382 Ci vilrechtspflege.

rechtskräftig geworden, und die Anfechtungsfrist habe nicht durch
Zulassung einer nachträglichen Eingabe wieder aufleben können. Die Frist
des Art. 250 Schuldbetr. u. Konk.-Ges. gelte auch für einen Gläubiger,
der eine Eingabe auf Grund einesSchuldenrufes gemacht habe. Gegen diesen
Entscheid richtet sich die Berufung des Kiägers mit dem aus Fakt. B
ersichtlichen Begehren.

2. Die Kompetenz des Bundesgerichts zur Beurteilung der Berufung
ist gegeben: Der Streitwert übersteigt 2000 Fr.; auch liegt ein
letztinstanzliches kantonales Hauptnrteil vor, da der Kläger mit seinem
Anspruch endgültig a limine abgewiesen wird.

3. In der Sache selbst ist der Entscheidung der Vorinstanz
beizutreten. Fraglich erscheint in erster Linie, ob die Beklagte dem
Kläger noch die Einrede der Verivirkung entgegenhalten dürfe-, nachdem
das Konkursamt selber auf diese Einrede verzichtet hat. Diese Frage
ist entgegen der ersten Instanz und im Sinne der Nichtgebundenheit
der Konkursmasse an diesen Verzicht, zu beantworten. Einmal ist
klar, dass das Konkursamt nach innen, den Gläubigern gegenüber, ohne
Vollmacht einen solchen Verzicht nicht aussprechen konnte. Aber auch im
Verhältnisse zum Kläger muss gesagt werden, dass der Verzicht für die
Konkursmasse nicht verbindlich sein kann, weil er eine ungesetzliche und
ungültige Verfügung in sich schliesst. Allerdings hätte diese Verfügung
auf dem Beschwerdewege angefochten werden können, und dies ist nicht
geschehen; allein nachdem sie nun die Voraussetzung der Klage bildet,
kann die Beklagte hier, im Prozesse, die Einrede der Ungültigkeit der
Verfügung geltend machen. Dass aber diese Einrede begründet ist, ergibt
sich aus folgendem: Gemäss Art. 234 Schuldbetr. n. Konk.-Ges. sind bei
der Liquidation einer ausgeschlagenen Verlassenschafi die infolge des
Schuldenrufes bereits angemeldeten Gläubiger einer nochmaligen Eingabe
enthoben. Die Anmeldung des Klägers beim Schuldenruse ist also vom
Konkursanite mit Recht als Konkurseingabe behandelt worden; über die
Zulassung oder Nichtzulassung dieser Eingabe hatte sich das Konkursamt
zu entscheiden. Das ist geschehen im Sinne der Nichtznlassung, und
hiegegen lief dem Kläger die Anfechtungssrist des Art. 250 Schuldbetr.
u. Konk.-Ges. Mit Nichtbenutzung dieser Anfechtungsfrist erwuchs der
Kollokationsplan dem Kläger gegenüber in Rechts-VIII. Schuldbetreibung
und Konkurs. N° 46. 383

kraft; er war in dieser Hinsicht ganz gleich gestellt wie jeder andere
Gläubiger, es war ihm gleich den andern Gelegenheit zur Anfechtung
gegeben worden, Um eine verspätete Konkurseingabe im Sinne des Art. 251
Schuldbetr.u. Konk.-Ges. handelte es sich bei der neuen Anmeldung vom
22. Dezember 1902 nicht, sondern um eine erneute Anmeldung derselben
Forderung Allerdings gehören auch nachträgliche Abänderungen und
Ergänzungen einer früheren Eingabe zu den zulässigen verspäteten Ein-

ss ,gehen; allein auch eine solche Abänderung oder Ergänzung liegt

in der fraglichen Eingabe keineswegs Danach aber war die Ver"fi"tgung
des Konkursaintes ' durchaus ungesetzlich und unhaltbar und es kann
daher der Kläger aus ihr auch keine Rechte abteiten.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt: Die Berufung wird abgewiesen und
das Urteil des Obergerichts Tdes Kantons Schaffhausen vom 27. Februar
1903 in allen Teilen Bestätigt

46. guten vom 28. 31m 1903 in Sachen Zeterörauerei Antheren Kl. u. B&M-,
gegen Hehwetzertsche York-baute Bekl. u. Ber.-Bekl.

Anfachtungsklage im Konkurse, Art. 288 Sch.u. Konk.-Ges. Anfecktimg
eines zur Deckung eines Ke'ediies beste-JenPferniirecletes, gegenüber
dem Pfanslglti'ubiger. Legitimation der einzelnen Kon.Imrsgldazbiger
zur Anfechtung, Art. 260 und 250 Sch.u. K Ges. Benachteiligung der
Gläubiger. '

A. Durch Urteil vom 7. März 1903 hat die I. Appellationskanimer des
Obergerichtes des Kantons Zürich erkannt:

Der Rekurs wird als begründet erklärt und die Klage abge'wiesen.

B. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin rechtzeitig Und in richtiger Form
die Berufung an das Bundesgericht erklärt, mit dem Antrage auf Aufhebung
des angefochtenen und Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

384 Civilrechtspflege.

C. In der heutigen Verhandlung erneuert der Vertreter ber

Klägerin diesen Berufungsantrag

Der Vertreter der Beklagten trägt ans Abweisung der Berufung an.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Die Gewerbebank Zürich war Gläubigerin von Bauineifter Villa in Zürich
für einen Darlehensbetrag Von 14,000 Fr., wofür der Schuldner einen
Schuldbries von 15,000 Fr. zu seinen Gunsten, haftend in II. Hypothek
auf der Liegenschaft des Gottfried Gattiker zum Neueck in Orlikon,
verpfändet hatte; zudemwar die Schuld durch Schlosfermeifter Günthardt
in Orlikon undF. Schlegel in Zürich verbürgt. Nachdem Villa (im Herbst
1900)in Konknrs gefallen war, ersteigerten die beiden Bürgen Günthardt
und Schlegel am 6. Dezember 1900 an der Werttitelgant den Schnldbrief
für 13,000 Fr. Am 8. Dezember gl. Z. übergaben die Bürgen den gleichen
Schnldbrief der heutigen Beklagten, Schweizerischen Volksbank in
llster, zu Faustpfand. Diese hatte schon im März 1899 dem Schuldner
des fraglichen Schuldbriefesi G. Gattiker, einen Kontokorrentkredit
von 16,000 Fr. eröffnet gegen Hinterlage von zwei Schuldbriefen von
16,500 Fr. und 16,600 Fr., und der Kredit war sofort in vollem Umfange
in Anspruch genommen worden in der Höhe von ungefähr 17,000 Fr.,. um
den dem Gattiker gekündeten Schnldbrief von 16,500 Fr. abzulösen. Am
8. Dezember 1900 nun erhöhte die Beklagte den dem Gattiker eingeräumten
Kredit auf 33,000 Fr., und eben hiefüu wurden die bereits in ihrem Besitze
befindlichen Schuldbriese von 16,500 Fr. und 16,600 Fr. weiter verpfändet
und zudem jener Schuldbrief von 15,500 Fr. von den Bürgen zu Faustpfand
gegeben, während Schlegel und Günthardt Überdies für den ganzen Kredit
von 33,000 Fr. Bürgschaft leisteten. Am 8. Dezember 1900 zahlte sodann
die Beklagte an Gattiker bezw. auf Rechnung diesesKredites 203 Fr. 10
Età., am 19. Dezember 1900 14,625 Fr. an die Gewerbebank Zurich aus,
womit die Forderung der Gewerbebank an Villa getilgt wurde, für welche
der Schuldbrief von 15,000 Fr. versetzt war und für die Günthardt und
Schlegel Bürgund Selbftzahlerschast geleistet hatten. In dem im Juni 1902
ausgebrochenen Konkurse über den Nachlass des -Vill. Schuldbetreibung
und Konkurs. N° 46. 385,

G. Gattiker meldete nun die Beklagte ihre ganze Forderung von- 36,373
Fr. nebst einem Faustpfandrecht an den bei ihr versetzten Schuldbriefen
von 16,500 Fr. 16,600 Fr. und 15,000 Fran. Forderung und Fausipfandrecht
wurden von der Kot-ihrsverwaltung im vollen Umfange anerkannt Dagegen
bestritt dies Klägerin, die ebenfalls Konkursgläubigerin ist, und
im Dezember 1900 gegen Gattiker Betreibung auf Grundpfandvlerwertung
angehoben, jedoch wegen ungünstigen Resultates tm September

ss 1901 auf das Grundpfand verzichtet und Fortsetzung der Be-

treibung aus Pfändung verlangt hatte, das Faustpfandrecht der Beklagten
für den 16,000 Fr. übersteigenden Betrag, und erhob gegen die Beklagte
Klage mit dem Rechts-begehren auf Aber-kennung des Pfandrechtes für den
(16,000 Fr. übersteigenden) Betrag von 20,373 Fr., Kollozierung dieser
Forderung In die V. Klasse, und Verwendung des Mehrerlöses der drei
Psanders über 16,000 Fr. hinaus zu Gunsten der Klägerin. Die Klagewurde
auf Art. 288 des Schuldbetreibungs und Konhnrsgesetzes gestützt: Der
Schuldner habe das Psandrecht bestellt m der der Beklagten erkennbaren
Absicht, die Bürgen Gunthardt und Schlegel zu begünstigen, und durch
diese Rechtshandlung die Konkurstnasse benachteiligt Der Einzel-richtet
des Yeztrksgertchtss Zürich hiess mit Urteil vom 16. Dezember 1902
dte Klage teilweise gut, indem er erkannte: Das von der Beklagten sur
ihre angemeldete Forderung von 36,373 Fr. nebst Zinsne. geltendgemachte
Pfandrecht ist unbegründet insoweit, al? die Yeklagte nicht berechtigt
ist, an den Schuldbriefen von 1k),t)00 {Sr. und-16,600 Fr. ein Pfandrecht
geltend zu machen für den m derv erwähnten Forderung enthaltenen Betrag
von 14,828 Fr. 10 (éténebst Zins ze. seit 8. Irene. 19. Dezember 1900
gemasz denjBuchauszug Akt. 24. Im Ubrigen wird die Klage abgewiesen

Dieses Urteil beruht ans folgenden wesentlichen Erwagungen: Durch das
im Dezember 1900 von der Beklagten ont dem Schuldner Gattiker und den
Bin-gen abgeschlossene Geschaft seien diese letztern begünstigt worden;
denn einerseits set-der Schuldbries von 15,000 Fr. wertlos oder doch
minderwertig, was sich aus einer der Klägerin von der Beklagten sam
18. Dezember 1900 gemachten Osferte, die Klägerin solle die Liegenschaft
an

386 Civilrechtspflege.

sich ziehen und dafür unter anderem der Gläubiger des Briefes seine
Forderung um 5000 bis 10,000 Fr reduzieren, sowie aus der Tatsache, dass
die Burgen selber den Brief haben kaufen müssen, ferner aus dem Resultate
der Ganten ergebe; anderseits haben die Schuldbriefe von 16,500 und 16,600
Fr. für das auf sie gewährte Darlehen von 16,000 Fr. ausreichende Deckung
geboten. Diese Begünstigung der Bürgen sei aber auch beabsichtigt gewesen,
wie aus einem Schreiben der Beklagten vom 8. Januar 1902 hervorgehe;
die Beklagte habe auch die ökonomische Lage des Schuldners Gattiker
gekannt. Gleichwohl könne die Klage nicht im vollen Umfange gutgeheissen
werden. Einmal haften die Schuldbriefe von 16,500 und 16,600 Fr. nicht
nur für den Kapitalbetrag des ersten, unanfechtbaren Kredites von 16,000
Fr., sondern noch für Zinsen, Kommission und Speien. Ebenso könne
nichts dagegen eingewendet werden, dass die Beklagte am Schuldbrief
von 15,000 Fr. ein Pfandrecht für die Forderung von 14,828 Fr. 10 Cis
geltend mache, denn so viel habe die Beklagte dafür, dass ihr dieser
Schuldbries verpfändet worden sei, hingegeben, und damit sei der Klägerin
kein Nachteil entstanden, da der Schuldbrief vorher überhaupt nicht dem
Schuldner gehört habe. Auch erstrecke sich das Pfandrecht auf Zinsen,
Kommission und Spesen dieses Betrages Dagegen dürfe sich die Beklagte
für ihre zweite Forderung (von 14,828 Fr. 10 Ets.) nicht an die ihr für
den ersten Teil haftenden Schuldbriefe halten, da hierin die erwähnte
Begünstigung der Bürgerl liege. Wohl aber dürfe sie für ihre frühere
Forderung (16,000 Fr. nebst Zins ec.) den Schuldbrief von 15,000 Fr. als
Pfand in Anspruch nehmen. Die zweite Instanz, an welche nur die Beklagte
mit dem Antrage auf gänzliche Abweisung der Klage rekurrierte, während
die Klägerin sich beim erstinstanzlichen Urteil beruhigte, ist zu ihrem
eingangs mitgeteilten, die Klage abweisenden Urteile auf Grund folgender
Erwägungen gelangt: Zunächst könne die Legitimation der Klägerin nicht mit
Grund bestritten werden. In der Sache selbst sei allerdings richtig, dass
ohne die Verpfändung der Schuldbriefe von 16,500 Fr. und 16,600 Fr. für
das weitere Darlehen von 14,625 Fr. ein Vorerlös aus jenen Schuldbriefen
den Konkursgläubigern zu gute gekommen ware; es sei auch in Anbetracht
der Wertlosigkeit desVIII. Schuldbeireibung und Konkurs. N° 46. 387

Schuldbriefes von 15,000 Fr. anzunehmen, dass das weitere Darlehen
nur auf jene frühem Schuldbriefe gegeben worden fei. Allein darin,
dass die Beklagte auf jene Schuldbriefe hin ein weiteres Darlehen von
14,625Fr. gemacht, liege an und für sich kein anfechtbares Rechtsgeschäft;
denn der Schuldner Gattiker habe den vollen Betrag, für den das Pfandrecht
in Anspruch genommen werde, erhalten, und es könne daher auch nicht von
einem Schaden der Konkursgläubiger gesprochen werden Sie seien aller-

dings geschädigt, aber nicht durch die Verpfändung der Schuld-

hriefe, sondern dadurch, dass mit dem von der Beklagten durch diese
Verpfändung erhältlich gemachten Betrage der Schuldner Gattiker eine
Schuld des Vitta bei der Gewerbebank Zurich bezahlt habe, ohne dass eine
Schuldpflicht Gattikers hiefür bestanden habe. Der Schuldner Gattiker
habe dadurch freilich die Burgen Günthardt und Schlegel begünstigt;
aber eben erst durch ein weiteres Geschäft, nicht durch die Verpfändung
Frage es sich sonach endlich noch, ob die weitere Verpfändung der beiden
Schuldbriefe auch der Beklagten gegenüber deshalb anfechtbar sei, weil
sie gewusst habe, dass das dadurch erhobene Darlehen zur Begünstigung
der Bürgen Günthardt und Schlegel verwendet werden sollte, so müsse
allerdings angenommen werden, dass sowohl die ungünstige finanzielle
Situation des Gattiker, als auch die Absicht Gattikers, die Bürgen vor
einem finanziellen Verluste zu bewahren, der Beklagten bekannt gewesen
sei. Allein dessenungeachtet könne die Gewährung des Darlehens von l4,625
Fr. und die damit verbundene Verpfändung der Schuldbriefe des Gattiker
gegenüber der Beklagten auf Grund des Art. 288 des Bundesgesetzes
betreffend Schuldbetreibung und Konkurs nicht angefochten werden. Denn
weder die Gewährung des Darlehens an Gattiker, noch die Verpfändung der
beiden Schuldbriefe stellt eine Begünstigung der Burgen Günthardt und
Schlegel zum Nachteile der andern Gläubiger dar. Die Begünstigung lag nur
in der Verwendung des Darlehens, darin, dass mit den erhältlich gemachten
14,625 Fr. eine Schuld getilgt wurde, für die die Bürgen Günthardt und
Schlegel hätten aufkommen sollen. Wenn auch die Beklagte bei Hingabe
des Darlehens gewusst haben

sollte, dass der Schuldner Gattiker das Darlehen zur Begünsti-

888 Civilrechtspflege.

gung von Glänbigern benutzen werde, so kann denno das 'der Beklagten
abgeschlossene Rechtsgeschäft nicht angefocgten wîîî den, weil
in demselben weder eine Benachteiligung der Gläubiger noch eine
Begünstigung von solchen liegt. Deswegen, weil der Schuldner die durch
ein unanfechtbares Rechtsgeschäft erworbenen Geldmittel zur Begünstigung
einzelner Gläubiger benützt wird 1enes erste Geschäft nicht ansechtbar,
auch wenn der Gegienkom trahent des Schuldners hätte wissen können,
dass ein solcher Gebrauch von Seite des Schuldners beabsichtigt fei.

2. (Streitwert.)

3. Jst daher auf die Berufung einzutreten, so ist zunächst daran zu
erinnern, dass gemäss der Sachlage vor Bundesgericht wte schon vor
zweiter Instanz) die einzige sireitige Frage die ist: ob das am 8 Dezember
1900 von Gattiker zu Gunsten der Beklagten bestellte Pfandrecht an den
zwei Schuldbriefen von 16,500 und 16,600 Fr. znr Deckung des weitern
Kredites auf Grund des Art. 288 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung
und Konkurs anfechtbar ist und ob demzufolge dievBeklagte sich nicht
an diese Pfänder halten kann für das Darlehen von 14,828 Fr. 10 Età.,
das sie am 8./19. Dezember 1900 dem Gattiker gewährt und aus dem dieser
eine Schuld des Van bei der Gewerbebank Shriek), welche von Günthardt und
Schlegel verbnrgt war, bezahlt hat. Bei Entscheidung dieser Streitsrage
erhebt sich in erster Linie die Frage der Legitimation der Klägermtzur
Klage. Die Beklagte bestreitet auch heute noch die Legitimation der
Klägerin, indem sie geltend macht: Da die Verlassenschaft Gattikers in
Konkurs erklärt worden sei seien zur Anfechtungsklage legitimiert nur
die Konkursverwaltung oder die Glaubiger, bei denen die Voraussetzungen
der Art. 260Kund 269Abs. 3 des Schuldbetr. u. Konk.-Ges. zutreffen,
d. h. denen die Rechte der Konkursmasse abgetreten seien; diese
Voraussetzungen seien nun aber für die Klägerin nicht erfüllt. Nun hat
das Bundesgericht in seinem Urteile vom 1. März 1895 in Sachen Dursteler
gegeit·Schweizerische Bolksbank (Amtl. Samml. Bd. XXI, S. 279 ff., spez·
S. 284 f. Erw. 5) die Legitimation der einzelnen Konkursgläubiger, im
Kollokationsverfahren die Ansechtungsklage zu stellen, auf Art. 260 des
Schuldbetr. u. Konk-V.... Schuldhetreibung und Konkurs. N° 46. 389

Ges. gegründet, indem in der Zulassnng einer Forderung durch die
Konkursverwaltung ein Verzicht aus die Anfechtung liege und damit nach
die stillschweigende gesetzliche Abtretung des Anfechtungsanspruches an
die einzelnen Gläubiger gegeben sei. Indessen kann dieser Auffassung bei
näherer Prüfung nicht beigetreten werden. Denn vorerst ist es unrichtig,
in der Zulassung zur Kollokation durch die Konkursverwaltung einen
Verzicht der Masse im Sinne des Art. 260 des Schuldbetr.u. Konk.-Ges.
die Anfechtungsklage zu erheben, zu erblicken; die Zulassung durch die
Konkursverwaltung bedeutet nur einen Verzicht dieses Organs, nicht aber
einen Verzicht der Masse selbst, die im Gegenteil -durch das Organ der
Gläubigerversammlung die Zulassung und den Kollokationsplan anfechten
kann. Sodann kann Art. 260 des Schuldbetr.und Konk.-Ges. überhaupt keine
Anwendung finden auf einen Anspruch auf Anfechtung des Kollekationsplanesz
die Ansprüche, von denen der genannte Artikel spricht, müssen vielmehr
solche materiell-rechtlicher Natur, Vermögensrechte, sein, aus denen der
einzelne klagende Gläubiger Befriedigung erhalten farm; nur ein Verzicht
auf solche Ansprüche ist in Art. 260 leg. cit. verstanden. Die Zulassnng
einer Forderung im Kollokationsplane nun bedeutet nicht einen Verzicht
in diesem Sinne, wie klar daraus erhellt, dass im Falle der Bestreitung
der Zulassung nicht ein realisierbares Recht erstritten, sondern bloss
die Nichtzulassung erreicht wird. (Vergl. hierüber des nähern den
Entscheid des Bundesgerichts vom 22. Dezember 1902 i. S. Schädeli gegen
Konkursmasse Schädeli die (Cie., Blätter für zürcherische Rechtsprechung,
H, Nr. 90*.) Kann so die Klägerin ihre Legitimation allerdings nicht
auf die mehrgenannte Gesetzesbestimmung stützen, so folgt sie dagegen
aus Art.250 leg. cit. Indem diese Gesetzesbestimmung den einzelnen
Konknrsgläubigern das Recht auf Anfechtung des Kollokatinsplanes und
damit auf Bestreitung der Zulasfnng eines andern Gläubigers nach Bestand
oder Rang der Forderung gibt, muss sie dem bestreitenden Gläubiger auch
alle Ansechiungsgründe in die Hand geben, welche die Masse oder der
Gemeinschuldner dem zugelassenen Anspruch ent-* Unten Nr. 47, Erw. 2.

890 Civürechtspflege.

gegenstellen können, da andernfalls die Anfechtung des Kollokationsplanes
unwirksam wäre, denn der einzelne bestreitende Gläuger und sein
Prozessgegner stehen in keinen direkten Rechtsbeziehungenz diese
existieren nur zwischen dem Gläubiger, dessen Anspruch bestritten wird,
einerseits-, dem Gemeinschuldner oderder Masse anderseits Indem nun das
Gesetz dem einzelnen Gläubiger das Recht auf Bestreitung der Zulassung
eines andern Gläubigers gibt, muss jener logischerweise auch berechtigt
sein, alles Bestreitungsgründe, die sich aus jenen Rechtsbeziehungen
ergeben, geltend zu machen. Das ergibt sich auch noch aus folgender
Betrachtung: Wie bei der Abtretung der Ansprüche der Konkursmafie nach
Art. 260, klagt auch der den Kollokationsplan anfechtende Gläubiger,
der die Zulassung eines andern Gläubigerss bestreitet, nicht aus eigenem
Recht, sondern als procurator in rem suam, als Vertreter der Masse,
wenn auch auf seinen eigenen Namen und mit dem Rechte auf den Vorerlös
aus der weggewiesenen Forderung mit Einschluss der Entschädigung für
das Prozessrisiko. Jst aber die Stellung des Gläubigers gegenüber der
Feststellung des Kollokationsplanes in diesem Sinne aufzufassen, so muss
der einzelne Gläubiger auch die Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäftes,
auf Grund dessen ein anderer Gläubiger die Zulassung erlangt hat,
geltend machen können, ohne dass es hier einer Abtretung seitens der
Masse bedarf. (Vergl. Jäger, Kommentar, Art. 250 Anm. 9, S. 455.)

4. Die Klägerin ficht, wie in Erwägung 3 bemerkt, nur die Verpfändung
der beiden Schuldbriefe von 16,500 und 16,600 Fr. durch Gattiker an
die Beklagte an, und zwar auf Grund des Art. 288 des Schuldbetr.u.
Koni-(Hei. Nach dieser Gesetzesbestiinmnng sind ansechtbar alle
Rechtshandlungen, welche der Schuldner in der dein andern Teile
erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen
oder einzelneGläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen. Zum
Tatbestande dieser sogenannten Deliktspauliana gehört danach eine
Rechtshandlung, die die Erekutionsrechte der Gläubiger direkt oder
indirekt schädigt, ferner die Absicht der Benachteiligung der
Gläubiger oder die Absicht der Begünstigung einzelner Gläubiger
zum Nachteil anderer, endlich die Erkennbarkeit dieser Absicht,
dasVIII. Schuldbeireihung und Konkurs. N° 46. 39}.

Wissenkönnen derselben, beim andern Teil. Ineoncreto müsste also
die angesochtene Verpfändung eine Benachteiligung der Gläubiger oder
eine Begünstigung einzelner Gläubiger zum Nachteile anderer objektiv
bewirkt, müsste ferner der Schuldnsr Gattiker diese Verpfändung in
der Benachteiligungsoder Vegnnstigungsabsieht vorgenommen haben, und
müsste endlich diese Absicht der Beklagten erkennbar gewesen sein. Nun
fehlt es aber schon ant ersten, objektiven, dieser Erfordernisse,
der Benachteiligung, Schadigung der Gläubiger oder einzelner Unter
ihnen. Voraussetzung einer solchen Benachteiligung ist vor allem die
Verschlechterung oder Verminderung der Vermögenslage des Schuldners
(vergl., Urteil des Bundesgerichtes vom 5. März 1902 in Sachen Träubler
gegen Weber, Amtl. Samml., Bd. XXYIIL'Z Teil, S. 160 Erw. 3), aus
dessen Vermögen die Gläubiger ihre Befriedigung zu erlangen haben. Dass
eine solche durch die angefochtene Verpfändung stattgefunden habe,
kann nun unmoglich gesagt werden. Denn Gattiler hat als Gegenwert der
Ver-pfandung die Erhöhung seines Kredites von 16,000 auf 33,000 Fr.
und die Auszahlung einer Summe von 14F,828 Fr. 10 Cis. erhalten;
während er vor der Verpfändung uber den Mehrwert der Schuldbriese über
den ursprünglichen iKredit von 16,000 Fr. hinaus frei verfügen konnte,
stand ihm diese freie Verfugung nach der Verpfändung zu Über den Kredit,
den er mittelst derselben erlangt hatte, so dass seine Vermögenslage
nach wie vor die gleiche war. Eine Verminderung hat dann das Vermögen
Gattikerlsv allerdings erfahren, aber erst in der Folge, nämlich durch
die Verwendung des mittelst der Verpfändung erlangten Kredites zurv
Tilgung einer Schuld des Villa an die Gewerbebank Zurich, zu deren
Bezahlung Gattiker nicht verpflichtet war. Diesen letzte Handlung hat
also objektiv eine Verminderung des Vermogens Gattikers herbeigeführt;
sie ist aber auch subjektiv erfolgt in der Absicht, die Bürgen Villas bei
der Gewerbebank, Schlegel und Günihardtz zu begünstigen, und hat-diese
Absicht auch erreicht. Diese zweite Rechtshandlung aber ist nach der
Aktenlage etwas juristisch von der ersten, angefochtenen Rechtshandluug
_der Verpfändung durchaus unabhängiges Wie die angesochtene Verpfändung
vin 8. Dezember 1900 unanfechtbar ware, wenn

-392 Civilrechtspflege.

Gattiker das dadurch erlangte Geld für sich behalten hatte, so kann
sie auch, an sich betrachtet, nicht anfechtbar sein deswegen, weil das
dadurch erlangte anshingegeben worden isf; denn bei der gegenteiligen
Auffassung würde die Anfechtbarkeit einer Rechts-handkung nicht
von dieser Handlung selbst abhängen, sondern vom Eintritt einer
spätern Tatsache. Von einer Anfechtbarkeit der Verpfändung könnte
nur dann die Rede sein, wenn Verpfändung, dadurch erlangter Kredit,
und Begünstigung der Burgen Grimhardt und Schlegel als eine einzige,
zusammenhängende, nicht trennbare Rechtshandlung anzusehen ware, wie
das von der Klägerin behauptet wird, Allein diese Behauptung findet
in den Akten keine Anhaltspunkte Die blosse Tatsache, die übrigens
zweifelhaft erscheint und auch keineswegs etwa von der Vorinstanz
festgestellt wird, dass die Beklagte von der Begünstigungsabsicht
Gattikers Kenntnis gehabt hätte, genügt, wie die Vorinstanz richtig
ausführt, keineswegs, um die Verpfändungshandlung zu einem anfechtbaren
Rechtsgeschäft zu stempeln. Zu diesen Erwägungen kommt endlich noch
folgendes-, um die Unansechtbarkeit der angesochtenen Rechtshandlnng
und die Unbegründetheit der vorliegenden Klage vollends darzutun:
Die Anfechtungsklage hat zum Zweck die Rückgewähr des auf ansechtbare
Weise erlangten und die Wiederherstellung des vorherigen Zustandes
(vergl. Art. 291 des Schuldbetr. n. Koni-MT.); sie ist zu richten gegen
denjenigen, der das angefochtene Rechtsgeschäft abgeschlossen hat oder
aus anfechtbare Weise befriedigt worden ist, sowie was hier nicht in
Betracht kommt gegen dessen Erben, und gegen bösglänbige Dritte. Nun hätte
aber die vorliegende Klage gar nicht den Erfolg, einen von der Beklagten
erlangten rechtswidrigen Vermögensvorteil wieder zurückzuerlangen; denn
die Beklagte hat gar keinen rechtswidrigen Vermögens-dorten erworben,
da sie ja sals Gegenleistung für das Pfandrecht das Darlehen gewährt
hat. Eine Begünstigung haben einzig die Burgen Villers Günthardt und
Schlegel, erfahren; würde nun die Anfechtungsklage als begründet erklärt,
hätte das zur Folge, dass die Beklagte einen Verlust erleiden würde auf
der dargeliehenen Summe, während sie aus dem Darlehen gar keinen Vorteil
gezogen hat und die Vertpfändung den Gläubigern keinen Nachteil brachte,
dass dagegen VIII, Schuldhetreihung und Konkurs. N°27. 393

die Zahlung an die Gewerbebank Zürich für Villa, welche das Vermögen
Gattikers vermindert, die ss Gläubiger benachteiligt und die Burgen
Günthardt und Schlegel begünstigt hat, gleichwohl bestehen bliebe -eine
Konsequenz, die allein schon das unhaltBare des klägerischen Ansprnches
zeigt. ' Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und somit das Urteil der I.
Appellationskammer des Obergerichtes des Kantons gih-id} vom "I. März
1903 in allen Teiken bestätigt.

47. get-teil vom 22. Dezember 1902te in Sachen Fonäursmatfe Eduard
gradoni, Ben. u. Ber.-Kl., gegen Donkursmasse Firma go. MMM & gta.
Kl. u. Ber.-Bekl.

Rean der Konkursgiänbéger, einen Koläakatianspmzess, von dem
die Konkursverwaltung abgestcmden, weiterzuführen. Abtretung von
Rechtsampmlchen der Masse an einzelne Gläubiger. Art. 260 Sch.u.
,K.-Ges. Das Recht zmWetterzieleemg eines Urteils kann nicht Gegenss'and
der Aòtretung sein. Natur der c Abtretung . Selbständiges Recht
der Konkursgldubziger ,zur Weiterführung des Prozesses ? Art. 250
cod. Interventionsbefugnis?

' A. Am 30. März 1901 löste sich die aus dem Komplementär {Eduard
Schädeli und dem Kommanditär Otto Welti bestehende Kommanditgesellschaft
Ed. Schädeli & Cie. durch Vereinbarung der beiden Gesellschafter
auf. Schädeli übernahm die Aktiven und Passiven der Gesellschaft,
wogegen er die 10,000 Fr. betragende Kommandite an Welti baldmöglichst
zurückzahlen sollte. Zu diesem Zwecke verkaufte er dem letztern am
1. April 1901 das Eisenrvarenlager der anfgelösten Gesellschaft für den
vorläufig auf

* Dieses Urteil aus dem Jahre 1902 wird infolge Beschlusses der

Recueil Kommission des Bundesgerichts vom 6. Oktober !903 hiemit
nachträglich publiziert. ' ss

xxlx, 2. {903 26
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 29 II 383
Datum : 01. Januar 1903
Publiziert : 31. Dezember 1903
Quelle : Bundesgericht
Status : 29 II 383
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 382 Ci vilrechtspflege. rechtskräftig geworden, und die Anfechtungsfrist habe nicht


Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • schuldner • darlehen • bundesgericht • mass • kollokationsplan • burg • legitimation • weiler • konkursverwaltung • anfechtungsklage • konkursmasse • frage • richtigkeit • konkursamt • vorinstanz • deckung • vorteil • entscheid • benutzung
... Alle anzeigen