182 Civilrechtspflege.

fabrique, il a néanmoins commis un acte illicite en faisant reproduire à,
son profit et presque mot pour mot, dans l'édition de 1901 de l'Agenda
des Dames, les réclames publiées par les demandeurs dans l'édition de
1900, et en cherchant ainsi, par un moyen parfaitement approprié à. ce
but, à produire la confusion dans l'esprit du public entre le sucre à
la. vanilline de sa fabrieation et celui produit par les demandeurs.
Par ses agissements illicites, le défendeur &. été en partie la cause
des procédés juridiques des demandeurs et, dans ces conditions, il ne se
justifie pas de 1111" allouer des dommagess intéréts pour le préjudice
que ces procédés ont pu lui causer.

Par ces motifs,

Le Tribunal fédéral prononce:

Le recours est déclaré fonde ei: le jugement de la Cour de Justice de
Genève, du 11 janvier 1902, est réformé en ce sens que les parties sont
réciproquement déboutées de leurs conclusions soit principales soit
reconventionnelles.VII. Schuldbetreibung und Konkurs. N° 15. 133

VII. Schuldbetreibung und Konkurs. Poursuites pour dettes et faillite.

15. Arteil vom 12. Februar 1902 in Sachen Fonkttrsmasfe Ischisseli,
Kl. u. Ber.-Kl., gegen Bank in Demqu Bekl. u. Ber.-Bekl.

Geièe-ndmaohzmg eines Pfanaîî'echtes ma einer Versicher-zmgsforderung
des Gemeinschiiiéaers. Amòeisung im Kollossfmtionsplffle. Kelloziemng
der Forderung % Klasse V. Wirkungen und Rechtskraft. Rechtsoerwahmng des
Ansprechers gegen den Kollokcxtionsplan ; Unwirk-- semkeéî. Art. 250
Scià.ii. Zank-GesAnfechtemg der Kollozierung durch die
Kankursmasse. Abtretung oder Verpfàndung der Versichertmgsforderung?
Cession an Zahlungsstatt, Cession za-hlungsimmer, Session zur
Sicherstellung.

A. Durch Urteil vom 5. Dezember 1901 hat das Obergericht des Kantons
Aargau erkannt: _

Die Klägerin ist mit ihrer Appellation abgewiesen.

Das angefochtene Urteil des Bezirksgerichtes Zofingen hatte gelautet:

Die Klägerin sei mit ihrer Klage definitiv abgewiesen.

B. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin rechtzeitig und in richtiger
Form die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag, das
Klagbegehren sei in Aufhebung des Urteils der Vorinsianz zuzusprechen.

G. In der heutigen Verhandlung vor Bundesgericht wiederholt der Vertreter
der Klägerin sein Berufungsbegehrenz der Vertreter der Beklagten beantragt
Abweisung der Berufung und Bestätigung des Urteils der Vorinstanz.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Tschiffeli-Sutermeister war Inhaber einer Wachstuchfabrik in
Zofingen. Er stand mit der Beklagten in Geschäftsverkehr und zwar
hatte sie ihm, hauptsächlich zur Diskontierung seiner Wechsel, einen
Kontokorrent-Kredit bis auf 15,000 Fr. gewährtfür den seine Mutter,
Witwe Tschiffeli-Gross, als Bürgin haftete.

184 Civilrechtspfiege.

Ausserdem hatte er bei der Bank einen Separatkonto von 10,000 Fr
welcher durch eine Lebensversicherungspolice gedeckt wurde, endlich
einen sogenannten Konto B, dessen Höhe sich je nach dem Wert der zu
seiner Sicherung faustpfändlich hinterlegten Valoren bemass.

In der Nacht vom 25.,326. Mai 1898 brannten die Fabriklokalitäten
Tschisfelis grösstenteils ab. Die amtliche Untersuchung ergab als
Brandursache Überheizung eines Ofens, welcher die Trockenräume bediente
Tschiffeli wurde wegen des hierin liegenden strafbaren Verschuldens dem
Polizeirichter überwiesen. Die erste Instanz verurteilte ihn zu einer
Geldbusse gemäss Feuer-polizeiverordnung und zur Restttution von 16
des Betrages, welchen ihm die kantonale Brandassekuranzanstalt für die
Beschädigung der Gebäulichkeiten entrichtet hatte. Das Obergericht aber
verneinte ein für den Brandausbruch kausales Verschulden und verhängte
lediglich eine Busse, weil Tschiffeli die vorgeschriebene Anzeige beim
Bezirksamt von der Jnstallation des verhängnisvollen Qsens unterlassen
hatte. Das Mobiliar der Fabrikräume und des Wohnhauses, sowie die
Warenvorräte waren bei der Gesellschaft eBanise in Basel versichert;
über die Vergütung des Schadens fanden zunächst Unterhandlungen
statt. Die Beschädigung der Maschinen wurde von der Gesellschaft auf
19,885 Fr. bewertet, Tschisfeli verlangte jedoch 29,000 Fr. und erhob am
15. Juli 1898 für diesen Betrag beim aargauischen Handelsgericht Klage mit
dem Vorbehalt, sein Begehren zu ergänzen, falls auch über die Vergütung
für die übrigen versicherten Objekte (Hausmobiliar und Warenvorräte)
keine Einigung erzielt werden sollte. Am 25. Juli forderte er Regulierung
des Mobiliarschadens mit 12,357 Fr., die Gesellschaft aber bestritt mit
Schreiben vom 28. Juli grundsätzlich ihre Haftpflicht und erklärte,
jede Auszahlung vom Entscheide des schwebenden Prozesses, in welchem
sie jenen Standpunkt vertrat, abhängig zu machen. Auf Betreibung vom
8. August erhob sie Rechtsvorschlag, ebenso gegen die weitere Forderung
von 28,466 Fr. 22 Cts. für versicherte Wareuvorräte, welche Tschisfeli
am 14. November 1898 zwangsweise geltend machte. Als dieser darauf
untätig blieb, strengte die Versicherungsgesellschaft gegen ihn eine
Provokations-VII. Schuldbetreihung und Konkurs. N° 15. 135

klage an, worauf er am 16. Dezember 1898 das vorbehaltene
Nachtragsklagbegehren für beide Forderungen einreichte. Die Gesellschaft
verneinte ihre Haftpflicht Die Streitsache wurde, nachdem das aargauische
Handelsgericht die Klage für den Betrag von 60,508 Fr. gutgeheissen
hatte, endgültig erledigt durch Urteil des Bundesgerichtes vom Z. Juni
1899*. Dieses erklärte die Ent"schädigungsforderungen für Maschinen
und Warenvorräte als unbegründet, da sie nach einer speziellen Klausel
der massgebenden TVersicherungspolizen als verwirkt erachtet wurden,
während der Ersatz für das Hausmobiliar, dessen Police jene Klausel
nicht enthielt, mit 12,357 Fr. zugesprochen wurde.

2. Am 27· Juli 1898 hatte Tschisfeli der Beklagten folgende Urkunde
ausgestellt: Der Unterzeichnete G. Tschisseli-Sutermeister in Zofingen
steht mit der Bank in Zosingen in Kontokorrentverkehr und hat bei
diesem Institut auch verschiedene Separat-Rechnungen, wofür Deckung
gegeben wurde. Die Kontokorrentforderung betrug auf 30. Juni 1898
14,952 Fr., ausserdem war auf diesen Tag ein Eigenbillet von 6000
Fr. verfallen, mit Bürgschaft der Frau Witwe Tschifseli in Neuen.stadt.
Der Schuldner hatte sein Hausmobiliar, die Maschinen und Waren bei
der Basler Feuerversicherungsgesellschaft ver sichert. Es werden die
Versicherungssummen nun, nachdem ein .;Brandsall eingetreten ist, fällig.

Unterzeichneter tritt nun von dieser Versicherungssumme der
Bank in Zosingen denjenigen Betrag ab, welcher zur Deckung fides
Kontokorrent-Saldo von 14,952 Fr., zuzüglich des Betrages allfälliger
Retourwechsel, sowie zur Saldierung des inzwischen erneuten Eigenbillets
von 56000 Fr. nötig ist. Die Versicherungsgesellschast wird ermächtigt,
den bezüglichen Betrag der Bank in Zosingen, gestützt auf deren Abrechnung
auszuzahlen. Mit Bezug auf die tatsächlichen Verhältnisse, welche dieser
sogenannten Abtretung zu Grunde liegen, nt an Hand der Akten folgendes
zu konstatieren: Mit Zuschriften vom 24. und 25. Juni 1898 teilte die
Beklagte ihrem Klienten Tschlssekk mit, dass zahlreiche (einzeln erwähnte)
Wechsel, die sie

** Amt]. Samm1., XXV, n, NO Zi, S. 416 ff.

136 Civilrechtspfiege.

für ihn diskontiert hatte, mangels Zahlung- oder unacceptiert
zurückgekommen seien, und ersuchte um sofortige Weisung, wasdamit zu
geschehen habe. Am 26. Juni gab Tschiffeli, nachdem er am Tage vorher
wieder verschiedene Wechsel zur Diskontierung eingeschickt hatte, einige
Aufklärungen und schlug vor, da er in nächster Zeit abwesend sein werde,
das Postbureau Zosingen anzuweisen, an seine Adresse eintreffende
Barfendungen der Bankv abzugeben Die Beklagte lehnte jedoch umgehend
seine Proposition ab, du sie zu auffällig wäre und leicht zu Missdeutungen
Anlass geben könnte. Vom gleichen Tage, 27. Juni, datiert ein Schreiben
der Beklagten an die Baloise, dass Tschiffeli nach seiner Mitteilung
sie (die Baloise) angewiesen habe, der Bank auf feineRechnung 12,000
Fr. auszubezahlen, welche Summe sie für Rechnung der Beklagten der
Zin-her Kantonalbank Vergüten möchte.

In einem Brief vom 6. Juli 1898 beklagte sich Tschiffeli, dass: die Bank
seine ohne Kosten-Wechsel lange vor Verfall zum Accept präsentiere,
entgegen einer Erklärung der Direktion, dass jene erst 10 Tage vor
Verfall in Cirkulation gesetzt würden. DieBeklagte rechtfertigte
ihr Vorgehen, indem sie auf die unzähligen Retouren und die oft
sehr sonderbaren Weigernngsgrkinde hinwies. Sie forderte Tschifseli
auf, zwei soeben unaceeptiert eingegangene Wechsel zurückzuziehen
und Deckung einzusenden. MitBrief vom gleichen Tage, 7. Juli 1898,
ermächtigte Tschiffeli die Bank, den Betrag seiner Mobiliarversicherung
von circa 12,500 Fr. bei der Baloise einzutassierem gegen Einlbsung
seine-Z Eigenwechsels von 6000 Fr. auf Ende Monat und Erkennung des
Restbetrages im Kontokorrent. Am 11. Juli übermittelte die Beklagte
an Tschiffeli gemäss seiner Aufforderung einen Kontokorrentauszug und
verlangte zur Deckung der darin ausgewiesenen Kreditüberschreitung Von
circa 1200 Fr. umgehende Anschaffungen. Mit Brief vom 18. Juli legte sie
ihm zur Sicherstellung ihres Kontokorrentguthabens eine Abtretung auf die
Versicherungssumme der Baloise zur Unterschrift dor, und berief sichdabei
auf eine nicht bei den Akten liegende Zuschrift Tschiffelisvom 13. Juli,
welche angeblich das nicht erfüllte Versprechen enthielt, im Laufe der
verflossenen Woche jenes Guthaben zuYll. Schuldbsztreihung und Konkurs. N°
15; 137

decken. Am 23. Juli verlangte die Beklagte Sicherheit für eine Anzahl auf
15. Juli fälliger, mangels Zahlung retourmerter Tratten. Mit Brief vom
28. Juli beharrte sie auf der ain·18. Juli proponierten Abtretung und
drohte für den Fall tiyhrer Verweigerung mit sofortiger zwangsweiser
Geltenduiachung samtlicher Forderungen; am 27. Juli endlich schrieb
sie direkt: Da Sie die Rückgabe der unterzeichneten Abtretung aus sich
sehr widersprechenden Gründen verweigern, werden wir nunmehr unfette
Forderungen gegen Sie und Mitschuldner auf dem Rechtswege geltend
machen. Am gleichen Tage erfolgte die Ansstellung der streitigen
Erklärung ·

Aus der Zeit nach Abschluss dieses Rechtsgeschaftes ergeben die Akten
folgende für seine Würdigung relevante Tatsachen:

Am 30. Juli 1898 gab die Beklagte der Baloisek von ihrem Berti-sage
mit Tschisfeli Kenntnis und ersuchte fie, bei Ausbezahlung der
Versicherungssumme denjenigen Betrag zu reservieren, welcher durch ihre
Abrechnung in jenem Zeitpunkt festgestellt würde. Die Gesellschaft
erwiderte unter Bestätigung der Kein-its nisnahine, dass sie wegen
der Entschädiguiigspflicht mit Tschiffeli im Prozess liege, der die
Liquidierung des Schadenslrorlaufig verhindere. Auf Ende Juli war ein
Eigenbillet ZTschiffeliT daszur Balancierung seines Kontokorrentes biente,
fallig geworden, am 3. August gewährte die Beklagte nach nilichen
Verhandlungen zufolge Bürgschaft der Mutter Tschiffeli die Erneuerung
desselben für einen Monat. Anfangs August gelangten zahlreiche Wechsel
Tschiffelis unbezahlt an die Bank zuruck; mit Brief vom 9. August
ersuchte Tschiffeli um deren Herausgabe, da er ohne sie den Einng
nicht besorgen könne, da überdies die Beklagte durch die Abtretung der
Versicherungssumme neben dervbestehenden Bürgschaft genügend gedeckt
sei. Die Bank behielt Jedoch die Retouren in der Hand und schrieb am
19. August an TschiffelV sie werde ihre Rechte gegenüber der Bürgin Frau
FZschiffeli in Neuenstadt geltend machen, weil infolge des Prozesseø
init der Versicherungsgesellschaft seine Abtretung nicht realisierbar
sei. Fiespätere Korrespondenz (Tschiffeli mit der Beklagten) bezieht
sichauf die Regelung der stets noch zahlreich eingehenden retournierten
Wechsel.

138 civilrechtspflege.

Am 22. Oktober bezahlte die Mutter Tschifselis den verbürgten Betrag von
15,000 Fr., so dass die Kontokorrentforderung der Bank auf Ende Dezember
1898 noch 2605 Fr. betrug. Dabei figuriert als Aktivum das Eigenbillet
Tschisfelis von 6000 Fr., das Ende August bei Verfall nicht eingelöst
worden war.

Jm Januar 1899 ging der letzte unbezahlte Wechsel ein, der Betrag der
Kontokorrentschuld Tschiffelis stellte sich Ende Juni 1899 bei Abschluss
des Verkehrs mit Zinsen auf 2938 Fr. 50 Cis. Nachdem das Urteil des
aargauischen Handelsgerichtes über die Versicherungsentschädigung ergangen
war, verlangte Tschiffeli im April 1899 einen Kontokorrentauszug auf
1. Mai, da er seine Schuld begleichen werde, sofern die Baloise nicht an
das Bundesgericht appelliere, er wiederholte nach Empfang des Auszuges
diese Zusicherung Die Differenzen der Abrechnung waren bereinigt, als
Tschifseli am 27. April meldete, die Baloise habe den Entscheid weiter
gezogen, was die Auszahluug seiner Schuld um einige Zeit hinausschiebe.

3. Am 1. Juli 1899, kurz nachdem die Versicherungsstreitsache
bundesgerichtlich entschieden war, eröffnete der Gerichtspräsident von
Neuenstadt über Tschiffeli, der sein Domizil hieher verlegt hatte, den
Konkurs Als der Massaverwalter, gestützt auf jenes Urteil, den Betrag
von 12,357 Fr. bei der Baloise einforderte, verweigerte sie die Zahlung,
da Tschiffeli der Bank in Zosingen laut deren Mitteilung vom 30. Juli
1898 Fr. 20,952 der ihm zukommenden Bersicherungssumme abgetreten
habe und diese soeben erkläre, qu'elle maintient sa. saisie-arrét.
Nach weitern Verhandlungen schrieb die Konkursverwaltung der Baloise
am 7. August 1899, qu'elle était d'accord d'attendre avec le
versement demandé jusqu'au moment où la question sera quuidée avec
la Banque de Zofingue. Die Gesellschaft solle, statt der in Art. 188
O.-R. vorgesehenen Deponierung, die Summe bis aus weiteres zurückbehalten
Am gleichen Tage derpflichiete sich die Gesellschaft gegenüber der Bank,
die Entschädigung ohne ihre Einwilligung an keinen Dritten, sofern er
nicht durch ein rechtskräftiges Urteil legitimiert sei, auszubezahlen.

Mit Schreiben vom 9. August 1899 an das Konkursamt'II. Schuldhetreibung
und Konkurs. N° 15. 139

Neuenftadt machte die Beklagte folgende Forderungen (Wert 1. Juli 1899)
gegen die Masse Tschisfeli namhaft: '

Restguihaben aus Kontokorrent . Fr. 2980 75

Eigeubillet mit Kosten und Zins . . . . 629,2 25 Tand bemerkte wörtlich:

Wir bitten um Aufnahme dieser Posten in den eröffneten .Konkurs und
stellen hiemit an die Konkursverwaltung des Tschiffeli-Suter1neister in
Neuenstadt das Gesuch: sie wolle die Basler Feuerversicherungsgesellschaft
in Basel ermächtigen, uns den Betrag unseres Reftguthabens mit zusammen
9273 Fr. von der Summe, zu deren Zahlung sie durch das Bundesgericht
verurtetlt werben ist, auszubezahlen samt Zinsbetreffnis vom 1. Juli an.

Die Konkursverwaltung aber kollozierte die Forderung der Beklagten
in Klasse V mit der Begründung, der angerufene Akt vom 27. Juli 1898
bedeute keine wahre Cession, sondern eine Verpfändung, diese aber sei
aus-gefertigt in einem Zeitpunkt, da der Schuldner bereits zahlungsunfähig
(an-dessous de ses affaires) war und daher anfechtbar. Die Beklagte
liess den Kollokationsplan ohne Anfechtung in Rechtskraft erwachsen,
dagegen gab sie am 4. November 1899, noch innert der Bestreitungssrist,
um, wie sie selbst angibt, ihren Standpunkt gegenüber der Verfügung des
Konkursamtes festzustellen, die Erklärung ab, sie habe niemals Aufnahme
ihrer Forderung als privilegierte verlangt, denn sie sei Eigentümerin
des abgetretenen Betrages und ihre Anmeldung habe nur provisorischen
Charakter für den allerdings geradezu unmöglichen Fall, dass sie
von der Berlojse nicht volltg gedeckt würde. Die Konkursverwaltuug
betrieb die Versicherungsgesellschaft gestützt auf den rechtskräftigen
Kollokationsplan auf Bezahlung der 12,357 Fr., abzüglich 500 Fr.,
die der Kontrasverwalier an eine Zürcher Firma abgetreten hatte. Jhr
Rechtsvorschlccg veranlasste das Rechtsbffnungsverfahren Der Appellations-
und Kassationshof des Kantons Bern, als obere Instanz, verweigerte mit
Entscheid vom 28. April 1900 die Rechtsöffnung für den von der Bank
angesprochenen Betrag von 9273 Fr.,da die Konkursverwaltung mit der
Erklärung vom 7. August 1899 hiefür Stundung gewährt habe; für die
Restsunune von 2084 Fr. wurde Rechtsbsfnung erteilt.

140 Civilrechtspfiege.

Da sich sonach die Konkursverwaltung ausser Stande sah, das zu Gunsten des
Gemeinschuldners lautende Urteil des Bundesgerichtes im ganzen Umfange
zu vollstrecken, und zwar infolge des von der Bank in Zofingen geltend
gemachten Forderung-Zrechtes, so erhob sie namens der Konkursmasse am
26. Juli 1900 gegen die Bank Klage mit dem Begehren, es sei zu erkennen:

1. Dass die Bank in Zosingen auf Grund des ihr gegenüber rechtskräftig
gewordenen Kollokationsplanes, eventuell indem überhaupt das zwischen
ihr und G. Tschiffeli am 27. Juli 1898 abgeschlossene Rechtsgeschäft
(Abtretungsakt genannt) richterlich als ungültig erklärt wird
kein Forderungsrecht gegen die Baloise bezw. Pfandoder sonstiges
Vorzugsrecht auf den von der Baloise noch nicht ausgezahlten Rest der
Versicherungssumme im Betrage von 9273 Fr. samt Zins à 5 2/0 vom 13. Juli
1899 hinweg habe.

2. Dass demgemäss die Bank in Zosingen kein Recht zum Einspruch gegen
die sofortige Auszahlung obiger Versicherungssumme seitens der Baloise
an die Konkursmasse Tschisseli habe und dieser Auszahlung also nichts
im Wege steht.

Zur Begründung wird ausgeführt, die Beklagte habe keinen vorzugsweisen
Anspruch auf die Versicherungssumme, da schon der rechtskräftige
Kollokationsplan gegen sie entscheide, und da

überhaupt der Vertrag vom 27. Juli 1898 gemäss Art. 288 des Bundesgesetzes
über Schuldbetreibung und Konkurs nicht gelten könne, indem die Beklagte
bei dessen Abschluss wusste und wissen musste, dass Tschiffeli mit
Rücksicht auf die Unsicherheit der Forderung gegenüber der Baioise
zahlungsunfähig und daher zur Ansstellung jener für die übrigen Gläubiger
nachteiligen Urkunde nicht berechtigt war. Die rechtliche Natur des
Akte-s falle mit Rücksicht auf seine Anfechtbarkeit ausser Betracht,
eventuell wäre die Auffassung der Konknrsverwaltung zu teilen, dass eine
Verpfändung, nicht eine Cession vorliege.

Die Beklagte machte geltend, sie habe im Konkurse Tschiffeli keine
vorzugsweise Befriedigung verlangt, wie ihr Schreiben vom 4. November
1899 dartue, und deshalb den Kollokationsplan nicht angefochten. Das
Rechtsgeschäst vom 27. Juli 1898 be-

VII. Schuldbetreibung und Konkurs. N° 15". 141

deute schon nach seinem Wortlaut eine Cession, durch die sie Eigentümerin
der streitigen Forderung geworden sei. Dass Tschisseli den Prozess
gegen die Baloise geführt habe, widerspreche dem nicht, da es sich
dabei um einen viel grösseren Betrag als den abgetretenen gehandelt
habe. Der Kollokationsplan präjudiziere Ldie hier ausgeworfene Frage
nach der Gültigkeit jenes Rechtsaktes nicht Das gestellte Klagbegehren
entspreche nicht der ihm vorangehenden Begründung einer Anfechtungsklage,
daher sei die Klage angebrachtermassen abzuweisen, eventuell wäre sie
auch materiell unbegründet, da die Voraussetzungen des citierten Art.
288, speziell der böse Glaube der Beklagten, nicht vorliegen.

Jn der Replik wird näher ausgeführt, dass sich die Erklärung vom 27. Juli
1898 nach der ihrem Zustandekommen vorgehenden Korrespondenz der Parteien
und nach der Konkurseingabe der Beklagten als Verpfändung qualifiziere;
die Duplik hält an der Auslegung als Cession fest.

Die erste Instanz gelangte unter Verwerfung des formellen Einwandes
der Beklagten zu materieller Abweisung der Klage, das Obergericht
bestätigte diesen Entscheid, im wesentlichen aus folgenden Gründen:
Die Frage, wem das Recht auf die Versicherungssumme zustehe, sei durch
die Konkursverwaltung nicht entschieden, sondern richterlicher Prüfung
vorbehalten worden, wie sich aus der Erklärung der Beklagten gegenüber
dem Kollokationsplan und daraus ergebe, dass nach dessen Inkrafttreten
die Gläubigerversammlung vom 18. Dezember 1899 darüber diskutiert und
dem Konkursverwalter den Austrag gegeben habe, mit allen gesetzlichen
Mitteln diese Summe den Gläubigern zu retten. Die Anfechtung des
Altes vom 27. Juli 1898, welche von seiner rechtlichen Natur durchaus
unabhängig sei, so dass diese keiner Untersuchung bedürfe, erweise sich
als unbegründet.

4. Die Klägerin stellt sich in erster Linie auf den Standpunkt, dass
der in casu streitige Anspruch der Beklagten durch den Kollokationsplan
im Konkurse Tschiffeli rechtskräftig abgewiesen sei. Da die Beklagte
diese Auffassung nicht anerkennt, so sind vorab die aus jener
Kollokationsverfügung resultierenden rechtlichen Verhältnisse klar zu
stellen. Dabei fällt in Betracht:

Die Beklagte hat, wie sie selbst nicht bestreitet, am 9. August

142 civjlrechtsptlege.

1899 ein Schreiben an das Konkursamt Neuensiadt gerichtet,

worin sie ausdrücklich die Aufnahme einer Forderung von

9273 Fr. in den Konkurs Tschiffeli beantragt. Daher ist ihre

wiederholte Behauptung in den Rechtsschriften, jener Brief bedeute keine
Anmeldung für den Konkurs, durchaus unverständlich und haltlos Die Eingabe
beruft sich auf den Rechtsakt vom 27. Juli 1898 und enthält ausser jenem
Antrag das Gesuch, die Konkursverwaltung möge die Balojse ermächtigen,
die vorstehende Forderung aus der laut Urteil des Bundesgerichtes dem

Tschiffeli geschuldeten Versicherungssumme zu begleichem Von

einer Geltendmachung des Eigentumsrechtes an dieser Versicherungssordernng
ist nicht die Rede, jenes Gesuch schliesst im Gegen- teil eine solche
Rechtsanschauung aus, denn als Eigentümerin, d. h. als Gläubigerin der
Versicherungsforderung hätte die Beklagte ihr Guthaben direkt bei der
Baloise einziehen können, ohne einer Ermächtigung der Konkursmasse zu
bedürfen, diese wäre überhaupt zu der geforderten Rechtshandlung gar
nicht legitimiert gewesen, da bei Annahme einer Cession der Beklagten
allein das Recht zugestanden hätte, über jene Forderung zu verfügen. Es
ist daher auch nicht ersichtlich, dass die Anmeldung nur vorsorglichen
Charakter haben sollte, wie dies später behauptet wurde.

Das doppelte Begehren der Eingabe vom 9. August, Aufnahme des Betrages als
Konkursforderung und Befriedigung aus bestinnntem Vermögensbestandteil,
lässt sich vielmehr, wie es tatsächlich geschah, nur dahin auslegen, dass
die Beklagte gestützt auf den angeführten Rechtsakt ein Pfandrecht an der
Versicherungsforderung des Gemeinschuldners geltend machen wollte. Da
nun die Konkursverwaltung auf Grund ihrer materiellen Prüfung dazu
gelangte, dieses Pfandrecht als gesetzlich unzulässig zu verwerfen,
so musste sie folgerichtig den Betrag als gewöhnliche unbedingte
Forderung in der V. Klasse kollozieren. Dieser Verfügung gegenüber
hat die Beklagte allerdings während der Anfechtungsfrist, angeblich
zur Präzisierung ihres früheren Begehrens, die Erklärung abgegeben,
sie habe nie Einstellung ihrerForderung als privilegierte verlangt,
sondern betrachte sich alsEigentümerin eines entsprechenden Betrages
der Versicherungs-VII. Schuldhetreihung und Konkurs. N° 15. 143

samme, ihre Anmeldung im Konkurse sei nur geschehen für den Fall,
dass sie von der Versicherungsgesellschaft nicht voll befriedigtwerden
sollte. Sie fasse daher ihre Einweisung im Kollokations plan in diesem
Sinne auf. Allein diese Erklärung widerspricht, wie schon oben ausgeführt
wurde, dem unzweifelhaften Sinne der Konkurseingabe vom 9. August 1899
und muss deshalb als ausdrückliche Änderung des damals eingenommenen
Rechtsstandpunktesbeirachtet werden. Frägt es sich nun, ob die Beklagte
dadurch dieRechtsfolgen des ergangenen Kollokationsentscheides zu
alterieren vermochte, so ist dies zu verneinen, denn die Beklagte
verwirft,. indem sie die rechtliche Grundlage der Verfügung als unrichtig
bestreitet, die Kollokation, so wie sie vorliegt, sie kann daher nicht,
ohne gegen Treu und Glauben zu verstossen, dieselbe Kollokation aus
andern RechtsgrüUdeu anerkennen; ihre Erklärung bedeutet tatsächlich
eine Bemängelung des Kollokationsplans Das Bundesgesetz betreffend
Schuldbetreibung und Konkurs aber giebt dem Gläubiger, welcher sich einer
Kollokationsversügung nicht unterziehen will, keine andere Möglichkeit,
sie zu beseitigen, als innert nützlicher Frist gerichtlich dagegen
aufzutreten. Daraus er-: gibt sich, dass eine blosse Rechtsverwahrung,
wie sie in casu vorliegt, in dieser Hinsicht jeder rechtlichen Relevanz
ermangelt, dasssomit der streitige Kollokationsentscheid, da eine
formgerechte Anfechtung nicht erfolgte-, so wie er angelegt war, die
Rechtskraftbeschritten hat. Damit ist endgültig festgestellt, dasz
der Beklagten für den als Konkursforderung geltend gemachten Betrag
von 9273 Fr. keine vorzugsweise Befriedigung aus der angesprochenen
Versicherungssumme zukomme. Dieser Entscheid setzt jedoch voraus, dass
jene Summe ein Aktivum der Konkursiuasse bilde,. denn die rechtliche
Bedeutung des Kollokationsplans besteht nur darin, zu bestimmen, ob und in
welcher Weise das ermittelte Massavermögen zur Tilgung der eingereichten
Forderungen verwendet werden soll, nicht dagegen dessen Bestand nach
den einzelnen Vermögensobjekten in rechtsverbindlicher Weise zu fixieren
Daher wäre die streitige Verfügung trotz der eingetretenen Rechtskraft
ohne Wirkung, sofern sich jene Voraussetzung als unrichtig erweisen und
angenommen werden sollte, dass die ftreitige Forderung vor Ausbruch des
Konkurses an die Beklagte abgetreten

144 Civilrechtspflege.

worden sei. Diese Auffassung vertritt nun jene in ihrer Erklärung vom
4. November, denn, indem sie gestützt auf den Rechtsakt vom Li. Juli
1898 die Versicherungsforderung zu Eigentum beansprucht, betrachtet
sie diese als aus dem Vermögen des Konkursiten ausgeschieden. Unter
diesem Gesichtspunkt ist ihre veränderte Stellungnahme allerdings
von rechtlicher Bedeutung. Die damit aufgeworfene Frage nach dem
Aktivenbestand der Konkursmasse ist durch den Kollokationsplan nicht
gelöst, sondern kann nur auf dem Wege des ordentlichen Civilprozefses
entschieden werden. Um Gegenstände im Besitze Dritter zur Masse zu ziehen,
hat die Konkursverwaltnng klagend aufzutreten. Ansprecher von Objekten,
die der Konkursit im Gewahrsam hat, kann sie nach Art. 242 leg. cit. zur
Klage zwingen. Auf Forderungen ist ein analoges Verfahren nicht anwendbar,
da bei ihnen nicht in gleicher Weise von Besitzoder Gewahrsamsverhältnis
gesprochen werden farm, sondern die Konkursverwaltnng wird stets dann,
wenn sie bei der Geltendmachung eines behaupteten Gläubigerrechts auf
Widerstand stösst, zur Klage genötigt sein. Allerdings hätte sie in casu
die Versicherungsforderung von der Baloise auf dem Betreibungswege,
gestützt auf das bundesgerichtliche Urteil, trotz des Widerspruchs
der Bank erheben können, und dieser wäre es dann zugefallen, ihr
angebliche-Z besseres Recht gerichtlich durchzusetzen, allein ihre
Erklärung vom 9. August gegenüber der Versicherungsgesellschaft, welche im
Rechtsösfnungsverfahren als Stundnng ausgelegt wurde, hat die Parteirollen
zn ihren Ungnnsten vertauscht Das ändert jedoch die rechtliche Situation
nicht. Zu entscheiden ist, ob die Versicherungsforderung am 27. Juli 1898
dem Vermögen Tschiffelis und damit der Konkursmasse entzogen worden,
ob eine Cession derselben erfolgt sei; sofern dies zu verneinen, fällt
der Kollokattonsplan in Betracht, welcher für diesen Fall rechtskräftig
feststellt, dass der Beklagten ein Pfandrecht an der Versicherungssumme
nicht zustehe. Wenn daher der vorliegende Prozess ergeben sollte, dass die
Rechtsstellung, welche die Beklagte am 4. November 1898 eingenommen und
zufolge deren sie die gesetzlich wirksame Anfechtung jener Feststellung
unterlassen hat, nicht haltbar ist, indem der Akt vom 2?. Juli 1898
keine Cession, sondern eine Verpfändung darstellt,VII. Schuldbetreibung
und Konkurs. N° 15. 145

so hat sie eben die Wirkung dieser Unterlassung als Folge ihres
Rechtsirrtums auf sich zu nehmen.

5. Aus dem Gesagten ergiebt sich, dass die Frage nach der rechtlichen
Natur des zwischen Tschifseli und der Beklagten am 27. Juli 1898
abgeschlossenen Rechtsgeschäftes nicht, wie die Vorinstanz annimmt,
nnerörtert bleiben farm, indem nur zu prüfen sei, ob die Voraussetzungen
der Anfechtbarkeit jenes Aktes vorliegen. Wenn dieser nämlich als
Verpfändung ausgelegt werden sollte, so wäre die Klage gutzuheissem selbst
wenn eine Anfechtung der Verpfändung heute nicht durchdringen könnte,
denn die Ungtiltigkeit derselben ist bereits im Kollokationsplan, dem nach
der Praxis des Bundesgerichtes die Rechtswirkungen eines gerichtlichen
Urteils zukommen, rechtskräftig festgestellt worden. Die Anfechtbarkeit
ist daher nur im Falle der Annahme einer Cession in Betracht zu giessen.

Bei Prüfung der Frage, ob der Akt vom 27. Juli 1898 eine
Forderungsabtretung oder eine Verpfändung darstelle, handelt es sich
um die Erforschung des Parteiwillens bei einem Rechtsge-schäft, also
um eine Rechtsnicht um eine Tatsrage, so dass das Bundesgericht an die
Feststellungen der Vorinstanz, wenn sie sich darüber ausgesprochen hätte,
nicht gebunden ware.

Nun ist vorab zu konstatieren, dass die wiederholte Behauptung der
Beklagtem es sei ihr speziell die Forderung aus der Versicherung
des Mobiliars abgetreten worden, durchaus aktenwidrig ist, denn die
streitige Urkunde spricht allgemein von der Ver:sicherungssumine,
nachdem sie Hausmobiliar, Maschinen und Waren als versichert angeführt
hat. Allerdings fällt heute nur die Mobiliarverficherungssumme in
Betracht, da das bundesgerichtliche Urteil vom 3. Juni 1899 die übrigen
Forderungen abgewiesen hat. Die Urkunde bezeichnet als Zweck der Abtretung
die Deckung des Kontokorrentsaldos von 14,952 Fr., zuzüglich allfälliger
Retonrwechsel und Saldierung des fälligen Eigenbillets von 6000 Fr. Danach
handelt es sich also jedenfalls um ein entgeltliches Rechtsgeschäftz
als Cession im Rechtssmne wäre dies in folgender Gestaltung denkbar:

a. als Cession an Zahlungsstatt mit der Wirkung sofortiger Befriedigung
des Cessionars für den Betrag der Abtretung Davon

xxvm, 2 1902 40

146 Civilrechtspiîege.

kann jedoch in casu schon aus dem Grunde keine Rede sein, weil beim
Abschluss des Geschäftes ein solcher Betrag gar nicht ziffertnässig
fixiert war und daher unbestrittenermassen auch nicht sofort zu Gunsten
Tschiffelis im Kontokorrent gebucht wurde, vielmehr sollte sich die Bank
erst im Moment, da die Versicherungssumme zur Auszahlung gelangte, für
den dannzumaligen Wert ihrer Forderungen bezahlt machen, wie dies auch
aus dem Briefe der Beklagten an die Baloise vom 30. Juli 1898 deutlich
hervorgeht _

b. als Cession zahlungshalber, bei welcher die Liberierung des Cedenten
erst mit der Tilgung der Forderung und nur für denjenigen Betrag erfolgt,
den der Cessionar vom Cessus erhält oder bei gehöriger Sorgfalt hätte
erhalten können (Schw. O.-R., Art. 193; Hafners Kommentar, Anm. 1 zu
Art. 198). Diese Auffassung scheint die Beklagte in ihren Rechtsschriften
zu vertreten, wenn sie ausführt, die Abtretung hätte nicht den Sinn
gehabt, dass damit die schon bestehenden Sicherheiten dahingefallen sein
sollten (was natürlich bei Hingabe an Zahlungsstatt mit dem sofortigen
Erlöschen der Schuld notwendig hätte eintreten müssen). Danach hätte
also der Eintrag im Konto Tschisfelis erst mit der Auszahlung von Seite
der Baloise erfolgen müssen. Allein auch diese Auslegung des Aktes vom
27. Juli 1898 ist nicht stichhaltig, wie sich aus Folgendem ergibt:
Die Cession istdas der Tradition körperlicher Sachen zum Zweck des
Eigentumsüberganges analoge abstrakte Rechtsgeschäft, durch welches
das Gläubigerrecht an einer Forderung übertragen wird in dem Sinne,
dass sämtliche Befugnisse des Cedenten auf den Cessionar übergehen und
ihm ausschliesslich zukommen, so insbesondere auch die gerichtliche
Geltendmachung der Forderung (vergl. Art. 190 und 193 D.M.). Dies war
aber in casu unzweifelhaft nicht die Meinung der Parteien, denn die
Beklagte hat sich niemals soverhalten, als ob ihr das ausschliessliche
Gläubigerrecht zustehe,. vielmehr handelte Tschiffeli auch nach
der Aussiellung jener Urkunde mit Wissen und Willen der Beklagten
als alleiniger Jnhaber der Forderung. Zur Zeit der Abtretung war die
Forderung für die Maschinen, welche nach dem Wortlaut der Urkunde, wie
schon ausgeführt, mitumfasst wird, bereits rechtshiingig Diesen Prozess
hätte daher Tschiffeli nach der in Theorie und PraxisVII. Schuldhetreibung
und Kenkurs, N° 15. 147

vertretenen Meinung, allerdings mit Rechtswirkung für die Beklagte,
zu Ende führen können (vergl. Deutsche Civil-ProzessOrdnung, § 325;
Deutsches bürgerliches Gesetzbuch, § 407 Abs. 2); dagegen ist mit der
Annahme einer Abtretung der Forderung nicht vereinbar, dass nicht die
Beklagte, sondern Tschisfeli nach ihrem Abschluss und der Kenntnisgabe an
den angeblichen debitor cessus am 8. August für die Mobiliarentschiidigung
und am 14. November 1898 für den Warenschaden gegen die Baloise Betreibung
anhob und am 16. Dezember auf gegen ihn ergangene Provokation das
Nachtragsklagbegehren beim aar: gauisehen Handelsgericht einreichte. Ein
Austrag an Tschiffeli zur Prozessführung seitens der Beklagten erscheint
ausgeschlossen, da die Konkursmasse für die Prozesskosten aufkam. Auch
das Gesuch der Beklagten an die Konkursmasse, sie möchte die Baloise
zur Auszahlung ermächtigen, ist, wie früher erwähnt-, nur verständlich
unter der Voraussetzung, dass Tschiffeli Gläubiger geblieben sei; dafür
spricht endlich auch sein Brief an die Beklagte vom 23. April 1899, dass
er sie aus der ihm in erster Instanz zugesprochenen Summe bezahlen werde,
sofern die Baloise nicht Berufung beim Bundesgericht einlege.

c. Mit Rücksicht auf diese Tatsachen kann auch eine Cession zur
Sicherstellung, wie sie von Doktrin und Praxis anerkannt wird
(vgl. Hafner, Komm. z. O.-R., Art. 193 Aum. î; Demburg, Preussisches
Privatrecht, II, S. 193), nicht vorliegen. Allerdings verlangt
die Beklagte in der dem Abschluss des streitigen Rechtsgeschäftes
voraufgehenden Korrespondenz wiederholt Deckung; die Abtretungsurkunde
selbst gebraucht diesen Ausdruck und auch Tschiffeli scheint nach
seinem Brief vom 9. August die Abtretung als Sicherstellung der
Beklagten zu betrachten; allein es fehlt auch für diese Konstruktion
das der Cession wesentliche Erfordernis des Gläubigerwechsels. Aualog
der Eigentumsübertragung zur Sicherstellung unter Einränmung des
Verkaufsrechts müsste dabei die zur Deckung dienende Forderung in die
volle ausschliessliche Verfügungsgewalt des Cefsionars gebracht werden,
was jedoch in casa, wie oben dargetan, nicht der Absicht der Parteien
entspricht

Selbst wenn übrigens zugegeben werden wollte, dass jene Absicht bei
Aussiellung der streitigen Urkunde bestanden hätte, so

148 Civilrechtspflege .

würde sich für die gegenwärtige Bedeutung des Rechtsaktes vom 27. Juli
1898 kein anderes Resultat ergeben, da in diesem Fall notwendig eine
stillschweigende Änderung der ursprünglichen Vereinbarung anzunehmen
ware. Hätte nämlich die Abtretung, wie die Bettagte behauptet, nur auf die
Forderung für das Mobiliar Bezug, so wäre zu beachten, dass Tschiffeli,
der sich am 15. Juli 1898 mit dem Vertreter der Versicherungsgesellschaft
über jenen Schaden verständigt und am 25. Juli seine Auszahlung verlangt
hatte, am entscheidenden 27. Juli offenbar annahm, es handle sich um
eine fällige unbestrittene Verbindlichkeit, deren Abtretung nichts im
Wege stehe, da die Baloise erst am 28. Juli ihre Ersatzpflicht auch für
diesen Betrag bestritt. Wenn jedoch hierauf nicht die Beklagte den Prozess
für diese Summe aufnahm, sondern Tschiffeli sich, ohne einen Auftrag
zur Weiterführung seitens der Veklagten erhalten zu haben, fernerhin
als Gläubiger der gesamten Versicherungsforderung gerierte, so müsste
darin eine stillschweigende Wiederaufhebung der Cessionswirknngen, eine
Umwandlung der Cession in eine Verpfändung erblickt werden. 6. Ergeben die
vorstehenden Erörterungen, dasz die Erklärung Tschiffelis vom 27. Juli
1898 nicht als Cession im Rechtssian aufgefasst werden kann, so erfüllt
sie in unzweifelhafter Weise die gesetzlichen Reqnisite einer Verpfändung
Diese erfordert keine Übertragung des Gläubigerrechts, der Verpfänder
allein ist zur Klage legitimiert, während der Pfandgläubiger nur das
erste Anrecht auf Befriedigung ans ihrem Resultat hat. In casu wollte
die Beklagte nicht selbst den Prozess gegen die Versicherungsgesellschaft
führen, sondern nur die liquid gestellte Forderung für sich zur Sicherung
ihrer Guthaben an Tschiffeli beanspruchen. Dieser Zweck erhellt deutlich
aus der dem Abschluss des Rechtsgeschäftes vorausgehenden Korrespondenz
Die vielen Retourwechsel, welche die Koniokorrentschuld Tschiffeli
stets anwachsen liessen, erweckten bei der Beklagten Misstrauen zu der
Solvenz ihres Klienten und den Wunsch nach gesteigerter Deckung, die sie
schliesslich durch die Drohung mit sofortiger zwangsweiser Geltendmachung
ihrer Ansprüche von ihm erlangte. Daraus erklärt sich ihr Vorgehen gegen
die Bürgin Frau cTschiffeli im Momente, da der Wert jener Sicherheit durch
Bestreitung der ganzen Versicherungssumme seitens der Baloise fraglich
erschien; ihr Brief vom 19. August VII. Schuldhetreibung und Konkurs. N°
15. 149

bemerkt ausdrücklich, sie sehe sich zu diesem Schritte veranlasst,
weil infolge der bevorstehenden Prozesse die Realisierung der Abtretung
vorläufig nicht durchführbar sei. Nachdem die Versicherungsforderung
Tschiffelis durch das Urteil des Bundesgerichts vom 3. Juni 1899
endgültig festgestellt war, betrachtete die Beklagte diesen Betrag als
Sicherheit für ihr Restguthaben und erklärte daher im Juli 1899 auf
Anfrage der Baloise qu'elle maintjent sa saisie-arrét. Ebenso machte
sie die bereits erörterte Eingabe in dem Konkurs Tschiffeli, welche diese
Auffassung bestätigt. Im Zusammenhang mit allen diesen Jndizien ist auch
die ausdrückliche Erklärung Tschiffeli gegenüber der Konkursverwaltung,
dass er den streitigen Akt stets als Verpfändung angesehen habe, nicht
ohne jede Bedeutung; jedenfalls kann dagegen nicht die Benennung der
Urkunde als Cession angeführt werden, da die äussere Bezeichnung eines
Rechtsgeschästes für seine Auslegung nicht ausschlaggebend ist.

Für die Annahme einer Verpfändung statt einer Cession spricht
übrigens namentlich auch der schon früher erwähnte Umstand, dass in
der Urkunde vom 27. Juli 1898 kein ziffermässig bestimmter Betrag der
Versicherungsforderung an die Beklagte abgetreten wird, indem deren
Guthaben für unbezahlt retournierte Wechsel noch nicht feststeht. Wenn
auch unzweifelhaft eine Forderung, deren genaue Summe zur Zeit
noch nicht ermittelt isf, in ihrer Totalität cediert werden farm,
sofern sie im übrigen genügend individualisiert erscheint, so ist
es anderseits mit dem Wesen der Abtretung unvereinbar, dass sie sich
bei einer quantitativ bestimmten Forderung auf einen noch ungewiffen,
erst durch ein zukünftiges Ereignis ftatuierten Teil erstrecke, denn
die dem Cessionar als Nachfolger im Gläubigerrecht zustehende volle
Verfügungsgewalt kann nur an einem genau abgegrenzten Objekt bestätigt
werden. Dieses rechtliche Hindernis besteht nicht bei der Verpfändung,
welche die Zuständigkeit des Gläubigerrechts nicht tangiertz sie
allein entspricht dem von den Parteien in casu verfolgten Zweck, die
Bersicherungsfordernng in demjenigen Betrage, welcher zur Bezahlung der
erst späterhin quantitativ bestimmbaren Ansprüche der Beklagten gegen
Tschiffeli notwendig sein würde, als Deckung bereit zu halten.

7. Qualifiziert sich somit der Akt vom 27. Juli 1898 recht-

150 Civilrechtspflege.

lich als Verpfändung, so fällt gemäss der vorstehenden Erwägung 4
in Betracht, dass der Kollokationsvlan im Konkurse Tschiffeli die
Rechtsungültigkeit derselben rechtskräftig ausgesprochen und damit die
Frage ihrer Anfechtbarkeit präjudiziert hat. Daher istan die weitern
Anbringen der Klägerin nicht mehr einzutreten, sondern die Klage aus
dem angeführten Grunde in vollem Umfange gutzuheissen. Demnach hat das
Bundesgericht erkannt:

Die Berufung wird gutgeheissen und demgemäss in Aufhebung des
angefochtenen Urteils des aargauischen Obergerichts das Klagebegehren
zugesprochen

16. genen vom 27. Februar 1902 in Sachen Grosenbarljer & Cie.,
Kl. n. Ber.-Kl. gegen Holm, Bekl. n. Ber.-Bekl.

Abtretung eines Heimwesens em den solt-nmef Rechnung Zukunft-then
Erbes. Anfechtung dieses Hechtsgeschdftes durcheinen einzelnen
Konkursgläubiger im Konkessse des erben-ten Sofi-nes auf Grund des
Art. 285 }7'. Soh. K.-Ges.Akfivlegifimation. Art. 260 and 269 Abs. 3 eod.

A. Mit Urteil vom 2. Oktober, zugestellt am 5. November 1901, hat der
Appellationsund Kassatioushof des Kantons Bern erkannt:

1. Die Klägerin ist mit ihren Beweisbeschwerden abgewiesen

2. Dieselbe ist in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils mit ihrem
Klagsbegehren abgewiesen.

B. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am 20.,l21. November 1901 die
Berufung an das Bundesgericht ergriffen und beantragt: Es sei unter
Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sache zur Aktenverbollständigung
im Sinne der bereits vor dem kantonalen Gericht erhobenen Beweisbeschwerde
an das kantonale Gericht zurückzuweisen, eventuell, es sei die Klage
der Berufungsklägerin gutzuheissen.VII. Schuldhetreihung und Konkurs. N°
16. 151

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Dem Urteile des Appellationsund Kassationshofes des Kantons Bern
liegen folgende Thatsachen zu Grunde:

Laut einer als Obligatiou und Schuldverpflichtung bezeichneten
Schuldurkunde, ausgestellt in Langenthal den 10. Februar 1896, anerkannte
Jean Holzer, damals Wirt und Metzger daselbst, der klägerischen Firma für
ihm gemachte Warenlieferungen die Summe svon 2000 Fr. schuldig geworden
zu sein und verpflichten sich,

diese Summe vom genannten Tage hinweg zu 4 0/0 per Jahr

und bei dreimonatlicher Verspätung zu 5 0/0 zu verzinsen und das Kapital
nebst Zinsausstand und allfälligen Kosten ohne weitere Kündigung innert
zwei Jahren, also bis 10. Februar 1898, in beliebigen Ratenzahlungen
wieder zurückzubezahlen. Dieser Schuldverpflichtung des Jean Holz-er trat
dessen Baker, Johann Holger, Gutsbesitzer in Zuzwhl, laut seiner, auf
der Rückseite der Schuldanerkennung enthaltenen Erklärung vom nämlichen
Tage, als unbedingter Bürge und Selbstzahler bei. Vater Holger verstarb
am 13. November 1898 in Zuzwyl, mit Hinterlassung zweier Söhne und einer
Tochter als Noterben. Von diesen schlugen jedoch der Sohn Riklaus Holger,
der heutige Beklagtc, und der Ehemamt der Tochter, Fr. Weibel-Holzer
in Bangerten, die Erbschaft des Vaters Johann Holger förmlich aus, so
dass dieselbe von Jean Holzer als einzigem Erben angetreten wurde. Über
denselben wurde am 16. Februar 1899 vom Konkursrichter von Bern der
Konkurs erkannt und es machte die Klägerin in demselben ihre ver-erwähnte
Forderung durch Eingabe geltend. Diese Forderung wurde anerkannt, es
erhielt jedoch die Klägerin dafür am 8. Januar 1900 einen Verlustschein
im Sinne von Art.265 Schuldb.u. Konk.-Gef.

Laut Abtretungsbeile vom 20. und 22. Juli, mit Fertigng vom 22. August,
beides 1896, hatte Vater Holger seinem Sohne Niklaus Holger sein Heimwesen
in Zuzny nebst Zugaben auf Rechnung zukünftigen Erbes abgetreteu. Unter
Anfechtung dieses Vertrages als eines in fraudem der Gläubiger des
Abtreters abgeschlosseneu, verlangte die Berufungsklägerin dessen
Aufhebung Sie machte geltend, dass die Abtretungssumme mit 29,000 Fr.
Viel zu niedrig gestellt und die Abtretung in der dem Beklagten
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 28 II 133
Date : 11. Januar 1902
Published : 31. Dezember 1903
Source : Bundesgericht
Status : 28 II 133
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : 182 Civilrechtspflege. fabrique, il a néanmoins commis un acte illicite en faisant


Keyword index
Sorted by frequency or alphabet
defendant • federal court • collocational plan • receivership • letter • coverage • day • assets • current account • question • aargau • hamlet • heir • wood • value • commercial court • interest • first instance • father • lower instance
... Show all