666 Civilrechtspflege.

Zeit Vom 11. September 1902 bis 7. Juni 1903 die relativ bedeutende Summe
von 1500 Fr. gesandt haben, womit für einen Mann von der Stellung des
Remtgi Wagner gewiss genügend gesorgt war, so dass ein Eintreten der
Klägerin durchaus nicht im Interesse von Vogt und Freundschaft geboten
war. Ob das Geld in anderer Weise zur Bezahlung von Zechschulden
u, dgl. verwendet wurde, ist offenbar vollständig irrelevant; Vogt
und Freundschaft hatten ihrer Pflicht Genüge getan mit Übersendung
gehöriger angemessener Subsistenzinittel. Des weitern fehlte auf Seite
der Klägerin auch der Wille, die Verwendungen im Interesse der Beklagten
zu machen; wie die Briese der Klägerin zeigen, worin sie mehrfach von
ihrer Nächstenliebe u. s. w. spricht, erfolgten ihre Verwendungen in
liberalem Sinne, ohne die Absicht, dadurch die Beklagten verpflichten
und deren Interessen wahren zu wollen. Sie mag diese Verwendungen auch in
der Hoffnung-, durch das Testament des Remigi Wagner belohnt zu werden,
gemacht haben, in welcher Hoffnung sie dann auch nicht getäuscht wurde;
auch das lässt darauf schliessen, dass sie nicht an einen Ersatz von
Seiten der Beklagten dachte, die Verwendungen nicht in der Willensabsicht,
die Beklagten zu verpflichten, vornahm. Endlich zeigt auch ihr Brief
gleich nach dem Ableben des Remigi Wagner das deutlich. Damit erledigen
sich alle übrigen Einwendungen, auf die einzutreten nicht notwendig ist.

5. Aus der vorstehenden Erwägung folgt aber auch, dass die Anrufung von
Art. 70
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 70 - 1 Ist eine unteilbare Leistung an mehrere Gläubiger zu entrichten, so hat der Schuldner an alle gemeinsam zu leisten, und jeder Gläubiger kann die Leistung an alle gemeinsam fordern.
1    Ist eine unteilbare Leistung an mehrere Gläubiger zu entrichten, so hat der Schuldner an alle gemeinsam zu leisten, und jeder Gläubiger kann die Leistung an alle gemeinsam fordern.
2    Ist eine unteilbare Leistung von mehreren Schuldnern zu entrichten, so ist jeder Schuldner zu der ganzen Leistung verpflichtet.
3    Sofern sich aus den Umständen nicht etwas anderes ergibt, kann alsdann der Schuldner, der den Gläubiger befriedigt hat, von den übrigen Schuldnern verhältnismässigen Ersatz verlangen, und es gehen, soweit ihm ein solcher Anspruch zusteht, die Rechte des befriedigten Gläubigers auf ihn über.
OR ebenfalls zu Unrecht erfolgt: eine Bereicherung der Beklagten
aus dem Vermögen der Klägerin und ohne rechtmässigen Grund liegt nicht
vor; das schon deshalb nicht, weil die Klägerin ihre Aufwendungen
für Remigi Wagner in liberaler Absicht machte und weil die Beklagten
pflichtgemäss die nötigen Subsistenzmittel gesandt haben und zu mehreretn
nicht verpflichtet waren.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichte des
Kantons Unterwalden nid dem Wald vom 28. September 1905 in allen Teilen
bestätigt.IV. Obligationenrecht. N° 84. 667

84. guten vom 1. Dezember 1905 in Sachen Aktiengesellschaft Yhotas,
Bett W.-K-l. u. Ber.-Kl., gegen Aktiengesellschaft site ginntpapten und
Deimsabrikatiom KL, W.-Bekl. u. Ven.-VM.

Kauf. Vollmacht des Handelsangestellten, Speziali za eine-r
Schuldanerkennung. Art. 426 GR.

A. Durch Urteil vom 23. Juni 1905 hat das Handelsgericht des Kantons
Zürich über die Rechtsbegehrem

a) Der Klägerin: Es sei zu erkennen, die Beklagte habe der Klägerin 2766
Fr. 65 (its. nebst Zins zu Ö 0/0 seit 22. September 1904 zu bezahlen.

b) Der Antwort und Widerklage: Die Klage sei abzuweisen; die Klägerin
und Widerbeklagte sei zu verurteilen, an die Elteklagte und Widerklägerin
23,023 Fr. 15 W. nebst D 0/0 Zins seit 22. September 1904 zn bezahlen.

erkannt: · Die Beklagte ist verpflichtet, der Klägertn 2203 Mk. 25 Pf.

zu bezahlen, nebst 5 0/0 Zins vom 22. September 1904 cm. Die Widerklage
wird abgewiesen. .

B. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte und Widerklagerin rechtzeitig
und in richtiger Form die Berufung an das Bundesgericht erklärt,s mit
den Anträgen: .

I. Es sei in Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen
und die Widerklage gutzuheissen.... eventuell: '

II, es sei das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an die
Vorinstanz zurückzuweisen:

1. Zur Abnahme der Beweise dafür: ·

a) dass Thieme weder Prokurist ist noch eine Generaloder Spezialvollmacht
oder einen Auftrag oder Anweisung zur Anerkennung der klägerischen
Forderung erhalten hatte und dass er den Brief d. d. 2. September 1904
auch nicht im Sinne einer Schuldanertennnn ab e en liess; .

b) dass Ian äcgmies sofort, als er von jener Zuschrist Thiemes

668 Civilrechtspflege.

Kenntnis erhielt, diesem Vorwürfe machte, dass er ohne Auftrag und
Anweisung gehandelt habe und auch sofort den Aristophot anwies, keinerlei
Zahlungen an die Klägerin zu machen;

c e) (betreffen die Mängelrüge).

2. (betrifft die Mängel). .

G. In der heutigen Verhandlung hat der Vertreter der Beklagien und
Widerklägerin diese Berufungsanträge erneuert.

Der Vertreter der Klägerin und Widerbeklagten hat auf Bestätigung des
angefochtenen Urteils angetragen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. In tatsächlicher Beziehung ist aus den Akten hervorzuheben:a
Die Klägerin, welche sich u. a. speziell mit der fog. Bari): tage
(Uberfärbung des Rohkartons) von Papier befasst, stand mit der
Beklagten einer Aktiengesellschaft für-photochemische Jndustrie und
Zweiganstalt der Aktiengesellschaft Aristophot in Taucha bei Leipzig in
Geschäftsverbindung. Die Grundlage des gegenwärtigen Prozesses bilden zwei
Käufe von Postkartenfax-tons, deren Saldo die Klägerin einklagt. Das eine
(von den Parteien das erste genannte) Geschäft betrifft einen Abschluss
über 50,000 M., zu 1 Mk. 65 Pf. per Kg. Hievon lieferte die Klägerin mit
Faktor vom 19. Februar 1904 die eine Hälfte (25,000 M.) aus 56 Rollen
verteilt, nachdem Probesendungen, Versuche der Beklagten mit diesen
und eine Garantieerklärung der Klägerin für Haltbarkeit des Papieres
vorangegangen waren. Nach Reklamation vom 16. März 1904 und weitern
Proben sandte die Beklagte unter dem 24. März die intakt gebliebenen
26 Rollen der Klägerin zurück, während sie die bereits präparierten an
die Aristophot spedierte und hier der Klägerin bemerkte, sie werde dem
Leipzigerhaus sehr anemvfehlen, den Karton möglichst so zu verwenden,
dass keine Ausschussware entstehe, müsse sich aber vorbehalten,
eventuelle Rekiamationen an die Klägerin weiterzuleiten. Die Klägerin
erkannte die Beklagte für die retournierteu Rollen; sie Übersandte der
Beklagten sodann :") Rollen aus den zweiten 25,000 M. behufs Vornahme
von Proben, und am 25. April 1904 zwei nachpräparierte Rollen aus
den 21 retournierten Stück. Die Beklagte sandte jedoch nach einigen
Probeversuchen den unverbrauchten Rest dieser beiden

.. I .v.IV. Ohligaiionenrecht. N° 84. 669

Sendungen zurück und wurde auch dafür von der Klägerin erkannt; die
zweiten 25,000 M. hat sie nie bezogen. Das andere (von den Parteien
das zweite genannte) Geschäft beschlägt einen Posten Von 17 Rollen
Postkartenkarton, 7384 M. lang und 64 (Em. breit, zu 1 ME. 50 Pf. per
Kg., die am 18. Dezember 1903 gesandt wurden und deren Fakturabetrag
1747 Mf. 5 Pf. ausmacht. Die Beklagte versah den betreffenden Karton mit
ihrer Bromsilberemulsion und lieferte ihn dann zu weiterer Verwendung
der Aristophot. Diese stellte jedoch den Karton der Beklagten am
20. April 1904 zur Verfügung Die Beklagte gab der Klägerin hievon am
27. gl. Mis. Kenntnis-, wobei sie bemerkte, sie werde sich bemühen,
die Aristophot zur Verwertung des Kartons zu veranlassen, behalte sich
aber vor, auf die Klägerin zurückzugreifen für den Fall, dass eine
friedliche Auseinandersetzung scheitern sollte. Die Klägerin lehnte
(mit Brief vom 29. April) jede Verantwortlichkeit ab. Der Kaufpreis für
das zweite Geschäft wurde von der Beklagten im Laufe der ersten Hälfte
des Jahres 1904 bezahlt; hinsichtlich des ersten Geschäfte-Z bezahlte
die Beklagte 4011 ME., während die Retourwaren

3879 Mf. 97 Ps. ausmachten. Mit Schreiben vom 17. August

1904 ieilie nun die Klägerin der Beklagten mit, sie erlaube sich, den
ihr zukommenden Betrag von 2203 Mk. 5 Pf. per Sieht auf das Stammhaus
der Beklagten, Aristophvt, zu entnehmenund bitte die Beklagte, ihr
Stammhaus hievon zu avisieren. Die Beklagte antwortete am 19. gl. Mes.:
Wir empfingen ihr Wet-tes vom 17. ds. Mrs. und teilen Jhnen in Erledigung
desselben mit, dass wir unser Stammhaus veranlasst haben, Jhnen den
avisierten Betrag in bar resp. direkt einzusenden und ersuchen Sie
daher, die Sichttratte nicht in Kurs zu setzen. Hoch- achtend Phoios
A.-G. i. A. (diese Worte mit Stempel) R. Thieme. Thieme, der mit
diesem Schreiben zum erstenmal in den Akten als Korrespondent auftritt,
war Buchhalter der Beklagtenz die frühern Schreiben waren jeweilen
von Dr. Schmies, dem Prokuristen der Beklagten, nnterzeichnet. Arn
26. August 1904 schrieb sodann Thieme Fort Photos A.-G. der Klägerin:
Bei der gegenwärtigen Revision unserer Bücher haben sich leider einige
Unregelmässigkeiten in den Buchungen unsererseits ergeben

670 Givilrechtspflege.

und bitten wir Sie deshalb, sich der Mühe unterziehen zu wollen und
uns einen vollständigen Auszug von allem Anfang an zu übersenden,
nach Richtigstellung der Bücher werden wir Ihnen dann sofort den Saldo
überweisen- Und am 2. September 1904, wieder mit der Unterschrift Photos
A.-G. i. A.: Wir haben Ihnen am geschrieben, dass Ihnen der Betrag Jhres
Gutbabens direkt ab Taucha zugeht, sobald sich die Differenz ausgeklärt
hat. Wir haben nun die Angelegenheit geprüft und den Richtigbesund
nach Leipzig gemeldet und gleichzeitig zurZahlung angewiesen. Heute
nun nach Verlauf von kaum zwei Tagen bringen Sie wieder die Avisierung
einer Sichttratte Wir ersuchen Sie daher nochmals, die Tratte nicht in
Kurs zu setzen und sich noch 2 3 Tage zu gehalten, bis Ihnen der .Betrag
von Taucha direkt zugeht. Mit Schreiben vom 8. Oktober 1904 reklamierte
die Klägerin bei der Beklagten, dass noch keine Zahlung erfolgt sei,
und ersuchte die Beklagte, zu bestätigen, dass 1. Sie unsere Forderung
für richtig anerkennen, dass also auch unsere Trassierung von 2203
Mf. 5 Ps. auf die Gesellschast Aristophot zu Recht besteht und dass Sie
2. die Gesell-

schast Aristophot beauftragt haben, diesen Betrag (sowie über'

haupt alle Beträge) an uns zu zahlen und dass 3. auf Grund Jhres
Auftrages bezüglich der Zahlung somit Taucha bei Leipgig Erfüllungsort
ist Mit Brief Vom 14. gl. Mts. antwortete Photos A.-G. i. A. R. Thieme:
..., teilen Ihnen mit, dass unsere Notiz bezüglich der Richtigkeit
einer konsormen Bnchung nichts ntehr als eine übliche Formsache ist,
welche aber mit der Fabrikation und der darin bestehenden Differenzen
essektiv nichts zu tun hat. Es geschah dies keinesfalls in dem Sinne,
dass auch damit die schwebenden Reklatnationen, welche sich seit zirka
einem halben Jahre durch die sämtliche mit Jhnen geführte Korrespondenz
ziehen, ihren Abschluss finden sollten. Wir wollen Sie unter anderm nur
auf unsern Brief vom 27. April a. c. verweisen, Da nun unser Stammhaus aus
feinem Standpunkt beharrt, so sind selbstverständlich auch wir gezwungen,
uns schadlos zu halten und von dem ausbedungenen Vorbehalt Gebrauch zu
machen, umso mehr Sie sich verpflichteten und selbst die Garantie für
tadellose Lieserungen übernommenIV. Obligaiionenrecht. N° 84. 671

haben.... Die Klägerin rief der Beklagten mit Brief vom 18. Oktober deren
Schreiben vom 2. September in Erinnerung und bemerkte, sie müsse dieses
Schreiben durchaus nicht als libliche Formsache", sondern als ein in
aller Form gegebenes Zahlungsversprechen ansehen; die von der Beklagten
mit ihrem Schreiben vom M. Oktober übersandte Aufstellung der Schäden
sandte die Klägerin zurück. Da Zahlungnicht erfolgte, klagt nun die
Klägerin den Saldo von 2203 Mk. 5 Pf. nebst Verzugszins seit 22. September
1904 ein, indem sie sich in erster Linie aus die Anerkennung, die sie in
den Schreiben der Beklagteu vom 19. und 26. August und 2. September 1904
erblickt, stützt. Die Beklagte gründet ihren Klagabweisungsschluss darauf,
in den angeführten Schreiben sei nur die Anerkennung der rechnerischen
Richtigkeit der klägerischen Forderung zu erblicken, dagegen nicht
eine Anerkennung der Schuldpslicht; zu einer solchen sei Thieme gar
nicht befugt und nicht bevollmächtigt gewesen. Des weitern hat die
Beklagte bezüglich beider Klause den Wandelungsanspruch erhoben und
damit einen Schadenersatzanspruch geltend gemacht. Die Vorinstanz hat
in ihrem eingangs mitgeteilten Urteil die Klage in erster Linie aus dem
Gesichtspunkte der Schuldanerkennnung geschützt, des weitern aber auch
die Mängelrüge der Beklagten teils als verspätet, teils als sachlich
unbegründet zurückgewiesen.

2. (Anzuweudendes Recht, Kompetenz.)

3. Da die "Klage in erster Linie auf eine Anerkennung der Schuldpflicht
durch die Beklagte gestützt wird und bei Begründetheit dieses Standpunktes
die Prüfung der materiellen Einredeu der Beklagten wie überhaupt der
materiellen Begriiudetheit der klägerischen Forderung überflüssig
wird, ist zunächst dieses Klagfundament zu prüfen. Hiebei ist vorab zu
untersuchen, welche Bedeutung den Schreiben der Beklagten vom 19. und
26. August und 2. September 1904 zukommt: ob sie, wie die Beklagte auch
heute noch geltend macht, lediglich die Anerkennung der rechnerischeu
Richtigkeit der Buchauszüge bilden, oder aber, wie die Klägerin behauptet
und di Vorinstanz angenommen hat, eine Anerkennung der Schuldpslicht. Jn
diesem Punkte ist nun der Vorinstanz beizustimmen. Das Schreiben der
Beklagten vom

672 Givilrech tspflege.

19. August schon enthält keineswegs eine blosse Anerkennung, dass der
Saldo zu Gunsten der Klägerin 2203 Mk. Ö Pf. ausmache, sondern es _
enthält die Antwort auf das Schreiben der Klägerin (vom 17. Augusi),
dass dieser Betrag in einer Tratte aus das Stammhaus in Taucha entnommen
werde, und teilt mit, das Stammhaus sei angewiesen, direkt zu zahlen:
einem solchen Schreiben kann unmöglich eine andere Auslegung als die,
das Stammhaus sei angewiesen zu zahlen und damit werde die Schuld
anerkannt, gegeben werden. Es wäre daher auch unerheblich, wenn
die folgenden von Thieme aufgesetzten und unterzeichneten Schreiben
diese Anerkennung zurückgenommen hätten; allein zum Überfluss ist das
durchaus nicht der Fall, sondern sie enthalten, namentlich dasjenige vom
2. September, eine erneute Anerkennung der Schuld. Erst im Schreiben vom
14. Oktober wird dann ein anderer Standpunkt eingenommen; aber es ist
klar, dass dieser die abgegebene Willenserklärung nicht zu entkräften
vermochte. Ein Irrtum des Briefschreibers Thieine über den Inhalt und
die rechtliche Bedeutung seiner frühem Erklärungen wäre gegenüber der
abgegebenen Willenserkliirung irrelevant als blosser Irrtum im Motiv;
das Beweisanerbieten dafür-, dass Thieme den Brief vom 2. September 1904
nicht im Sinne einer Schuldanerkennung habe abgeben lassen, ist daher
nicht zu hören. Die Entscheidung des Rechtsstreites hängt sonach einzig
davon ab, ob die Beklagte die Anerkennung Thiemes gegen sich gelten
lassen müsse. Festgestellt ist nun erstens, dass Thieme Buchhalter,
also Handlungsgehilse, nicht Handlungsbevollmächtigter zum Betrieb des
ganzen Geschäftes im Sinne des Art. 426
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 426 - 1 Der Kommissionär hat dem Kommittenten die erforderlichen Nachrichten zu geben und insbesondere von der Ausführung des Auftrages sofort Anzeige zu machen.
1    Der Kommissionär hat dem Kommittenten die erforderlichen Nachrichten zu geben und insbesondere von der Ausführung des Auftrages sofort Anzeige zu machen.
2    Er ist zur Versicherung des Kommissionsgutes nur verpflichtet, wenn er vom Kommittenten Auftrag dazu erhalten hat.
OR war. Es fragt sich daher, ob er
entweder im Sinne dieses Artikels zur Regelung der Angelegenheit mit der
Klägerin generell oder speziell beoollmächtigt war oder ob die Beklagte
trotz Fehlens einer Vollmacht die Erklärungen Thiemes nach den Grundsätzen
von Treu und Glauben gegen sich gelten lassen müsse. Hiebei ist davon
auszugehen, dass die Erteilung einer Vollmacht an keine Form gebunden
ist und auch stillschweigend geschehen kann und unter Umständen aus dein
Stillschweigen des Geschäftsherrn zu Rechtshandlungen des Angestellten
auf Erteilung der Vollmacht zu schliessen ist, so insbesondere wenn der
Geschäftsberr es in einer Weise, die auf Vollmacht schliessen lässt,
geschehen lässt, dassIV. Ohligationenrechi. N° 84. , 673

ein Angestellter sich einem Dritten gegenüber als Bevollmächtigter
geriet-L (Siani), Komm. z. HGB, 6. U. 7. nun Bd.], S. EH, Anm. 3; Behrend,
Lehrbuch des Handelsrechts, Bd. I, S. 348 bei Anm. 15.) Im vorliegenden
Falle ists von Bedeutung die Art und Weise, wie Thieme dazu gelangt ist,
die Korrespondenz zu führen. Der Umstand, dass er in den fraglichen Brieer
einen Stempel benützte und im Auftrag- der Beklagten, per die Be. klagte
zeichnete, lässt daraus schliessen, dass ihm die Korrespondenz überhaupt
in gewissem Masse überlassen wurde, oder dass er doch wenigstens mit
der Regelung der Angelegenheiten mit der Klägerin bevollmächtigt war,
sei es zufolge eines Spezialaustrages, sei es zufolge allgemeiner
Vollmacht Freilich geben die Akten keinen genauen Ausschluss über das
Anstellungsverhältnis des Thieme; es sieht insbesondere nicht fest, ob
er (was die Klägerin behauptet hatte) neben dem Prokuristen Dr. Schmies
das einzige Bureaupersonal der Beklagten gebildet habe und sogar zu
Abschlüssen bevollmächtigt sei. Ver-halte es sich aber damit wie immer,
so ist von grösster Wichtigkeit, dass Thieme auch in seinem die frühern
Erklärungen widerrufenden Briese vom 14. Oktober den er nach der nicht
angefochtenen Feststellung der Vorinstanz zweifellos im Einverständnis
mit dem Prokuristen Dr. Schmies geschrieben hat -durchaus nicht daraus
abstellt, er wäre zu einer Schuldanerkennung nicht berechtigt gewesen;
er sucht vielmehr seiner Erklärung lediglich eine andere Deutung zu
geben. Unter diesen Umständen ist daraus zu schliessen und musste
jedenfalls die Klägerin annehmen, dass Thieme Vollmacht zur Regelung
im Sinne der Schuldanerkennung hatte. Die Klage ist daher aus diesem
Gesichtspunkte gutzuheissen, und hieraus folgt ohne weiteres die Abweisuug
der Widerklage; die Beweisaiiträge der Beklagten erledigen sich hiemit
von selbst als unerheblich. Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts des
Kantons Zürich vom 23. Juni 1905 in allen Teilen bestätigt-

Xxx1, 2. KIOZ 45
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 31 II 667
Date : 28. September 1905
Published : 31. Dezember 1905
Source : Bundesgericht
Status : 31 II 667
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : 666 Civilrechtspflege. Zeit Vom 11. September 1902 bis 7. Juni 1903 die relativ


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defendant • letter • correctness • lower instance • recognition of a debt • federal court • holder of a special statutory authority • counterclaim • corporation • day • drawee • interest • number • knowledge • error • commercial court • stamp • hamlet • decision • authorization • document • file • use • expenditure • company • beginning • form and content • modification • drawn • special power of attorney • objection • addiction • enrichment • signature • intention • purchase price • man • money • default interest • good faith • measure • promise to pay • testament • sentencing
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