202 Civîlrechtspflcge.

der Pflichten und Aufgaben, die sie mit sich bringt, nicht fähig
i. Darnach liegt das Hauptmotiv, weshalb sich der Beklagte verehelichen
will, darin-v dass er von der Mutter und deren Obhut loskommen möchte
und eine Versorgung zu finden hofft, während er sich absolut keine
Rechenschaft über die Wichtigkeit des beabsichtigten Schrittes und
speziell darüber gibt, dass er als Ehemann seiner Gattin den Unterhalt
schuldet, und wie er bei seinem bescheidenen Vermögen und der Unfähigkeit,
ein selbständiges Leben zu führen und sich durch Ausübung eines Berufs
einen ordentlichen Verdienst zu erwerben, dieser Pflicht nachkommen
will. Dass der Beklagte vielleicht auf beschränkten Gebieten, z. B. als
Schütze, gewisse Leistungen aufzuweisen hat, ist nicht geeignet,
das Gutachten zu entkräften; denn bei Schwachsinnigen sind bisweilen
einzelne Fähigkeiten besser ausgebildet, was aber nicht ausschliesst,
dass jemand trotzdem wegen im übrigen zurückgebliebener Entwicklung oder
erworbener geistiger Schwäche sowohl für das allgemeine Leben, als auch
speziell für das Gemeinschaftsleben der Ehe unbrauchbar sein kann.

Das angefochtene Urteil ist nach dem gesagten, soweit es die Eheeinsprache
betrifft, ohne weiteres zu bestätigen

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Jn Bezug auf die Frage der Vevogtigung des Beklagten wird auf die Berufung
nicht eingetreten. Im übrigen wird die Berufung abgewiesen und das Urteil
des Appellationsgerichts des Kantons Bafeistadt vom 20. Februar 1905
bestätigtII. Haftpflicht der Eisenbahnen hei Tötungen und Verletzungen. N°
31. 203

II. Haftpflicht der Eisenbahnen u. s. w. bei Tötungen und
Verletzungen. Responsabilité des entreprises de chemins de fer, etc.
en cas d'accident. entrainant mort d'homme ou lésions corporelles.

81. guten vom 17. Mai 1905 in Sachen Wein-, KI. u. Ber.-Kl., gegen
Zum-Himplonbatingesellschaft, Bekl. n. Ber.-Bekl.

Ein Unfall, der einem Elsenbeelmbedlense'ieten. mehrere Stunden
nach Beendigung des Bakndienstes auf demNachhausewege :ustösst, kann
wedessr als Beirlebsunfall im Sin-ne des EHG (Art. 2
SR 611.0 Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) - Finanzhaushaltgesetz
FHG Art. 2 Geltungsbereich - Dieses Gesetz gilt für:
a  die Bundesversammlung einschliesslich ihrer Parlamentsdienste;
b  die eidgenössischen Gerichte sowie die Schieds- und Rekurskommissionen;
bbis  die Bundesanwaltschaft und die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft;
c  den Bundesrat;
d  die Departemente, ihre Generalsekretariate und die Bundeskanzlei;
e  die Gruppen und Ämter;
f  die Verwaltungseinheiten der dezentralen Bundesverwaltung, die keine eigene Rechnung führen.
), not-sie als
ein bei einer Hilfsarbeit zum Eisenbahnbetrieb (Art. 4
SR 611.0 Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) - Finanzhaushaltgesetz
FHG Art. 4 Zuständigkeit - Der Bundesrat unterbreitet der Bundesversammlung jährlich die Staatsrechnung zur Abnahme.
Nov. :. FHG)
sich ereig-nwzder Unfall angesehen. wenden. Schädigung durch ein
Werk. Ari. 67 OR. (Mangelhaflee Zustand einer Eisenbahn(artiche, die mm
Baànangestelèten begangen wird.) Selbstveeschulden des I-ssemnfalite-n
(Art. 51
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 51 - 1 Haften mehrere Personen aus verschiedenen Rechtsgründen, sei es aus unerlaubter Handlung, aus Vertrag oder aus Gesetzesvorschrift dem Verletzten für denselben Schaden, so wird die Bestimmung über den Rückgriff unter Personen, die einen Schaden gemeinsam verschuldet haben, entsprechend auf sie angewendet.
1    Haften mehrere Personen aus verschiedenen Rechtsgründen, sei es aus unerlaubter Handlung, aus Vertrag oder aus Gesetzesvorschrift dem Verletzten für denselben Schaden, so wird die Bestimmung über den Rückgriff unter Personen, die einen Schaden gemeinsam verschuldet haben, entsprechend auf sie angewendet.
2    Dabei trägt in der Regel derjenige in erster Linie den Schaden, der ihn durch unerlaubte Handlung verschuldet hat, und in letzter Linie derjenige, der ohne eigene Schuld und ohne vertragliche Verpflichtung nach Gesetzesvorschrift haftbar ist.
Abs. ? OR)? Haftpflicht für einen Unfall, der sich bei einer
Reitungshandlung des Enema-mms rietVer-mefalläen geeignet? Art. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 51 - 1 Haften mehrere Personen aus verschiedenen Rechtsgründen, sei es aus unerlaubter Handlung, aus Vertrag oder aus Gesetzesvorschrift dem Verletzten für denselben Schaden, so wird die Bestimmung über den Rückgriff unter Personen, die einen Schaden gemeinsam verschuldet haben, entsprechend auf sie angewendet.
1    Haften mehrere Personen aus verschiedenen Rechtsgründen, sei es aus unerlaubter Handlung, aus Vertrag oder aus Gesetzesvorschrift dem Verletzten für denselben Schaden, so wird die Bestimmung über den Rückgriff unter Personen, die einen Schaden gemeinsam verschuldet haben, entsprechend auf sie angewendet.
2    Dabei trägt in der Regel derjenige in erster Linie den Schaden, der ihn durch unerlaubte Handlung verschuldet hat, und in letzter Linie derjenige, der ohne eigene Schuld und ohne vertragliche Verpflichtung nach Gesetzesvorschrift haftbar ist.
EHG,
Art. 4
SR 611.0 Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) - Finanzhaushaltgesetz
FHG Art. 4 Zuständigkeit - Der Bundesrat unterbreitet der Bundesversammlung jährlich die Staatsrechnung zur Abnahme.
Nov. z. FHG, Asrzî. 67 OR. Mass des Schacleewrsatzes bez" Tod
der Mutter; Art. 52
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 52 - 1 Wer in berechtigter Notwehr einen Angriff abwehrt, hat den Schaden, den er dabei dem Angreifer in seiner Person oder in seinem Vermögen zufügt, nicht zu ersetzen.
1    Wer in berechtigter Notwehr einen Angriff abwehrt, hat den Schaden, den er dabei dem Angreifer in seiner Person oder in seinem Vermögen zufügt, nicht zu ersetzen.
2    Wer in fremdes Vermögen eingreift, um drohenden Schaden oder Gefahr von sich oder einem andern abzuwenden, hat nach Ermessen des Richters Schadenersatz zu leisten.
3    Wer zum Zwecke der Sicherung eines berechtigten Anspruches sich selbst Schutz verschafft, ist dann nicht ersatzpflichtig, wenn nach den gegebenen Umständen amtliche Hilfe nicht rechtzeitig erlangt und nur durch Selbsthilfe eine Vereitelung des Anspruches oder eine wesentliche Erschwerung seiner Geltendmachung verhindert werden konnte.
OR-

A. Durch Urteil vom 28. Februar 1905 hat das Qbergericht des Kantons
Solothurn über das Rechtsbegehren: Es sei die Beklagte zu einer
Entschädigung von 5000 Fr. nebst 5 0/0 Zins seit Klageeinleitung
(16. März 1904J aus Eifenbahnhafipslicht, ebentuell aus Art. 50 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 50 - 1 Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
1    Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
2    Ob und in welchem Umfange die Beteiligten Rückgriff gegeneinander haben, wird durch richterliches Ermessen bestimmt.
3    Der Begünstiger haftet nur dann und nur soweit für Ersatz, als er einen Anteil an dem Gewinn empfangen oder durch seine Beteiligung Schaden verursacht hat.
·
OR an den Kiäger zu verurteilen erkannt:

Die vorliegende Klage ist des gänzlichen abgewiesen.

B. Gegen dieses Urteil hat der Kläger die Berufung ans Bundesgericht
ergriffen mit dem Antrag:

Es sei die Klage im Betrag von 5000 Fr. nebst Zins, evenmeli in einem
nach richterlichem Ermessen reduzierten Betrag gutzuheissen.

C. In der heutigen Hauptverhandlung vor Bundesgericht hat

204 Civilrechtspflege.

der Vertreter des Klägers diesen Antrag wiederholt und begründet.

Der Vertreter der Beklagten hat auf Abweisung der Berufung und Bestätigung
des angefochtenen Urteils angetragen.

Das Bundesgericht zieht bin Erwägung:

î: Die Eltern des im Februar 1892 gebornen Klägers Josef Meter standen
in Äsch an der Bahnlinie Basel-Delsberg im Dienste der Beklagten,
Und zwar die Mutter als Bahnwärterin mit Dienstzeit bis Abends 5 Uhr,
der Vater als deren Ablöser von Abends 5 Uhr an. Jhre (letztklassige)
Wärterbude befand sich in der Nähe der Station Lita). Wenige Meter davon
entfernt führt die Bahnlinie mittelst einer Brücke über den Gewerbekanal
der Spinnerei Angensteinz sie überschreitet sodann ein längs des Kanals
nach der Btrsbrücke führ-Indes Strässchen und tritt hierauf in den kurzen
Angensteintunnel ein. Die Funktionen der Eheleute Meter bestanden daria,
beim Herannahen eines Zuges die Barriere bei dem genannten Strässchen zu
schliessen, was dnrch einen Drahtng vom Wärterhäuschen aus geschieht;
ferner hatten sie je eine Laterne beim Strässchen und beim jenseitigen
Tunnelausgang anzuzünden und zu unterhalten, wozu sie die Eisenbahnbriicke
über den Kanal überschreiten mussten. Die Ehelente Meter wohnten auf der
andern Seite der Vira. Von der Wärterbude zur Birsbriicke konnten sie
einen Weg benutzen, der einige Meter hinter der Bude längs der Birs zur
Brücke führte, oder sie konnten über die Eisenbahnbrücke und das mehrfach
erwähnte Strässchen gehen. Diese beiden Wege sind ungefähr gleich lang.

Am Abend des 8. Januar 1902 war die Mutter des Klägers, nachdem ihr Dienst
um 5 Uhr zn Ende gegangen war, bis zirka um 9 Uhr bei ihrem Eheinann
im Wärterhäuschen. Sie passierte dann mit dem damals 10jährigen Kläger
die Eisenbahnbrücke, wahrscheinlich um nach Hause zu gehen, und muss
hiebei von der Brücke in den Kanal gefallen sein. Ausser dem Kläger,
der wegen seines jugendlichen Alters nicht als Zeuge einvernommeri
wurde, hat niemand den Vorfall beobachtet. Der Ehemann Meier, vom Kläger
herbeigeruer, wollte seiner Frau Hilfe bringen und liess sich über die
Ufermauer des Kanals hinab, indemll. Haftpflicht der Eisenbahnen bei
Tötungen und Verletzungen. N° 31. 205

er sich an der Mauer festhielt. Hiebei fiel er selber in den Kanal und
wurde von der Strömung fortgetragen Beide Eltern des Klägers fanden in
dieser Weise den Tod durch Ertrinken. Über die Vorgänge unmittelbar vor
dem Unglücksfall konnte nur ein Zeuge, Emil Ankli, der den Eheleuten
Meier an jenem Abend in der Wärterbnde beim Nachtessen Gesellschaft
geleistet hatte, nähere Angaben machen. Danach war die Ehefrau Meier
mit dem Kläger zirka um 7 Uhr nach einer Wirtschaft auf der andern
Seite der Birs gegangen, um Schnaps zu holen, ohne aber solchen zu
bringen. Nach dem Essen ging sie ein zweites Mal, brachte aber wiederum
keinen Schnaps, weil der Wirt auf einen von Ankli ausgestellten Gutschein
nichts oerabfoigen wollte. Ungefähr um 9 Uhr verliess sie mit dem Kläger
ein drittes Mal die Bude, ohne Abschied zu nehmen, und wenige Augenblicke
später kam der Kläger zurückgesprungen mit dem Bericht, dass die Mutter
in den Kanal gefallen sei. Der Ehemann Meier war unbestrittenermassen
dem Schnapstrunke verfallen, an jenem Abend jedoch nach dem Zeugen Ankli
nicht betrunken. Dass auch die Ehefrau dem Alkohol ergeben gewesen wäre,
wie die Beklagte behauptet, ist nicht erwiesen; jedenfalls steht fest,
dass auch sie am Unglücksabend nicht betrunken war.

Über den Zustand der Eisenbahnbrücke zur Zeit des Unfalles ist durch
die Vorinstanz mit auf Grund eines fachmännischen Berichtes folgendes
festgestellt: Auf beiden Seiten des Kanals bilden die Widerlager ein
ziemlich breites Trottoir und in der Mitte der Brücke sind zu diesem
Behuse gerippte Eisenplatten angebracht. Das Geländer besteht ans eisernen
Pfosten, die durch eine in der Höhe von 1 Meter angebrachte eiserne
Querstange miteinander verbunden sind; in halber Höhe ist eine zweite
Zwischenstauge durchgezogen, die aber beim Widerlager auf dem rechten
(von der Bude aus jenseitigen) Kanalnfer fehlte. Bei den Widerlagern sieht
ausserdem das Geländer 15 Cm. vom Trottoir ab, während im mittleren Teil
der Brücke die gerippten Eisenplatten über die Widerlager hinaus bis an
das Geländer reichen. Am rechten Ufer war so zwischen dem Widerlagerrand
und der obern Geländerstange ein Zwischenraum, durch den sehr wohl ein
Mensch in den Kanal hinunterfallen fornite. An jener Stelle

206 Givilrechtspflege.

war auch die obere Geländerstange .an Handbreiie unterbrochen.In
der Unglücksnacht war das Brückentrottoir zudem mit einer Eisschicht
bedeckt. Die Wahrscheinlichkeit spricht nach der Borinsianz dafür,
dass die Ehefrau Meter in der Nähe des rechten Ufers abgestürzt ist

2.Die erste Instanz, das Amtsgericht Dorneck-Thierstein, hat die
Verantwortlichkeit der Beklagten in Bezug auf den Tod der Mutter des
Klägers aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung weil die Brücke
in mangelhafjem Zustand war _ und in Bezug auf den Tod des Vaters aus dem
Gesichtspunkt der Eisenbahnhaftpflicht bejaht und die Klage im Betrage von
2500 Fr. nebst Zins gutgeheissen Das Obergericht des Kantons Solothurn
sodann hat im angesochtenen Urteil die Klage aus beiden Gesichtspunkten
abgewiesen. si

8. Was den Tod der Mutter des Klägers anbetrifft, so hat die Vorinstanz
die Auwendbarkeit des CHG mit Recht verneint. Es fehlt hier in der
Tat an jedem Kausalnerus zwischen dem Unfall und dem Eisenbahnbetrieb
im technischen Sinn des Wortes, so dass von einem Betriebsunfall nach
Art. 2 leg. cit. nicht gesprochen werden farm, Aber auch ein Fall der
Gewerbehaftpflicht liegt nicht vor; denn die Ehefrau Meier ist nicht bei
einer Hilfsarbeit des Eisenbahnbetriebs nach Art. 4
SR 611.0 Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) - Finanzhaushaltgesetz
FHG Art. 4 Zuständigkeit - Der Bundesrat unterbreitet der Bundesversammlung jährlich die Staatsrechnung zur Abnahme.
der Novelle zum FHG,
dem Vahnwärterdienst, verunglückt, sondern als sie mehrere Stunden nach
Beendigung ihres Dienstes und ohne Zusammenhang mit dem letztern die
Kanalbrücke überschreiten wollte.

Dagegen muss abweichend von der Vorinstanz die gewöhnliche zivilrechtliche
Haftung der Beklagten bejaht werden und zwar speziell nach Art. 67 ON. Die
Eisenbahnbrücke über den Kanal war insofern in mangelhaftem Zustande,
als beim Geländer gegen das rechte Ufer die Querstange unterbrochen
war und die Mittelstange fehlte, und als bei den Widerlagern das
Geländer 15 Cm. vom Trottoirrand absieht, was in dem von den kantonaleu
Jnstanzeu erhobenen Gutachten speziell als wunder Punkt der Brücke
bezeichnet wird. Es war so gegen das rechte Ufer zu die Möglichkeit
gegeben, dass jemand zwischen dem Geländer und dem Randftein in den
Kanal hinunterstürzen konnte. Die Brücke ist allerdings nicht für den
Personenverkehr bestimmt; aber sie mussH. Haftpflicht der Eisenbahnen
bei Tötungen und Verletzungen. N° 31. 20?

doch vom Bahnpersonal täglich wiederholt begangen werden und war gerade
zu diesem Zwecke mit einem Trottoir nebst Geländer versehen. Deshalb
musste auch das Geländer so angebracht und beschaffen sein, dass nicht
schon ein Fehltritt, ein Aus-gleiten wie sie ja zumal bei Schnee Und Eis
leicht vorkommen können, mit der Gefahr des Abstürzens verbunden war. Der
ursächliche Zusammenhang zwischen diesem fehlerhaften Zustand oer Brücke
und dem Unfall muss als erstellt gelten und dies genügt für den Tatbestand
des Art. 67, der nicht verlangt, dass der Schaden durch unmittelbare
körperliche Einwirkung des Werkes auf Personen oder Sachen gestistet sei
(vergl. Il. S. d. bundesg. Entsch Bd. XVI, S. 814 Erw. 4). Wenn auch die
nähern Umstände, unter denen die Ehefrau Meter in den Kanal gefallen ist,
nicht aufgeklärt sind und das Urteil der Vorinstanz einer eigentlichen
Feststellung hierüber ermangelt, so erscheint doch jede andere Annahme so
gut wie ausgeschlossen, als dass sie beim Überschreiten der Brücke zu Fall
gekommen und zwischen Trottoir und GeHinder, und zwar jedenfalls in der
Nähe des rechten Ufers, wo beim Geländer die mittlere Querstange fehlte
und die obere Querstange Unterbrochen war, in die Tiefe gestürzt ist,
was bei richtiger, zweckentsprechender Konstruktion und Beschaffenheit
des Geländers unmöglich gewesen wäre. Es kann sich nur fragen, ob
die die Beklagte als Cigentiimerin der Brücke nach Art. 67 treffende
Schadeuersatzpslicht nicht dadurch ganz oder teilweise aufgehoben sei,
dass der Ehefrau Meier, wie die Beklagte behauptet, ein Verschulden
am Unfall zur Last gelegt werden muss (Art. 51 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 51 - 1 Haften mehrere Personen aus verschiedenen Rechtsgründen, sei es aus unerlaubter Handlung, aus Vertrag oder aus Gesetzesvorschrift dem Verletzten für denselben Schaden, so wird die Bestimmung über den Rückgriff unter Personen, die einen Schaden gemeinsam verschuldet haben, entsprechend auf sie angewendet.
1    Haften mehrere Personen aus verschiedenen Rechtsgründen, sei es aus unerlaubter Handlung, aus Vertrag oder aus Gesetzesvorschrift dem Verletzten für denselben Schaden, so wird die Bestimmung über den Rückgriff unter Personen, die einen Schaden gemeinsam verschuldet haben, entsprechend auf sie angewendet.
2    Dabei trägt in der Regel derjenige in erster Linie den Schaden, der ihn durch unerlaubte Handlung verschuldet hat, und in letzter Linie derjenige, der ohne eigene Schuld und ohne vertragliche Verpflichtung nach Gesetzesvorschrift haftbar ist.
OR), weil sie
überhaupt über die Brücke gehen wollte und hiebei zudem nicht die
erforderliche Sorgfalt beobachtete. Nun ist es gewiss richtig, dass vom
Wärterhäuschen nach der Butsbrücke ein anderer, nicht längerer und wohl
auch nicht weniger bequemer Weg zur Verfügung stand, den die Ehefrau
Meter hätte einschlagen können. Da sie aber dienstlich berechtigt und
sogar genötigt war, die Eisenbahnbrücke zu überschreiten, so ist es
gewiss begreiflich, dass sie es auch ausserdienstlich tat, um von der
Wärterbude zur Birsbriicke zu gelangen und umgekehrt, und man wird ihr
hieraus nach der ganzen Sachlage kaum einen begründeten Vorwurf machen
können, zumal auch von der Be-

208 Givilrechtspflege.

klagten nicht behauptet isi, dass den Eheleuten Meter das
ausserdienstliche Betreten der Eisenbahnbrücke verboten gewesen
sei. Und was das Verhalten der Ehefrau Meier auf der Brücke selber
anlangt, so fehlt hierüber jede nähere Feststellung, und es ist daher
der der Beklagten obliegende Beweis, dass sie infolge eines Mangels an
Aufmerksamkeit zu Fall gekommen sei, nicht erbracht. Es ist ja sicherlich
möglich, dass Frau Meier, die den gefährlichen Zustand der Brücke kumite,
es an der nötigen Achtsamkeit fehlen tiesz. Doch kann sich der Unfall
sehr wohl auch so zugetragen haben, dass Frau Meier, ohne dass sie die
durch die Verhältnisse gebotene Sorgfalt ausser Acht gelassen hätte,
auf dem Matteis, das nach dem Zeugen Ankli damals das Trottoir bedeckte,
ansgeglitten ist. Auch das kann ihr nicht, wie die Beklagte meint,
zum Verschulden angerechnet werden, dass sie mit ihrem Knaben nicht im
Geleife, sondern auf dem Trottoir ging; denn das letztere war ja gerade
zu diesem Zwecke vorhanden und bot für eine erwachsene Person mit einem
Kinde wohl auch durchaus genügend Platz. Nach dem gesagten muss somit
die Beklagte für den dem Kläger aus dem Tode seiner Mutter entstandenen
Schaden nach Art. 67
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 67 - 1 Der Bereicherungsanspruch verjährt mit Ablauf von drei Jahren, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung des Anspruchs.39
1    Der Bereicherungsanspruch verjährt mit Ablauf von drei Jahren, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung des Anspruchs.39
2    Besteht die Bereicherung in einer Forderung an den Verletzten, so kann dieser die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Bereicherungsanspruch verjährt ist.
OR verantwortlich erklärt werden.

4. Der Tod des Vaters Meter kann so wenig wie derjenige der Mutter auf
einen Betriebsunfall nach Art. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 51 - 1 Haften mehrere Personen aus verschiedenen Rechtsgründen, sei es aus unerlaubter Handlung, aus Vertrag oder aus Gesetzesvorschrift dem Verletzten für denselben Schaden, so wird die Bestimmung über den Rückgriff unter Personen, die einen Schaden gemeinsam verschuldet haben, entsprechend auf sie angewendet.
1    Haften mehrere Personen aus verschiedenen Rechtsgründen, sei es aus unerlaubter Handlung, aus Vertrag oder aus Gesetzesvorschrift dem Verletzten für denselben Schaden, so wird die Bestimmung über den Rückgriff unter Personen, die einen Schaden gemeinsam verschuldet haben, entsprechend auf sie angewendet.
2    Dabei trägt in der Regel derjenige in erster Linie den Schaden, der ihn durch unerlaubte Handlung verschuldet hat, und in letzter Linie derjenige, der ohne eigene Schuld und ohne vertragliche Verpflichtung nach Gesetzesvorschrift haftbar ist.
EHG zurückgeführt werden. Auch von einer
Haftung der Beklagten nach Art. 4
SR 611.0 Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) - Finanzhaushaltgesetz
FHG Art. 4 Zuständigkeit - Der Bundesrat unterbreitet der Bundesversammlung jährlich die Staatsrechnung zur Abnahme.
der Novelle zum FHG kann keine Rede
sein. Meier stand zur Zeit des Unsalles allerdings im Dienst; aber seine
Rettungshandlung geschah, wie die Vorinstanz zutreffend hervorhebt, nicht
in Ausübung einer dienstlichen Verrichtung, sondern in Erfüllung einer
selbstverständlichen moralischen Pflicht; das Motiv war kein dienstliche-Z
die Beklagte von einer Schadeuersatzpflicht zu bewahren , sondern ein
rein persönliches, der gefährdeten Ehefran Hilfe zu Bringen. Endlich
kann hier auch die zioilrechtliche Haftbarkeit der Beklagten (nach
Art. 67
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 67 - 1 Der Bereicherungsanspruch verjährt mit Ablauf von drei Jahren, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung des Anspruchs.39
1    Der Bereicherungsanspruch verjährt mit Ablauf von drei Jahren, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung des Anspruchs.39
2    Besteht die Bereicherung in einer Forderung an den Verletzten, so kann dieser die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Bereicherungsanspruch verjährt ist.
OR) nicht in Frage kommen, weil Meier vom linken Ufer sich in
den Kanal hinabgelassen und dabei wahrscheinlich den Halt verloren hat
und es somit am ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Zustand der Brücke
und seinem Tode fehlt. In Bezug auf den Unfall des Vaters muss daher der
Schadenersatzansprnch des Klägers mit der Vorinstanz abgewiesen werden,

III. Haftpflicht für den Fabrikund Gewerbebetrieb. N° 32. 209

ö. Für die Höhe des dein Kläger aus dem Tode feiner Mutter erwachsenen
Schadens kommt folgendes in Betracht: Die Mutter hatte bei der Beklagten
einen Jahresverdienst von 480 Fr. die klägerische Behauptung, dass sie 70
Fr. per Monat verdient habe, ist ohne Beweis geblieben. Man darf annehmen,
dass hievon ungefähr ein Vierteil zum Unterhalt und zur Erziehung des
Klägers, der beim Unfall 10 Jahre alt war, verwendet worden wäre und zwar
bis zu dessen zurückgelegtem 16. Jahre und von da an während 2 Jahren
noch ein kleinerer Betrag, so dass es sich rechtfertigt, den Schaden
nach richterlichem Ermessen unter Berücksichtigung des Zwischenzinses
auf rund 800 Fr. festzusetzen, in welchem Betrage (nebst Zins) die Klage
guterheissen ist.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung wird als begründet erklärt und in Abänderung des Urteils
des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 28. Februar 1905 die Klage
im Betrage von 800 Fr. nebst 5 0/0 Zins seit 16. März 1902 gutgeheissen.

III. Haftpflicht für den Fabrik'und Gewerbebetrieb. _ Responsabilité
pour l'exploitation des fabriques.

32. Atleic vom 25. ?sslîai 1905 in Sachen Ettttemvset, Kl. 11.Ver.:Kl.,si
gegen Greis-rauhen Bekl. u. Ber.-Vekl.

Siellnng des Bundesgerichis als Bemfungsinsianz. Bette-errungdes Postulate
der freien Beweiswürdigung (Art. EEG,-Art. 81
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 67 - 1 Der Bereicherungsanspruch verjährt mit Ablauf von drei Jahren, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung des Anspruchs.39
1    Der Bereicherungsanspruch verjährt mit Ablauf von drei Jahren, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung des Anspruchs.39
2    Besteht die Bereicherung in einer Forderung an den Verletzten, so kann dieser die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Bereicherungsanspruch verjährt ist.
.4833. i OG). _-Abgrenzung
von. Beweiswürdigung und freier rechtlicher Würdigung von Tatsachen
(Art.81 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 67 - 1 Der Bereicherungsanspruch verjährt mit Ablauf von drei Jahren, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung des Anspruchs.39
1    Der Bereicherungsanspruch verjährt mit Ablauf von drei Jahren, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung des Anspruchs.39
2    Besteht die Bereicherung in einer Forderung an den Verletzten, so kann dieser die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Bereicherungsanspruch verjährt ist.
OG). Aktenwidrigkeiî von tatsächlichen Annahmen und
Feststelängm der Vorinstanz.

A. Durch Urteil vom 22. Februar 1905 hat das Kantons: gericht des Kantons
St. Gallen über die Rechtsfrage: Jst nicht gerichtlich zu erkennen,
Beklagter sei schuldig, dem
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 31 II 203
Date : 20. Februar 1905
Published : 31. Dezember 1905
Source : Bundesgericht
Status : 31 II 203
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : 202 Civîlrechtspflcge. der Pflichten und Aufgaben, die sie mit sich bringt, nicht


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FHG: 2  4
OG: 81
OR: 50  51  52  67
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