588 Civilrechtspflege.
Par ces motifs, Le Tribunal federal
prononce :
Il n'est pas entré en matière, pour cause d'incompétence, sur le recours
de la, Société d'horlogerie de Porrentruy et consort.
70. Ziel-teil vom 17. Heutember 1903 in Sachen Bern-Yeuenburngahn,
Jmpetrantin, gegen gens, Jmpetraten.
Moderationsverfahren, Art. 222 Abs. 2 Org.-Ges. Rechtliche Natur und
Charakter dieser Vorschrift; Ausschluss einer SchiedsgerichtsZeiten-set
Bemessung der Honorarfordemng.
Das Bundesgericht hat, nachdem sich aus den Akten ergeben:
A. Die Jmpetrantin führte in den Jahren 1901 1903 gegen die
Schweiz. Centralbahngesellschaft einen Prozess vor Bundesgericht
als einziger Instanz über den Umfang ihrer Beitragspflicht an die
Erweiterungskosten des Bahnhofes Bern, wobei der Impetrat ihr Anwalt
war. Dieser Prozess wurde am 13. Februar 1903 durch Vergleich erledigt,
nachdem das Vorverfahren bis zur Beweisantretung der Parteien durchgeführt
war.
Über feine Bemühungen und Auslagen als Anwalt hat der Jrnpetrat der
Jucpetrantin eine Rechnung im Betrage von 3807 Fr. gestellt, worunter
307 Fr. für die Druckkosten der Klage und Replik. Die Jmpetrantin hat
gegenüber dieser Rechnung das Moderationsverfahren des Art-. 222 Abs. 2
OrganisGes. angerufen mit dem Antrag, es sei das Honorar ans höchstens
2000 Fr. festzusetzen
B. Zur Begründung ihres Antrages hat die Jmpetrantin das Gutachten
eines Berner Anwaltes (K. Scheurer) eingelegt, das folgendes Honorar
mit Rücksicht auf die Wichtigkeit des Falles und die Schwierigkeit der
Materie als angemessen bezeichnet:
Abfassung der Klage mit Inbegriff des Aktenstudiums undlll Organisation
der Bundesrechtspflege. N° 70. 587
der Konserenzen mit den in der Rechnung genannten Personen............
Fr.1000Abfassung der Replik mit Inbegriff des Akten- studiums und
der verschiedenen Konserenzen . . 250 Verfahren nach erfolgtem
Schriftenwechsel . . 250 Entschädigung für die übrigen Bemühungen,
Sammeln des Beweismaterials, Korrespondenzen, Reiseauslagen . . .
500 Total, Fr. 2000 Ausserdem hat die Jmpetrantin ausgeführt, dass
zwar der Prozess gegen die Schweiz. Centralbahn nnstreitig von grosser
Bedeutung gewesen sei und daher sorgfältig habe behandelt werden müssen,
dass aber anderseits die Abfassung der Rechtsschriften mit Rücksicht an
das vorhandene Material, das in grossem Umfang unverändert habe benutzt
werden können, doch nicht so aussergewöhnlich schwierig und zeitraubend
gewesen fei, wie der Jmpetrat behaupte. Der Jmpetrat hat zunächst
die Kompetenz des Bundesgerichts zur Behandlung dieser Streitsache
bestritten gestützt ans eine Klausel des von der Jmpetrantin seiner
Zeit unterschriebenen Vollmachtsformulars, wonach Differenzen und
Streitigkeiten aus dem Auftragsverhältniss zwischen Anwalt und Klient
vom Vorstand des bernischen Anwaltsvereinsals Schiedsgericht endgültig
zu erledigen sind. Die Vorschrift des Art. 222 Abs. 2 Organis(He-s.,
so wird ausgeführt, sei nicht zwingender Natur und es sei daher der
Parteidisposition nicht entzogen, ein anderes Forum zu bestimmen Das
Verhältnis zwischen Anwalt und Klimt sei ein rein privatrechtliches
Mandatsverhältnis und könne auch in Bezug aus die Honorierung von den
Beteiligten ganz nach ihrem Belieben geregelt werden. Ein Schiedsvertrag
für Streitigkeiten über das Honorar sei daher auch der citierten
Bestimmung des eidgenössischen Rechts gegenüber zulässig, zumal er
auch gegen die guten Sitten keineswegs verstosse. Eventuell beantragt
der Impetrat, das Honorar in der geforderten Höhe festzusetzen, da die
Sammlung des Materials einen ungewöhnlich grossen Aufwand an Zeit und
Mühe und auch im übrigen die Prozessführung eine Unsumrne von Arbeit
verursacht habe, was des nähern begründet wird. Es sei nicht übertrieben,
wenn 70 Arbeitstage und 50 Fr. pro Tag in Ansatz gebracht würden; -
588 Civilrechtspflege.
in Erwägung:
1. Das Obergericht des Kantons Bern hat die fragliche KompromissklauseL
die sich, wie es scheint, auch auf den Vollmachtsformularen anderer Berner
Anwälte findet, als ungültig erklärt, da nach dem bernischen Gesetz
betreffend die Advokatur die Beobachtung der bestehenden Tarife eine
Amtspflicht der SJlnwàlte sei und das Obergericht als Aufsichtsbehörde
schon von Amtes wegen darüber zu wachen habe, dass die Anwälte ihre
Amtspflichten erfüllen (Zeitschrift des bernisch Juristenvereins 1902,
S. 338).
Crs ist klar, dass, was Honorarforderungen aus Prozesssiihrung vor
Bundesgericht anbeirifft, dieser Grund für die Ungültigkeit eines
Schiedsvertrages nicht zutrifft. Denn es fehlt hier eine . gesetzliche
Regelung der Advokatur, und es steht dem Bundesgericht auch keine über
die allgemeinen disziplinarischen Befugnisse gegenüber den Parteien
(Art. 37 n. 39 Organis.-Ges.) hinausgehende Anfsichtsgewalt über die
Parteivertreter zu. Der vor Bundesgericht handelnde Anwalt hat daher
nicht, wie der Fürsprecher nach bernischem Recht, in gewissem Sinne
den Charakter eines Beamten; sein Verhältnis zum Klienten enthält kein
öffentlichrechtliches Moment, sondern ist, wie der Jmpetrat mit Recht
bemerkt hat, rein privatrechtlichen Natur. Dagegen folgt aus einer andern
(Erwägung, dass auch gegenüber dem Moderationsverfahren des Art. 222
Abs. 2 leg. ein. eine Kompromissklansel rechtlich keinen Bestand haben
kann.
2. Bestrittene Honoraranspriiche von Advokaten gehören wie alle andern
privatrechtlichen Ansprüche an sich vor den ordentlichen Civilrichter,
so dass das Bundesgericht sich höchstens als Berufungsinstanz mit ihnen
zu befassen hatte. Demgegenüber erscheint Art. 222 Abs. 2 leg. cit. als
Ausnahmsbestimmung, die für Streitigkeiten über die Höhe des Honorars
aus Prozessführung vor Bundesgericht dieses Gericht als Sondergericht
einsetzt und ein Sonderverfahren anordnet. Die gesetzgeberischen Motive
liegen auf der Hand: Es soll nicht nach beendigter Prozessführung über
die Honorarforderung des Anwaltes ein neuer, vielleicht langwieriger
Rechtsstreit vor einem andern Richter geführt, sondern es soll die
Differenz durch das Bundesgericht im Anschluss an den Hauptprozess
rasch abgeschnitten werden. Das Bundesgericht ist die geeignetste
Instanz hiefür, weil ihm die für die Höhe des Hono-.... Organisation
der Bundesrechtspflege. Nb Ti}, 589
rars massgebenden Tatsachen aus der vorangegangenen Prozessführung
in der Hauptsache ohne weiteres bekannt find. Es konnte daher auch
ein abgekürztes Verfahren, bei dem das freie Ermessen des Gerichtes
eine grosse Rolle spielt, festgesetzt werden. Das Moderationsverfahren
bezweckt sodann namentlich die Anwendung einheitlicher Grundsätze bei
der Festsetzung des Hommes, das für die Prozessführung vor Bundesgericht
geschuldet wird, an Stelle der sehr verschiedenen Grundsätze, die in
den Kantonen für die Bemessung der Anwaltsentschädigung massgebend
find. Es lässt sich nun nicht verkennen, dass bei diesen Erwägungen
auch ein öffentliches Interesse mitspielt neben dem Interesse der
beteiligten Parteien. Die prompte Erledigung solcher Streitigkeiten
durch das Bundesgericht als Sondergericht nach einem summarischen
Verfahren wird vom Gesetzgeber auch als im öffentlichen Interesse liegend
betrachtet. Hieraus folgt aber, dass die Bestimmung des Art. 222 Abf. 2
nicht einfach dispositiver Natur ist, wie der Jmpetrat geltend macht,
sondern zwingend und der Parteidisposition entzogen ist, jedenfalls in
dem Sinn, dass das Moderationsverfahren durch eine in der Vollmacht des
Anwaltes enthaltene Kompromissklansel nicht von vornherein ausgeschlossen
werden kann, weil dies leicht zu einer allgemeinen Umgehung des mit im
öffentlichen Interesse festgesetzten Verfahrens führen könnte.
Dieser Auffassung kann auch nicht entgegengehalten werden, dass nach dem
französischen Gesetzestext in Übereinstimmung mit dem frühem Bundesgesetze
über die Kosten der Bundesrechtspflege vom 25.Brachmonat 1880 (Art. 17)
eine Übereinkunft der Parteien über die zu bezahlende Entschädigung
ausdrücklich vorbehalten wird, welcher Vorbehalt im deutschen und
italienischen Text, wahrscheinlich als selbstverständlich, ausgefallen
ist; denn hierunter kann nur eine Übereinkunft über die Höhe der
Entschädigung, nicht aber eine solche, die Entschädigung durch Schieds-
spruch festsetzen zu lassen, verstanden werden.
3. Jst daher auf die Festsetzung des streitigen Honorars einzntreten, so
ist vorerst anzuerkennen, dass es sich um einen wichtigen Rechtsstreit,
bei dem grosse Interessen auf dem Spiele standen, gehandelt und dass
dementsprechend der Anwalt gewiss auf ein reichlich ausgemefsenes Honorar
Anspruch hat, Trotzdem erscheint die Rechnung des Jmpetraten erheblich
übersetzt. Es mag sein,
590 Civilrechispsiege.
dass die Sammlung des Materials sehr viel Zeit und Müheerfordert
hat. Anderseits ist aber, was die Abfassung der Rechtsschriften
anbetrifft, zu beachten, dass die Klageschrift von 19 Folioseiten im
Druck auf den ersten 12 Seiten in der Hauptsache nur Wiedergabe von
Material ist Und dass die Replik nichts wesentlich neues bringt. Auch war
die Orientierung über die in Betracht kommenden Rechtsfragen dadurch
erleichtert, dass bundesgerichtliche Entscheidungen über durchaus
ähnliche Fälle vorhanden waren (Entsch. i. S. Nordosibahn-Gesellschaft
gegen Sihlthalbahn-Gesellschaft, betr. Station Sihlbrngg, Amit. Samml.,
Bd. XXV, 2. Teil, S. 780 ff.; i. S. der erstern gegen die Gesellschaft der
Vereinigten Schweizerbahnen, betr. Station Gossan). Dass in rechtlicher
Beziehung ausserordentliche Schwierigkeiten vorgelegen hätten, kann
daher nicht gesagt werden. Schliesslich ist doch auch nicht zu übersehen,
dass der Prozess nicht durchgeführt, sondern vor der Beweisabnahme durch
Vergleich erledigt worden ist. Es kann daher nicht angenommen werden,
dass diese Prozessführung, wie der Jmpetrat behauptet, ihn 70 Arbeitstage,
also fast ein Vierteljahr nach Arbeitstagen gerechnet, voll in Anspruch
genommen habe; wenn sich der Jmpetrat an circa 70 verschiedenen Tagen
mit der Angelegenheit befasst haben sollte, so hat er gewiss daneben
jeweilen noch zahlreiche andere Geschäfte besorgt. Unter Berücksichtigung
all dieser Umstände erscheinen die Honoraransätze, die sich im Gutachten
des Fürsprechers Scheurer finden, und die von der Jmpetratin anerkannt
werden, als sehr reichlich bemessen; sie halten sich an der obersten
Grenze des Angemessenen, und esliesse sich für das Bundesgericht in
keiner Weise rechtfertigen, höher zu gehen. Das streitige Honorar ist
somit auf 2000 Fu festzusetzen In dieser Summe sind die vom Jmpetraten
bezahlten Druckkosten unstreitig nicht inbegriffen; erkannt:
Die Honorarfordernng des fürsprechers Lenz wird auf 2000
Fr., die Druckkosten der Klage und Replik nicht inbegriffen,
festgesetzt.LAUSANNE. ,KMP. GEORGES BRIDEL & C'ECIVILREGHTSPFLEGE
ADMINISTRATION DE LA JUSTICE CIVILE
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I. Abtretung von Privatrechten. Expropriation.
71. Zweit vom 17. November 1903 in Sachen Werten-von der MMM, Rek.,
gegen Grossh Yad. Jst-kuGtsenbahtwerwaltuug, Ver-Beet
Verzinsmîgsier Expropriatioeessummen, Beginn bei Bauland. Volle
Entschadzgung nach Art. 3 Expr-GB., Art. 4.6 M. 23 ead.
Das Bundesgericht hat
ans Grundlage des Urteilsantrages der Jnstruktionskommissson vom
23. Januar 1903, mit folgenden Zusätzent ss
A. Der Urteilsantrag der Jnstruktionskommission geht dahin:
'I. Der grossh. bad. Fiskus Eisenbahnverwaltung hat an Witwe Elise
Merian-von der Mühll in Basel zu bezahlen: für Abtretung der Parzelle
488 in Sekt. VII des Grundbuches Basel, haltend 12,591 mi, 11 Fr. 40
Ets. per m2 = 143,536 Fr. 40 Etas.
II. Dieser Betrag ist vom 12. Februar 1.901 an zu 472 0/0 zu verzinsen.
III. Die Verifikation des Ausmasses bleibt vorbehalten
'IV. Mit ihren abweichenden Begehren sind die Parteien abgemiesen.
V. (Kosten.)
xx1x, 2. 31903 39