der Rekurrent selbst mit Recht nicht die Verfassungswidrigkeit dieses
Entscheides ab.
Was die vom Obergericht zugelassene Hinterlegung als solche betrifft,
so ist die materielle Würdigung der Qualität der angebotenen
Hinterlegungsobjekte ausschliesslich Sache des Rechtsössnungsrichters,
also hier der kantonalen Instanz. Mag nun auch die Zulassung durch das
Obergericht der vom Rekurrenten beanstandeten Hypothekarobligation
als Wertschrist nach gesetzlichem Erfordernis wohl kaum als richtig
erscheinen, so ist doch darin entgegen der Auffassung des Rekurrenten
eine gegen Art. é BV verstossende Willkür, eine bewusste Missachtung
des Gesetzes, offenbar nicht zu erblicken. Ebenso ist die gewiss dem
Gesetze nicht entsprechende Bemessung des Hinterlegungsbetrages nach
der Gesamtsumme nur der Wechselkapitalund nicht der ganzen betriebenen
Forderungen wohl eher aus einen Fehler in der Überlegung, als auf
böswillige Absicht oder fahrlässige Behandlung der Sache durch den
kantonalen Richter zurückzuführen.
Dass das Obergericht den Rekurrenten als Gläubiger nicht, wie Art. 184
Abs. 2
SR 281.1 Legge federale dell'11 aprile 1889 sulla esecuzione e sul fallimento (LEF) LEF Art. 184 - 1 La decisione sull'ammissibilità dell'opposizione è immediatamente notificata alle parti.363 |
|
1 | La decisione sull'ammissibilità dell'opposizione è immediatamente notificata alle parti.363 |
2 | Ove l'opposizione sia stata ammessa soltanto contro deposito dell'ammontare contestato, il creditore è diffidato a promuovere entro dieci giorni l'azione di pagamento. Non ottemperando egli a tale diffida, il deposito viene restituito. |
binnen zehn Tagen Klage zu erheben, könnte vielleicht vom Rekursbeklagten
als Schuldner, kann aber jedenfalls nicht vom Rekurrenten selbst als
seine-Rechtsstellung beeinträchtigend gerügt werden.
Demnach hat das Bundesgericht erkannt: Der Rekurs wird
abgewiesenIII. Civilrechtl. Verhältnisse der Fiedel-gelassenen und
Aufenthalter. N° 118 695
III. Civ-ilrechtliche Verhältnisse der Niedergelassenen und
Aufenthalter. Rapports de droit civil des oitoyens établis ou en séjour.
118. Urteil vom 27. Oktober 1904 in Sachen Waldis gegen Regierungsrat
Nidwalden
Legitimation zum siaatsrechté. Rekursg wegen Verletzung des
BG betr. civétr. Veo-h. der N. R:. A. Art. 180 ZW. 3, 178 Ziff. 2
SR 281.1 Legge federale dell'11 aprile 1889 sulla esecuzione e sul fallimento (LEF) LEF Art. 184 - 1 La decisione sull'ammissibilità dell'opposizione è immediatamente notificata alle parti.363 |
|
1 | La decisione sull'ammissibilità dell'opposizione è immediatamente notificata alle parti.363 |
2 | Ove l'opposizione sia stata ammessa soltanto contro deposito dell'ammontare contestato, il creditore è diffidato a promuovere entro dieci giorni l'azione di pagamento. Non ottemperando egli a tale diffida, il deposito viene restituito. |
OG. LetzterWohnsitz des Erblasserssi. Art. 22 Abs. i leg. cit. Woänsitz
einer bevormundeten Person, Art. 4 Abs. 3, Art. 23, 17 eod. Ist
als Wohnsitz zu verstehen riesOrt; wo die Vormundschaft tatsächlick
ausgeübt wurde, oder eten'enige, wo sie gemäss Art. 17 hätte ausgeübt
werden können?
A. Die am 19. Februar 1904 in Sursee verstorbene Witwe Anna Maria
Gander-Britschgi, Mutter der Ehesrau des Retterrenten, stand seit dem
Tode ihres Ehemannes im Jahre 1887 in ihrer Heimatgemeinde Beckenried
unter Vormundschaft. Die Entmündigung hatte stattgefunden gestützt auf
§ 126 Biff. 2 des BGB von Nidwalden (Bevogtigung von Volljährigen,
die wegen geistiger oder körperlicher Gebrechen zur Verwaltung
ihres Vermögens unfähig sind). Witwe Gander war damals in Oberdors
bei Stans bei einer Frau Odermatt verkostgeldet, die im Jahre 1889
beim Gemeinderat Beckenried als Vormundschastsbehörde verlangte-,
dass sie ihr abgenommen werde; der Gemeinderat brachte Witwe Gander
sodann im Waisenhaus Beckenried unter. Später befand sie sich bei
einer Tochter in Genf, der vom Vormund ein Kostgeld ausbezahlt wurde,
und vom Jahr 1896 an bis zu ihrem Tode wohnte sie beim Rekurrenten,
ihrem Schwiegersohn, in Sursee, woselbst sie am 1. Oktober 1896 einen
ihr von der Vormundschaftsbehörde bewilligten Heimatschein deponierte
und dadurch, wie es in einem Zeugnis des Gemeinderat-s Sursee heisst,
ihren Wohnsitz in der Gemeinde gesetzlich regulierte." Während sie in
Sursee war, wurde ihr vom Gemeinderat Beckenried ein neuer Vogt in der
Person des Gemeinderats Jos. Amstad daselbst
696 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. ll. Abschnitt. Bundesgesetze.
ernannt. Ferner verweigerte ihr die Vormundschaftsbehörde im Jahre 1902
die nachgesuchte Bewilligung, ein Testament zu Gunsten der Ehesrau
des Rekurrenten zu errichten, und ermächtigte den Vogt, falls der
Vermögenszins für Pflege und Unterhalt nicht ausreichen sollte, das
Kapital anzugreifen. Endlich wurde zwischen der Vormundschaftsbehörde
und dem Rekurrenten im Jahre 1903 ein Abkommen getroffen, wonach der
letztere gegen Herausgabe eines Vermögens-teils auf Rechnung der künftigen
Erbschaft seiner Ehesrau sich verpflichtete, für ben Unterhalt der Frau
Gander bis zu deren Tod aufzukommen
' Nach dem Tode der Frau Gander wurde streitig, ob die Eröffnung
und-Liquidation der Erbschaft in Sursee oder Beckenried zu erfolgen
habe. Der Gemeinderat von Sursee als Teilungsbehörde verlangte vom
Gemeinderat von Beckenried Aushingabe des unter vormundschaftlicher
Verwaltung stehenden Vermögens, jedoch ohne Erfolg. Er stellte sodann
mangels Interesses die Austragung des Streites den Erben anheim. Der
Rekurrent wandte sich hierauf namens seiner Ehefrau an den Regierungsrat
Von Nidwalden mit dem Gesuch, er wolle den Gemeinderat von Beckenried
zur Herausgabe des fraglichen Vermögens an den Gemeinderat von Sursee
behufs dortseitiger gesetzlicher Teilung verhalten. Das Gefuch
wurde damit begründet, dass Witwe Gander nicht unter eigentlicher
Vormundschaft, sondern nur unter Vermögensbeistandschaft gestanden
und dass sie ihren letzten von der Vormundschastsbehörde anerkannten
Wohnsitz in Sursee gehabt habe, so dass die Bormundschaftsbehörde in
Beckenried verpflichtet gewesen wäre, die Vormundschaft an diejenige
in Sursee zu übertragen. Aus beiden Gründen treffe hier Art. 4 Abs. 8
BG betr. civilr. V. d. N. u. A..nicht zu, weshalb als Teilung-Fort
nur Sursee und als Teilungsrecht nur das luzernische Recht in
Betracht kommen könnten. Der Regierungsrat von Nidwalden wies durch
Beschluss vom 25. Juli 1904 dieses Gesnch mit der Begründung ab:
die verstorbene Witwe Gander sei in Beckenried unter ordentlicher
Vormundschaft gestanden und der Gemeinderat von Beckenried als
Vormundschastsbehörde sei von keiner Seite beanstandet, vom Rekurrenten
vielmehr anerkannt worden; Frau Gander habe daher nach Art. 4 Abs. 3
BG betr. civilr. V. d. N. u. A. zurill. Giviirechtl. Verhältnisse der
Niedergelassenen und Aufenthaiter. N° 118. 697
Zeit ihres Todes ihren Wohnsitz in Beckenried gehabt, wo auch nach
Art. 22 und 23 ibid. die Erbschaft zu eröffnen und zu Iiauidieren sei
und zwar nach Massgabe des nidwaldischen Rechts.
B. Gegen den Beschluss des Regierungsrats von Nidwalden hat Waldis
den staatsrechtlichen Rekurs ans Bundesgericht ergriffen mit dem
Antrag, es sei der Entscheid aufzuheben und es seien die Behörden
von Nidwalden zur Herausgabe des Vermögens der verstorbenen Frau
Gander an den Gemeinderat von Sursee behufs Teilung unter die
gesetzlichen Erben zu verhalten. Es wird ausgeführt, dass eine
gültige Vormundschaft über die Witwe Gander gar nicht bestanden habe;
denn ein richtiges Entmündigungsverfahren habe nie stattgefunden;
es seien auch keine Bevogtigungsgründe vorhanden gewesen; es liege
vielmehr ein Fall der verfassungswidrigen Geschlechtsvormundschast,
wie sie in Nidwalden noch üblich sei, vor. Eventuell habe es sich nur um
Vermögensbeistandschaft gehandelt, auf die sich die Vorschrift des Art. 4
Abs. Z BG betr. civilr. V. d. N. u. A. nicht beziehe. Weiter eventuell,
falls eine zu Recht bestehende Vormundschast angenommen werden sollte,
so wäre der Gemeinderat von Beckenried, nachdem Witwe Gander mit dessen
Einverständnis einen Wohnsitz in Sursee begründet habe, nach Art. 17
leg. cit. verpflichtet gewesen die Vormundschaft an die Behörde des
neuen Wohnorts zu übertragen. Dadurch dass dies nicht geschehen sei,
sei ein gesetzwidriger Zustand entsianden, der nicht zur Folge haben
könne, dass nun auch in Bezug aus die Erbschaft der Teilungsort und das
Teilungsrecht in gesetzwidriger Weise verschoben werben. Die Behörden
von Nidwalden könnten sich daher auf Art. 4 Abs. 3 leg. cit; nicht
Berufen; die (Eröffnung der Erbschaft müsse vielmehr so erfolgen, wie
wenn hinsichtlich der Führung der Vormundschaft nach Gesetz verfahren
worden wäre. Es könne dem Rekurrenten auch nicht entgegengehalten werden,
dass er mit der Vormundschaftsbehbrde in Beckenried selber wiederholt
verkehrt habe; er wäre ja zur Anfechtung der dortigen Vormundschaft gar
nicht legitimiert gewesen und hätte hieran zu Lebzeiten der Witwe Gander
auch kein Interesse gehabt. Die Frage, wem die Führung einer Vormundschaft
zustehe, entbehre eben in der Regel jeder sachlichen Tragweite, während
die Frage, wo und nach welchem
698 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. II. Abschnitt. Bundesgesetze.
Recht die Erschast liquidiert werde, für die Interessenten von grosser
Bedeutung sein könne.
C. Der Regierungsrat von Nidwalden hat in seiner Vernehmlassung die
Legitimation des Rekurrenten zur vorliegenden Beschwerde in Zweifel
gezogen, weil nur die Teilungsbehörde in Sursee hiezu befugt wäre und
weil dem Rekurrenten bei der Gleichheit der in Betracht kommenden Sätze
des Erbrechts von Nidwalden und Luzern jedes Interesse an der sireitigen
Frage mangle, und im übrigen auf Abweifung des Rekurses angetragen, und
zwar mit der Begründung, dass Witwe Gander wegen Trunksucht und geistiger
Störungen unter ordentlicher vom Rekurrenten anerkannter Vormundschast in
Beckenried und keineswegs unter Geschlechtsvormundschaft, die in Nidwalden
nicht mehr bekannt sei, gestanden habe, dass durch ihre Unterbringung
in Sursee kein Wohnsitz für sie, sondern nur ein Aufenthalt begründet
worden, und dass daher nach Art. 4 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 22 und
23 leg. cit. die Eröffnung und Teilung der Erbschaft in Beckenried nach
nidwaldischem Recht zu erfolgen habe.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Wenn auch die materiellen Bestimmungen, die für die Erbfolge in
den Nachlass der Witwe Gander in Betracht kommen, nach dem Rechte
von Luzern und dealden, wie der Regierungsrat des letzteren Kantons
behauptet, übereinstimmen sollten, so kann doch dem Rekurrenten
als gesetzlichem Vertreter eines Erben ein Interesse daran, ob die
Eröffnung der Erbschaft in Beckenried oder an seinem Wohnort Sursee
erfolgt und damit die Legitimation zum vorliegenden Rekurs nicht
abgesprochen werden; denn vom Ort, wo in interkantonalen Verhältnissen
nach Art. 23 BG betr. civilr. V. d. N. u. A. die Eröffnung der Erbschaft
stattzufinden hat, hängt ab einerseits, welchen Behörden die Behandlung
des Nachlasses, d. h. die erforderlichen sichernden Massnahmen und
eventuell dessen Liquidation obliegt, und anderseits das Verfahrendas bei
der Vollziehung der Erbfolge zu beobachten ist, wozu insbesondere auch
die Vorschriften über den Übergang der Verlassenschaft auf die Erben
und deren Antretung oder Ausschlagung gehören. Es ist daher klar, dass
jeder Erbe berechtigt sein musssich gegen die Eröffnung der Erbschaft am
unrichtigen Ort alsIII. Civilrechtl. Verhältnisse der Niedergelassenen
und Aufenthalter. N° 118. 699
einer Verletzung des BG betr. civilr. V. d. N. n. A. zur Wehre zu setzen
(Art.180 Ziff. 3
SR 281.1 Legge federale dell'11 aprile 1889 sulla esecuzione e sul fallimento (LEF) LEF Art. 184 - 1 La decisione sull'ammissibilità dell'opposizione è immediatamente notificata alle parti.363 |
|
1 | La decisione sull'ammissibilità dell'opposizione è immediatamente notificata alle parti.363 |
2 | Ove l'opposizione sia stata ammessa soltanto contro deposito dell'ammontare contestato, il creditore è diffidato a promuovere entro dieci giorni l'azione di pagamento. Non ottemperando egli a tale diffida, il deposito viene restituito. |
der Rekurrent durch Anerkennung der in Beckenried über die Erblasserin
geführten Vormundschaft das Recht aus die vorliegende Beschwerde verwirkt
habe. Er hat allerdings wiederholt mit dem Gemeinderat von Beckenried
als Vormundschaftsbehörde verkehrt; aber hierin kann höchstens eine
Anerkennung des tatsächlichen Bestandes der dortigen Vormundschaft, nicht
aber ihrer Rechtmässigkeit erblickt werden, zumal es auch zweifelhaft ist,
ob der Rekurrent befugt gewesen wäre, die Vormundschaft in Beckenried
anzufechten oder deren Ubertragung nach Sursee zu verlangen; er hätte zu
Lebzeiten der Erblasserin auch kein Interesse hieran gehabt, da ja erst
mit dem Erbfall die Frage praktisch wurde, wo Frau Gander mit Rücksicht
aus die in Beckenried geführte Vormundschaft zur Zeit ihres Todes ihr
Domizil hatte (Art. 4 Abs. 3 leg. cit.).
2. Es steht nach den Akten fest, dass Witwe Gander nicht nur in ihrer
Vermögensverwaltung verbeiftändet war, sondern unter eigentlicher
Vormundschast stand wegen Trunksucht und geistiger Störungen, wie der
Regierungsrat von Nidwalden berichtet; die Massnahmen des Gemeinderats
von Beckenried als Vormundschaftsbehörde bezogen sich nicht bloss auf
die Vermögensverwaltung, sondern erstreckten sich auch auf die Fürsorge
für die Person des Vögtlings. Für die Frage, wo Frau Gander ihren
Wohnsitz hatte, ist daher zunächst die Vorschrift in Art. 4 Abs. 3 des
BG betr. civilr. V. d. N. u. A· massgebend, wonach als Wohnsitz einer
unter Vormundschaft stehenden Person der Sitz der Vormundschaftsbehörde
gilt. Es leuchtet ein, dass für diese gesetzliche Fiktion eines Wohnsitzes
das tatsächliche Bestehen einer Vormundschast genügt, ohne Rücksicht
darauf, ob die letztere auf dem Wege der Anfechtung hätte beseitigt
werden können. Der Einwand des Rekurrenten, es seien bei Frau Gander
keine bundesrechtlich zulässigen Bevogtigungsgründe vorhanden gewesen
und es sei nicht das richtige Enttnündigungsverfahren beobachtet worden,
ist daher unbehelflich Höchstens dann könnte jene Fiktion versagen,
wenn die Bevormundung einer Person als absolut nichtig zu betrachten
wäre. Doch hat man es vorliegend mit einer blossen Geschlechts-
700 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. [I. Abschnitt. Bundesgesetze,
vormundschaft, wie sie vom Rekurrenten behauptet wird und wie sie von
bundesrechtswegen vielleicht als nichtig erscheinen würde, nach der
ganzen Aktenlage nicht zu tun.
Es bedarf keiner Ausführung, dass die Vorschrift des Art. 4 Abs. 3
über das gesetzliche Domizil des Bevormundeten nach ihrer generellen
Fassung und nach ihrer Stellung unter den allgemeinen Bestimmungen
des Gesetzes für alle durch das Bundesgefetz geordneten Verhältnisse
Geltung beansprucht und dass auch der letzte Wohnsitz eines Vögtlings,
von welchen gemäss den Art· 22 und 23 das Recht der Erbfolge und der Ort
der Erbschaftserössnung abhängen, sich darnach bestimmt. Zweifelhaft
könnte hier das letzte Domizil der Erblasserinnur deshalb sein, weil
bei Frau Gander die Voraussetzungen vorhanden gewesen zu sein scheinen,
unter denen nach Art. 17 die Führung der Vormundschaft auf die Behörde des
tatsächlichen Wohnorts des Bevormundeten übergehen soll: sie verweilte
dauernd in Sursee, also ausserhalb der Vormundschaftsgemeinde und zwar
offenbar mit Zustimmung des Gemeinderats Beckenried (s· A. S., XX, S,
315, XXI, S. 28 f.). Die Gemeinde Sursee war also wohl zur Führung der
Vormundschaft über Frau Gander berechtigt und hätte deren Übertragung
von der Gemeinde Beckenried verlangen können. Und nun kann in der
Tat die Frage aufgeworfen werden, ob bei solchen Umständen unter der
Vormundschaftsbehörde im Sinne von Art. 4 Abs. 3, deren Sitz als Domizil
des Vögtlings gilt, die Behörde, welche die Vormundschaft tatsächlich
inne hat, oder diejenige, weiche nach Art. 17 zu deren Übernahme und
Führung berechtigt ist, zu verstehen sei. Dass die letztere Lösung
nicht etwa aus dem Wortlaut des Art.17, der von Wohnsitzwechsel und
neuem Wohnsitz des IBevormundeteu spricht, gefolgert werden farm,
zeigt jedoch die Uberlegung, dass, wenn diese Ausdrucksweise des ss
Gesetzes im Sinne des rechtlichen Domizils statt bloss des tatsächlichen
Wohnortes zu verstehen wäre, die Fiktion des Art. 4 Abs. 3, die doch als
allgemeine Norm in allen durch das Bundesgesetz geregelten Verhältnissen
Platz greifen will, tatsächlich beseitigt wäre; denn nach dieser
Auslegung würdeüberall da, wo der Bevormundete ausserhalb des Sitzes
der Vormundschaftsbehörde verweilt, also gerade in den Fällen, wo die
Fiktion praktischIII. Civilrechtl. Verhältnisse der Niedergelassenen
und Aufenthalter. N° 118. 701
werden sollte, die Domizilfrage sich nicht nach einem festen Kennzeichen
dem Sitz der Vormundschaftsbehörde sondern nach mehr oder weniger
unbestimmten Kriterien entscheiden. Diese letztere Erwägung spricht
nun aber in gleicher Weise auch überhaupt dagegen, dass der Sitz der
zur Vormundschaft berechtigten Behörde als Domizil des Vögtlings zu
gelten habe. Wenn das Bundesgesetz den Ort der Vormundschaftsbehörde als
Wohnsitz des Bevormundeten erklärt hat, so sollte dadurch einerseits
im Jnteresse ber Rechtssicherheit das Domizil an ein untrügliches
äusserliches Merkmal geknüpft werden, und anderseits war, speziell für
den Eroi all, das Motiv massgebend, dass die Eröffnung der Erbschaft
und der Vollng der Erbfolge am besten da erfolgen, wo das Vermögen des
Vögtlings in amtlicher Verwahrung liegt. Deshalb wurde auch der Ort der
Behörde und nicht derjenige des Vormuudes zum Wohnsitz des Bevorniundeten
gemacht-. Wollte man nun bei Anwendung des Art. i Abs. 3 auf den Sitz
der zur Vormundschaft berechtigten Behörde abstellen, so wäre nach beiden
angegebenen Richtungen der Zweck des Gesetzes Vereitelt: statt nach jenem
festen Kennzeichen würde sich das Domizil in zweifelhaften Fällen nach
höchst unsichern Verhältnissen -einem Verweilen des Vögtlings ausserhalb
der Vormundschaftsgemeinde mit ausdrücklicher oder stillschweigender
Zustimmung der Behörde bestimmen. Auch würde vielfach nicht diejenige
Behörde, der die Disposition über das Vermögen bisher zustand,
sondern eine Behörde, die bloss ein Anrecht hierauf gehabt hätte,
den Nachlass zu behandeln haben, während doch die Erben und Gläubiger
die Wahrung ihrer Jnieressen im allgemeinen nach den Verhältnissen,
wie sie tatsächlich sind und sich äusserlich repräsentieren und nicht
darnach, wie sie sein sollten, einrichten. Zieht man diese Konsequenzen
in Erwägung, so erscheint die Auslegung, wonach es in Art. 4 Abs. 3
unter allen Umständen auf den Sitz der Behörde, welche die Vormundschaft
tatsächlich führt, ankommt, als dem Sinn und Zweck des Gesetzes allein
entsprechend. Das Bundesgericht hat denn auch (im Fall Unternährer,
A. S., XXIV, 1. T., S. 264 ff.) den Satz, dass in den vom Bundesgesetz
geregelten interkantonalen Verhältnissen als Wohnsitz einer beoormundeten
Person der Sitz der nach dem Gesetz zuständigen Vormundschafts-
702 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. [I. Abschnitt. Bundesgesetze.
behörde zu betrachten fei, nur für die Übergangsverhältnisse beim
Inkrafttreten des Bandes-gesetzes ausgesprochen, also für den Fall,
wo nach früherer-: Recht der Sitz der Behörde und das Domizil des
Bevormundeten auseinanderfielen, Und eine Ausdehnung des Satzes auf die
Verhältnisse, wie sie sich seit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes unter
dessen Herrschaft bieten, ist aus den angeführten Gründen ausgeschlossen
Hat nach dem Gesagten die Witwe Gander ihr letztes Domizil in Beckenried
gehabt, so ist daselbst auch die Erbschaft zu eröffnen (Art. 23), und der
Gemeinderat weigert sich mit Recht, das Vermögens zum Vollng der Erbfolge
an die Behörde von Sursee auszuliefern. Der Rekurs ist daher abzuweisen.
Demnach hat das Bundesgericht erkannt: Der Rekurs wird abgewiesen.
IV. Organisation der Bundesrechtspflege.
Organisation judiciaire fédérale.
Vergl. Nr. 108 n. 109.Kompetenzùberschreitungen kantonaler Behörden. N°
119. 703
Dritter Abschnitt. Troisième section.
Kantonsverfassungen.
Constitutions cantonales.siKompetenzîiberschreitung-en kantonaler
Behörden. Abus de compétence des autorités cantonales.
119. Arrét du 6 octobre 4904, dans la cause Chazz-puis et Péquignot
contasie Grand Consez'i de Berne.
Recours contre un décret du Grand Conseil autorisant l'introduction de
la crémation par Ia police locaie. Empiétement sur les droits du peuple
7Lei bem. du 18 févr. 1874, sur l'organisation des cultes, art. 3,
al. 1. Art. 58, al. 2 CF. Art,. 6, chap. 2 Gonst. bern. : Pouvoirs du
Grand Conseil.
Sous date du 24 mai 1904, le Grand Conseil du canton de Berne, après
une discussion approfondie et à une forte majorité, aadepte un décret,
complétant celui du 25 novembre 1876, sur les inimmations.
Ge décret, publié dans la. Feuièle officieèèe du 7 juin 1904, N° 46,
contient entre autres les dispositions suivantes :
Les communes ont le droit d'introduire ou d'autoriser Ia
crémation. Toutefois, ce genre de sépulture ne pourra pas étre rendu
obligatoire. . . .. Il ne peut étre procédé à l'incinération sans un
permis des autorités de police compétentes. En cas de décès dont Ia
cause n'est pas établie, les auto.
xxx, A. 1904 46