von 1808 überhaupt kein
Recht ableiten, weil dieses aus den ausserhalb des Kantons gelegenen
Gewerbebetrieb ihrer Vorfahren gar keine Anwendung gefunden habe. Und
aus Grund des Gewerbegesetzes von 1855, welches in § 28 die Erteilung
von Realberechtigungen verbiete und die vorgesehenen Bewilligungen
ausdrücklich als persönliche Rechte bezeichne, habe sie jedenfalls kein
ewiges, dingliches Recht erwerben können. Das Privatrecht des Kantons
Schaffhausen und das Gesetz über die Gewässer, vom 17. Januar 1879,
aber, die sich allerdings über die Befristung der Wasserrechie nicht
aussprechen, seien in dieser Richtung durch eine konstante Praxis der
Verwaltungsbehörde ergänzt worden. Tatsächlich werde gegenwärtig, laut
dem amtlichen Verzeichnis der Wasserzinse des Kanions Schaffhausen, kaum
der dreizehnte Teil der im Kanten ausgebeuteten Wasserkräfte auf Grund
nicht befristeter Wasser-rechte gewennen, und diese Rechte beruhen nicht
aus Konzessionern sondern seien alt hergebrachte Privatrechte. Alle
bestehenden Konzesfivnen, worunter zwei ursprünglich unbefristete
(diejenige der Wasserwerksgesellsehaft von 1838 und diejenige der
Maschinensabrik

XXX], '2. 1905 56

850 Civilrechtspflege.

J. Rauschenbach), seien vom Regierungsrat nur aus beschränkte Zeitdauer,
und zwar von 40 Jahren, erteilt worden, soweit nicht

besondere Gründe für eine längere Frist vorgelegen hätten, wie-

beim städtischen Wasserwerk, mit Rücksicht auf dessen Verpflichtung zum
Betriebe der elektrischen Strassenbahn Schafshausen-Schleitheitn bis
zum Jahre1949. Demnach sei die von der Klägerin verlangte Konzession
aus unbeschränkte Zeitdauer rechtlich unzulässig. Es könnte der Klägerin
höchstens eine Konzession auf 40 Jahre erteilt werden deren Beginn für
diesen Fall beantragt werde, festzusetzen auf den 18. Februar 1888
(Datum des Vertrags der Kläger mit der Wasserwerksgesellschaft),
event. auf den 13. März 1889 (Datum der Konzessionserteilung an die
Wasserwetsksgesellschaft), weiter event; endlich auf den 9. November 1897
(Datum des bundesgerichtlichen Urteils im Staatshoheitsprozesse). Auch
das für die Konzefsion beanspruchte Wasserquantnm von 4500 Sekundenliter
sei nicht begründet; denn dieses bernhe nur auf dem Vertrage der Klägerin
mit der Wasserwerksgesellschaft; gegenüber dem Staate aber könne die
Klägerin kein grösseres Quantum fordern, als sie für ihr gegenwärtig
bestehendes Embtissetnent nötig habe; dasselbe sei durch gütliche
Vereinbarung oder gerichtliches Urteil festzustellen, unter Vorbehalt der
vertragsgemässen Rechte der Klägerin gegenüber der Stadt Schafshausen
als Rechtsnachfolgerin der Wasserwerksgesellschaft. Das eventuelle
Besitzesschutzbegehren der Klägerin sei ebenfalls unbegründet, da die
Klägerin bis jetzt in ihrem Besitze nicht gestört worden, ihrvielmehr
durch die angerufene Zuschrift des Regierung-states der bestehende
Zustand aus Zusehen hin bis zur definitiven Regelung der Verhältnisse
garantiert sei.

E. In der Replik bemerkt die Klägerin gegenüber der Inkompetenzeinrede des
Beklagten wiederholt, den Kern des Streites bilde ihr Anspruch auf das
im Klagebegehren umschriebene Wasserrecht, das als solches zweifellos
ein wirkliches Privatrecht dar' stelle; sie verlange Anerkennung
desselben seitens des Beklagten in erster Linie durch die Ansstellung
einer dem bestehenden Rechtszustande entsprechenden Konzession; doch
könne es ihr eventuell auch vollständig genügen, wenn sie durch das
bundesgerichtliche Urteil im Besitze und in der Ausübung ihres Rechtes
auf unbe-IX. Civilstreiiigkeiten zwischen Kantonen und Privaten, etc. N°
109. 851

schränkte Zeit so geschützt werde, wie dessen Anerkennung durch einen
Konzessionsakt es mit sich brächte. Übrigens möge das Bundesgericht den
Streit, sofern es denselben nicht als civilrechtlichen ansehen sollte,
in seiner Stellung als Staatsgerichtshof aus Grund des Art. 175 Biff. 3
OG entscheiden. Sodann wird zur Sache wesentlich noch betont, auf
den Rechtsirrtum der Kantone Zürich und Schasfhausen über die Hoheit
am Rheine seien nicht die privatrechtlichen Grundsätze, hinsichtlich
des Irrtums bei Vertragsabschliissen, anwendbar; denn es handle sich
vorliegend nicht um ein durch Vertrag erworbenes Recht und auch nicht
um die Aufhebung desselben wegen jenes Jrrtums, sondern gegenteils um
dessen Fortbestand trotz dem bestehenden Irrtum. Ferner habe nicht,
wie der Beklagte behaupte, ein Wechsel der Staatshoheit stattgefunden;
vielmehr stehe lediglich eine durch das Urteil des Bundesgerichts
vom Jahre 1897 festgestellte Verkennung des seit 1555 eristenten
Rechtszustandes in Frage. Nach den Grundsätzen des Völker-rechtes aber
dürfte, selbst bei Änderung der Staatshoheit, der das fragliche Gebiet
erwerbende Staat Privatrechte überhaupt, welche auf dem Gebiete unter
seinem Vorgänger erworben, und speziell auch solche, die durch einen
Akt der Staatshoheit begründet worden seien, nicht als untergegangen
oder durch ein Dekret der neuen Landesregterung vernichtet erklären,
sondern die neue Staatsgewalt hätte die unter der frühern konstituierten,
also wohl erworbenen Privatrechte zu respektieren Dies müsse aber noch
viel eher bei der vorliegenden Situation gelten. Es werde deshalb auch
auf diese öffentlich-rechtliche Erwägung abgestellt, daneben aber an der
civilrechtlichen Argumentation der Klageschrift festgehalten Durch das
geschilderte Verhalten seiner Behörden habe der Beklagte die Begründung
des kkägerischen Wasserrechts anerkannt ; insbesondere komme den positiven
Zustimntungserklärungen der Schafshauser Regierung diese Bedeutung zu,
mögen dieselben nun im Hinblick auf den Staatsvertrag vom Jahre 1824,
oder aus andern Erwägungen erfolgt sein; denn jedenfalls liege darin die
nach s 607 des Schafshauser Privatrechtes erforderliche Bewilligung der
Staatsbehörde für die Erstellung des Wasserwerkes, und es wäre dolos,
diese Bewilligung nachträglich wegen unrichtiger Wtirdigung des sie
veranlassenden Gesuchs entkräften zu wollen.

852 üivilrechtspflege.

Übrigens habe der Beklagte selbst die fraglichen Zustimmungsafte im
Hoheitsprozesse gegen Zürich als Mitwirkung des Kantons zur Errichtung
eines Wasserwerkes an dem der gemeinsamen Hoheit der beiden Grenzkantone
unterstehenden Flusse bezeichnen Auch die Ableitung des streitigen Rechts
an Hand der Schafshauser Gesetzgebung habe der Beklagte nicht widerlegt:
Da jene Gesetzgebung in den Jahren 1831 und 1833 das Institut der
Wasserrechtskonzessionen nicht gekannt habe, so habe der Rechtsvorgänger
der Klägerin seitens des Beklagten keine solchen, son- dern eben nur
der ihm tatsächlich erteilten Bewilligungen bedurft. Die zeitliche
Unbeschränktheit dieses alterworbenen Wasser-rechts aber stehe ausser
Zweifel, weil eine gegenteilige Gesetzesbestimmung nicht existiere und
die neuere regierungsrätliche Praxis der zeitlichen Beschränkung der
Konzessionen ohne Zustimmung des beteiligten Werkes nicht rückwirkend
angewendet werden dürfe, wie denn auch die ursprünglich unbefristete
Konzession für das obere Wasserwerk der Wasserwerkgesellschaft
Schafshausen nur unter Mitwirkung seines damaligen Inhabers, der Stadt
Schaffhausen, und gegen das von der Regierung angebotene Äquivalent
der Konzessionsverlängerung für das untere Wasserwerk von 1949 bis
1949, in eine zeitlich (bis 1949) befristete habe umgewandelt werden
können. Auch der Eventualantrag des Beklagten, das der Klägerin
gebührende Wasserquantum sei aus 2000 Sekundenliter herabzusetzen,
entbehre der Begründung; denn die Klägerin komme mit den ihr im
Vertrage mit der Wasserwerkgesellschast von 1888 zugestandenen 4500
Sekundenlitern auf keinen höhern Wasserzufluss, als ihr gemäss den 1831
und 1833 konzessionierten Einrichtungen sich zuzuleiten bewilligt und
bereits im Vertrage mit der Wasserwerksgesellschaft vom 25. September
1863 als konzessioniert zuerkannt worden sei, ein Zustand, auf den
übrigens sowohl ihre eigene zürcherische Konzession Vom 2. Juli 1891,
als auch die gleichzeitig vom Beklagten an die Wasserwerkgesellschast
Schaffhausen erteilte Konzession ausdrücklich Bezug nahmen Gegenüber
der Rechtsschrift der Stadt Schaffhausen endlich sei noch besonders
zu bemerken: Die Löschung der zürcherischen Konzesswnen auf Grund des
Staatsvertrages mit Schaffhausen

könnte die Klägerin des rechtlichen Fundamentes ihrer Klage nicht
.IX. Civîistreitîgkeiien Zwischen Kantonen und Privaten, ele. N° 109. 853

berauben; indessen sei dieselbe tatsächlich noch gar nicht erfolgt, da der
Regierungsrat des Kantons Zürich auf Ansuchen der Kiägerin mit Rücksicht
auf den vorliegenden Prozess die Verschiebung der Löschung bewilligt
habe. Sodann sei die Qualifizierung des klägerischen Wasserwerkes
als eines kantonsfremdem im Hinblick aus dessen Kraftverroendung im
Kanton durchaus unberechtigt, und zu ihrer Kraftliefernng an fremde
Firmen habe die Klägerin jeweilen die Bewilligung erhalten; die von
der Stadt augerusene ztircherische Gesetzesbestimmung stehe solcher
Kraftabgabe keineswegs entgegen, da diese Bestimmung sich auf das
Überschüssige Wasser bei Konzessionierung eines unbestimmten Quantums
beziehe, während es sich hier um die aus einem bestimmt konzedierten
Wasserquantum gewonnene Kraft handle. Ebenso beruhe die Ausführung der
Stadt über die Schafshauser Gesetzgebung auf Verwechslung der Begriffe
des Wasserrechts an einem öffentlichen Gewässer und der Realgerechtigkeit
als der mit eine-r Liegenschast verbundenen Berechtigung zur Ausübung
eines Gewerbes. Die Einleitung der Klage endlich erscheine, da diese
auch den Charakter einer Feststellungsklage habe, nach dem Verhalten der
Schafshauser Regierung ohne weiteres als berechtigt. F. In seiner Duplik
hält der Beklagte an der erhobenen Jnkompetenzeinrede fest, bestreitet
die Zulässigkeit der in der Replik eventuell beantragten Behandlung der
Klage als staats-rechtliche Beschwerde, und bezeichnet die angeblich
darin liegende Herder: ziehung des eventuell gestellten Klagebegehrens
zum Hauptbegehren als unzulässige Klageänderung Auch materiell beharrt
er auf den in der Rechtsantwort eingenommen-en Standpunkten und bekämpft
das neue öffentlich-rechtliche Argument der Klägerin betreffend die
Rechtswirkungen der Änderung der Landeshoheit. Die Stadt Schaffhausen
wendet duplicando ein, wenn der Regierungsrat des Kantons Zürich das
dem Beklagten gegebene Versprechen, die von ihm erteilten Konzesfionen
löschen zu lassen, nicht erfüllt habe, so sei die Sache wegen der
bestehenden Verspslichtung des Kantons Zürich gleichwohl so anzusehen,
wie wenn die Konzessionen gelöscht wären. Im weitern berührt sie bereits
in der Antwortschrist erörterte Punkte und betont insbesondere nochmals,
dass die Erwerbung von Privatrechten an öffentlichen

854 Civilrechtspflege.

Gewässern in Schaffhausen erst seit der Einführung des Sachenrechtes
pom 28. März 1865 möglich gewesen fei, und dass es daher nicht angehe,
der Klägerin ein solches vorn Kauton Zürich

frihrer erteilies Recht zuzuerkennen, das ihr der Beklagte gleich--

zeitig gar nicht hätte verleihen können.

(Gs. Nach Durchführung des Schriftenwechsels der Prozessparteten hat der
Justruktionsrichter durch Verfügung vom 10. Otanuar 1905 angeordnet, dass
das Rechtsbegehren II der Klägexity weiches rioilrechtlicher und mit Bezug
auf das Rechtsbegehren I prasudkzieller Natur sei, indem bei Zufpruch
jenes eine Beurteilung dieses letzteren nicht mehr geboten wäre, vorab
instruiert und die Frage der rechtlichen Natur und der entsprechenden
prozessualen Behandlung des Begehrens I vorläufig ausgesetzt merde.
Gleichzeitig hat er einen gerichtlichen Augenschein zur Orientierung
uber die ftreitigen Anlagen der Klägerin angesetzt .....

NFL In der heutigen Hauptverhandlung hat der Vertreter der Slaget-m unter
Hinweis auf die Verfügung des Jnstruktionsrtchters vom 10. Januar 1905
Gutheissung des Klagebegehrens Iltheantragt Der Vertreter des Beklagteu
und derjenige der Ltttsdenunziatin haben an den Rechts-begehren der
respektiven Prozessschriften festgehalten.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

_ 1. HunBeurteilung des Rechtsbegehrens I der Klage, womit die Klagerin
den Anspruch erhebt, dass der Beklagte ihr eine bestimmt umschriebene
Wasserrechtskonzession zu erteilen habe, und das nicht schon durch die
rein prozessleitende Verfügung des Jnstruktionsrichters vom 10. Januar
1905 seine endgültige Erledigung gesunden hat, ist das Bundesgericht
nicht kompetent. Denn die Erteilung einer Wasserrechtskonzesfion
seitens des Staates gualifiztert sich als Akt der Staatshoheit, ;der als
solcher von offentltch-rechtlichen Normen beherrscht wird, so dass die
Verweigerung der Konzefsionserteilung begrifflich nur die Verletzung einer
offentlichnechtlichen Verpflichtung der zuständigen Konzefsionsbehordtz
nicht aber eines privatrechtlichen Anspruchs des nonzessionsbewerbers
involvieren farm. Folglich kann das streitiqe cnechtsoegehken nicht auf
Grund des Art. 48 Ziff. 4 OG desim Bundesgericht als Civilgerichtsinsianz
unterbreitet werden. Das-IX. Civilstreiligkeiten zwischen Kantonen und
Privaten, etc. N° 109. 855

selbe fällt aber auch nicht in den Rahmen der staatsgerichtlichen
Kompetenz des Bundesgerichtes, auf welche sich die Klägeriu in
der Replik eventuell auch noch berufen hat, da das Bundesgericht
als Staatsgerichtshof Streitigkeiten zwischen Privaten und Kantonen
bezw. kantonalen Behörden nicht direkt, als erste und einzige Instanz,
sondern nur unter Umständen als Rekursinstanz, nach Massgabe der Art. 175
Ziffer 3 und 178 OG, zu beurteilen zuständig ist. Dagegen entspricht
das Rechtsbegehren II der Klage, welches als Eoentualbegehren auch für
den hier gegebenen Fall formeller Unbegründetheit des Rechtsbegehrens
I an dessen Stelle tritt, den Voraussetzungen des angezogenen Art48
Ziffer 4 OG. In der Tat beansprucht die Klägerin mit diesem Begehren die
Anerkennung des in Begehren I umschriebenen Nutzungsrechts an der ihrer
Werkanlage dienenden Wasserkraft des Rheins und die Respektierung dieses
Rechts nach Massgabe der jeweiligen Gesetzgebung des Beklagten. Sie
macht also, unter ausdrücklicher Verweisung auf die einschlägigen
Bestimmungen des schaffhauferischen Privatrechtes, ein privates diugliches
Nutzungsrecht am fliessenden Rheine geltend, das unzweifelhaft den für
die Kompetenz des Bundesgerichtes erforderlichen Minimalstreit: wert
von 3000 Fr. weit übersteigt, und zwar handelt es sichnach richtiger
Interpretation des in seiner Formulierung allerdings lediglich auf
Besitzesschutz gerichteten Klagebegehrens, in erster Linie um die
Feststellung des fraglichen Rechts nach Bestand, Inhalt und Umfang. Zur
Anhebung dieser Feststellungsklage aber ift die Klägerin berechtigt,
da der Regierungsrat der Beklagten ihren Rechtsanspruch laut den mit ihr
geführten Konzessionsunterhandlungen nicht anerkannt hat und sie durch die
Erklärung, ihre faktische Wassernutzung eventuali zu inhibieren, bezw. auf
Zusehen für weiter andauern zu lassen, in der Ausübung des beanspruchten
Rechts zu hindern oder zu beeinträchtigen droht. Übrigens wäre die Klage
auch aus dem Gesichtspunkte des Befitzesschutzes zuzulasfen; denn die
Androhung des Regierungsrates, den bestehenden Zustand nach Gutfinden
aufzuheben, farm, entgegen der Argumentation der Litisdenunziatim sehr
wohl auch als eine bereits erisiente Störung des Rechtsbesitzes der
Klägerin aufgefasst werden. Der Einwand, dass das

856 Civilrechtspfiege. von der Klägerin angesprochene Recht überhaupt
nicht oder nicht

mehr bestehe, vermag natürlich nicht, wie die Litisdenunziatin anzunehmen
scheint, die Jukompetenz des Bundesgerichtes zu be-

gründen, da ja die Untersuchung hierüber gerade den Gegenstand '

des Prozesses bildet, während zu dessen Anhandnahme gestützt aus Art. 48
Ziffer4 OG nach allgemeinem prozessualem Grundsatze eben die Behauptung
jener Rechte genügt,

2. Fragt es sich demnach, ob der in ihrem Rechts-begehren II formulierte
Anspruch der Klägerin, den der Beklagte auch im Prozesse grundsätzlich und
eventuell dem Masse nach bestreitet, materiell begründet sei, so liegt der
Klägerin ob, den Nachweis des behaupteten Rechts zu erbringen, d. h. den
für den Beklagten verbindlichen Erwerb desselben darzutun Nun berust sich
die Klägerin hiefür laut den Ausführungen der Klageschrift in erster
Linie darauf, dass der Beklagte durch stillschweigendes Gewähreulassen
oder sogar durch aktive Mitwirkung seiner Behörden anlässlich der
Konzessionserteilungen seitens des Kantons Züriclt an die Klägerin die aus
diesen Konzessionen resultierende Berechtigung jener anerkannt habe, was
er, im Sinne des Klagebegehrens I, durch Erteilung einer entsprechenden
eigenen Konzession formell zu bestätigen verpflichtet fei. Diese
Argumentation aber geht offenbar fehl. Die fragliche aktive Mitwirkung der
Schaffhauser Behörden hat fich, wie der Beklagte in der Rechtsantwort
gestützt auf die eigene Darstellung des Sachverhaltes seitens der
Klägerin zutreffend geltend macht, beschränkt auf die vom Beklagten
nach Massgabe seines Staatsoertrages mit dem Kamen Zürich vom 25. Mai
1824 betreffend die Rheinuferlinien zu erteilenden flusspolizeilichen
Bewilligungen der durch die jeweilen projektierten Anlagen der Klägerin
bedingten Veränderungen des Users und des Flusslauses Diese Bewilligungen
betrafen also nicht das Wassernutzungsrecht der Klägerin als solches; sie
konnten sich hierauf schlechterdings nicht beziehen, weil zu ihrer Zeit
die Staatshoheit über die linksufrige Rheinhälste unbestrittenermassen
als dem Kanton Zurich zustehend angesehen wurde und der Beklagte deshalb
an dieses Gebiet beschlagenden Hoheitsakten, wie die Bewilligungen der
Wasserkraftnutzung durch die Klagerin, jedenfalls nicht direkt, sondern
höchstens indirekt, als Inhaber der Staatshoheit über die rechtsufrige
Rheinhälfte, bei irgendwelcher Inan-* IX. Civilstreitigkeiten zwischen
Kantonen und Privaten, etc N° TUEL 857

spruchnahme auch dieser letzteren, beteiligt sein konnte, was hier
jedoch nicht zutraf. Aus dem gleichen Grunde kann auch die Unterlassung
von Einsprachen der Schaffhauser Behörden gegen die zürcherischen
Wasserrechtskonzessionen nicht als rechtsverbindliche Anerkennung
bezw. eigene Bewilligung der so begründeten Wasserrechte der Klägerin
seitens des Beklagten aufgefasst werben. Denn da sich die Schaffhauser
Behörden damals der wirklichen, erst durch den späteren Hoheitsprozess
abgeklärten Rechtsstellung des Beilagten gar nicht bewusst waren, so
darf bei der rechtlichen Würdigung ihres Verhaltens nicht von dieser
wirklichen Rechtslage ausgegangen werden und kann schon deshalb,
wie die Litisdenunziatin richtig einwendet, insbesondere von einer
siillschweigenden Delegation des Konzessionsrechtes der Ausübung nach
an die Ziircher Behörden nicht die Rede sein. In zweiter Linie stellt
sich die Klägerin auf den Standpunkt, dass nach der frühern, zur Zeit
der Errichtung ihres Wasserwerkes geltenden Gesetzgebung Schaffhausens
eine Konzession zur Begründung eines privaten Nutzungsrechtes an einem
öffentlichen Gewässer nicht erforderlich gewesen sei, und dass sie
deshalb ihr ftreitiges Wasserrecht bei Nichtbestehen des Irrtums über
die Staatshoheit am Rheine vom Beklagten schon auf Grund der Erstellung
ihre Anlage erlangt hätte. Allein auch in dieser Weise lässt sich der
Rechtserwerb der Klägerin nicht motivieren. Derselbe kann naturgemäss
nur aus den in Wirklichkeit gegebenen tatsächlichen Verhältnissen, nicht
aber aus einer lediglich snpponierten Sachlage abgeleitet werden. Da die
von der Klägerin benutzte Rheinstrecke in der massgebenden Zeitperiode
faktisch, wie unbestritten, der zürcherischen Staatshoheit unterstand,
ist die Frage des Erwerbs von Privatrechten an jener Partie des Flusses
und zu jener Zeit an Hand der zürcherischen zeitgemässen Rechtsordnung
zu Beurteilen. Der Umstand, dass die Ausdehnung der zürcherischen
Staatshoheit auf jenes Flussgebiet später, im Hoheitsprozesse zwischen
Schaffhansen und Zürich, als auf Rechtsirrtum beruhend erkannt und
der Beklagte als rechtmässiger Jnhaber des fraglichen Gebietes erklärt
wurde, kann nicht zur Folge haben, dass die unter der Herrschaft des
zürcherischen Staates und Rechts vollzogenen, rechtlich relevanten
Akte nun nachträglich vom Standpunkte des damals geltenden, auf sie
tatsächlich nicht

angewandten schafshauserischen Rechtes aus zu würdigen find.

858 Civilrechtspflege.

Vielmehr könnte dieser Umstand logischerweise jedenfalls nur dazu führen,
das von der Klägerin auf Grund der zürcherischen Konzessionen erworbene
Recht entweder wegen der nachträglich fest-. gestellten Unzuständigkeit
des Kantons Zürich zur Konzessionserteilung überhaupt als hinfällig,
oderaber, sofern es trotzdem als rechtsgültig bestellt anerkannt werden
müsste, wenigstens bezüglich seines Inhaltes als durch den Wechsel
der Staatshoheit nach Massgabe des in diesem Zeitpunkt geltenden
schaffhauserischen Rechtes modifiziert erscheinen zu lassen.

3. Nach dem gesagten ist vorab zu untersuchen, ob die Klägerin durch
die ihr von Barack) erteilten Konzessionen auf Grund der zürcherischen
Rechtsordnung ein Privatrecht behaupteter Art überhaupt hat erwerben
können. Nun steht das zürcherische Recht, nach den massgebenden
Bestimmungen des in den 1850er Jahrenalso in der Zeit seiner
unbestrittenen Geltung für das von der Klägerin benutzte Flussgebiet,
erlassenen privatrechtlichen Gesetzbuches (gg 485, 486 und 657 daselbst),
auf dem Standpunkte, dass Flüsse, wie der Rhein, als öffentliche,
dem gemeinen Gebrauche zu dienende Sachen zwar dem Privateigentum
entzogen find, dass daran jedoch Sondernutzungsrechte Privater,
sog. Wasserrechte begründet werden können. Und zwar ist die Begründung
derselben, insbesondere in ihrer hauptsächlichsten Erscheinungsform der
Ausbeutung der Wasserkraft durch Errichtung von Wasserwerksanlagen, an
die staatliche Bewilligung geknüpft (§ 659 des PGB), deren Erteilung von
jeher in der Kompetenz des Regierungsrates lag (vergl. in chronologischer
Reihenfolge ihrer Geltung: s 8, Ziff. 6 des Gesetzes über das Gewerbewesen
im Allgemeinen und das Handwerkswesen insbesondere, vom 9. Mai 1832
[Amtt. Gef. samml., Bd. II, S. 22 ff.], worin ein entsprechender-, schon
vom 5. März 1816 datierter Ratsbeschluss bestätigt wird, sodann § 2 des
Gesetzes über Erteilung von Wasserrechten und Bestimmung der Wasserzinse,
vom 21. März 1836 [Amt·l. Ges.-Samml., Bd. IV, S'. 211 ff.], sodann EUR
2 des Gesetzes betr. die Benutzung der Gewässer und das Wasserbauwesen,
vom 14. April 1872 [Anal, Gef.-Samml., Bd. XVI, S. 535 ff.], und endlich
§ 22 des Gesetzes betreffend die Korrektion, den Unterhalt und die
Benutzung der Gewässer [Was erbaUSeietzJvom 15. Dezember 1901 [Amit
Ges.-Samml.,IX. Civilstreitigkeiten zwischen Kantonen und Privaten,
etc. N° 109. 859

Bd. XXVI, S. 325 fs.]). Dass ein aus diese Weise begründetes Wasserrecht
sich als privates dingliches Nutzungsrecht seines Jnhabers darstellt,
kann angesichts der systematischen Stellung und des Wortlautes des § 486
PGB (an den einzelnen Teilen der öffentlichen Sachen können indessen
Privatrechte erstellt und erworben werden, z. B. Wasserrechte),
sowie auch nach der Bestimmung in § 33 des Wasserbaugesetzes von
1901, dass bestehende, zeitlich unbeschränkt und vorbehaltlos
erteilte Wasserrechte nur auf dem Wege der freien Verständigung
oder der Expropriation zurückgenommen werden können, keinem Zweifel
unterliegen. Es braucht dabei nicht untersucht zu werden, ob dem
staatlichen Bewilligungsakt selbst konstitutive Wirkung beizulegen,
oder aber darin lediglich die Ermächtigung, das Nutzungsrecht durch
Erstellung der gestattet-en Anlagen zu erwerben, zu erblicken fei. Denn
bei jeder dieser Annahmen haben die Klägerin bezw. ihre Jtechtsvorfahreu
auf Grund der ihnen vom Regierungsrat des Kantons Zin-ich erteilten
Konzessionen ein dingliches Privatrecht zur Ausbeutung der Wasser-kraft
des Rheins nach Massgabe dieser Konzessionen und der ihnen entsprechend
errichteten Wasseriverksanlagen erworben. Dieses Recht muss ferner,
da ihm eine zeitliche Beschränkung zufolge seiner dinglichen Natur
nicht wesentlich isi und die Konzessionen eine solche nicht statuieren,
als zeitlich unbeschränkt erteilt angesehen werden, was denn auch der
Kanton Zürich bei Gewährung der neuen Teilkonzession an die Klägerin,
vom 7. Mai 1902, in der er die Konzession nicht befrisiete, trotzdem
seine neueste, damals bereits in Kraft stehende Gesetzgebung (§ 32,
Abs. 1, des Wasserbaugesetzes vom 15. Dezember 1901) nur noch befristete
neue Konzessionen zulässt, implicite anerkannt hat Ubrigens ist diese
Entstehung des klägerischen Rechts als solche von den beiden Gegenparteien
ernstlich nicht bestritten; der Streit dreht sich vielmehr wesentlich
nur dat-um, ob auch der Betlagte dieses Recht zu respektieren habe,
bezw. nach dem von

der Litisdenunziatin vorab erhobenen Einwande der erfolgten

Löschung der zürcherischen Konzefsionen, den heute auch der Vertreter des
Beklagten angetönt hat ob das Recht überhaupt gegenwärtig noch bestehe.

4. Jst daher weiter zu prüfen, ob dem nachträglich entdeckten und
festgestellten Irrtum über die Staatshoheit eine der oben

560 Civilrechtspflege.

(Crw. 2 in fine) als an sich möglich bezeichneten rechtlichen Wirkungen
zukomme, so fällt in Betracht: Die Staatshoheit ist

in ihrer Beziehung zu den Individuen, die ihr vom territorialen _

oder nationalen Standpunkt aus unterstehen, ein wesentlich tarsächliches
Verhältnis; wer die Staatsgewalt ausübt, ist staatsrechtlich Herr
über das Gebiet und die ihm angehörenden Personen unbekümmert datum,
ob dieser faktische Zustand auch der völkerrechtlichen Stellung des
betreffenden Territoriums entspreche, ob, m. a. W., die fragliche
Staatsgewalt auch nach aussen, im Verhältnis zu den andern Staaten,
rechtsgültigen Bestand habe. Auch in Fällen der völkerrechtlich nicht
begründeten, der sogenannten Legitimität ermangelnden Existenz einer
Staatsgewalt, selbst wenn derselben seitens aller oder einzelner anderer
Staaten die Anerkennung ausdrücklich verweigert werden sollte -man denke
an eine usurpierte, jedoch in geregelter Ordnung ausgeübte Regierung ,
umso mehr also, wenn jene Staatsgewalt allgemein, aber irrtüinlicherweise,
als rechtmässig angesehen wird, sind daher die internen staatsrechtlichen
Akte einer solchen Staatsgewalt denjenigen einer im Sinne des Völkerrechts
rechtmässig bestehenden Regierung gleichzustellen, d. h. es kommen
den Untertanen die Institutionen des sie tatsächlich beherrschenden
Gemeinxoesens in gleicher Weise zu gute, ob dieses Gemeinwesen dem
Völkerrechte konsorm sei oder damit im Widerspruche siehe. Nach dieser,
in der modernen Doktrin des Staatsrechts herrschenden, aus das Prinzip
der notwendigen Kontinuität des staatlichen Rechtszustandes basierten
Theorie kommt der Tatsache, dass für ein bestimmtes Gebiet eine rechtlich
unzuständiger Weise funktionierende Staatsgewalt durch die rechtmässige
Staatsgewalt ersetzt wird, dieselbe rechtliche Bedeutung zu, wie überhaupt
dem Übergange eines Termtoriums von einer Staatshoheit an eine andere
(vergl. hierüber die grundlegende Abhandlung von Professor Zachariä:
Über die Verpflichtung restanrierter Regierungen aus den Handlungen einer
Zwischenherrschaft, in der Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft,
Jahrgang 1853, S. 79 ff., sowie aus der neueren Literatur: Fiore,
Trattato di diritto internationale pubblico, Bd. I, Nr. 324, S. 216,
Al. 2, und Jellinek, Recht des modernen Staates, Bd. I, S. 310, nebst dem
diese Theorie unter Verweisung auf ihre Literatur vertretenden Entscheide
des französisch-IX civilstreitigkeiien zwischen Kanionen und Privaten,
etc. NO 199. 861

chilenischen Schiedsgericht-Z über die Ansprüche der Staatsgläubiger Perus
auf dessen Guanolager, dont ò. Juli 180i, S. ML,-292). Im vorliegenden
Falle insbesondere ist der Übergang der das Wassernutzuugsrecht der
Klägerin in der Hauptsache umfassenden linken Hälfte des Rheinstromes vom
Kanten Zürich an den Kanton Schaffhausen auf Grund des bundesgerichtlichen
Urteils vom 9. November 1897, welches die bisher auf jenem Gebiete
tatsächlich ausgeübte zürcherische Staatshoheit als rechtlich
unbegründet erklärt und das fragliche Gebiet in deklaratorischem
Sinne der Staatshoheit des Beklagten zuerkannt hat, so anzusehen,
wie wenn der Übergang aus Grund irgend eines konstitutier Mies,
speziell einer vertraglichen Abtretung (wie sie hinsichtlich der im
Grenzregulierungsvertrage der beteiligten Kantone vom Jahre 1900 gegenüber
dem bundesgerichtlichen Entscheide erweiterten Gebietsübertragung
tatsächlich vorliegt), d. h. als Übergang von der rechtmässig bestehenden
Hoheit Zürichs auf diejenige Schafshausens erfolgt wäre. Es gelten
also für diesen Übergang die gewöhnlichen Grundsätze betreffend den
völkerrechtlichen Vorgang der Staatensuccesston, ans welche die Klägerin
in ihrer Replik, neben der oben bereits widerlegten Argumentation der
Klageschrift, ebenfalls abgestellt hat, die übrigens vom Richter auch von
Amtes wegen auf den gegebenen Tatbestand anzuwenden wären. Nach diesen
Grundsätzen aber tritt für das vom Wechsel der Staatshoheit betroffene
Gebiet einfach die Rechtsordnung des die Hoheit übernehmenden Staates
an die Stelle derjenigen seines Vorgängers, und zwar in der Weise, dass
das öffentliche Recht des ersteren sofort siir alle Verhältnisse Regel
macht, während dagegen bestehende Privatrechte, sofern sie nicht etwa
mit dem neuen öffentlichen Rechte unvereinbar sind, in ihrem Bestand
und Inhalt non der neuen Privatrechtsordnung nicht berührt, sondern
nur deren Normen über Veränderung und Untergang der Privat-rechte
unterstellt werden (vergl. Zachariä, a. a. O., speziell S. 95, und aus
neuerer Zeit namentlich Max Haber-, Staatensuccessiom F 3 sZisser 23
ff.], S. 18 ff., Ziffer 93, S. 59/60, und Ziffer 218, S. MB;-AW). Die
dieser Rechtsaufsassung vorliegend von beklagter Seite entgegengehaltenen
Einwendungen vermögen nicht durchzuschlagen. Wenn der Beklagte die Theorie
über den Irrtum beim civilrechtlichen Vertragsabschlusse zur Begründung
der Un-

862 Civilrechlspflege.

gültigkeit der auf irrtümlicher Voraussetzung beruhenden zürcherischen
Konzefsionserteilung an die Klägerin beiziehen will, so geht dies,
abgesehen von der Frage der Zulässigkeit einer solchen Analogie,
schon deswegen fehl, weil nach jener Theorie jedenfalls der Beklagte
als Dritter, wie er sich selbst bezeichnet, zur Geltendmachung des
fraglichen Irrtums im Verhältnis der Klägerin zum Kanton Zürich nicht
legitimiert wäre, da dieser Irrtum keineswegs die absolute Richtigkeit
des davon beherrschten Rechtsaktes zur Folge hätte. Sodann sind auch die
cioilistischen Grundsätze: nemo plus juris ad alium transfert-e potest
quam ipse habet, und resoluto jure concedentîs resolvitur jus concessum,
auf das publizistische Rechtsgeschäft der Konzessionserteilung offenbar
abgesehen wiederum von dem bereits erwähnten Bedenken -schon aus dem
Grunde nicht anwendbar, weil beide die Ableitung des Rechts des Erwerbers
ans dem gleichartigen Rechte des Veränsserers, also. die Übertragung
eines bereits existenten Rechts im Auge haben, während das hier in Frage
stehende Recht der Klägerin infolge des hoheitlichen Konzessionsaktes,
so oder anders, erst entstanden, also nicht Hals solches vom Staate
auf den Privaten übertragen worden ist. Die Konsequenz dieser Argumente
würde dazu führen, dass die Wasserwerksanlage der Klägerin als mit der
Rechtskraft des bundesgerichtiichen Urteils im Hoheitsprozesse in einen
rechtlosen Zustand versetzt uud der Willkür der·Schafshauser Behörden
preisgegeben angesehen werden müsste, eine Situation, welche gewiss mit
den rechtlichen Bedürfnissen der modernen Staatenund Völkergemeinschaft
schlechterdings nicht vereinbar wäre.

EUR"). Die insbesondere von der Litisdenunziatin vertretene Auffassung
aber, dass das der Klägerin durch die zärcherischen Kon- zessionen
verliehene Privatrecht gegenwärtig dahingefallen sei, weil der Kanton
Zürich sich dem Beklagten gegenüber verpflichtet hehe,-Jene Konzessionen
in den öffentlichen Büchern zu löschen, ist durch- aus haltos Denn es
handelt sich bei dieser, übrigens nach der Bescheinigung der Klägerin noch
gar nicht vollzogenen Löschung zweifellos um einen rein formellen Akt,
durch welchen die örtliche Eintragnng des klägerischen Wasserrechts mit
der nun abgekiärteu staatsrechtlichen Situation in Einklang gebracht,
nicht aber dessen materieller Bestand irgendwie berührt und präjudiziert
werdenIX. Civilstreitigkeiten zwischen Kantonen und Privaten, etc. N°
109. 863

soll. Es frägt sich somit nur, ob dieses Recht unter der
schaffhauserischen Rechtsordnung nach Massgabe der vorstehenden Erwägung
fortbestehen kann. Nun ist ein ausdrücklich formulierter Grundsatz des
schaffhauferischen öffentlichen Rechts, welcher der Existenz eines
derartigen Privatrechts entgegenstehen würde, nichtnachgewiesen
Jnsbesondere kann gegen die zeitliche Unbeschränktheit desselben
die inhaltlich publizistische Bestimmung des § 701 BGB, wonach
dem Grundeigentum keine unablbslichen Reallasten auferlegt werden
dürfen, nicht ins Feld geführt werden, weil hier nicht die dingliche
Belastung eines im Privateigentum stehenden Grundstücks, sondern die
Beschränkung des Gemeingebrauchs einer öffentlichen Sache durch ein
privates dingliches Nutzungsrecht in Frage steht. Gegenteils kennt die
Schaffhauser Rechtsordnung nnbestrittenermaszeu zeitlich unbeschränkte
private Nutzungsrechte an den rechtlich überhaupt nach Vorbild der
zürcherischen Gesetzgebung behandelten öffentlichen Gewässern (vergl. gg
605 ff. schaffhauserisches PGB); denn der Beklagte selbst anerkennt
diesen Charakter für die aus alter Zeit datierenden, meist aus Lehen
hervorgegangenen Wasserrechte, welche als Bestandteile der zugehörigen
Liegenschaften im Grundbuche eingetragen seien-Sofern aber solche Rechte
überhaupt existieren, sie mögen auf diesem oder jenem Rechtstitel beruhen,
so kann jedenfalls von Unzulässigkeit des betreffenden Rechtsinstituts
aus Gründen des schaffhauserischen öffentlichen Rechts nicht die Rede
sein· Übrigens sind tatsächlich auch auf Konzessionen gestützte zeitlich
unbeschränkte private Wassernutzungsrechte der Gesetzgebung des beklagten
Kantons nicht fremd; so war insbesondere das der Wasserwerksgesellschaft
Schaffhaufen für ihre ältere (obere) Anlage von Zürich und Schaffhausen
gemeinsam erteilte Recht ursprünglich zeitlich nicht beschränkt,
sondern wurde erst bei der späteren Zusammenlegnng der Konzessionen
für das ältere und das Ende der 1880er Jahre begründete neuere (untere)
Werk befristet, was, wie die Klägerin in der Replik zutreffend bemerkt,
nur unter Mitwirkung, d, h. mit Einwilligung des damaligen Inhabers
der Werke, der heutigen Litisdenunziatin, geschehen konnte. Uberhaupt
steht die Schaffhauser Wasserrechts-Gesetzgebung durchaus auf dem Boden
der entsprechenden zürcherischen Erlasse; das zur Zeit des streitigen
Staatshoheitswechsels geltende und noch gegenwärtig in Kraft

864 civilreotiisptiege

bestehende schasfhauserische Gesetz über die Gewässer, vom 17. Januar
1879, speziell deckt sich in seinen materiellen Bestimmungen völlig mit
dem zur Zeit seines Erlasses im Kanten Zürich in Geltung stehenden Gesetze
vom 14. April 1872 (siehe Erw. 3 oben), und enthält, wie dieses, so wenig
als die beiderseitigen allgemeinen Privatrechts-Kodisikationen, eine die
Dauer der konzedierten Wasserrechte beschränkende Vorschrift, so dass eine
solche Beschränkung jedenfalls nicht zwingenden Rechtes tft. Der Umstand,
dass die neuere Praxis der Schasfhauser Konzessionsbehörde, entsprechend
der im neuesten zürcherischen Wasserbaugesetz vom 15. Dezember 1901! zum
Ausdrucke gelangten modernen Tendenz, die bestimmte Besristung der
Wasser-rechte anstrebt, vermag hieran natürlich nichts zu ändern.

8. Als Resultat der vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass der Beklagte
das der Klägerin auf Grund ihrer zürcherischen Konzessionen zustehende
zeitlich unbeschränkte private Wassernntzungsrecht am Rheine als solches
nach Bestand und Jnhalt anzuerkennen und nach Massgabe feiner eigenen
Gesetzgebung in dein Sinne zu respektieren hat, dass es bezüglich seines
Fortbestandes den allgemein für die Privatrechte geltenden Normen,
und ferner, als Wassernutzungsrerht an öffentlichem Gewäsfer, den
einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften betreffend staatliche
Beaufsichtigung, Wasserins ze. untersteht, was übrigens die Klägerin
offenbar durch den allerdings nicht generell gefassten Vorbehalt ihres
Rechtsbegehrens II auch ausdrücklich anerkennen will. Was nun den Umfang,
den quantitativen Inhalt dieses Wassernutzungsrechtes betrifft, so sind
hiefür, wie schon oben ausgeführt, massgebend die Umschreibungen der
Konzessionen, bezwdie denselben entsprechend errichteten und benutzten
Anlagen Eine zifferinässige Bestimmung des rechtsgemäss zu benutzenden
Wasserquantums aber lässt sich jenen, entgegen der Behauptung der
Klägerin, mit Sicherheit nicht entnehmen. Denn die beiden ursprünglichen
Konzessionen aus den Jahren 1831 und 1833 bezeichnen lediglich die
auszuführenden Anlagen, und die neue

Konzession vom 2. Juli 1891 spricht in ihrem Dispositiv eben-

fails nur von den insolge derq neuen Anlagen der Wasserwerksgesellschaft
vorgenommenen Anderungen" des Wasserwerks der IX. Civilsireitigkeiten
zwischen Kantonen und Privaten, ctc. N° 109. 865

Klägerin und erwähnt das von dieser vorliegend beanspruchte, ihr von
der Wasserwerksgesellschaft Schaffhausen laut Vertrag voin 18. Februar
1888 zugesicherte Wasserquantum von 4500 Sekundenlitern bloss bei
Wiedergabe dieses Vertrages im tatsächlichen Jngresse, so dass von einer
konzessionsinässigen ausdrücklichen Zusicherung dieses Wasserqnantums
nicht gesprochen werden kann. Es dürer jedoch genügen, diesen Punkt
grundsätzlich zu ordnen, wobei es den Parteien überlassen bleibt, sich
über das genaue Mass zu verständigen, oder dasselbe in einem neuen
Verfahren auf Grund einer dabei einzuholenden technischen Expertise
feststellen zu lassen.

7. Da der Rechtsanspruch der Klägerin nach dem gesagten in der Hauptsache
gutgeheissen wird, so ist die Gegenpartei in die Kosten des Prozesses
zu verfallen. Als Gegenpartei ist jedoch dabei im gegebenen Falle nur
der Beklagte, nicht auch die Linsdenunziatin zu betrachten; denn die
gesetzliche Voraussetzung der prozesfualen Nebenintervention (Art. 16
BCPO) trifft für diese letztere offenbar nicht zu: ihre Situation als
Rechtsnachfolgerin der Wasserwerksgesellschaft Schaffhausen, welche
allein ihre Prozessbeteiligung erklären kann, hängt vom streitigen Rechte
der Klägerin jedenfalls direkt in keiner Weise ab, so dass sich ihre
Behandlung bezüglich der Kostenverlegung als wahrer Streitgenosse des
Beklagten im Sinne des Gesetzes, d. h. als materielle Prozesspartei,
nicht rechtfertigt, sie vielmehr als mit der Tragung ihrer eigenen
Parteikosten genügend belastet erscheint.

Demnach hat das Bundesgerieht erkannt: _ 1. Auf das Klagebegehren I
wird nicht eingetreten

2. Das Klagebegehren II wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der beklagte
Kanton Schafshausen pflichtig erklärt wird, das der Klägerin von den
Behörden des Kantons Zürich für ihr am linken Rheinufer bei Flurlingen
bestehendes Wasserwerk verliehene Wassernutzungsrecht als unbefristetes
und in dem aus den zürcherrischen Konzesswnen sich ergebenden Umsange
anzuerkennen

' (8. 11. 4. Kosten.)

xxx}, E. 1903 57
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 31 II 828
Date : 05. Oktober 1905
Published : 31. Dezember 1905
Source : Bundesgericht
Status : 31 II 828
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : 828 Civîlrech tspflege. IX. Civilstreitig'keiten zwischen Kantonen einerseits und.


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OG: 48  175  178
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