378 B. Entscheidungen der Schuldbetreibungs--

die Teilnahme der einzelnen Kaufliebhaber auf den Erlös haben wird,
zumal wenn der betreibende Gläubiger selbst als Bieter austritt und
somit der Erlös eventuell zur Deckung seiner Forderung dient. Bei dieser
Sachlage darf dem nachträglich pfändenden Gläubiger auch dann, wenn das
Amt über den Ausgang der Steigerung anderer Ansicht sein sollte, die
Vornahme der Verwertung in einem nach seiner Ansicht seinen Interessen
günstig scheinenden Momente nicht verweigert werden, umsoweniger, als
die vorangehenden Gläubiger infolge ihrer privilegierten Stellung häufig
auf einen vorteilhaften Zeitpunkt für die Realisation der Objekte nicht
Bedacht zu nehmen brauchen. Durch die frühere Vornahme der Gant wird
faktisch auch niemand geschädigt: Denn halten die andern Betreibenden an
ihren Betreibungen sesi, so muss die Verwertung doch für sie erfolgen,
andernfalls aber kann der uachgehende Pfändungsgläubiger den ganzen
Verwertungserlös zur Deckung seiner Forderung beanspruchen. Und sodann ist
auch nicht zu besorgen, dass letzterer sein Recht, ohne weitern Vorbehalt
Verwertung zu verlangen, missbrauche, indem er ja gerade infolge seines
bloss subsidiären Anspruches am Erlöse ein persönlichesInteresse an
einem möglichst guten Steigerungsergebnisse hat. (55m; lich könnte,
wenn eine Zurückweisung seines Verwertungsbegehrens aus dem vom Amte
angegebenen Grunde als statthaft erklärt würde, hiemit für ihn die
nachteilige Folge eintreten, dass er trotz tatsächlich ungenügenden Wertes
der Pfändungsobjekte noch keinen Verlustschein im Sinne des Art. 115
des Betreibungsgesetzes ausgestellt erhielte und deshalb verhindert
ware, die dem Verlustscheingläubiger zustehenden gesetzlichen Rechte
auszuüben. Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskamtner e r fa
n n t :

Der Rekurs wird abgewiesen. und Konkurskammek. N° 90. ' STB

90. Entscheid vom 8. November 1902 in Sachen Krug-Bund

Haftung des Arrestschuldners für die Kosten der Verwahrung der
verarresiierten Gegenstände nach Arrestaufhebung.

I. Im Oktober 1899 liess Marie Bolliger in Zürich bei der damals in Zürich
wohnhaften Rekurrentin, Frau Krug-Zünd, einen Tisch, zwei Rohrsessel und
eine Chifsoniere mit Arrest belegen und in amtliche Verwahrung nehmen. Der
Arrest wurde durch Urteil der Appellationskammer des zürcherischen
Obergerichts vom 3. April 1901 definitiv aufgehoben. Inzwischen verzog
Frau Krug nach Lyon. Unterm 23. Juni 1902 verlangte ihr Vertreter die
Arrefigegenstände heraus, und das Betreibungsamt Zürich V stellte ihm
dieselben zur Verfügung gegen Bezahlung der Verwahrungskosten für die Zeit
vom 3. April 1901 (Erledigung des ArrestprozessesJ bis zur Aushingabe.

Über diesen Bescheid beschwerte sich Frau Krug, indem sie geltend
machte, nicht fic, sondern die Arrestnehmerin habe für die sämtlichen
Kosten aufzukommen, da dieselbe im Prozess unterlegen fei. (B.-G. über
Sch. u. K., Art. 68.)

IL Die beiden kantonalen Jnstanzen wiesen die Beschwerde ab. Der am
4. Oktober 1902 ergangene Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde führt
des nähern aus: Mit der gerichtlichen Aufhebung des Arrestes seien die
Arrestgegenstände der Rekurrentin wieder zur Verfügung gestanden. Wenn sie
es unterlassen habe, sich über den Ausgang des Prozesses zu erkundigen
und die Objekte wieder an sich zu nehmen, so können die Folgen dessen
natürlich nicht die Rekursgeguerin treffen. Jhr Einwand, sie habe keine
Kenntnis davon gehabt, was aus ihren Sachen geworden sei, erscheine
geradezu als trölerisch, da sie, oder nach ihrer Abreise ihr Vertreter,
die Objekte doch nicht anderswo als beim Betreibungsamt Zürich V hätte
suchen sollen. Diesem aber sei die neue Adresse der Rekurrentin nicht
bekannt und es also nicht in der Lage gewesen, ihr die Gegenstände
wieder zuzustellen.

III. Junert nützlicher Frist zog Frau Krug die Angelegenheit an das
Bundesgericht weiter.

380 B. Entscheidungen der Schuldhetreihungs-

Die Schuldbetreibungsx und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Gegenüber der Annahme der Vorinstanz, das Betreibnngsamt ZürichV
habe die neue Adresse der von Zürich weggezogenen Rekurreutiu nicht
gekannt, und sei deshatb zur Rückgabe der fraglichen Objekte ausser
Stande gewesen, wird vor Bundesgericht angebracht, dass dem Amte der
Vertreter der Rekurrentin bekannt gewesen sei, indem es ja mit ihm
in der Angelegenheit verkehrt habe, so dass es ihm die Rückgabe hätte
anerbieten können und sollen. Diese Argumentation erscheint indessen
als unzutrefsend, indem es vielmehr Sache der Rekurreniin, bezw. ihres
Vertreters gewesen wäre, nach Erwirkung des den Arrest aufhebenden
Urteils ein ausdrückliches Begehren auf Rückerstattung der Gegenstände,
unter Erbringung des gehörigen Ausweises Über ihre nunmehrige Freigabe,
zu stellen. Bis dahin hatte das Amt, ohne sich über den Fortbestand des
Arresies vergewissern zu müssen, die Gegenstände in seinem Verwahr zu
behalten. Dabei nehmen die Vorinstanzen mit vollem Rechte an, dass die
Rekurrentin dem Amte für die Kosten der Verwahrung von der Aushebung des
Arrestes an aufzukommen hatte, da ja mit diesem Zeitpunkte die frühere
Arrestgläubigerin jeden Anspruch an den verwahrten Objekten verlor, die
Rekurrentin die unbeschränkte Verfügungs-gemalt über sie wieder erlangte
und die weitere Fortdauer der Verwahrung also nur von ihrem Willen
abhing. Unerheblich ist dem gegenüber die Behauptung, der Arrest sei von
der Arrestglänbigerin ieichsertiger Weise veranlasst worden, weshalb sie
auch alle daraus entstandenen Kosten zu übernehmen habe. Es vermag dies
keinen Grund abzugeben, um die Referer: rentin dem Amte gegenüber von
der Zahlungspslicht zu liberieren, sondern könnte höchstens gegenüber der
Arrestgläubigerin unter dem Gesichtspunkte einer Schadenersatzforderung
wegen ungerechtfertigter Arrestnahme geltend gemacht werden.

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer erkannt: Der Rekurs
wird abgewiesenund Konkurskammer. N° 91. 38}

91. Entscheid vom 8. November 1902 in Sachen Fischlin und Genosse.

Pfdeedung eines Holzteiles . Unpfàndbares Vermégensstùessk sue Sinne
des Art. 93 Sch. u. K .-Ges.? Nutzuiessemg oder Ertragms?

I. Die Rekurrentin Fischlin und Fässler betrieben (neben zwei weitern
Gläubigern) den Jos. Maria Ulrich in Jbach, wobei das Betreibungsamt
Schwyz unter anderm einen Holzteil des Schuldner-s im Schätzungswerte von
30 Fr. in Pfand nahm. Auf Beschwerde des Betriebenen erklärte die untere
Aufsichtsbehörde diesen Holzteil für unpfändbar, welchen Entscheid
die kantonale Aufsichtsbehörde, an die die betreibenden Gläubiger
returrierten, unterm 8. September 1902 bestätigte Das oberinstanzliche
Urteil führt zunächst aus, dass für den Schuldner nach dessen sinanzieller
Lage der gepsändete Holzteil unentbehrlich sei, und bemerkt sodann:
Was die Anwendung des Art. 93 B.-G. auf Genossenpsändungen autange,
so sei der bundesrätliche Entscheid vom 28, September 1894 wegleitend,
demzufolge unter die bedingt pfändbaren Nutzniessungen im Sinne des
Art. 93 B.-G. auch der Genossennutzen falle. ·

II. Fischlin und Fässler ergriffen rechtzeitig die Weiterziehung an das
Bundesgericht, wobei sie darzutun versuchen, dass sdie Unpfändbarkeit
von Genossennutzungen aus Art. 93 sich nicht herleiten lasse.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskarnmer zieht in Erwägung:

Jn Frage steht allein noch, ob der sireitige Holzteil sich ais ein im
Sinne von Art. 93 B.-G. relativ unpsändbares Vermogensstück und zwar
speziell als eine .Nutzniessung bezw. das Erirägniss einer solchen im
Sinne dieses Artikels darstelle oder nicht. Wie bereits in dem diese
Frage präjudizierenden Entscheide des Bundesrates i. S. Annen (Archiv
III, Nr. l32), berust sich auch hier die Rekurspartei lediglich darauf,
dass ein derartiges Korporations-Nutzungsrecht nicht unter den rechtlichen
Begriff der Nutzniessung falle, somit nicht unter Art. 93 B.-G. subsu-
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 28 I 379
Datum : 08. November 1902
Publiziert : 31. Dezember 1903
Quelle : Bundesgericht
Status : 28 I 379
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 378 B. Entscheidungen der Schuldbetreibungs-- die Teilnahme der einzelnen Kaufliebhaber


Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
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