40 Civilrechtspflege.

5. Urteil-vom 9. Februar 1901 in Sachen Konkursmasse Thommen gegen Orell
Füssli & Cie.

Hechtzeitigkeit der Berufung, Art. 65 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 41
Org.-Ges. r Staatlich anerkannter Feiertag. a Ali-metemesntssuertmgp über
Annoncen ; Sachmiete. Konkurs des Mieters ,' Behandlung der in Zukunft
fällig werden-den Mietzinse. Art. 208 Schuldbetr.und Konkursges. Art. 288,
294 0.-R.

A. Durch Urteil vom 15. November 1900 hat das Obergericht des Kantons
Solothurn erkannt:

Der Kollokationsplan im Konkurse des Walther Thommen, Eisenhandlung
in Solothurn, soll dahin abgeändert werden, dass die von der Klägerin
eingegebene Forderung per 4200 Fr·, mit Abzug des Zwischenzinses von den
noch nicht verfallenen Forderungen vorn Tage des Konkurserkenntnisses an,
in der fünften Klasse aufzunehmen ist. ,

B. Gegen dieses, den Parteien am 3. Dezember 1900 schrift-

lich mitgeteilte Urteil hat der Anwalt der Beklagten am 10. De--

zember durch Abgabe auf der Obergerichtskanzlei eine Berufung-serklärung
mit begründender Rechtsschrift eingereicht, in welcher der
Abänderungsantrag gestellt wird, es sei das Urteil aufzuheben und
demgemäss die Klage abzuweisen.

Mit Eingabe vom 15. Dezember behauptete der Anwalt der Berufungsbeklagten,
die Berufung sei verspätet. Die Frist sei Samstag den 8. Dezember zn
Ende gegangen, während der Vertreter der Beklagtenx offenbar von der
Ansicht ausgehend, dass der 8. Dezember, Maria Empfängnis, ein staatlich
anerkannter Feiertag sei, die Berufung erst Montag den 10. Dezember
der Obergerichtskanzlei eingereicht habe. Diese Ansicht sei jedoch
irrtümlich. Seit dem Jahr 1897 sei Mariä Empfängnis im Kanton Solothurn
kein staatlich anerkannter Feiertag mehr. Vom Bundesgerichtspräsidenien
hierüber zur Vernehmlassung aufgefordert, über- liess das Obergericht
des Kantons Solothurn diese dem Regierungsrat. Der solothurnische
Regierungsrat berichtete nun unter nähere-r Darlegung der Verhältnisse-,
dass zwar in dem fast ausschliesslich protestantischen Bezirk Bucheggberg
an den rein katholischen Feiertagen gearbeitet werde und z. B. Maria
Empfängnis daselbst nicht als Feiertag gelte, dass aber dieser Tag im
übrigen.... Ohligationenrecht. N° 5. 41

Kanton (abgesehen von Fabrikbetrieb und Güterexpeditionsdienst) als
Feiertag angesehen werde, und an demselben Kaufläden, Schulen und die
staatlichen Bureanx geschlossen seien. Speziell aus letzterem Umstand
dürfe gefolgert werden, dass auch in prozessualischer Hinsicht Maria
Empfängnis im Kanten Solothurn als staatlicher Feiertag zu betrachten sei.

Jn ihrer zur Beantwortung der Berufung eingereichien Rechtsschrift
beantragt die Klägerin Abweisung der gegnerischen Berufungsanträge und
Bestätigung des obergerichtlichen Urteils,

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Nach am. 41 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Organisation der
Bundesrechtspflege endigt die Berufungsfrisi, wenn der letzte Tag
derselben ein Sonntag oder ein staatlich anerkannter Feiertag ist, am
nächstfolgenden Werktag. Im vorliegenden Falle fiel der letzte Tag der
Bernfungsfrist, welche gemäss Art. 65 Abs. 2 des genannten Bundesgesetzes
fünf Tage betrug, auf Samstag den 8. Dezember-, Maria Empfängnis Auf
Grund des Berichte-s dessolothurnischen Regierungsrales muss nun als
festgestellt gelten, dass dieser Tag im Kanton Solothurn ein staatlich
anerkannter Feiertag ist. Die Berufungsfrist lief deshalb erst am darauf
folgenden nächsten Werktag, also Montag den 10. Dezemher, ab, und ist
somit durch die an diesem Tage erfolgte Einreichung der Berufungserklärung
und der dieselbe begründenden Rechtsschrift eingehalten worden.

2. Dem vorwürfigen Rechtsstreit liegt folgender Thatbestand zu Grunde:
Walther Thommsien, Eisenhändler in Solothurn, schloss am 20. September
1898 mit der Klägerin, Aktiengesellschaft Schweizerische Annoncenbureaux
von Orell Füssli & Cie.,welche Konzessionen für Affichage auf den
Stationen schweizerischer Eisenbahnnetze besitzt, einen Abonnementsvertrag
ab, wodurch er auf den Raum von ZOO/350 mm. Höhe auf 23000mm. Breite für
eine Affiche über dem Gesimse der Eingänge nach dem Passagiergepäcklokale
im Bahnhof Bern abonnierte, und zwar für die Dauer von fünf Jahren von
der Plaeierung der Afsichen an gerechnet, und um die Summe von 1200
Fr. jährlich. Der Abonnementsbetrag sollte in halbjährlicheu Raten zum
voraus bezahlt werden. Die Affichen hatte der Abonnent der Klägerin zu
liefern, und diese verpflichtete sich, sie während der Vertrags-

42 Givilrechtspflege.

daner an dem bezeichneten Orte auf ihre Kosten zu placieren.
Jn Ausführung dieses Vertrages brachte die Klägeriu am LSE: tober 1898
im Bahnhof Bern eine Reklametafel für die Eisenhandlung des Walther
Thommen an. Am 7. Mai 1900 wurde über ihn der Konkurs eröffnet. Er hatte
an Abonnemenisbeträgen bezahlt:

am 25. Oktober 1898 . . . . Fr. 800

am 1. April 1899 . . . . . 600 am 24. Oktober 1999 . . . . 300 und am
8. Dezember 1899 . . 300

Zusammen Fr. 1800

Die Klägerin meldete nun in seinem Konkurs, gestützt auf den
Abonnementsvertrag, die Summe von 4200 Fr. (d. h. den von 6000 Fr. als
dem Gesamtbetrag für fünf Jahre nach Abzug der bereits bezahlten 1800
Fr. noch verbleibenden Rest) in fünfter Klasse an. Hievon hat die
Konkursverwaltung nur die am 1. April 1900 verfallene Abonnementsrate
von 600 Fr. im Kollokations:plan zugelassen, den Refibetrag aber, weil
nicht verfallen, Von der Beteiligung am Konkurfe ausgeschlossen

3. Die Klägerin ficht mit der gegenwärtigen Klage diesen Entscheid der
Konkursverwaltung an, und stellt ihr gegenüber das Rechtsbegehren:
Der Kollokationsplan im Konkurse des Walthee Thommen, Eisenhandlnng
in Solothurn, soll dahin abgeändert werden, dass die ganze von der
Klägerin im Konkurse eingegebene Forderung per 4200 Fr. in der fünften
Klasse aufgenommen wird. Laut ihrer vor Obergerichi abgegebenen
Erklärung ist sie damit einverstanden, dass von den noch nicht
verfallenen Forderungen der Zwischenzins gemäss Art. 208 Abs. 2 des
Bandes-gesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs abgezogen werde. Die
Vorinstanz qualifiziert das zwischen der Klagerin und Walther Thommen
begründete Rechtsverhältnis als Mietvertrag, und geht davon aus, dass
die Klägerin als Vermieterin nicht enna, wie es ihr nach Art. 288
Q..-R zustande, von dem Vertrag wegen des Konkurses des Mieters,
und nicht erfolgter Sicherheitsleistung zurücktrete, und mit ihrer
Konkurseingabe auch nicht eine Entschädigungsforderung wegen aufgehobenen
Vertrages, sondern die ihr vertraglich zustehende Mietzinsforderung
geltend.... Obligaiionenrechi. N5. 43

mache; denn die Klägerin sei nicht gemäss Art. 288 Q-R. vom Ver-trage
zurückgetreten, sie habe die in dieser Gesetzesbestimmung vorgesehene
Stcherheitsleistnng weder verlangt, noch wolle sie den Vertrag auflösen,
sondern sie biete im Gegenteil dessen Erfüllung an, und könne deshalb
auch die konkursmässige Befriedigung ihrer Ansprüche verlangen. An
dieser Art der Erledigung scheine die Klägerin deshalb ein Interesse
zu haben, weil der Vertrag dem Vermieter wohl günstiger sei als dem
Mieter, und sich nach der Konkurserössnung gezeigt haben solle, dass
die Vermögensbilanz des Konkursiten einen Aktivenüberschuss aufweise,
und der Kridar mithin in der Lage sei, eine Konkursdividende von 100
0/0 auszurichten. Die beklagtische Konkursverwaltung stelle sich dagegen
(in Anlehnung an Jäger, Kommentar zum Bundesgesetz über Schnldbetreibung
und Konkurs, Note 5, titi. &, zu Art. 211) ans den Standpunkt, dass der
Vermieter, wenn er eine Sicherheit nicht verlange und die Konkursmasse
auch nicht die Übernahme des Vertrages erklärt habe, den Mietzins für die
Zeit nach der Konkurserösfnung nur als persönliche Forderung gegenüber dem
Gemeinschuldner und nicht als Konkursforderung geltend machen könne Diese
Ansicht könne aber nicht geteilt werden. Der Sinn des Art. 288 O.-R. sei
nicht der, dass er den Vermieter auf das Recht aus Sicherheitsleistung
beschränken, ihm nur dieses Recht gewähren und daher das Recht auf
konkursmässige Befriedigung ausschliessen wolle. Im Gegenteil ergehe
sich gerade aus Art.288 D.M., dass es dem Gesetzgeber ferne liege, den
Vermieter um seine Konkursforderung zu bringen. Wenn die Klägerin, wie
es hier geschehe, ihrerseits für den Rest der Vertragsdauer Erfüllung
des Vertrages anbiete, und dagegen für den Gegenanspruch Zakassnng als
Konkursforderung verlange, so könne ihr das mit Bezug auf die nicht
fälligen Zinsraten nicht deshalb verwehrt werden, weil es sich hiebei
um obligationes nondum natae handle; denn wenn hiemit gesagt werden
wolle, dass vor dem Fälligkeitstermin noch nichts rechtlich Erhebliches
vorhanden sei, so sei diese Behauptung unrichtig. Die Forderung bestehe
schon aor diesem Zeitpunkt, sie sei aber entweder betagt, oder, wenn man
die Prästierung der vertraglichen Gegenleistung durch die klägerische
Aktiengesellschaft als ungewiss betrachte, bedingt. Bedingte und betagte
Forderungen seien aber nach Art. 210 des

44 Gieiirechtspitege.

Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs zu kollozieren
(dgl.Art. 208 leg. cit.).

4. Es ist nun zunächst der Vorinstanz darin beizutreten, wenn sie
den streitigen Abonnementsvertrag unter die Kategorie der Sachmiete
gestellt hat Jn. der That sind die wesentlichen Merkmale dieses
Vertragsverhältnisses hier gegeben die Überlassung des Gebrauches
einer Sache gegen Bezahlung einer Vergütung Die Klägerin hat, auf die im
Vertrage genannte Dauer, dem Walther Thommen eine bestimmte Waudfläche im
Bahnhofgebäude Bern (welche sie offenbar selbst von der Bahnverwaltung
gemietet hatte), also eine unbewegliche Sache, zur Anbringung einer
Reklametafel überlassen, und Thommen hat sich dagegen verpflichtet,
ihr für die Überlassung der Wandfläche zu dem genannten Gebrauch eine
Vergütung zu bezahlen. Es handelt sich somit um die Untermiete einer
unbeweglichen Sache. Nach dem Ver-trage lag der Klägerin freilich auch
ob, die ihr von Thommen gelieferten Affichen auf dem genannten Raume
anzubringen; allein dies se auf ein Thun gerichtete Verpflichtung ist doch
gegenüber der Überlassung des Raumes durchaus sekundarer Natur und nicht
geeignet, das Vertragsverhältnis etwa als Dienstvertrag erscheinen zu
lassen. Das Prävalterende liegt in der Benutzung der (genau bezeichneten)
Wandfläche, in der Gebrauchsüberlassung dieser unbetveglichen Sache; denn
für diese Leistung der Klägerin war ganz offenbar die Gegenleistung des
andern Kontrahenten verlangt und versprochen worden; in ihr lag-für den
andern Kontrahenten der Wert, der denselben zur Leistung der vereinbarten
Vergütung bestimmte.

5 Die zu entscheidende Frage geht demnach dahin, ob der Vermieter wenn
der Mieter vor Ablauf der Vertragsdauer i Konkurs fällt, berechtigt sei,
auch die erst in Zukunft fallig werdenden Mietzinse als Konkursforderung
gemäss Art. 208 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs
geltend zn machen. Dass der Verpächter ein solches Recht hinsichtlich der

noch nicht abgelaufenen Vertragsdauer nicht besitzt, ist zweifellos-,-

da das Pachtverhältnis mit der Eröffnung des Konkurses über den Pächter
nach Massgabe des Art. 315 Q.-R. erlischt. Auf das Mietverhiiltnis übt
aber die Eröffnung des Konkurses über den Mieter diese Wirkung nicht
aus. Abweichend von demIII. Obligationcnrecht. N° 5. ' 45

auf die Pacht bezüglichen Art 315 bestimmt das eidgenössische
Obligationenrecht in Art 288 für den Fall, dass der Mieter 111 Konkurs
fallt nur dass der Vermieter zur Auflösung der Miete berechtigt
sei, wenn ihm nicht binnen angemessener Frist für die tückständigen
und die später fälligen Mietzinse Sicherheit geleistet werde. Der
Vermieter kann also, unter der hier genannten Voraussetzung, den
Vertrag auflösen, er kann aber trotz dem Konfar?: des Mieters auch am
Vertrage festhalten, der Mietvertrag besteht also, wenn der Vermieter
es will, trotz dem Konkurs des Mieters unverändert fort und es ist an
dem Bestande der Ansprüche, welche ihm aus diesem Vertrage erwachsen,
nichts geändert. Welche Wirkungen die Konkurserössnung in Beziehung
auf ein allfälliges Eintrittsrecht der Gläubigerschaft ausübe, kann
bei Entscheidung des vorliegenden Falles gänzlich bei Seite gelassen
werben, da nach Feststellung der Vorinstanz die Konknrsmasse es
abgelehnt hat, in den Vertrag einzutreten, und somit hier bloss die
Beziehungen der Klägerin zum Kridaren in Betracht kommen, wie ja auch
die klägerische Forderung lediglich als Konkursforderung und nicht als
Forderung gegen die Masse geltend gemacht worden ist. Die klägerische
Forderung ist ferner auch nicht etwa als Entschädigungsforderung
gestellt und auf die Thatsache gegründet worden, dass die Klägerin wegen
unterbliebener Sicherheitsleistung gemäss Art. 288 O.-R. zur Auflösung
der Miete veranlasst worden sei, sondern die Klägerin macht vielmehr,
wie die Vorinstanz mit Recht angenommen hat, mit ihrer Forderung
ihr Crsüllungsinteresse geltend; sie verlangt, unter Anbietung der
Gegenleistung, Erfüllung des Vertrages, und geht davon aus, die von ihr
geforderten Leistungen seien durch den Konkursausbruch fällig geworden,
so dass sie, unter Abrechnung des Zwischenzinses den gesamten Betrag der
auf die noch nicht abgelaufene Vertragsdauer entfallenden Mietzinse im
Konkurse des Mieter-s geltend machen könne.

6. Nun handelt es sich aber bei den Mietzinsen für die noch nicht
abgelaufene Vertragsdauer nicht, wie die Klägerin und mit

ihr-. die Vorinstanz annimmt, um bereits existente Schuldverpflich-

tungen des Gemeinschuldners, die bloss noch nicht fällig gewesen wäret-,
nach Art. 208 Abs. 1 Bundesgesetz über Schuldbetretbung und Konkurs,
nach Eintritt des Konkurses über den Mieter nun

46 Givilrechtspflege-

aber doch jetzt schon als Konkursforderungen geltend gemacht werden
könnten. Es handelt sich hiebei weder um betagte, noch um bedingte,
sondern um erst in Zukunft zur Entstehung gelangende Schuldverpflichtungen
Wenn auch durch den zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrag
bereits der rechtliche Grund für die Entstehung der einzelnen
Mietzinsforderungen gelegt war, so mussten dieselben doch erst durch
Bewirkung der Gegenleistung des Vermieters erworben werden, und gelangten
deshalb nicht schon ohne weiteres durch den Abschluss des Mietvertrages
zur Existenz (vgl. Kohler, Lehrbuch des Kontrasrechts, § 31 Anm.2;
Zeitschrift des bernischen Juristenvereins 1891, S. 453 und 489; Kohler,
der Prozess als Rechtsverhältnis, S. 63 und 84). Die logische Konsequenz
dieser rechtlichen Situation kann nun allerdings nicht streng durchgeführt
werden. Sie würde es an und für sich mit sich bringen, dass der Vermieter
für seine noch nicht bezahlten Mietzinssorderungen nur insoweit als
Konkursgläubiger austreten könnte, als dieselben sich auf die bis zum Tage
der Konkurseröffnung abgelaufene Zeit beziehen (vgl. Jäger, Kommentar
zum Bundesgefetz über Schuldbetreibnng und Konkurs, S. 374). Allein das
Gesetz regelt, den Bedürfnissen des praktischen Lebens entsprechend,
das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung beim Mietvertrag nicht in
der Weise, dass diese sich gegenseitig von Moment zu Moment bedingen
würden, sondern es geht davon aus, dass Leistung und Gegenleistung
in ihrem Verhältnis zu einander nach gewissen Zeitperioden bemessen
werden müssen. Demzufolge muss denn jedenfalls die Mietzinssorderung
für das Halbfabr, welches bei der Konkurseröffnung im Gange war, als
Konkursforderung anerkannt werden, und die Beklagte gibt dies auch
selber zu, indem sie die von der Klägerin verlangte Kollokation der auf
die Zinsperiode vom i. April bis 30. September 1900 entfallenden Rate
von 600 Fr. nicht beanstandet Es ist aber des weitern zu beachten,
dass das Bundesgesetz über das leigationenrecht dem Vermieter einer
unbeweglichen Sache das in Art. 294 näher bezeichnete Retentionsrecht
für den Mietzins nicht nur des verflossenen, sondern auch des ganzen
laufenden Jahres gewährt. Diese Bestimmung, die, allgemein aufgestellt,
auch für den Fall des Konkurses des Mieters gelten muss, und gerade in
ihm vor-III. Obligationenrechl. N° 5. 47

zugsweise praktisch wird, setzt notwendi voraus d ' ' zmsforderung
des Vermieters im Konkärse des Dittkergæfige 1gie Daauer des ganzen
laufenden Jahres geltend gemacht werden konne; denn ein Retentionsrecht
ohne eine Forderung für welche dasselbe besteht, kann schlechterdings
nicht gedacht werden. Da es sich im vorliegenden Falle um die Vermietung
einer unbeweglichen Sache handelt, greift Art. 294 O.-LR. Platz, und es
ist daher in Anwendung des demselben zu Grunde liegenden Rechtssatzes
der von der Klägerin geforderte Mietzins für das ganze laufende Jahr
Legs Îonkîxrèforderuug anzuerkennen.

_ . s as anfende Jahr tin Sinne der ein läi = stimmungen des
Buiidesgesetzes über das ObligciikonknieetchtBiest nnt der in
der bisherigen kantonalen Rechtssprechung und in der Litteratur
vorherrschenden Ansicht dasjenige zu verstehen welches vom letzten Ziel,
der Fälligkeit des letzten Mietzinses an läuft (Vgl. Hafner, Komment.,
Anm. 4 zu Art. 294z Schneider & Fich, Komment. zum gleichen Artikel,
Anm. 25; Janggen Sachmiete, S. 121.) Nach dem Gesagten erscheint die Klage
in: soweit als begründet, als sie über die von der Beklagten anerkannten
800 Fr. hinaus eine Mietzinsrate von 600 Fr. für die Zeit vom 1. Oktober
1900 bis 31. März 1901 unter Abzug ZZ gvischexzinses gemäss Art. 208
Abs. 2 des Bundesgesetzes

r . tend man? etreibung und Konkurs als Konkursforderung gel-

Demnach hat das Vimdesgericht erkannt:

Die· Berufung der Beklagteii wird dahin als begründet erklärt dass die
Klage über die anerkannten 600 Fr. Mietzins, für die Zeit vom 1. April
bis 30. September 1900, hinaus bloss für eine weitere Mietzinsrate von
600 Fr., für die Zeit nem 1. Oktober·1900 bis 31. März 1901, jedoch unter
Abzug des Zwischenzinses lgeniäss am. 208 Abs. 2 des Bundesgesetzes über
Schuldbetreibung und Konkurs, gutgeheissen, in dem Mehrbetrag von 3000
Fr. dagegen abgewiesen wird.
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Dokument : 27 II 40
Datum : 09. Februar 1901
Publiziert : 31. Dezember 1902
Quelle : Bundesgericht
Status : 27 II 40
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 40 Civilrechtspflege. 5. Urteil-vom 9. Februar 1901 in Sachen Konkursmasse Thommen


Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
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