80 B. Entscheidungen der Schuldbetreibungs--

srist zur Verteilung schreite, zwingt nicht zu einer andern Auffassung
Abgesehen davon, dass es leicht denkbar ist, dass bei der Aufstellung
derselben die Möglichkeit der Anfechtung der Verteilungsliste durch
Beschwerde ausser Acht gelassen wurde, ist zu beachten, dass sich die
Beschwerdefrist (wenn gesetzlich verfahren wird) nie weit über die
Auslegungsfrist wird hinausziehen können und dass dem Wort sofort nicht
unbedingt absolute Bedeutung beigelegt zu werden braucht, vielmehr die
Anweisung sehr wohl dahin verstanden werden kann, dass die Verteilung
sobald als möglich nach der Auslegungsfrist stattfinden solle. Auch
die Bestimmung in Art. 263 Abs. i, dass die Verteilungslisie und die
Schlussrechnung während zehn Tagen beim Konkursamte aufgelegt werden,
hat mit der Frage nach dem Beginn und der Dauer der Beschwerdefrist
an sich nichts zu tun. Wohl aber fällt Art. 263 Abs. 2 in Betracht,
wonach die Auslegung jedem Gläubiger unter Beifügung eines seinen Anteil
betreffenden Auszuges angezeigt with, allein nicht in dem Sinne, dass
dadurch für die Dauer bezw. für den Eudpuukt der Beschwerdefrist etwas
von Art. 17 abweichendes bestimmt worden wäre, sondern nur insofern,
als aller Regel nach der Zeitpunkt des Empfangs dieser Anzeige als
Anfangspunkt der Frist für die Erhebung einer Beschwerde gegen die
Verteilungsliste zu betrachten sein wird. Da die Anzeige gesetzlich
vorgeschrieben iii, können sich die Gläubiger darauf verlassen,
dass sie ihnen zugestellt wird, und sie brauchen sich daher vorher
um die Aufstellung der Verteilungsliste nicht zn kümmern. Anderseits
muss jetzt für sie die zehntägige Beschwerdefrist zu laufen beginnen,
sofern ihnen wenigstens gleichzeitig die Möglichkeit offen steht, von
der ganzen Verteilungsliste Einsicht zu nehmen, mit andern Worten, wenn
die Verteilungsliste bereits oder noch aufliegt, während es allerdings
fraglich sein kann, ob für den Fall, dass die Anzeigen vor der Auslegung
der Verteilung erlassen worden sind, die Beschwerdefrist nicht erst
mit letzterem Zeitpunkt anhebe. Im vorliegenden Falle nun sind die
Anzeigen nach Art. 283 Abs. 2 des Betreibungsund Konkursgesetzes am
13. Juni erlassen worden. Allein der Rekurrentin ist dieselbe, wie aus
einer an sich glaubwiirdigen Bescheinigung ihres Ehemannes hervorgeht,
erst amund Kankurskammer. N° 15. 81

14. Juni von der Post präsentiert und erst am 15· Juni abgenommen
worden. Wenn man auch von erfierem Datum ausgeht, so fiel dennoch die am
24. Juni erhobene Beschwerde innerhalb die zehntägige Beschwerdefrist und
durfte dieselbe nicht wegen Verspätung zurückgewiesen werden (vergl. hier
Archiv IV, Nr. 186).

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskamnier

erkannt:

Der Rekurs wird in dein Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid der
kantonalen Aufsichtsbehörde aufgehoben und die kaumnale Aufsichtsbehörde
angewiesen wird, auf die Beschwerde der Rekurrentin materiell einzutreten.

16. Entscheid vom 17. Februar 1903 in Sachen Konkursverwaltung Albin Adam.

Verteiiungsliste im Kankurse; Verhätänis zum Kollokatioeesplom. Vendo-ht
auf eine im Kollakationsplaee zugelassene und anerkannte Forderung ;
Wirkung auf die Fermi.-fun!]. Ein Z'ureickkommenauf die Kollokatime ist
im Verteilungsverfah-ren nicht mehr zulässig. Art. 261 sf. Schiaccia-G.

I. Laut dem in Rechtskraft erwachsenen Kollokationsplan im Konkurse
des Albin Adam in Allschwil wurde in V. Klasse eine Forderung des
Wiesentäler Bankvereins in Lörrach von 12,495 Fr. 60 Cis. zugelassen Nach
der am 12. Dezember 1902 von der Konkursverwaltung (Konkursamt Binningen)
ausgelegten Verteilungsliste betrug die Dividende der Gläubiger V. Klasse
8,735 0J9 ihrer Forderungen Am 22. Dezember erhob Benjamin Hauser,
der für 2834 Fr. 05 Cis. in V. Klasse kolloziert war, Beschwerde gegen
die Verteilungsliste, die aber von der kantonalen Aufsichtsbehörde mit
Beschluss vom 27. Dezember mit Rücksicht auf die im Handelsamtsblati
vom 25. Dezember 1902 erschienene Publikation betreffend Abänderung der
Verteilungsliste im Konkurse des Albin Adam in Allschwil einstweilen für
erledigt erklärt wurde. Die hier erwähnte Abänderung war dadurch hervor-

xx1x, 1. 4903 6

82 B. Entscheidungen der Schuidbetreibungs--

gerufen worden, dass der Wiesentäler Bankverein am 18. Dezember 1902
erklärt hatte, dass er seine kollozierte Ansprache um10,000 Fr. ermässige,
und sie ging dahin, dass diese 10000317 bei der Verteilung ausser
Betracht gelassen wurden, was zur golge hatte, dass die Dividende
der Gläubiger V. Klasse sich auf 9,060 0/0. " te. ' WI? Gegen die so
abgeändert-e Verteilungsliste erhob Benjamin Hauser mit Eingaben vom
29. Dezember 1902 und 2 Januar 1903 wiederum Beschwerde, die darauf
abzielte, dass die-auf den Wiesentäler Bankverein entfallende Dividende
statt sämtlichen Gläubigern nur dem Beschwerdeführer, der allein die
Verteilungsliste angefochten habe, zugewiesen werde: Die Konkursverwaltung
widersetzte sich diesem Ansinnen, wobei sie hervorheb, dag der Wiesentäler
Bankverein seine Ansprache am 18. Dezember non sich aus und nicht erst
auf die Beschwerde Hauserslhin reduziert habe. Die Aufsichtsbehörde
des Kantons Basel-Landschaft beschloss hierauf unterm 21. Januar 1903:
Die berichtigte Verteilungslifte wird, soweit sie sich auf den in Frage
stehenden KolloiJa-: tionsgelang bezieht, annuliert. Das Konkursaint
Binningen unrd angewiesen, über das frei gewordene Betresfnts des
Wiesentaler Bankvereins eine Nachtragskollokatidn anzufertigen. In den
Erwägungen wird ausgeführt: Die Aufsichtsbehörde sei nicht kompetent,
darüber zu entscheiden, wem der durch Ruckng einerin den Kollokationsplan
eingestellten Konkursemgabe freiwerdende Kollokationsgelang gehöre, ob den
sämtlichen Glaubigern derbetresfenden Klasse pro rata ihrer Forderungen,
oder ob einen-i einzigen Gläubiger, welcher die Verteilungsliste
angefochten hat. Um dem Beschwerdeführer zu ermöglichen, diese Frage
zum gerichtlichen Entscheide zu bringen, hätte nun aber die Konkurs-i
verwaltung nicht eine berichtigte Verteilungsliste, sondern feine
Nachtragskdllokation auflegen sollen, mit Einraumung der ublichen

Anfechtunsfrist. Damit die Sache in die richtige Bahn femme,

" ' ' ' ' " ' ben und die mu e deshalb die abgeanderte Verteilungsliste
aufgeho Kogkursverwaltung zu einer nachträglichen Kollokation betreffend

den freigewordenen Betrag angehalten werden. ' III. Gegen diesen Entscheid
hat die Konkursverwaltung im

Konkurse Adam, mit Genehmigung des Gläubigerausschusses,

rechtzeitig den Rekurs an das Bundesgericht ergriffen mit demund
Konkurskammer. N° 16. · 83

Antrag, es sei derselbe aufzuheben und die Beschwerde des B. Hauser
abzuweisen Der Kollokationsplan, wird angebracht, sei rechts- kräftig
geworben, und es gehe nicht an, nachträglich eine Komokationsstreitigkeit
zu entfachen, wie dies die Folge des Entscheides ware. Ein Privileg des
anfechtenden Gläubiger-s auf den Prozessgewinn sei im Betreibungsgefetze
bei Kollokationsstreitigkeiten vorgesehen, nicht aber bei Beschwerden
gegen die Verteilungsliste. Zudem habe der Wiesentäler Bankverein seine
Eingabe von sich ans reduziert, und nicht auf Beschwerde des B. Hauser
hin. Auch deshalb stehe letzterem kein Recht auf die sreiwerdende
Dividende zu. Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Es ist richtig, dass es nicht in die Kompetenz der Aufsichtsbehörden
fallen kann, über den Anspruch zu entscheiden, den B. Hause-: mit seiner
Beschwerde erhoben hat und der auf Zuteilung der Konkursdividende
geht, welche infolge der Reduktion der Ansprache des Wiesentäler
Bankvereins frei geworden ist. In der Tat handelt es sich hiebei um eine
materiellrechtliche Frage, die Frage nach dem Umfang des Konknrsanspruchs
des B. Hauser, speziell im Verhältnis zu den Ansprüchen der übrigen
Chirographargläubiger, für deren Beurteilung der Natur der Sache nach
im Streitsalle die Gerichte zuständig find. Dies rechtfertigt aber in
keiner Weise den Schluss, den die kantonale Aufsichtsbehörde gezogen
hat, dass die abgeänderte Verteilungsliste aufzu- heben sei und eine
nachträgliche Kollokation vorgenommen werden müsse. Der Kollokationsplam
der das Verzeichnis der zugelassenen Konkursgläubiger mit dem Betrag der
zugelassenen Forderungen und ihrem Range enthält, ist in Rechtskraft
erwachsen. Damit ist das Stadium der Kollokatidn geschlossen und die
Stellung der Konkursgläubiger in Hinsicht auf ihre Ansprüche an die Masse
und unter sich von dem Falle der Unvollftändigkeit des Kollokationsplanes
abgesehen endgültig und unabänderlich festgestellt Die Verteilung
hat lediglich den Zweck, das Liquidatidnsergebnis nach Massgabe des
Kolldkationsplanes den Gläubigern zuzuweisen; und die Verteilungsliste
bringt nur die arithmetische Ausrechnung des Anteils der Gläubiger an
dem Erlös aus den Aktiven nach ihrer im Kollokationsplan festgesetzten Be-

84 B. Entscheidungen der Schuldbetreihungs--

rechnung zur Darstellung Auf die Kollokation selbst kann daher in
diesem Stadium des Verfahrens nicht mehr zurückgekommen werden, und
für einen Prozess betreffend Anfechtung des Kollokationsplanes ist bei
Vereinigung der Verteilungslisie kein Raum mehr. Dass aber die Verteilung
selbst eine ungesetzliche sei, hat der Beschwerdeführer B. Hauser
gar nicht behauptet. Wenn trotzdem die kantonale Aufsichtsbehörde die
Verteilungsliste aufgehoben hat, so geschah dies einzig, um demselben die
Möglichkeit zu verschaffen, durch einen neuen Kollokationsprozess sich die
frei gewordene Dividende des Wiesentäler Bankvereins vom Richter zuteilen
zu lassen. Abgesehen jedoch von der Frage, ob dieses Ziel durch einen
Kollokationsprozess wirklich erreicht werden könnte, findet ein solches
Vorgehen im Gesetze durchaus keine Stütze. Die Erklärung des Wiesentäler
Bankvereins, dass er seine Forderung um 10,000 Fr. ermässige, hatte, als
zulässiger, einseitiger Verzicht auf bestimmte, durch die Kollokation
anerkannte Rechte, einfach zur Folge, dass nur noch der reduzierte
Betrag in die Kollokationsliste und die Verteitungsliste einzusetzen
war. Dabei ist es Völlig gleichgültig, ob der Verzicht durch Beschwerde
des B. Hauser veranlasst worden sei oder nicht. Denn wenn auch erster-es
anzunehmen wäre, so erhöhte sich dadurch einfach um so viel der zur
kollokationsmäszigen Verteilung bestimmte Betrag der Aktiven, und für
eine Zuteilung der daherigen Dividende an den Beschwerdesührer fehlt
im Gesetze jeglicher Anhaltspunkt. Glaubt der Beschwerdeführer Hauser,
dass ihm aus irgend einem Grunde ein Vorzugsrecht auf jene Dividende
zustehe, so mag er dies auf gutscheinende Weise gerichtlich geltend
machen. Einen Grund zur Aufhebung der Verteilungsliste aber gibt die
Erhebung eines solchen Anspruchs nicht ab, und ebensowenig nötigt diese
die Konkursverwaltung, eine nachträgliche Kollokation vorzunehmen oder
auch nur bei der Verteilung darauf Rücksicht zu nehmen. Demnach hat die
Schuldbetreibungs und Konkurskammer erkannt:

Der Rekurs wird im Sinne der Erwägungen für begründet er-

klärt und der angefo chtene Entscheid der Vorinstanzen aufgehoben-.und
Kankurskammer. N° 17. 85

17. Entscheid vom 17. Februar 1903 in Sachen E. Schutter.

Einstellung einer Betreibung. Gegenseiiige Stellemg der Betreibungsorgane
bezw. Aeefsichtsbekèisiden und der Gerichte. Eine, auf Grund kantonalen
Rechtes von den Gerichten verfügte Einstellung infolge Erhebung einer
Kiage über den materiellen Bestand, des Rechtsverhdtmisses, aus dem die
Beirez'btmg erfolgt, ist um dm Betreibeengsbehòrden nicht zu beachten.

I. Jngenieur E. Schulter in Zürich hat gegen den seit dem Sommer 1899
wegen Geisteskrankheit bevorniundeten Dr. R. Benner-Bircher daselbst
für drei Schuldbriessorderungeu von je 30,000 Fr. Betreibung auf
Verwertung der verpfändeten Liegenschaften, welch' letztere Schniter
dem Bennet im März 1898 Verkaust hatte, angehoben Ein Rechtsvorschlag
des schuldnerischen Vormundes wurde durch provisorische Rechtsösfuung am
25. Oktober 1901 beseitigt; auf Aberkennung ist innert der gesetzlichen
Frist nicht geklagt worden. Dagegen leitete der Vormund des Schuldners
Benner gegen E. Schniter nachträglich Klage auf Ungültigerklärung des
Kaufvertrages vom März 1898 und der Schuldbriefe ein, weil Dr. Benner
schon damals geisteskrank gewesen sei. Jusolge dieser Klage wurde auf
Begehren der Klagerschaft die Betreibung vom Gerichte provisorisch
eingestellt. Jndessen wies das Bezirksgericht Zurich, II. Abteilung,
die Klage sofort nach der Hauptverhandlung ab und hob gleichzeitig die
provisoIschelSisiierung der Betreibung auf. Am 10. Juni 1902 stellte
Pchntter beim Betreibungsamt das Verwertungsbegehren, dem Jedoch laut
Mitteilung vom 16. Juni nicht entsprochen wurde, weil der Präsident
des Appellationsgerichtes von Zürich durch Versagung vom 14. Juni, die
dann durch das Appellationsgericht selbst am 24. Juni bestätigt wurde,
die Betreibung neuerdings sistiert hatte.

lI. Gegen die Weigerung des Betreibungsamtes, die Verwertung anzuordnen,
führte E. Schniter Beschwerde bei der untern kantonalen Aufsichtsbehörde
mit der Begründung, dass die gerichtliche Sistierungsverfügung für die
Betreibungsorgane nicht
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 29 I 81
Datum : 17. Februar 1903
Publiziert : 31. Dezember 1903
Quelle : Bundesgericht
Status : 29 I 81
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 80 B. Entscheidungen der Schuldbetreibungs-- srist zur Verteilung schreite, zwingt


Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
kollokationsplan • frage • beschwerdefrist • konkursverwaltung • konkursdividende • erwachsener • betreibungsamt • beginn • angewiesener • richtigkeit • konkursamt • weiler • dauer • vormund • verwertungsbegehren • rang • stichtag • zuständigkeit • veröffentlichung • begründung des entscheids
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