342 Civilreehtspflege.

8. Nach dem Gesagten ist der eingeklagte Anspruch mit den kantonalen
Jnstanzen als unbegründet abzuweisen

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung des Klägers wird abgewiesen und damit das Urteil des
Obergerichts des Kantons Zug vom 18. Februar 1905 in allen Teilen
bestätigt.

49. Eli-teil vom 26. ZUai 1905 in Sachen Dis-Mem Kl. u. Ber.-Kl., gegen
Hofmann, Bekl. u. Bein-Bekl.

Schadenersatzkiage gegen einen Betreibungsbeamten wegen angeb-l-icfe
ungesetzlicher Dave/Währung einer Betreibemg. Art. 5
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 5 - 1 Der Kanton haftet für den Schaden, den die Beamten und Angestellten, ihre Hilfspersonen, die ausseramtlichen Konkursverwaltungen, die Sachwalter, die Liquidatoren, die Aufsichts- und Gerichtsbehörden sowie die Polizei bei der Erfüllung der Aufgaben, die ihnen dieses Gesetz zuweist, widerrechtlich verursachen.
1    Der Kanton haftet für den Schaden, den die Beamten und Angestellten, ihre Hilfspersonen, die ausseramtlichen Konkursverwaltungen, die Sachwalter, die Liquidatoren, die Aufsichts- und Gerichtsbehörden sowie die Polizei bei der Erfüllung der Aufgaben, die ihnen dieses Gesetz zuweist, widerrechtlich verursachen.
2    Der Geschädigte hat gegenüber dem Fehlbaren keinen Anspruch.
3    Für den Rückgriff des Kantons auf die Personen, die den Schaden verursacht haben, ist das kantonale Recht massgebend.
4    Wo die Schwere der Verletzung es rechtfertigt, besteht zudem Anspruch auf Genugtuung.
SchKG.
Kausalzu-sammenlzang zwischen Schaden und angeblich vu-ngesetzlicher
Zeestellwng eines Zafeèungsbefeieès. Bedeutung der Verletzung der
Bestimneuugen der Internat. Uebereinkunft über Givilprezessrechi vom
14. November 1896/25. Mai 1899, betr. Zetsteliemg eines schweizerischen
Z ahlzmgsbefehles ; Nichtigkeit oder Anfechtbarkeü? Anfeclzlbffl'keéé,
nieset N icktigleeit der mm einem örtlich Lenz-erstrittdigen
Betreibangsàeaméen vorgenommenen Beta'eébungshrmdlung.

A. Durch Urteil vom 28. Januar 1905 hat das Obergericht des Kantons Aargau
den Entscheid des Bezirksgerichts Rheinfelden als erster Instanz, lautend:

Der Kläger ist mit seiner Klage abgewiesen durch Abweisung der Appellation
des Klägers bestätigt.

B. Gegen dieses Urteil hat der Kläger rechtzeitig die Berufung an
das Bundesgericht erklärt, mit dem Antrag, das Bundesgericht wolle in
Abänderung desselben die Klage gutheissen und den Beklagten verfallen,
dein Kläger 9000 Fr. samt Zins zu ö 0/0 seit 17. November 1903 zu
bezahlen.

C. In der heutigen Verhandlung hat der Vertreter des Klä-

.

gers den Berufungsantrag wiederholt; der Vertreter des Beklagten ·

hat aus Abweisung der Berufung angetragen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Im Januar 1901 kaufte der Kläger, Färbereibesitzer Stienen in Säckingen
(Grossherzogtum Baden), von einem damaks

Vli. Schuldbetreibung und Konkurs. N° 49. 343

in Zürich wohnhasten Pferdehändler Willi) zwei Pferde um den Preis von
2800 Mf. Er leistete eine Anzahlung von 2000 MF übernahm jedoch die
Pferde nur zur Probe, indem er sich das Recht vorbehielt, sie innert
bestimmter Frist gegen Rückzahlung von 1950 Mk. seitens des Verkäufers
zurückzugeben Als er aber von diesem Rechte Gebrauch machen wollte,
verweigerte Win die Rücknahme der Pferde. Hieraus erhob Stienen beim
Amtsgericht Waldshut Klage auf Auflösung des Kaufvertrages. Diese
Klage wurde sowohl vom Amtsgericht, als auch, in zweiter Instanz, vom
Landgericht Waldshut durch Urteil vom 21. Juni 1902 gutgeheissen, und der
Beklagte Win demnach pflichtig erklärt, die beiden Pferde unter Erstattung
der 1950 Mk. Anzahlung nebst den Prozesskosten zurückzunehmen Vor der
zweiten Instanz hatte Willi) für den Fall der Gutheissung der Klage einen
Gegen- anspruch von über 4000 Mf. als Entgelt für die Nutzung der Pferde
durch den Kläger erhoben, wurde aber damit in ein besonderes Verfahren
verwiesen und in der Folge, als er dieses Verfahren nicht prosequierte,
durch Versäumnisurteil des Landgerichts vom 20. Dezember 1902/5. Januar
1903 endgültig abgewiesen. Inzwischen hatte der Kläger Stienen die
beiden Pferde, welche Win trotz dem ergangenen Urteil nicht einlöste, zur
Reaiisierung seiner Urteilsfordernng in Säckingen pfänden lassen. Hierauf
liess Wiler kurz vor dem für die PfandverwertungsSteigerung angesetzten
Termin, am 9. Juli 1902, das mit den beiden Pferden bespannte Fuhrwerk
Stienens, während er sich Ein Stein befand, für seine nun aus 7612 Fr. 50
Cfs. erhöhte Forderung wegen der Pferdenutzung auf Grund des Art. 271
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 271 - 1 Der Gläubiger kann für eine fällige Forderung, soweit diese nicht durch ein Pfand gedeckt ist, Vermögensstücke des Schuldners, die sich in der Schweiz befinden, mit Arrest belegen lassen:469
1    Der Gläubiger kann für eine fällige Forderung, soweit diese nicht durch ein Pfand gedeckt ist, Vermögensstücke des Schuldners, die sich in der Schweiz befinden, mit Arrest belegen lassen:469
1  wenn der Schuldner keinen festen Wohnsitz hat;
2  wenn der Schuldner in der Absicht, sich der Erfüllung seiner Verbindlichkeiten zu entziehen, Vermögensgegenstände beiseite schafft, sich flüchtig macht oder Anstalten zur Flucht trifft;
3  wenn der Schuldner auf der Durchreise begriffen ist oder zu den Personen gehört, welche Messen und Märkte besuchen, für Forderungen, die ihrer Natur nach sofort zu erfüllen sind;
4  wenn der Schuldner nicht in der Schweiz wohnt, kein anderer Arrestgrund gegeben ist, die Forderung aber einen genügenden Bezug zur Schweiz aufweist oder auf einer Schuldanerkennung im Sinne von Artikel 82 Absatz 1 beruht;
5  wenn der Gläubiger gegen den Schuldner einen provisorischen oder einen definitiven Verlustschein besitzt;
6  wenn der Gläubiger gegen den Schuldner einen definitiven Rechtsöffnungstitel besitzt.
2    In den unter den Ziffern 1 und 2 genannten Fällen kann der Arrest auch für eine nicht verfallene Forderung verlangt werden; derselbe bewirkt gegenüber dem Schuldner die Fälligkeit der Forderung.
3    Im unter Absatz 1 Ziffer 6 genannten Fall entscheidet das Gericht bei ausländischen Entscheiden, die nach dem Übereinkommen vom 30. Oktober 2007473 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen zu vollstrecken sind, auch über deren Vollstreckbarkeit.474

Biff. 4 SchKG durch den zuständigen Gerichtspräsidenten von Rheinfelden
mit Arrest belegen. Auf Ersuchen Stienens gab der Gerichtspräsident
die Arrestgegenstände gegen eine Barkaution von 5000 Fr. frei. Die
Pferde wurden sodann am 12. Juli 1902 in Säckingen versteigeri und vom
Kläger Stienen selbst um den Preis von 2000 Mf. auf Rechnung seiner
Urteilsforderung erworben. Erst am 8. August 1902 erhielt der Kläger
die Arrestnrkunde vom 9. Juli, und zwar wurde sie ihm vom aargauischen
Polizeisoldaten Sager in Stein, welcher auf Befehl des GerichtsYräsidenten
den Arrest vollzogen hatte, direkt überbracht. Am xxx}, 2. 1905 23

344 Civilrechtspflege.

21, August 1902 sodann wurde ihm vom Betreibungsamt Ster dem beklagten
Betreibungsbeamten Hofmann durch die Post ein Zahlungsbefehl für
die Arreftforderung Willys _an 7612 Fr. 50 Cts. zugestellt. Der
Kläger erhob innert gesetzlichek Frist keinen Rechtsvorschlag beim
Betreibungsamt, sondern schickte den Zahlungsbefehl mit Begleitbrief
vom 22. August, worin erangab, dass Win von ihm nichts zu fordern habe,
an den Gerichtspräsidenten in Rheinfelden, und suchte sodann, mit
Schreiben vom 26. August, unter wiederholter Bestreitung der Forderung
Willys, beim Bezirksgericht Rheinfelden um Aufhebung des Arrestes und
Freigabe der Kaution unter Vergütung der thm erwachsenen Unkosten
nach. Als ihn das Gerichtspräsidium deshalb auf die Unrichtigkeit
seines Vorgehens aufmerksam machte, [(eg er anfangs September durch
Für-sprech Doserin Rheinfelden ein Gesuch um Zulassung des nachträglichen
Rechtsvorschlagesstellen. Inzwischen nahm die Betreibung ihren Fortgang;
das Benutzungsamt Stein pfändete auf Willys Begehren am 13. Septemberdurch
Vermittlung des Betreibungsamtes Basel die dort depouiertes Kaution des
Klägers von 5000 Fr. Am gleichen Tage bewilligte das Gerichtspräsidium
von Rheinfelden den nachträglichen RechtsN vorschlag des Klägers,
durch Urteil vom 23. Oktober 1902 abers hob das Bundesgericht, bei dem
Win staats-rechtliche Beschwerde führte, diesen Entscheid aus-*. Jn
der Folge händigtedas Betretbungsamt Stein die gepfändete Summe an
Win ans und beschlagnahnete, als dieser für den Rest seiner Forderung
Nachpfändung verlangte, am 18. November 1902, ohne vorherige Auzeige an
den Kläger, neuerdings dessen beide Pseradesamt Geschirr und Wagen auf
der Landstrasse Stein-Sattingen als Pfandobjekte Der Kläger löste sie
wiederum, durch Hinterlegung der diesmal noch geforderten 3000 Fr.,
aus. Auch diesen Betrag lieferte das Betreibungsarnt Stein an Win
ab, nachdem dass Gerichtspräsidium Rheinfelden ein vorn Anwalt des
Klagers gestelltes Gesuch um Erlass einer provisorischen Verfügung am
einstweiligen Verhinderung der Auszahlung abgewiesen hatte.

* Amtl. Samml. XXVIH, i, Nr. 76, S. 317 ff. (Sep.-Ausg. V, NP73r s. 276
fie.) (Anm. 65. Red. f. PudelVII. Schuldbetreibung und Konkurs. N° 49. 345

Hieran wollte der Kläger auf dem Wege der betreibungsrechtlichen
Rückforderungsklage gegen Win vorgehen, allein vor deren Einlegung fiel
Willy in Schaffhausen, wohin er sein Domizil verlegt hatte, in Konkurs,
und der Kläger kam mit feiner ganzen darin eingereichten Forderung
zu Verlust.

Mit der vorliegenden, im Februar 1904 nach vorgängiger Betreibung
Vahlungsbefehl vom 17. November 1903) angebobeneu Klage, fordert
er nun vom Beklagten Hofmann als Betreibungsbeamten von Stein,
gestützt auf Art. 5
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 5 - 1 Der Kanton haftet für den Schaden, den die Beamten und Angestellten, ihre Hilfspersonen, die ausseramtlichen Konkursverwaltungen, die Sachwalter, die Liquidatoren, die Aufsichts- und Gerichtsbehörden sowie die Polizei bei der Erfüllung der Aufgaben, die ihnen dieses Gesetz zuweist, widerrechtlich verursachen.
1    Der Kanton haftet für den Schaden, den die Beamten und Angestellten, ihre Hilfspersonen, die ausseramtlichen Konkursverwaltungen, die Sachwalter, die Liquidatoren, die Aufsichts- und Gerichtsbehörden sowie die Polizei bei der Erfüllung der Aufgaben, die ihnen dieses Gesetz zuweist, widerrechtlich verursachen.
2    Der Geschädigte hat gegenüber dem Fehlbaren keinen Anspruch.
3    Für den Rückgriff des Kantons auf die Personen, die den Schaden verursacht haben, ist das kantonale Recht massgebend.
4    Wo die Schwere der Verletzung es rechtfertigt, besteht zudem Anspruch auf Genugtuung.
SchKG, Ersatz jenes Schadens-, den er auf rund
9000 Fr. (8000 Fr. Barauslagen, plus mindestens 1000 Fr. Anwaltsund
Gerichtskosten und Zinsverluste) angibt, wesentlich mit der Begründung:
Der Schaden resultiere aus der von Willy durchgeführten Betreibung
und sei vom Beklagten durch eine Reihe ungesetzlicher Amtshandtungen
verschuldet worden. Ungesetzlich seien vorab die Zustellungen sowohl
der Arresturkunde, als auch des Zahlungsbefehls an ihn, den Kläger;
denn diese Zuftellungen hätten nach den dafür massgebenden Vorschriften
der internationalen Übereinkunft betreffend Civilprozessrecht vom
14. November 1896/25. Mai 1899 (Art. 1 und 4) durch die Vermittelung der
zuständigen deutschen Behörden erfolgen sollen, wie der schweizerische
Bundesrat in einem mit dem grossherzoglich badischen Ministerium
wegen der Angelegenheit gepflogenen Notenaustansch bereits anerkannt
habe. Ihre Ungesetzlichkeit aber bedinge die Richtigkeit der beiden
Akte. Folglich hätte der Beklagte daraufhin nicht die Fortsetzung der
Betreibung zulassen, die Pfändungen und die Auszahlungen an Win nicht
vornehmen dürfen. Ferner liege in der Zulassung der Arrestbetreibung
auch deswegen eine Gesetzesverletzung weil bei ihrer Anhebung die
Frist des Art. 278 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 278 - 1 Wer durch einen Arrest in seinen Rechten betroffen ist, kann innert zehn Tagen, nachdem er von dessen Anordnung Kenntnis erhalten hat, beim Gericht Einsprache erheben.
1    Wer durch einen Arrest in seinen Rechten betroffen ist, kann innert zehn Tagen, nachdem er von dessen Anordnung Kenntnis erhalten hat, beim Gericht Einsprache erheben.
2    Das Gericht gibt den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme und entscheidet ohne Verzug.
3    Der Einspracheentscheid kann mit Beschwerde nach der ZPO483 angefochten werden. Vor der Rechtsmittelinstanz können neue Tatsachen geltend gemacht werden.
4    Einsprache und Beschwerde hemmen die Wirkung des Arrestes nicht.
SchKG nicht eingehalten worden fei, was der
Beklagte hätte prüer sollen. Und die Nachpfändung vom November 1902 sei
auch insofern ungesetzlich, als sie für eine Forderung, auf die sich
der das Betreibnngsforum begründende Arrest, nach der Arrestsuinine
von nur 5000 Fr., nicht bezogen habe, sowie, in unstatthafter Weise,
an den bereits früher gepfändeten Objekten erfolgt sei. Wegen dieses
gesetzwidrigen . Vorgehens sei der Beklagte für den ganzen eingetretenen
Schaden verantwortlich

348 Civilrechtspflege.

Der Beklagte lässt auf Abweisung der Klage antragen. Er Be. streitet im
wesentlichen die angebliche Ungesetzlichkeit der Betretbungsakte, deren
erster, die Zustellnng der Arrefturkunde an ben Kläger, ihn übrigens nicht
berühre, und betont, dass der Klägek, wenn er überhaupt irgend welchen
Schaden erlitten haben sollte dies sei tatsächlich nicht der Fall, da die
Forderung Willys begründet gewesen sei -diesen Schaden seinem eigenen
Verhalten (Unterlassung rechtzeitigen RechtsvorschlagesJ zuzuschreiben
hatte. Überdies wendet er ein, der Klaganspruch sei verfährt, weil der
behauptete Schaden jedenfalls schon mit dem Arreftvollzug nom 9. Juli
1902, eventuell mit der Zustellung der Arrefturkunde an den Kläger am
8. August 1902, eingetreten, die Klage aber nicht innert Jahresfrist
von diesem Tage hinweg eingereicht worden sei.

(Streitverkündung des Klägers an seinen früheren Anwaltv

und des Beklagten an den Staat Aargau.)

2. Nach Art. Î) genen, aus den der Kläger seinen Schadenersatzanspruch
stützt, ist der Beklagte für denjenigen Schaden verantwortlich, welchen
er als Betretbungsbeamter durch sein Verschulden verursacht hat. Nun
erblickt der Kläger ein solches, für den eingeklagten Schaden kausales
Verschulden des Beklagten in folgenden als ungesetzlich bezeichneten
Amtshandlungen der gegen ihn durchgeführten Zwangsvollstreckung: in der
Zustellung der Arresturkunde vom 8. August 1902, in der Zustellung des
Zahlungsbefehls vom 21. August ,1902, wie überhaupt in der Zulassung und
Weiterführung dieser Arresibetreibung, und endlich speziell noch in der
Nachpsändung vom November 1902. Der erstgenannte Akt fällt jedoch für
die Verantwortlichkeit des Beklagteu ohne weiteres ausser Betracht;
denn der Beklagte war dabei tatsächlich nicht beteiligt, sodass von
einem Verschulden desselben mit Bezug hierauf überhaupt nicht die Rede
sein kann, indem die Arresturkunde, gemäss unbestrittener Feststellung
der Vorinstanzenvon dem mit dem Arreftvollzug betrauten Polizeisoldaten,
in Umgehnng des zuständigen Betreibungsamts Stein, entgegen der Vor-

schrift des Art. 276 Abs.1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 276 - 1 Der mit dem Vollzug betraute Beamte oder Angestellte verfasst die Arresturkunde, indem er auf dem Arrestbefehl die Vornahme des Arrestes mit Angabe der Arrestgegenstände und ihrer Schätzung bescheinigt, und übermittelt dieselbe sofort dem Betreibungsamt.
1    Der mit dem Vollzug betraute Beamte oder Angestellte verfasst die Arresturkunde, indem er auf dem Arrestbefehl die Vornahme des Arrestes mit Angabe der Arrestgegenstände und ihrer Schätzung bescheinigt, und übermittelt dieselbe sofort dem Betreibungsamt.
2    Das Betreibungsamt stellt dem Gläubiger und dem Schuldner sofort eine Abschrift der Arresturkunde zu und benachrichtigt Dritte, die durch den Arrest in ihren Rechten betroffen werden.480
SchKG, direkt dem Kläger übermittelt worden
ist.

Was sodann die vom Beklagten verfügte Zuftellung des
Zah-VII. Schnldhetreibung und Konkurs. N° 49. 347

lungsbefehls vom 21. August 1902 betrifft, kann dahingestellt Bleiben,
ob dieselbe, weil per Post erfolgt, den für sie massgebenden Bestimmungen
der Jniernationalen Civilprozessübereinkunft vom 14. November 1898/25. Mai
1899, auf die sich der Kläger beruft, nicht entspreche und in diesem
Sinne als ungesetzlich erscheine. Denn Jedenfalls steht die Tatsache jener
angeblich unstatthaften Form der Zuftellungen mit dem eingeklagten Schaden
nicht im Kausalzusammenhang. Das Verhalten des Klägers nach Eins-fang des
Zahlungsbefehls, welches den tatsächlich eingetretenen weitern Verlauf
der Angelegenheit zur Folge hatte, seine Rechtsvorkehr beim Gericht,
statt beim Betreibungsamt war nicht durch diese besondere Form der
Zustellung, an der sich der Kläger damals noch gar nicht gestossen zu
haben scheint, bedingt, sondern wäre wohl auch bei normaler Zustellung
durch den zuständigen deutschen Beamten dasselbe gewesen. Es könnte
sich daher für die in Rede stehende Verantwortlichkeit nur fragen, ob
nicht im Falle der Ungesetzlichkeit der Zustellung des Zahlungsbefehls
die späteren Amtshandlungen des Beklagten (Pfändung und Herausgabe des
gepfandeten Geldes) als unstatthaft erscheinen wùrîssen, so dass in deren
Vornahme mit Rücksicht auf jene Ungesetzlichkeit ein Verschulden des
Veklagten im Sinne des Art. 5
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 5 - 1 Der Kanton haftet für den Schaden, den die Beamten und Angestellten, ihre Hilfspersonen, die ausseramtlichen Konkursverwaltungen, die Sachwalter, die Liquidatoren, die Aufsichts- und Gerichtsbehörden sowie die Polizei bei der Erfüllung der Aufgaben, die ihnen dieses Gesetz zuweist, widerrechtlich verursachen.
1    Der Kanton haftet für den Schaden, den die Beamten und Angestellten, ihre Hilfspersonen, die ausseramtlichen Konkursverwaltungen, die Sachwalter, die Liquidatoren, die Aufsichts- und Gerichtsbehörden sowie die Polizei bei der Erfüllung der Aufgaben, die ihnen dieses Gesetz zuweist, widerrechtlich verursachen.
2    Der Geschädigte hat gegenüber dem Fehlbaren keinen Anspruch.
3    Für den Rückgriff des Kantons auf die Personen, die den Schaden verursacht haben, ist das kantonale Recht massgebend.
4    Wo die Schwere der Verletzung es rechtfertigt, besteht zudem Anspruch auf Genugtuung.
SchKG erblickt werden wüsste Dies aber ist
zu verneinen. Die Zustellung eines schweizerischen Zahlungsbefehls unter
Verletzung der Internationalen Civilprozessübereinkunfi qualifiziert sich
nicht, wie der Kläger anmmmt, als absolut nichtiger, sondern lediglich
als anfechtbarer ·Rechtsakt. Denn die Geltendmachung von Verletzungen
jener internationalen Ubereinkunft hai, da die Übereinkunft selbst
besondere Bestimmungen hierüber nicht enthält, allgemein nach den
Vorschriften des inländischen Rechts desjenigen Ortes zu erfolgen,
an welchem die Verletzungen zu beurteilen sinds die Geltendmachuug der
vorliegend behaupteten Übereinkunfts-Verletzung alsov nach Weisung des
schweizerischen Rechts. Nach diesem aber bewirken Mängel in der Form
der Zustellung von Betretbungsurkunden nicht ipso jure die Ungültigkeit
der Zuftellung sondern sind vom Betroffenen ausdrücklich, vermittelst
Beschwerd; innert zehn Tagen von der Kenntnis der Zustellnng (Art. 17
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 17 - 1 Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
1    Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
2    Die Beschwerde muss binnen zehn Tagen seit dem Tage, an welchem der Beschwerdeführer von der Verfügung Kenntnis erhalten hat, angebracht werden.
3    Wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung kann jederzeit Beschwerde geführt werden.
4    Das Amt kann bis zu seiner Vernehmlassung die angefochtene Verfügung in Wiedererwägung ziehen. Trifft es eine neue Verfügung, so eröffnet es sie unverzüglich den Parteien und setzt die Aufsichtsbehörde in Kenntnis.26

SchKG), zu fügen, in der Meinung, dass die Versäumnis

348 Civilrechtspfiege.

dieser Rechtsvorkehr, gemäss feststehender Praxis (siehe z. B Archiv für
Schuldbetreibung und Konkurs, IV, Nr. 76), die Validierung der formell
mangelhaften Zustellung zur Folge hat. Es war somit die hier streitige
Zustellung des Zahlnugsbesehls, sollte sie auch in übereinkunftswidriger
Form erfolgt sein, jedenfalls im Momente der Betreibungssortsetzung,
nachdem ber Kläger die angegebene Beschwerdefrist zugleich mit derjenigen
zur Erhebung des Rechtsvorschlages unbenützt hatte ablaufen lassen,
rechtsgültig geworden. Folglich kann aus dieser Betreibungssoktsetzung,
aus der Vornahme der an sich nicht angesochtenen ersten Pfändung und
Pfandrealisierung bezw. Herausgabe der gepflüc-

deten 5000 Fr. an den betreibenden Gläubiger Willy im Hinblick '

aus die Form der Zustellung des Zahlungsbefehls ein Verschulden des
Beklagten nicht abgeleitet werben. Das weitere Verschuldensargument
des Klägers aber, die Bestreitung der Zulässigkeit jener Akte wegen
verspäteter Einleitung der Arrestbetreibung (Nichteinhaltung der
zehntägigen Frist seit Zustellung der Arresturkunde),

entbehrt der tatsächlichen Grundlage, indem die Arresturkunde den si

Gläubiger Willy, nach unangefochtener Feststellung der Vormstanzen,
nicht schon, wie dem Kläger als Schuldner-, am S., ondern erst am
20.August zugestellt worden ist, so dass sein Betreibungsbegehren
rechtzeitig erfolgte. Demnach besteht ein Schadenersatzauspruch des
Klägers gegenüber dem Beklagten für den Verlust der angegebenen Summe
von 5000 Fr. aus Art. 5
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 5 - 1 Der Kanton haftet für den Schaden, den die Beamten und Angestellten, ihre Hilfspersonen, die ausseramtlichen Konkursverwaltungen, die Sachwalter, die Liquidatoren, die Aufsichts- und Gerichtsbehörden sowie die Polizei bei der Erfüllung der Aufgaben, die ihnen dieses Gesetz zuweist, widerrechtlich verursachen.
1    Der Kanton haftet für den Schaden, den die Beamten und Angestellten, ihre Hilfspersonen, die ausseramtlichen Konkursverwaltungen, die Sachwalter, die Liquidatoren, die Aufsichts- und Gerichtsbehörden sowie die Polizei bei der Erfüllung der Aufgaben, die ihnen dieses Gesetz zuweist, widerrechtlich verursachen.
2    Der Geschädigte hat gegenüber dem Fehlbaren keinen Anspruch.
3    Für den Rückgriff des Kantons auf die Personen, die den Schaden verursacht haben, ist das kantonale Recht massgebend.
4    Wo die Schwere der Verletzung es rechtfertigt, besteht zudem Anspruch auf Genugtuung.
SchKG nicht.

Bezüglich der Nachpfändung vom November 1902 endlich ist zwar der Einwand
des Klägers hinsichtlich der gepsändeten Objekte offenbar unbegründet,
da diese Objekte nach ihrer Auslösung ans dem Arrestnerus an sich nach
allgemeiner Regel pfändbar waren; dagegen können allerdings über die
örtliche Zuständigkeit des Bektagten zur Vornahme einer Nachpfändung
Zweifel bestehen. Allein auch wenn diese Zuständigkeit auf Grund der
Annahme, dass ber Arrest nach dem SchKG am Arrestort nicht ein allgemeines
Betrubungsfornm, sondern ein Betreibungssorum nur hinsichtlich ber
Arrestgegenstände begründe, welches daher mit der Verwertung dieser
Gegenstände vorliegend mit der Herausgabe des die Arrestgegenstände
ersetzenden Kautionsbetrages von 5000 Fr. wiederVII. Schuldbetreibung
und Konkurs. N° 49. 349

dahinsalle, verneint werden wollte, so könnte dies doch nicht dazu Îùhren,
den Beklagten für die Folgen des streitigen Akte-s haftbar zu erklären
Denn nach feststehender Auslegung des SchKG sind auch die von einem
örtlich unzuständigen Beamten vorgenommenen Betreibungsakte nicht etwa
absolut nichtig, sondern lediglich innerhalb der gewöhnlichen zehntägigen
Beschwerdefrist anfechtbar im oben angegebenen Sinne (vergl. den Entscheid
der Schuldbetreibrings: und Konkurskammer des Bundesgerichts i. S. Joos:
A. S. XXII, Nr. 103 und das dort zitierte Präjudiz des Bundesrates). Da
nun der Kläger diese Anfechtung der Nachpfändung unterlassen hat, so ist
diese letztere auf alle Fälle in Rechtskraft erwachsen und kann daher
dem Beklagten nachträglich nicht mehr zur Last gelegt werden. Vielmehr
ist mit den Vorinstanzen anzunehmen, dass wenn die nach dem gesagten
allfällig darin liegende unrichtige Gesetzesanwendung überhaupt ein
Verschulden des Beklagten im Sinne des Art. 5
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 5 - 1 Der Kanton haftet für den Schaden, den die Beamten und Angestellten, ihre Hilfspersonen, die ausseramtlichen Konkursverwaltungen, die Sachwalter, die Liquidatoren, die Aufsichts- und Gerichtsbehörden sowie die Polizei bei der Erfüllung der Aufgaben, die ihnen dieses Gesetz zuweist, widerrechtlich verursachen.
1    Der Kanton haftet für den Schaden, den die Beamten und Angestellten, ihre Hilfspersonen, die ausseramtlichen Konkursverwaltungen, die Sachwalter, die Liquidatoren, die Aufsichts- und Gerichtsbehörden sowie die Polizei bei der Erfüllung der Aufgaben, die ihnen dieses Gesetz zuweist, widerrechtlich verursachen.
2    Der Geschädigte hat gegenüber dem Fehlbaren keinen Anspruch.
3    Für den Rückgriff des Kantons auf die Personen, die den Schaden verursacht haben, ist das kantonale Recht massgebend.
4    Wo die Schwere der Verletzung es rechtfertigt, besteht zudem Anspruch auf Genugtuung.
SchKG darstellen würde,
dieses Verschulden durch das eigene fehlerhafte Verhalten des Klägers,
die Unterlassung der Beschwerdeführung nach Massgabe des Art. 51
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 51 - 1 Haften mehrere Personen aus verschiedenen Rechtsgründen, sei es aus unerlaubter Handlung, aus Vertrag oder aus Gesetzesvorschrift dem Verletzten für denselben Schaden, so wird die Bestimmung über den Rückgriff unter Personen, die einen Schaden gemeinsam verschuldet haben, entsprechend auf sie angewendet.
1    Haften mehrere Personen aus verschiedenen Rechtsgründen, sei es aus unerlaubter Handlung, aus Vertrag oder aus Gesetzesvorschrift dem Verletzten für denselben Schaden, so wird die Bestimmung über den Rückgriff unter Personen, die einen Schaden gemeinsam verschuldet haben, entsprechend auf sie angewendet.
2    Dabei trägt in der Regel derjenige in erster Linie den Schaden, der ihn durch unerlaubte Handlung verschuldet hat, und in letzter Linie derjenige, der ohne eigene Schuld und ohne vertragliche Verpflichtung nach Gesetzesvorschrift haftbar ist.
OR,
dessen allgemeiner Grundsatz der Haftung für ausserkontraktlichen
Schaden, auch aus Ansprüche aus Art. 5
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 5 - 1 Der Kanton haftet für den Schaden, den die Beamten und Angestellten, ihre Hilfspersonen, die ausseramtlichen Konkursverwaltungen, die Sachwalter, die Liquidatoren, die Aufsichts- und Gerichtsbehörden sowie die Polizei bei der Erfüllung der Aufgaben, die ihnen dieses Gesetz zuweist, widerrechtlich verursachen.
1    Der Kanton haftet für den Schaden, den die Beamten und Angestellten, ihre Hilfspersonen, die ausseramtlichen Konkursverwaltungen, die Sachwalter, die Liquidatoren, die Aufsichts- und Gerichtsbehörden sowie die Polizei bei der Erfüllung der Aufgaben, die ihnen dieses Gesetz zuweist, widerrechtlich verursachen.
2    Der Geschädigte hat gegenüber dem Fehlbaren keinen Anspruch.
3    Für den Rückgriff des Kantons auf die Personen, die den Schaden verursacht haben, ist das kantonale Recht massgebend.
4    Wo die Schwere der Verletzung es rechtfertigt, besteht zudem Anspruch auf Genugtuung.
SchKG Anwendung findet, kompensiert
wäre. Somit hat der Beklagte auch für den aus der fraglichen Nachpfändung
resultierenden Verlust des Klägers von 3000 Fr. nicht einzustehen.

3. Erweist sich die Klage nach dein Vorstehenden als materiell
unbegründet, so braucht aus die Prüfung der Verjährungseinrede des
Beklagten nicht eingetreten zu werben.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung des Klägers wird abgewiesen und damit das Urteil des
Obergerichts des Kantons Aargau vom 28. Januar 1905 in allen Teilen
bestätigt.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 31 II 342
Date : 18. Februar 1905
Published : 31. Dezember 1905
Source : Bundesgericht
Status : 31 II 342
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : 342 Civilreehtspflege. 8. Nach dem Gesagten ist der eingeklagte Anspruch mit den


Legislation register
OR: 51
SchKG: 5  17  271  276  278
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