spruch des Rekursbeklagten nach bernischem ehelichen Güterrecht in Bezug
aus das eingeht-achte Vermögen seiner Ehefrau sich mit den Erbrechten
der Rekurrenten nach Basler Gesetz nicht vertragen würde, liegt nicht
vor, wie denn auch ein solcher Konflikt bei richtiger, dem Bundesgesetz
entsprechender Abgrenzung von erbrechtlichen und ehegüterrechtlichen
Normen als ausgeschlossen erscheint.
Es könnte sich schliesslich noch fragen, ob nicht aus Art. 26 1. c.,
der von den Rekurrenten allerdings nicht angerufen und im Urteil des
Civilgerichts auch nicht erwähnt ist, eine andere Lösung der vorliegenden
Streitigkeit über die Anwendung des Bandes-gesetzes folgt. Wie sich
aber aus der Entstehungsgeschichte dieser ihrem Wortlaut nach etwas
unklaren Bestimmung ergibt, sollen damit keineswegs etwa, entgegen den
Rechtsfolgen, die, wie ausgeführt, in interkantonalen Verhältnissen
aus Art. 19, Abs. 1 und Art. 22, Abs. 1 resultieren, die Verhältnisse
aus der Aquidation des ehelichen Güter-rechts beim Ableben des einen
Ehegatten als erbrechtlich im Sinne des Bundesgesetzes erklärt und
dem für die Erbfolge massgebenden Recht unterstellt werden. Vielmehr
ruht der Hauptakzent aus dem Schlusssatz des Artikels, wonach ein
späterer Wohnsitzwechsel keine Änderung der im ersten Satz genannten
Rechtsverhältnisse bewirkt, und es wollte darnach nur festgesetzt
werden (was wohl ohnehin nach Art. 22 selbstverständlich gewesen wäre),
dass die an der Verlassenschaft des erstverstorbenen Gatten nach dem
für die Erbsolge massgebenden Recht begründeter mit dem Familienrecht,
z. B. dem ehelichen Güterrecht, vermögensrechtlichen Ansprüchen der Kinder
u. s. 1v., zusammenhängenden Rechtsverhältnisse unverändert bleiben, auch
wenn nachträglich der überlebende Ehegatte den Wohnsitz wechseln und unter
eine andere Gesetzgebung zu stehen kommen sollte (s. Botsch. d. Bundesr.,
BBl. 1891, III, S. 556; Escher, interkant. Privatr., S. 235 ff.).
Demnach hat das Bundesgericht erkannt:
Der Rekurs wird abgewiesen-2. Anderweitige Eingriffe in garantierte
Rechte. N° 52. 297
Dritter Abschnitt. Troisiéme Section.
Kantonsversassungen. Constitutiòns cantonales.Kompetenzüberschreitungen
kantonaler Behörden. Abus de compétence des autorités cantonales.
1. Uebergrifi' in das Gebiet der richterlîchen Gewalt. Empiétement dans
le domaine du pouvoir judiciaire. .
Vergl. Nr. 45.
2. Anderweifige Eingrifie in garantierte Rechte. Atteintes portées
à. d'autres droits garantis.
52. gilt-teil vom 11. "glieli 1905 in Sachen Ferner und Haltet gegen
Regierungsrat Ihm-san
Art. ! Niederèassueegsvertsirag zwischen der Schweiz und dem deuéschen
ss Reiche, vom 31. Mai 1890: Bedeutueeg der Gleichstellung der dem}
schen Reichsangehörigen mit den Angehörigen anderer Kantone. Art. 2
SR 916.341 Verordnung vom 26. November 2003 über den Schlachtvieh- und Fleischmarkt (Schlachtviehverordnung, SV) - Schlachtviehordnung SV Art. 2 Qualitätseinstufung - 1 Für alle lebenden Tiere der Rindvieh- und Schafgattung auf überwachten öffentlichen Märkten und für alle geschlachteten Tiere der Rindvieh-, Schweine-, Pferde-, Schaf- und Ziegengattung muss eine Qualitätseinstufung anhand der Kriterien nach Artikel 4 durchgeführt werden. |
|
1 | Für alle lebenden Tiere der Rindvieh- und Schafgattung auf überwachten öffentlichen Märkten und für alle geschlachteten Tiere der Rindvieh-, Schweine-, Pferde-, Schaf- und Ziegengattung muss eine Qualitätseinstufung anhand der Kriterien nach Artikel 4 durchgeführt werden. |
2 | Ausgenommen von Absatz 1 sind: |
a | Hausschlachtungen; |
b | Schlachtungen für den privaten Eigenkonsum; |
c | geschlachtete Tiere der Schweinegattung in Schlachtbetrieben mit weniger als 1200 Schlachteinheiten pro Jahr; und |
d | geschlachtete Tiere der Rindvieh-, Pferde-, Schaf- und Ziegengattung in Schlachtbetrieben mit weniger als 1200 Schlachteinheiten pro Jahr, bei denen der Lieferant auf eine Qualitätseinstufung verzichtet; |
e | Schlachtungen im Auftrag von Produzenten zur Direktvermarktung. |
f | ... |
enthälä keine Garantie eines Individeealrechts. Garantie der persönlichen
Freiheit, § 9 time-g KV. Verletzung durch zu, weitgehende Auslegung des
Konku'binatsverbots (E 129 then-g. PGB).
A. Der Nekurrent Fatzer wurde durch Urteil des Bezirksgerichtes Arbon vom
25. August 1904 von seiner Ehesrau Maria Fried-a geh. Forsier auf Klage
der letzteren in Anwendung von Art. 46 a und b CEG definitiv geschieden;
dem Ehemann wurde die Eingehung einer neuen Ehe für die Dauer von 2 Jahren
298 A. Staatsrechtliche
Entscheidungen. Ill. Abschnitt. Kantonsverfassungen.
untersagt. Das Gericht konstatierte, dass Fatzer sich, allerdings
nachdem seine Frau das Haus bereits verlassen hatte, mit seiner damaligen
Haushälterin, der heutigen Rekurrentin Gasser, des Ehebruchs schuldig
gemacht habe. Am 16. September 1904 gebar Anna Gasser ein uneheliches
Kind, welches Fatzer als das seinigeanerkannte
Am 1. November 1904 verfügte das Bezirksamt Arbou, gestützt auf die
Tatsache, dass die Rekurrenten schon seit längerer Zeit in Konkubinat
zusammenlebten, in Anwendung von § 129 BGB:
Es seien Julius Fatzer und Anna Gasser angewiesen, innert der Frist von
14 Tagen a. dato ihr gesetzwidriges Verhältnis aufzulösen, resp. habe die
Anna Gasser das Haus des Fatzer zu verlassen. Im Falle der Nichtbeachtung
dieser Verfügung würden die Obgenannten wegen Ungehorsams gegen eine
amtliche Verfügung dem Strafrichter überwiesen und müsste zugleich die
Trennung durch polizeiliches Eingreifen vollzogen werden
Hierauf bezog die Rekurrentin Gasser anderwärts Wohnung Am Nachmittag
des 10. Januar 1905 befand sie sich im Hause des momentan abwesenden
Rekurrenten Fatzer, als im Aufträge des Bezirksamtes ein Polizeikorporal
erschien. Derselbe forderte sie auf, während seiner Anwesenheit das
Haus zu verlassen, und erklärte ihr auch ferner-, dass sie das Haus bis
auf weiteres nicht mehr betreten dürfe, ansonst sie wegen Missachtung
amtlicher Verfügungen dem Strafrichter überwiesen würde. Nachdem
zwei Stunden später der Rekurrent Fatzer zurückgekehrt war, gab der
Polizeikorporal auch diesem von seinem Auftrage Kenntnis Anna Gasser
verliess darauf das Haus.
B. Gegen die Verfügung des Bezirksauites vom 10. Januar 1905 beschwerten
sich Julius Fatzer und Anna Gasser am 13. Januar beim Regierungsrat des
Kantons Thurgau. Sie beriefen sich darauf, dass Anna Gasser sich seit
dem im November erfolgten Aufgeben des Zufammenlebens jeweilen nur auf
ein paar Stunden zur Verrichtung von Arbeit oder zu ehrbarem Besuch
des Julius Fatzer, mit welchem sie verlobt sei, in das Haus desselben
begeben habe. Das Recht hier nehme sie auch für die Zukunft für sich
in Anspruch. Die Beschwerde stütze sich auf die durch Verfassung und
Siaatsvertrag mit dem deutschen ReicheI. Anderweitig8ss Eingriffe in
garantierte Rechte. N° 52. 299
garantierte Rechtsgleichheit, indem die bezirksamtliche Verfügung
in ihrer Ausführung eine mit dem Gesetz unvereinbare, ausnahmsweise
Behandlung der Rekurrentin involviere Auf § 129 PGB könne das Bezirksamt
die Ausführung seiner Verfügung nicht stützen; denn dieser Paragraph
treffe das Konkubinat und nicht den unverdächtigen Verkehr auf ein
paar Tagesstunden. Es liege auch eine unerträgliche Einschränkung der
persönlichen Freiheit vor.
Diese Beschwerde wurde vom Regierungsrat am 10. Februar 1905 als
unbegründet abgewiesen-, mit folgender Motivierung: Die bezirksamtliche
Verfügung vom 1. November 1904 sei, weil durch kein Rechtsmittel
angefochten, in Kraft erwachsen. Was am 10. Januar 1905 durch den
Polizeikorporal getan wurde, sei nichts anderes als ein korrekter
Vollzug dieser rechtskräftigen Verfügung. Wenn der Anna Gasser auch
das Weiter-betreten des Fatzerschen Hauses verboten worden sei, so sei
hiemit lediglich die Bedeutung der Verfügung vom 1. November 1904 in
einer ihrem Sinne durchaus entsprechenden Weise erläutert worden.
C. Gegen diesen Entscheid des Regierungsrates haben Julius Fatzer und Anna
Gasser rechtzeitig die siaatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht
ergriffen mit dem Antrag, es sei das von den thurgauischen Behörden an
Anna Gasser gerichtete Verbot des Betretens des Hauses ihres Bräutigams
Julius Fatzer im Sinne der Motivierung des Rekurses aufzuheben. Die
Rekursschrift enthält hierüber wörtlich folgendes: Dabei soll der
kantonalen Behörde noch eingeräumt werden, dass sie Einsprache erheben
könnte gegen einen beständigen Aufenthalt der Fri. Anna Gasser alle Tage
und den ganzen Tag im Hause Fatzers, weil das wieder als Zusammenleben im
Sinne von § 129 ,.,aufgefasst werden könnte. Indes fordern wir einfach die
Aufhebung des Verbotes in dem strikten Sinn, wonach uns jeher Aufenthalt
im Fatzerschen Hause schlechthin verboten wird. Wir wollen nur das Recht
bezw. die Möglichkeit, dass Anna Gasfer auf einige halbe Tage wie eine
Tagiöhnerin zur "Arbeit und auf einige Stunden in der Woche wie jede
Braut das Haus des Jul. Fatzer betreten kann.
Jn, rechtlicher Beziehung bemerken die Rekurrentenx der Rekurs
300 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. IH. Abschnitt;
Kantonsverfassungen.
stütze sich auf Art. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 2 Zweck - 1 Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes. |
|
1 | Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes. |
2 | Sie fördert die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes. |
3 | Sie sorgt für eine möglichst grosse Chancengleichheit unter den Bürgerinnen und Bürgern. |
4 | Sie setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
deutschen Reiche, vom 31. Mai 1890. Das am 10. Januar an die Rekurrentin
Gasser gerichtete absolute Verbot dessBetretens des Fatzerschen Hauses
wolle auf § 129 des privatrechtlichen Gesetzbuches gestützt werden und
werde vom Bezirk-samt und vom Regierungsrat demzufolge in die Verfügung
vorn 1. November 1904 hineininterpretiert bezw. derselben hinzugesügt..
Hierin erblicken die Rekurrenten eine willkürliche Anwendung von§ 129
cit. und damit eine mit dem Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetze
unvereinbare ausnahmsweise Behandlung der Rekuri renten (Art. 4 VV),
sowie eine nicht zu rechtfertigende Beschränkung der persönlichen Freiheit
(Art. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 2 Zweck - 1 Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes. |
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1 | Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes. |
2 | Sie fördert die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes. |
3 | Sie sorgt für eine möglichst grosse Chancengleichheit unter den Bürgerinnen und Bürgern. |
4 | Sie setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung. |
D. In seiner Vernehmlassung auf den Rekurs verweist der Regierungsrat des
Kantons Thurgau aus die Motivierung seinesf Entscheides vom 10. Februar
1905 und fügt lediglich bei, dass durch Gutheissung des Rekurses das in §
129 PGB enthaltene Konkubinatsverbot illusorisch gemacht würde. Es sei
nicht einzusehen, inwiefern die Handhabung dieses Verbotes gegenüber
den Returrenten eine Verletzung von Art. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 2 Zweck - 1 Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes. |
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1 | Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes. |
2 | Sie fördert die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes. |
3 | Sie sorgt für eine möglichst grosse Chancengleichheit unter den Bürgerinnen und Bürgern. |
4 | Sie setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
deutsch-schweizerischen Niederlassungsvertrages in sich schliessensollte.
-
E. § 129 thurg. PGV steht unter dem Titel; Besondere Bestimmungen
über die Scheidung und die Richtigerklärung der Ehe und lautet:
Auf Richtigkeit der Ehe ist von Amtes wegen-: zn klagen, wenn sie
entgegen den Bestimmungen des § 39 Ziff.1 2 und 3 abgeschlossen worden
ist. -Eine nichtige Ehe und das Konkubinat sind von Staates wegen nicht
zu dulden. DieKirchenvorsteherschaften sind verpflichtet, wo ihnen ein
Fall derArt zur Kenntnis gelangt, dem Statthalteramte für sich oder zu
Handen der Staatsanwaltschaft davon Anzeige zu machen, damit die Sache
dem Gerichte überwiesen, erforderlichen Falles die Ehevon diesem als
nichtig erklärt und damit die schuldigen Personen von einander getrennt,
beziehungsweise bestraft werden.
§ 250 thurg. StGB vom 15. Juni"1841 lautet: auge: horsam gegen amtliche
Verfügungen bildet ein ftrafgerichtlich zus. beurteilendes Vergehen, wenn
derselbe für den Staat oder für einePrivatperson einen Rechtsnachteil
zur Folge hat oder wenn in-2. Anderweitige Eingrifi'e in garantierte
Rechte. N° 52. Jok-
der missachteten Verfügung die Überweisung an die Strafgerichte angedroht
worden war. Die Strafe dieses Vergehens ist GeldBusse bis zu 200 Fr. oder
Gefängnis bis zu einem Monate."
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. (Rechtzeitigkeit der Beschwerde; Kompetenz des Bundesgerichts.)
Der von den Rekurrenten angerufene Art. 1 des deutschschweizerischen
Niederlassungsvertrages, vom 3]. Mai 1890, garantiert den Deutschen
in jedem Kanton der Schweiz in Bezug auf Person und Eigentum diejenige
Behandlung, welche den Angehörigen anderer Kantone zu teil wird. Daraus
folgt also für den vorliegenden Fall bloss, dass die Rekurrentin Gasser
das Recht zur Beschwerde an das Bundesgericht besitzt, ein Recht, welches
ihr übrigens von den Behörden des Kantons Thurgau nicht {estritten wird.
Der sodann in der Rekursschrift angerufene Art. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 2 Zweck - 1 Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes. |
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1 | Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes. |
2 | Sie fördert die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes. |
3 | Sie sorgt für eine möglichst grosse Chancengleichheit unter den Bürgerinnen und Bürgern. |
4 | Sie setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung. |
auch Art. 5 derselben, keine Garantie eines Jndividualrechtes in sich,
sondern hat, wie das Bundesgericht schon oft entschieden, nur auf den
Zweck und die Aufgabe des Bandes Bezug.
Ob der von den Rekurrenten ebenfalls angerufene Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
sei, mag hier dahingestellt bleiben. Für den vorliegenden Fall genügt es,
dass die persönliche Freiheit in § 9 der thurg KV gewährleistet ist und
dass die Rekurrenten, wie sich aus dem ganzen Inhalt der Rekursschrift
ergibt, offensichtlich auch diese Verfassungsbesttmmung für sich in
Anspruch nehmen, wie: wohl sie dieselbe nicht ausdrücklich zitieren.
2. Nun hat nach feststehender Doktrin und Praxis die Garantie der
persönlichen Freiheit den Sinn, dass dieselbe nur bestimmten, im voraus
gesetzlich geregelten Beschränkungen unterworfen werden darf, insbesondere
also eine Verhastung, Bestrafung oder Strafandrohung nur in den gesetzlich
vorgesehenen Fällen zulässig ist. (Bergl. Ath Samml. d. bg. E Bd. IV,
S. 396, Bd. V, 437.) z
Jm vorliegenden Falle enthält die angefochtene Verfügung vom 10. Januar
1905, wie übrigens auch die nicht angefochtene vom 1. November 1904,
ein administratives bezw. polizeiliches Verbot mit Strafandrohung Diese
Verfügung wird nun nicht etwa des-
302 A. Staatsrechtliche
Entscheidungen. III. Abschnitt. Kantonsverfassungem
halb angefochten, weil sie von einer administrativen statt von einer
gerichtlichen Behörde erlassen und aus diesem Grunde gesetzwidrig sei,
sondern ausschliesslich deshalb, weil sie Überhaupt jeder gesetzlichen
Grundlage entbehre. Die Kognition des Bundesgerichts hat sich daher auf
diesen letztern Punkt zu beschränken
3. Die einzige als gesetzliche Basis für die Verfügung vom 10. Januar
1905 angerufene und in Betracht kommende Gesetzesbestimmung ist §
129 Abs. 2 thurg PGB, welcher das Konkubinat verbietet. Denn wenn in §
250 thurg. SMB, vom 15. Juni 1841, der Ungehorsam gegen solche amtliche
Verfügungen, welche eine Strafandrohung enthalten, als strasrechtlich zu
beurteilendes Vergehen bezeichnet wird, so bezieht sich dies natürlich
nur auf gültige amtliche Verfügungen. Wo es sich also, wie hier, gerade
um die Frage handelt, ob eine bestimmte amtliche Verfügung Gültigkeit
beanspruchen könne oder nicht, ist aus der angeführten Bestimmung des
Strafgesetze-s nichts abzuleiten. .
Dagegen enthält allerdings § 129 PGB die Vorschrift, dass in nichtiger
Ehe oder in Konkubinat zusammenlebende Personen von einander getrennt,
beziehungsweise bestraft werden sollen, Diese Bestimmung erscheint,
trotzdem sie in einem Civilgesetzbuch figuriert, als genügende
gesetzliche Grundlage für eine Verfügung, durch welche zwei in Konkubinat
zusammenlebenden Personen befohlen wird, ihr Zusammenleben aufzugeben-
Bei der angefochten-en Verfügung vom 10. Januar 1905 handelt es sich
nun aber nicht mehr bloss um das Verbot des Zusammenlebens, sondern um
dasjenige jeden Betretens des Fatzerschen Hauses seitens der Anna Gassen
unbekümmert Um dessen Dauer und Zweck, so dass also jeder einzelne, nach
den gegebenen Umständen ganz unverdächtige Besuch als ein strasbares
Vergehen behandelt würde. Ein solches Verbot erscheint nicht mehr als
durch § 129 PGB gedeckt. Denn es ist flat, dass mit dem blossen Betreten
des Fatzerschen Hauses seitens der Rekurrentin Gaffes der Tatbestand des
Konkubinats nicht gegeben ist. Ob aber und unter welchen Voraussetzungen
in Zukunft je nach dem weiteren Verhalten der Rekurrentiu begründeter
Anlass zum Einschreiten der Behörden vorhanden sein könnte, ist heute
nicht zu entscheiden-.2. Anderweitîge singt-like in garantierte Rechte. N°
53. 303
Demnach hat das Bundesgericht erkannt: Der Rekurs wird in dem Sinne
begründet erklärt, dass das am 10. Januar 1905 an die Rekurrentin
Gasser gerichtete Verbot, das Haus des Rekurrenten Fatzer zu betreten,
aufgehoben wird.
53. Arie-il vom 25. Mai 1905 in Sachen Diotti-{) gegen Erdgeigm Vaterstadt
Eingrifi' in das Gebiet der richterlichen Gewalt durch Ermächtigung zur
Expropriation zwecks Durchführung von Bauund Strassen-lim'en? Verietsung
des Eigentums durch Verweigerung der Sagen. Zonenexpropriation ? g 5
KVsiv. Baselstadt; èaselsta'dt. Ges. über die Anlegung u. Korrektion
von Strassen, vom 13. Febr. 1902, spez. gg 13 u. 35.
Das Bundesgericht hat, da sich ergiebt:
A. Nach dem baselstädtischen Gesetz über die Anlegung und die Korrektion
von Strassen vom 13. Februar 1902 (§ 13) ist die öffentliche Verwaltung
berechtigt und auf Verlangen des Erz-spropriaten verpflichten ausser
dem in die Strasse fallenden Boden diejenigen Restund Teilgrundstücke
zu übernehmen, welche zufolge ihres geringen Flächeninhalts oder ihrer
Gestaltung zur selbständigen baulichen Verwertung nicht geeignet
find. Über diese Frage entscheidet die Erpropriationskommission
nach freiem Ermessen; der Entscheid kann durch das Rechtsmittel
der Appellation ans Appellationsgericht weiter-gezogen werden
(CPO § 212). Die von der öffentlichen Verwaltung auf solche Weise
übernommenen Restund Teilgrundstücke können nach dem Verfahren der
sog. Jmpropriation den anstossenden Grundstücken zugeteilt werden Neben
der gewöhnlichen Expropriation stellt das genannte Gesetz das Verfahren
der sog. Zonenerpropriation auf, indem es (in § 36) bestimmt: Für die
Durchführung von Baulinien in bebauten Kompleren kann der Grosse Rat,
um die Schaffung gt'instigerer Banplätze, besserer gesundheitlicher
Zustände oder
XXXl, l. 1905 20