380 civilrechisptiege.

39. Zweit vom 20. Juni 1903 in Sachen Kantine-malte gut-setz
Bekl. u. Ber.-Kl., gegen Hammers-mit gem, KI. u. Ver-Beet

' . Art. 250, 251 Schuidbss ee. li'. Ges. DeroKlag-er,
KOÉLIRÎSogîfljîzîneédung zum Kollakateîonspian ein _Retenäwnereche geltend
gemacht hat und dem-it abgewzesen lluomfen ist, kann m der Klage ein
Pfandrecht beanspruchenKpodpierofknungkverirag· Konîokorrenfvertrag.
Behandlung dei Zensen und fiommzsseemîgeb-ühren im Konkssessse des
Keedihwhmers bezw. Kontokorrenischul mars. Novierende Wirkung des
Kontokorrentes.

A. Durch Urteil vom 11. März 1903 hat der Appellationsund Kassationshos
des Kantons Bern (1. Abteilung) erkannt: Der Klägerin ist das Begehren
Ihrer Klage Ins-Zweit zuge-: sprochen, dass von ihrer im Konkursverfahren
des Casar Moser als nicht vfandversichert behandelten Forderung von
24,747 gr., 30 Ets. ein Betrag von 7216 Fr. 10 Ets. als vsandversichert
in Klasse III aufzunehmen nutzbanzluweisef ist; soweit das Klagsiter e
t it dasle e a germe en. MENTI-?;; diesciesh Ursteil hat der Vertreter
der Beklagten recht zeitig und in richtiger Form die Berufung an das
Bundesgericht eingelegt, mit dem Antrage: Es ,fe! das Klagsbegehren
vollständig abzuweisen Und der Kollokationsplan der Konkurse muffe Moser
mit Bezug auf die angefochtene Anweisung der Klägerin zu bestätigen. h
E ss un des eri t ie t in rwag g: kagltkuin Dgezencihberz 1899 eröffnete
die Klägerin dem Citsar Maier, Bauunternehmer in Bern, einen Kredit bis
82,000 gr.,

worüber eine mit Kreditbrief mit Faustpfandvertrag betitelte

unde au enommen wurde. Nach deren Bestimmungen verpflichggf sich Mfogser
unter anderm, den daherigen Schuldbetrag nach dem jeweilen festgesetzten
Bankzinssusze zu verzinsen und un ge: schäftlichen Verkehre wenigstens
einmal mnert sechs Monaten um: zusetzen. Als Sicherheit übergab Moser
der Klage-ein vier Hm):thekarobligationen von je 40,000 Fr. Am 19. Mai
1900 wur eIV. Obiigationenrecht N° 39. ' 331

die Kreditsumme erhöht auf 140,000 Fr.; hiebei wurden die vier zu
Pfand gegebenen Hypothekarobligationen auch für die erhöhte Summe
verpsändet. Auch dieser Kredit war bald überschritten Der Buchauszug
vom 30. Juni 1900 weist einen Saldo zu Gunsten der Klägerin von 149,648
Fr. auf. Mittelsi mündlicher Vereinbarung wurde die Verpfändung der vier
Hypothekar-Obligationen auch aus die die Kreditsumme überschreitenden
Bezüge ausgedehnt Auf Ende Dezember 1900 betrug der Saldo zu Gunsten der
Klägerin 169,052 Fr. 10 Cts., was Moser mit Zuschrift an die Klägerin
vom 18. Februar 1901 bestätigte Am ö. März 1901 wurde fiber Moser der
Konkurs eröffnet; der Saldo zu Gunsten der Klägerin belief sich in diesem
Zeitpunkte auf 166,383 Fr. 80 Cis. Mit Konkurseingabe vom 13. April
1901 meldete die Klägerin diese Forderung gestützt auf Kreditbrief mit
Faustpfandvertrag vom 1. Dezember 1899 und 19. Mai 1900 an, wobei sie
erklärte, der Kreditakt mit Pfandvertrag laute nur aus 140,000 Fr., sie
mache jedoch im Sinne von Art. 224 bis 228 des Obligationenrechts das
Retentionsrecht auf die Faustpsänder im vollen Umfange der Forderung
geltend. Der Mugabe legte sie einen Buchauszug pro 5. März 1901 bei;
dieser enthält pro 31. Dezember 1900 Zinsen à 5 0/0 4070 Fr. 95 (Età.,
Kommission von 164,569 Fr. 25 Cis. 411 Fr. 40 Cts., Spesen 50 Cis Der
Konkursverwalter traf mit Bezug auf diese Konkurseingabe am 4. Juni
1901 folgende Verfügung: Von dieser Forderung werden als pfandoersichert
aufgenommen folgende Beträge: a) Von der Kapitalforderung ein Betrag

von . . . . . . . . . . . . Fr. 140,000 b) Die daraus resultierenden
Zinse, Pro-

visionen und Folgen, bis 5. März 1901

berechnet . . . . 1,836 -

c) Marchzins von 140,000 Fr., seit 5. März 1901.

Jnsoweit die eingegebene Forderung diese Beträge übersteigt, erfolgt
Kollozierung in der V. Klasse (vide Plan Nr. 114). Das in Anspruch
genommene Retentionsrecht an den Faustpsändern wird nicht anerkannt
(conf. namentlich Art. 225

332 Civilrechtspflege.

O.-R.). Mit Klage vom 18. Juni 1901 stellte nun die Klägerin das
Begehren: Es sei der Kollokationsplan im Konkurse des Cäsar Moser,
gewesener Bauunternehmer in Bern, in dem Sinne abzuändern, dass der
Kantonalbank für einen Betrag von 24,74'? Fr. 30 Cts. Anweisung auf den
Erlös aus den ihr unterm 1. Dezember 1899 und 19. Mai 1900 verpfändeten
vier Pfandobligationen . . . erteilt wird. In der Klagebegründung nahm
die Klägerin in erster Linie den Standpunkt ein, die Pfander haften auch
für den den schriftlich limitierten Kredit von 140,000 Fr. übersteigenden
Betrag; in zweiter Linie machte sie geltend, Zinse und Folgen übersteigen
die Summe von 1636 Fr. bedeutend: sie habe an Zinsen und Provisionen
zu fordern:

Auf 30. Juni 1900 Zinsen. . . . . . Fr. 2832 85
Kommissionen. . . . . . . . . 474 30 Auf 31. Dezember 1900 Zinsen . . . .
4070 95 Kommiffiouen. . . . . . . . . 411 40 Zusammen . . Fr. 7789 50

Diese Summe sei unter der Bezeichnung Zinse und Folgen ausser der von
der Konkursmasse anerkannten Summe von 1636 Fr. auf den Erlös aus den
Faustpfändern anzuweisen In dritter Linie endlich forderte sie Zuweisung
auf den Erlös der Pfänder für Zinsen und Folgen der Kreditsutnnte von
140,000Fr., die sie berechnete auf 7216 Fr. 10 Età., nämlich:

Zinse und Folgen auf 30. Juni 1900 . . Fr. 3276 45

31. Dezember 1900 . 3939 65

Total Zinse und Folgen . . Fr. 7216 10

für das auf 15. Juni 1900 berechnete Kapital von 139,965 Fr. 70 Cts Die
Beklagte, Konkursmasse des Cäsar Moser, trug auf Abweisung der Klage an,
indem sie zunächst den Standpunkt einnahm, die Klägerin sei nicht mehr
berechtigt, in der Klage ein Pfandrecht geltend zu machen, nachdem sie in
der Konkurseiugabe nur ein Retentionsrecht angemeldet habe, und überhaupt
eine ganz andere Stellung einzunehmen; sie habe damit die Begründetheit
der Abweisung ihrer Konkursanmeldnng selbst anerkannt. Des weitern wies
sie die Auffassung der Klägerin, dass die Psänder auch für die die
Kreditsumme Von 140,000 Fr. über-steigendenIV. Obligationen-sacht N°
39. 333

Beträge haften, zurück, und machte endlich mit Bezug auf die geforderten
Zinsen und Folgen geltend, die Zinse und Provisionen seien pro
31. Dezember 1900 zum Kapital geschlagen und dadurch sei die betreffende
Forderung noviert worden; das ergebe sich auch aus dem von der Klägerin
ihrer Konkurseingabe beigelegten Buchauszug.

2. Das in Fakt. A mitgeteilte Urteil der Vorinstanz (welches das
erstinstanzliche Urteil bestätigt und das den zweiten Eventualttandpunkt
der Klägerin gutheisst) beruht auf folgenden Erwägunget}: Die Einrede
der Verwirkung des Klagrechts sei nicht begrundet, da gemäss Art. 251 des
Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs die Geltendmachung von
Pfandrechten ten Stadium des Einspruchsprozesses grundsätzlich zulässig
sei und die Klägetin sich in der Konkurseingabe aus ein Retentionsrecht
habe berufen dürfen unbeschadet ihres Rechtes, in der Kollokationsklage
auf ein anderes dingliches Recht abzustellen. Die Frage sodann, ob eine
gültige Konstituierung des Faustpfandrechtes in dem don der Klägerin
behaupteten Umfange stattgefunden habe, _. die nach kantonalem Rechte
zu entscheiden sei, sei zu vernemen, und damit das Prinzipalbegehren
der Klägerin abzuweifen. Der Standpunkt der Beklagten ferner, es habe
mit Bezug auf die Zinsen und Kommissionen Novation stattgefunden,
sei unbegrtsindeh da es sich beim Verhältnis zwischen der Klägerin
und Safar Moser nicht um einen Kontokorrent-Vertrag, sondern nîn einen
Krediteröffnungs-Vertrag gehandelt habe. Dagegen seien htnwtedernm Zinse
und Kommissionen nnr von dem höchstderstcherten Betrage von 140,000
Fr. zu berechnen und sei also die eventuelle Berechnung der Klägerin
(die an sich nicht bestritten) zu Grunde zu legen.

3. Gemäss der Stellungnahme der Parteien gegenüber diesem Urteile Ist
vor Bundesgericht nur die Frage streitig, ob die Klägerin un Pfandrange
anzuweisen ist nicht nur für das Kapital von 140,000 Fr. und Zinsen
hievon vom 31. Dezember 1900 bis ON. März 1901 mit 1636 Fr., sondern
auch für weitere Zinsen von (216 Fr. 10 Ets fällig am 30. Juni und
31. Dezember 1900. Diese einzig noch streitige Frage ist zweifellos nach
eidgenossischem Rechte zu entscheiden Die vor den kantonalen Gerich-

334 Civilmchtspflege.

ten streitige Frage, wie weit sich das Pfandrecht auch auf Zinsen
und Kommissionen erstrecke, die allerdings nach kantonalem Rechte
zu entscheiden war, da es sich um die Verpfändung grundversicherter
Forderungen handelt (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 9. September 1893
in Sachen Volksbank Luzern gegen Stirnimami, Ath Samml., Bd. XIX, S. 548
ff., spez. 550 ff. Erw. 3), ist durch die Vorinstanz endgültig dahin
entschieden, dass die Faustpfänder haften für Zinsen und Kommissionen
der Kreditsumme von 140,000 Fr.; und die vor Bundesgericht nur noch im
Streite liegende Frage ist die, ob als diese Zinsen und Kommissionen
nur die 1636 Fr., für welche die Konkursverwaltung das Pfandrecht der
Klägerin anerkannt hat, oder aber auch die 7216 Fr. 10 Cis-. Zinse
u. s. w. aus dem Jahre 1900, in Betracht fallen. Die Entscheidung
dieser Frage aber ist einzig davon abhängig, ob mit Bezug auf diese
Zinsen u. s. w. Novation stattgefunden hat, richtet sich also nach
eidgenössischem Obli- gationenrecht.

4. Bevor auf die Entscheidung dieser Frage eingetreten wird, ist die
Verwirkiingseinrede der Beklagten zu prüfen, die sich darauf stützt,
die Klägerin dürfe in der Klage nicht mehr ein Pfandrecht beanspruchen,
nachdem sie in der Konkurseingabe nur aus ein Retmtionsrecht abgestellt
habe, welch letzteres sie implicite anerkenne. Mit der Vorinstanz ist
diese Verwirkungseinrede zu verwerfen. Nicht nur findet sie keinen
Anhaltspunkt im Gesetze, sondern sie widerspricht dem Geiste und System
des SchuldbetreiBangs: und Konkursgefetzes durchaus. Indem Art. 251
des Bundesgefetzes über Schuldbetreibung und Konknrs verspätete -d.
l). nach Ablauf der Eingabefrist gemachte Konkurseingaben keineswegs
ausschliesst, sondern nur gewisse Rechtsnachteile (Tragung der durch die
Verspätung verursachten Kosten, Ausschluss von den Abschlagsverteilungen,
die vor der Anmeldung stattgefunden haben) dafür festsetzt, muss
a. fortiori angenommen werden, dass auch Ergänzungen und Abänderungen
der ursprünglichen Eingabe zulässig sind. (Vgl. Jäger, Kommentar Nr. 11
zu Art. 232, Nr. 1 zu Art. 251; Art. 219, Nr. 1 am Ende.) Das ist um so
eher anzunehmen, als das ganze Prinzip des Gesetzes-, in Ubereinstimmung
mit der in den Gesetzgebungen der Gegen-IV. Obiigationenrecht. N° 39. 335

wart überall zum Durchbruch gekommenen Auffassung, dahin geht, ein
von starren prozessrechtlichen Formen freies LiquidastionsverfahreM
(so Reichel, Kommentar-, Art. 251 Anm. 2) zu

schaffen, und als weder aus der Zulassung verspäteter, abgeände-

,er oder ergänzter Eingehen, noch aus der Zulassung erweiterter
oder abgeänderter Begründung von Konkurseingaben im darauffolgenden
Kollokationsprozesse den übrigen Gläubigern oder der Konkursmasse
irgendwelche Nachteile erwachsen.

Ö. Wird nunmehr auf die Prüfung der in Erwägung 3 präzisierten materiellen
Streitfrage eingetreten, so fällt hiebei folgendes in Betracht: Die Summen
von 3276 Fr. 45 Età., Zinsen und Kommissionen auf 30. Juni 1900 und 3939
Fr. 45 Età, Zinsen und Kommissionen auf 31. Dezember 1900, aus denen sich
der Betrag von 7216 Fr. 10 Cis-. zusammensetzt, sind festgestelltermassen
jeweilen bei ihrer Fälligkeit dem Schuldner Moser belastet worden und
sind in den Rechnungsabschlüssen auf die genannten Termine enthalten;
und es fragt sich nun, ob durch diese Buchung und das Vortragen aus Saldo
eine Novation dieser Forderungen, eine Umwandlung in die Saldoforderung,
stattgefunden hat. Dies wäre zu bejahen, wenn das Rechtsverhältnis, in
dem die Klägerin mit Cäsar Moser gestanden, sich als Kontokorrent-Vertrag
darstellen würde. Denn der Kontokorrent-Vertrag fasst die während der
vereinbarten Rechnungs.periode erfolgenden Leistungen der Parteien derart
zu einer .Einheit zusammen, dass nur die durch den Rechnungsabschluss
zu ermittelnde Differenz zwischen der Gesamtleistung beider Teile
(zwischen dem Gesamtkredit und Gesamtdebit), der Saldo, .eingefordert
werden darf, während die einzelnen Leistungen der Parteien während
der Rechnungsperiode nur Rechnungsposten für die Saldofeststellung,
keine selbständig geltend zu machenden -Anspriiche begründen. Wird der
Saldo einer abgeschlosseuen Rechnnngsperiode nicht bezahlt, sondern
(einversiändlich) auf neue Rechnung vorgetragen, so verliert auch er
seine selbständige Natur und wird zu einem Posten dieser neuen Rechnung,
bestimmt, Win dem Saldo derselben aufzugeben. Durch die gemeinsame
Feststellung des Saldo der neuen Rechnung wird eine auf selbständigem
Fundament beruhende neue Saldosorderung, in welcher

336 Civilrechtspflege.

der frühere Saldo aufgegangen ist, geschaffen {So das Bundesgericht in
seinem Urteile vom 23. Juni 1893 in Sachen

Zundel & Cie. gegen Bollinger, Amtl. Samml., Bd. XIX,.

S. 408. Vgl. auch Urteil der I. Appellationskammer des Ober-

gerichts des Kantons Zürich in den Blättern für zürcherisches-

Rechtssprechung I, Nr. 2 und dort citierte.) Nun stellt sich die
Vorinstanz auf den Standpunkt, das gedachte Rechtsverhältnis sei nicht als
Kontokorrent aufzufassen, sondern die Verträge dom 9. Dezember 1899 und
19. Mai 1900 seien lediglich als Krediteröffnungs-Verträge zu bezeichnen
Allein auch wenn mit der Vorinstanz diese Verträge nicht als eigentliche
KontokorrentVerträge qualifiziert werden, und mit der herrschenden Lehre
angenommen wird, ein eigentliches Kontokorrentverhältnis bestehe nur dort,
wo auf beiden Seiten Forderungen und Schulden bestehen, aus der Verbindung
gegenseitig Ansprüche und Leistungen entspringen, so ist das Verhältnis
zwischen den Parteien doch nicht als blosses Krediterösfnungs-Verhältnis
zu bezeichnen. Denn bei einer blossen Krediteröffnung hätte Moser nur
das Recht gehabt, über die kreditierte Summe bis zum Höchstbetrag zu.

verfügen, nicht aber das weitere, Teilzahlungen zu machen und

sich von der Klägerin im Konto kreditieren zu lassen. Nun geht aber
schon aus der in Erwägung 1 mitgeteilten Verpflichtung des Kreditnehmers
Moser, den Schuldbetrag im geschäftlichen Verkehr wenigstens einmal
innert sechs Monaten umzusetzen, hervor, dass es sich um mehr als
eine blosse Krediteröffnung handelte, und Recht und Pflicht der
Entnahmen und der Einzahlungen festgesetzt wurde. Auch war die Form,
in derdie Vertragsparteien fortwährend verkehrt haben, diejenige eines
Kontokorrentes,. indem die an Moser oder für seine Rechnung von der
Klägerin gemachten Zahlungen in seinem Soll, die von ihm geleisteten
Zahlungen oder für seine Rechnung einkassierten Beträge in seinem
Haben gebucht wurden. Haben so die Vertragsparteien jedenfalls ihrem
Verhältnisse die Form des Kontokorrentes gegeben, so fragt sich nur
noch, ob sie bei Eröffnung. eines Kontokorrentes nur die Absicht
halten ihrem Verhältnisse die Form eines Kontokorrentes zu geben,
oder ob sie das Berhältnis auch den den Kontokorrent beherrschenden
RechtssätzenxIV. Obligationen-recht N° 39. . 337

unter-stellen wollten, was ihnen zweifellos freistand. Der Umstandnun,
dass die Klägerin selber nie etwas anderes verlangt hat als den Saldo,
nicht aber einzelne Ansprüche aus dem Kreditverhältnisse, und auch nur
diese Saldoforderung im Konkurs eingegeben hat, spricht entscheidend
dafür, dass die Vertragsparteien ihr Kreditverhältnis den Rechtssätzen
über den Kontokorrent Unter-stellen wollten Jst dein aber so, so folgt
daraus, dass die geforderten Zinse nicht mehr geschuldet, sondern in
der Saldoforderung aufgegangen find, was zur Abweisung der Klage führt.

6. Zum gleichen Resultate gelangt man aber auch, wenn man die Grundsätze
über den Kontokorrentvertrag auf den in Frage stehenden, in den Formen
des Kontokorrentes ausgeführten Kredit nicht anwenden will. Von diesem
Standpunkte aus kommt folgendes in Betracht: Die Krediteröfsnung von
seiten einer Bank an einen Kunden schliesst zwei pactu in sich: ein
pactum demutuo dando oder de credendo mit Bezug auf die von der Bank
bis zur Höhe der kreditierten Summe zu gewährenden Darlehem und ein
pactum de non petendo, gemäss dem der Kreditgeber sich verpflichtet,
die kreditierten und bezahlten Beträge vor Ablauf eines bestimmten
Termines oder vor Kündigung desganzen Kredites nicht zurückzuforden. Der
Kreditnehmer erscheint hienach einerseits als Gläubiger der Beträge,
die er bis zur Erschöpfung der Kreditsumme zu gute hat; er hat einen
Anspruch auf Aushändigung des Darlehens bis zum bestimmten Betrage
(vgl. Art. 329 und 331 O.-R.); anderseits ist er Schuldner der
jeweiligen Zinse. Zur Deckung dieser Zinse könnte nun der Kreditnehmer
jeweilen seinen Kredit in Anspruch nehmen. Um aber bei dieser Sachlage
unnötige Weiterungen zu vermeiden, und namentlich auch im Interesse
des Kreditgebers selbst, findet eine Kompensation der gegenseitigen
Forderungen und Schulden statt in der Weise, dass die geschuldeten Zinse
Ieweilen nicht eingefordert, sondern im Soll der Rechnung vorgetragen,
und so zumZ Kapital zugeschlagen, d. h. in eine Kapitalschuld umgewandelt
werden. Darin liegt ohne Zweifel eine eigentliche Novation. Genau so ist
es im vorliegenden Falle gehalten worden, und auch von diesem Standpunkte
aus kann von einer Forderung der Klägerin auf Zinse somit nicht mehr
die Rede

388 Givilrechtspflege.

sein. Auch für die auf 31. Dezember 1900 fälligen Zinse -(3939 Fr. 65
Cts.) ist keine Ausnahme zu machen, obschon der ursprünglich bewilligte
Kredit von 140,000 Fr. in diesem Zeitpunkte schon überschritten war
und daher argumentiert werden könnte, da Moser nach der Überschreitung
des Kredites nicht mehr Gläubiger der Klägerin gewesen sei, könne auch
von einer Kompensation zwischen seiner Forderung und der Forderung
der Klägerin auf die Zinsen keine Rede sein. Diese Argumentation geht
fehl. Denn erstens erklärt die Klägerin selber, der Kredit sei in
jenem Zeitpunkte mit ihrem Einverständnis überschritten gewesen Sodann
bringt die Einstellung von Zinsen im Soll einer auf einer Krediteröffnung
beruhenden Rechnung nach Überschreitung des Kredites und ihre Einbeziehung
in den Schlusssaldo an sich schon eine stillschweigende Erhöhung des
Kredites bis zum Betrage der debitierten Zinsen mit sich. Demnach hat
das Bundesgericht erkannt:

Jn Gutheissung der Berufung wird das Urteil des Appellationsund
Kassationshofes des Kantons Bern vom 11. März 1903 aufgehoben und die
Klage abgewiesen.

Vergl. auch Nr. 56, Urteil vom 26. Juni 1903 in Sachen Siegler
u. Bartholdi gegen Arth-Rigi-Bahngesellschast.V. Urheberrecht an Werken
der thleratur und Kunst. N° 40. 339

V. Urheberrecht an Werken der Litteratur und Kunst. Droit d'auteur pour
oeuvres de littérature et d'art.

40. geriet-it vom 12. Juni 1903 in Sachen Société des auteurs,
compositeurs et éditeurs de musique, Kl. u..Ber.-Kl., gegen "Wes-berger,
Bekl. u. Ver-Beil

Berufungsverfahren bei Streitigkeiten, bee" denen gemäss Art. 62 Org.Ges.
die Berufung aime Rücksicht auf den Streiéwert zulässig isi. -- Unerlaubte
Aufführung oder Veranstaltung eon Musikwerken. Haftbarkeit eines Wirtes
afs Gehülfen.

A. Durch Urteil vom 6. April 1903 hat das Dreiergericht des Kantons
Baselsiadt die Klage abgewiesen.

B. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin rechtzeitig die Berufung an das
Bundesgericht ergriffen, mit dem Antrage auf Gutheissung der Klage.

C. In der heutigen Verhandlung hat der Vertreter der Klägerin diesen
Antrag erneuert.

Der Vertreter des Beklagten hat aus Abweisung der Berufung und Bestätigung
des angefochtenen Urteils angetragen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Mit Cirkularschreiben vom 20. und 31. Mai 1901 forderte der
schweizerische Generalagent der Klägerin, Knosp-Fischer in Bem, den
Beklagten, der das Restaurant zum Schützenhaus in Basel betreibt,
auf, mit ihm einen Vertrag betreffend Erwerb des Aufsührungsrechts an
urheberrechtlich geschützten Werken der Tonkunst einzugehen, und im August
gleichen Jahres erliess er, als seine Schreiben unbeantwortet geblieben
waren, ein Verbot der Ausführung geschützter Werke. Weitere Verbote
folgten im August 1902. Da der Beklagte diese Verbote und Vorschläge
unbeachtet und dem Agenteu Knosp erwidern liess, er veranstalte die
Konzerte nicht, Knosp möge sich an die betreffenden Kapell-
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Document : 29 II 330
Date : 20. Juni 1903
Published : 31. Dezember 1903
Source : Bundesgericht
Status : 29 II 330
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : 380 civilrechisptiege. 39. Zweit vom 20. Juni 1903 in Sachen Kantine-malte gut-setz


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