28 Civilrechtspflege.

gründet wurde, und kann die Beklagte alle Einwände, die sich auf die
Police stützen, auch gegen den Kläger vorbringen. Demnach hat das
Bundesgericht erkannt:

Die Berufung des Klägers wird als nnbegründet abgewiesen und somit das
Urteil der II. Appellationskammer des Obergerichts des Kantons Zürich
vom 1. November 1900 in allen Teilen bestätigt.

4. Urteil vom 26. Januar 1901 in Sachen Konknrsmasse der Möbelsabrik
Schaffhausen, Josef Meyer & Eie. gegen L. Erzing er und Genossen.

Klage der Kon-kursmasse einer Kommanditgeseflschaft gegen deren
Kommaaeditdre (mf Ein-mitleian der Kommanditsumme. Ari. 603 Abs. 3
{).-R. Auf welche Weise kann die Kommanditeinfage gültig erfolge n? K
lage auf Rückzahlung even angebèichrechtswidrig bezogenen Zinsen und
Gewinnen, Art. 605 0.-R.

A. Durch Urteil vom 2. November 1900 hat das Qbergericht

des Kantons Schnffhausen erkannt:

1. Es seien die Beklagten gerichtlich anzuhalten, an die klagerische
Konkursmasse ans Zinsenbezügen pro 1895 und 1898 zurückznvergüten :

a) L. Erzinger . . . . . . . . . Fr. 526 25 b) Habichi-Oechslin
. . . . . . . 520 25 c) Erben Maier-Frel) . . . . . . . 517 53

d) Jakob Oechslin . . . . . . . . 508 40 jeweils mit 5 0/0 Zins vom
Datum des Konkursausbruches, 19. März 1898, an.

2. Es sei die klägerische Partei mit ihren weitergehenden
Forderungsansprüchen abgewiesen. si

B. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien rechtzeitig und in richtiger
Form die Berufung an das Bundesgericht erklärt.lll. Odligationenrecht. N°
4. 29

Die Klägerin beantragt, die Klage sei im ganzen in der Appellationsinstanz
in den Schlusssätzen aufrecht erhaltenen Umfange gnzzuheissen Im einzelnen
gehen demgemäss die Berufungsaniräge

a m:

a,) Bezüglich der Kommanditsumme:

I. Eventualität: Verurteilung der Beklagten zur Einzahlung derjenigen
Beträge der gemäss Publikation versprochenen Kommanditsnmmen, welche
von ihnen nicht in bar eingelegt worden find, nämlich: --

L. Erzinger . . . . . . . . . Fr. 5,950 Erben A. Maier-Fre . . . . . .
4,200 (EUR... Habicht-Oechslin. . . . . . . 18,000 --

Jb. Oechslin-Billeter . . 15,000 Total der geforderten Beträge
Fr. 43,150 --

H. Eventualität: Für den Fall, dass die Aktien der Aktiengesellschaft
Möbelsabrik als in die Kommanditgesellschast qua Einlage eingelegt gelten
sollten, ist denselben nur derjenige Wert, welchen die Kommanditäre
nachweisen und welcher höchstens 250 Fr. per Stück beträgt, beizumessen
Überdies ist der Nachschuss von 37 Fr. per Aktie nachzuzahlen. '

III. Eventualität: Bei Wertung der Aktien zu 350 Fr. und Anerkennung
derselben als Kommanditeinlage: Einlage genannten Vachschusses überdies:
Verurteilung des Hm. C. Habicht-Oechsim zur Zahlung von 8200 Fr., des
Oechslinilleter zur Zahlung von 4500 Fr., weil diese Beträge von ihnen
der Kommam ditgesellschaft noch nicht eingelegt find, eventuell nur zum
Teil (IV; Eventualität).

b) Bezüglich von Zins und Gewinnanteil:

I. Eventualität: Rückerstattnng der sämtlichen Bezüge im Gesamtbetrag,
nämlich:

L. Erzinger . . . . . . . . . Fr. 2335 60

C. Habicht-Oechslin . . . . . . . 2251 20

Oechslin-Billeter . . . . . . . . 2044 60

Maier-Frey Erben . . . 2210 05

II. Eventualität: Er a der ämtii en e ü e a 1895 und-1896, nämlickx s '
' Bz 9 mg dm Jahre?!

30 Civilrechtspflege. Erzinger . . . . . . Fr. 1525 Habicht
. . . .. . . . . . . 1525 Oechslin-Billeter . . . . . . . . 1473 60
Maier-Frey . . . 1500 --

III. Eventualität: Belastung der Kommanditäre mit einer grössern
Verlustquote als der Hälfte, nämlich: pro Rata der Einlagen mit 8g,
eventuell nach Köpfen mit 4,-5, eventuell einem andern Bruchteil über
der Hälfte.

e) Verzinsung seitKonkursansbruch (19.Màrz1899) aller der Kslägerschaft
gutgeheissenen Beträge à 5 0/0, eventuell seit der Klage.

Die Beklagten stellen dagegen die Anträge:

Hauptbeg ehren :

Es sei die klägerische Partei mit ihren Forderungsansprüchen abgewiesen. '

Evenmalbegehrem

1. Es seien die Beklagten aus Zinsenbezügen pro 1895 und 1896 zu belasten:

a) L. Erzinger mit. . . . Fr. 526 25 b) Habicht-Oechslin mit . . . . . .
520 25 c) Erben Maier-Frey mit . . . . . . 517 53

506 40

d) Jakob Oechslin mit. . . . . jeweils mit 5 0/O Zins vom Datum des
Konkursausbruches,

19. März 1898, an.

2. Es sei die klägerische Partei mit ihren weitergehenden
Forderungsansprüchen abzuweisen.

C. In der heutigen Verhandlung wiederholen und begründen die Vertreter
der Parteien diese Berufungsanträge und tragen gegenseitig auf Abweisung
der gegnerischen Berufung an. '

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:,

1. Die Aktiengesellschaft Möbelfabrik Schaffhausen in Schaffhanfen, die
ein Aktienkapital von 80,000 Fr. besass, beschloss im Jahr 1894 nach
Kenntnisnahme der Bilanz per 31. Dezember 1893 ihre Liquidation. Sie
suchte einen Käufer für das Geschäft und fand einen solchen in der Person
des Architekten Josef Meyer, bisherigen Delegierten des Verwaltungsrates
Am 31. Mai 1894 kam zwischen diesem und dem Verwaltungsrate der
Aktiengesellschaft ein Kaufvertrag zustande, wonach Meyer mit 1. Juli
1894m. Obiigationenrecht. Na 4. 31

das Geschäft der Aktiengesellschaft mit Aktiven und Passiven übernahm
auf Grundlage der Bilanz pro 31.Dezember 1893, und zwar zum Preise
von 64,105 Fr. 45 Cis. Die im Ver-trage vorgesehene Ratifikation der
Generalversammlung der Aktiengesellschaft Möbelfabrik Schafshausen wurde
am 14. Juni 1894 erteilt. Am 30. Juni 1894 schloss alsdann Z'. Meyer
mit den heutigen Beklagten Erzinger, Habicht-Oechslin, Maler-Furt
(an dessen Stelle im Laufe des Prozesses seine Erben getretensindJ
und Oechslin-Billeter, sämtlich in Schaffhausen und sämtlich Aktionäre
der Aktiengesellschaft Möbelfabrik Schaffhausen, zur Weiterführung der
,,Möbelfabrik Schaffhausen einen Kommanditgesellschaflsvertrag ab. Die
Gesellschaft sollte die Firma: Möbelsabrik Schaffhausen, Josef Meyer &
Cie. führen; Meyer war unbeschränkt haftender Gesellschafter, die vier
Beklagten waren Kommanditäre. Von den letztern hatte jeder eine Einlage
von 20,000 Fr. zu machen, während Meyer selber 10,000 Fr. einzulegen
hatte; die Einzahlungen des Geschäftsinhabers und der Kommanditäre
erfolgten nach Art. 3 des Vertrages durch Verrechnung mit ihren zur
Liquidation gelangenden Aktienbeträgen der ausgelösien Aktiengesellschaft
Möbelfabrik Schasshausen,Mk die Restzahlungen waren zwischen dem 1.Juli
und 30. September 1894 zu leisten. Meyer bezog für die Geschäftsleitung
ein jährliches Salär von 3000 Fr.; die Einlagen der Gesellschafter
waren mit 50/0 jährlich zu verzinsen; weiterer Gewinn sollte zur einen
Hälfte dem unbeschränkt haftenden Gesellschafter Meyer-, zur andern den
Kommanditären und heutigen Beklagten zu vier gleichen Teilen zukommen;
über den Verlust war nichts bestimmt. Yes günstigen Rechnungsabsehlüssen
war ein Reservefonds zu dotieren, der dazu dienen sollte, den Zins der
Anteile auf 5% zun ergänzen, sofern das Abschlussergebnis hierzu nicht
ausreichen wurde. Die Kommanditgesellschaft nahm ihren Anfang auf 1. Juli
1894; Art. 1 des Vertrages nahm ausdrücklich auf den Kan der Möbelfabrik
Schaffhausen" durch I. Meyer Bezug. Die Eintragung der Gesellschaft im
Handelsregister des Kantons Schaffhausen erfolgte am 7. Juli 1894, die
Publikation im schweizerischen Handelsamtsblatt am 11. gleichen Monats
An beiden Orten ist gesagt, dass die Einlage eines jeden der Kom-

32 Civilrechtspflege.

manditäre 20,000 Fr. betrage, dagegen nicht, in welcher Weise
gemäss Vertrag die Einzahlungen stattzufinden hatten. Die Kom'
manditgesellschaft sührte die Bücher der Aktiengesellschaft weiter
und liess die ursprüngliche Wertbilanz per 31. Dezember 1893 darin
stehen. Nach Eingang des von der Aktiengesellschaft mit Meyer stipulierten
Kaufpreises im Oktober 1894 folgte eine Auszahlung von 350 Fr. per Aktie
an die Aktionäre; im Juli 1896 konnte dann noch eine weitere Zahlung
Von 37 Fr. per Aktie stattfinden.

Die Kommanditeinlagen der Beklagten wurden in folgender Weise geleistet:
--

1. I. Eisingen in bar . . . . . Fr. 14,050 durch Verrechnung von 17
Stück-Aktien . . 5,950 2. Il. Maier-Frey: in bar . . . . . {31.15800durch
Verrechnung von 12 Stück Aktien . . ' 4,200 3. (S. Habicht-Oechslin: in
bar . . . . Fr. 2,000 durch Verrechnung von 28 Stück Aktien . 9,800 durch
Verrechnung eines Guthabens aus Kontokorrent per 21. September 1894
. . . 7,980 35 per 31. Dezember 1894 219 65 4. Jakob Oechslin: in bar
. . . . . Fr. 5,000 durch Verrechnnng von 30 Stück Aktien . . 10,500 -

durch Verrechnung eines Guthabens aus Konto-

korrent per 31. Dezember 1894 . . . 4,500 Die hier ausgeführten Guthaben
des Beklagten Habicht-Oechslin betreffen der Möbelfabrik gemachte
Darlehen und Zinsgutschriften, diejenigen des Beklagten Oechslin-Billeter
Mietzins für Veronetung des Fabrikgebäudes und Faktnren; bei beiden
handelt es sich um einen Brivatfontofortentverkehr, der schon mit
der Aktiengesellschaft bestanden hatte und der nach dem Übergang des
Geschäftes auf J. Meyer durch einfache Weiterführung der Kent"! in den
übernommenen Geschäftsbücher-n fortgesetzt wurde.

Die erste Bilanz der Kommanditgesellschaft", pro 31. Dezember
.1894, zeigte nach Vergütung eines Zinses von 5 0/0 für die
Kommanditkapitaleinlagen mit 1353 Fr. 55 Cts., einen Reingewinn von 3382
Fr. 96 Cis der-wie folgt verteilt wurde:III. Ohiigationenrecht. N° 4. 33

1500 Fr. an Z. Meyer, 1500 Fr., d. h. je 375 Fr., an die Beklagten, 300
Fr. den Angestellten als Tantieme, 50 Fr. 01 Et. dem Reservefonds; der
Rest von 32 Fr. 95 Cis. wurde auf neue Rechnung vorgetragen Die Bilanz
pro 31. Dezember 1895 ergab dagegen einen Verlust von 3651 Fr. 14 (Età.;
dieser Verlust wurde mit 3618 Fr. 19 Cis. (d. h. unter Abzug der 32 Fr. 95
Gewinnvertrag pro 1894) auf die Rechnung des Jahres 1896 vorgetragen,
und trotz desselben bezogen die Beklagten einen Zins von 2 1/2 0/0,
nämlich Erzinger, Habicht und Maier, je 500 Fr., Oechslin 473 Fr. 60
Cts. Auch die Bilanz pro 31. Dezember 1896 schloss. mit einem Verlust
ab, und zwar von 4958 Fr. 52 (wobei der Verlust pro 31. Dezember 1895
inbegrissen ist), nachdem die 80,000 Fr. Kommanditkapital mit 50/0 Zins
in die Rechnung eingestellt worden waren. Die Gesamtbezüge" der Beklagten
betragen danach: 1. Konto Erzinger:

Zins à 5 0/0 pro 1894 . . Fr. 410 60

Gewinnanteil pro 1894 375 Zins à 2 Ie 0/9 pro 1895 500 50/0 pro 1896 si.
1025 --

Total Fr. 2335 60 2. Konto Habicht-Oechslin: .

Zins à 50/0 pro 1894 . .ss Fr. 351 20

Gewinnanteil pro 1894 . 375 __Zins à24/2 0/0 pro 1895 500 __ :; 5 0/0
pro 1896 1025 --

Total Fr. 2251 20 3. Konto Oechslin-Billeter:

Zins à 50/0 pro 1894 . . Fr. 196 --

Gewinnanteil pro 1894 375 Zins à 21/? 0/0 pro 1895 473 60 50/0 pro
1896 1000 _

Total Fr. 2044 60

xxvn, 2. 190I 3

34 Gifflrechtspflege. 4. Konto Maier-Frey: Zins à 50/0 pro 1894
. . Fr. 335 05 Gewinnanteil pro 1894 . . 375 Zins à 24/80/0 pro 1895 .
500 5 0/O pro 1896 . . . 1000 -

Total Fr. 2210 05

Pro 31. Dezember 1894 eröffnete die Gesellschaft einen Reservefonto
durch Übertragung von 2200 Fr. ab Amortisationskonto; diesem Konto wurde
pro 1895 ein Betrag von ,1973 Fr. 60 Cts. zum Zwecke der Bestreitung
von Zinsen an die Beilagten entnommen. Für das Jahr 1897 bezogen die
Beklagten keine Zinse. Die Bezüge haben teils durch bar, teils durchv
Gutschrift stattgefunden, doch ist aus den Akten nicht ersichtlich,
in welchen Beträgen das eine und das andere. .

Am 19. März 1898 brach der Konkurs über die Kommanditgesellschaft und
über Josef Meyer persönlich aus. _

2. Im Juni 1898 erhob nun die Konkursmasse der Mobel: fabrik Schaffhausen,
Josef Meyer & Cie., gegen die vier Kommanditäre (wobei an Stelle des
Kommanditärs Maier-Frey dessen Erben belangt wurden) Klage mit den
Rechtsbegehrem Die Beklagten seien zu verpflichten: 1. Die vertraglichen
Kommandkk einlagen von je 20,000 Fr. in die Gesellschaft Mbbelfabrik
Schaffhausen, Josef Meyer & (Cie., zu bezahlen, soweit sie sich nicht
darüber ausweisen, dass die Einlage effektiv bereits geleistet wordeu
sei, und zwar im Mindestbetrage von 4000 Fr.; alle Bez. züge, welche sie
als Kommanditäre der genannten Gesellschaft, sei es als Zins, sei es als
Gewinn, gemacht haben, an die Klagerin zurückzuzahlen, Und zwar wiederum
im Ntindestbetrage von 4000 Fr.; 2. die sämtlichen zu zahlenden Betrage
vom Tage des Konkursausbruches, eventuell vom Tage der Klageführung an
mit 5 CVz zu verzinsen. Die Klägerin stellte sich dabei-bezuglich des
ersten Rechtsbegehrens auf den Standpunkt, es seieache der Beklagten,
zu beweisen, dass sie ihre Einlagen voll geleistethaben; sodann vertrat
sie die Anschauung, nur Barzahlungen seien als gesetzmässige Einlagen
anzusehen; eventual seien die Aktien nicht mit 350 Fr sondern nur mit
250 Fr. in Anrechnung zu bringen, und seien jedenfalls die Verrechnungen
mit Kontokorrent-III. Ohiigafionenrecht. N° 4. 35

fordernngen bei den Beklagten Habicht-Oechslin und OechslinBilleter
unzulässig. Das zweite Rechtsbegehren ftützte sich auf am. 605 O.-R.;
die Klägerin machte geltend, es wäre Sache der Beklagten, zu beweisen,
dass sie die Zinfe und Gewinne pro 1894, 1895 und 1896 im guten Glauben
auf Grund einer ordnungsmässigen Bilanz bezogen hätten, und dieser Beweis
könne nicht geleistet werden da das Gegenteil schon erwiesen sei. Das
erste Hauptbegehren ist von beiden kantoiialen Jnstanzen abgewiesen
worden, indem sie davon ausgingen, dass die Berrechnnng der Aktienbeträge,
sowie die Berrechnung der Forderungen aus Privatkonto sich als zulässige
Kommanditeinlagen darstellen. Das zweite Hauptbegehren ist von beiden
kantonalen Jnsianzen prinzipiell gutgeheissen worden, soweit es die
Bezüge pro 1895 und 1896 betrifft; sie haben alsdann eine Ausrechnung
bezüglich der Berlustanteile, die die Beklagteu für diese Jahre treffen,
auf Grund des Art. 596 O.-R vorgenommen. Dabei hat die zweite Instanz
eine Expertise über die Frage, ob die Bilanzen der Kommanditgesellschaft
pro 1894 1896 ordnungsmässig geführt worden seien, bestellt.

3. Das erste Hauptbegehren, das die Klägerin in erster Linie auch heute
noch in vollem Umfange aufrechthält, stützt sich aus Art. 603 Abs. 3
O.-R., wonach die Gläubiger der Kommanditgesellschast im Konkurse der
letztern verlangen können, dass die Kommanditsunime zur Masse abgeliefert
werde, soweit sie noch nicht eingeworfen ist. Nun ist thatsächlich
festgestellt und überdies von keiner der Parteien bestritten, dass
vorliegend die Kommanditeinlagen auf dreierlei Arten geleistet worden
sind: 1. durch Barzahlungen, 2. durch Verrechnung der Aktienbeträge aus
den zur Liquidation gelangenden Aktien der alten Aktiengesellschaft
Mäbelfabrik Schafshausen, 3. durch Verrechnung der Überträge
aus Privatkonto bei zwei Beklagten. Fraglich ist zunächst, ob die
Kommanditeinlage überhaupt anders als durch Barzahlung gültig geleistet
werden könne; die Klägerin verneint in erster Linie auch heute noch diese
Frage. Nun sieht in casu. schon der Kommanditgesellschaftsvertrag die
Leistung der Kommanditeiulage durch Verrechnung mit den zur Liauidation
gelangenden Aktienbeträgen der früheren Aktiengesellschaft vor, und nach
dein auch die Bestimmungen über die Kommanditgesellschaft im allgemeinen
beherrschen-

86 Givilrechispflege.

den Grundsatze der Vertragsfreiheit (der für das Rechtsverhältnis
der Gesellschafter unter einander ausdrücklich in Art. 594 Abs. 1
O.-R. ausgesprochen ist) ist diese Vertragsbestimmung auch nach aussen
hin den Dritten, speziell den Gläubigern gegenüber als gültig anzusehen,
sofern sie nicht ausdrücklichen Vorschriften des Gesetzes widerspricht,
oder dem Wesen der Kommanditgesellschaft, wie es sich aus dem Gesetze
ergibt, entgegensteht. Zum Wesen der Kommanditgesellschaft nach
schweizerischem Obligationenrecht gehört nun u. a., dass wenigstens
einer der Gesellschafter unbeschränkt, der andere oder die anderen
bis zum Betrage einer bestimmten Vermögenseinlage (Kommanditsumme)
haften wollen. Unter Vermögenseinlage aber ist im allgemeinen jede
Einlage zu verstehen, die einen Vermögensoder Geldwert repräsentiert,
also nicht nur die Cinlage Von Geld, sondern auch die von Sachen
und Forderungen Der Ausdruck Kommanditsumme, der an mehreren Orten
im Gesetze wiederkehrt, bedeutet nicht, dass die Einlage in Geld
geschehen müsse, sondern er will nur ausdrücken, dass eine bestimmte,
in Geld ausdrückbare Vermögenseinlage gefordert wird; bis zu diesem
bestimmten Betrage haftet der Kommanditär, und dieser bestimmte Betrag
bildet einen Bestandteil des Gesellschaftsvermögens (Art. 608 NELL); es
ist daher notwendig, dass dieser Betrag sich in Geld ausdrücken lasse,
also einen Geldwert repräsentiere. Dagegen wird hiemit dem Jnteresse
der Gläubiger im allgemeinen genügend gedient, und ist Barzahlnng
nicht erforderlich. Das Gesetz verlangt aber weiterhin auch nicht,
dass die Art und Weise der Leistung der Einlage publiziert werde,
sondern nur der Betrag der Vermögenseinlage jedes Kommanditärs ist
im Handelsregister einzutragen (Art. 591 Biff. 2). So sehr eine
Vorschrift, welche statuieren würde, der Betrag der in bar bezahlten
Einlage sei ebenfalls anzugeben, wünschenswert ware, ist anderseits
nicht zu verkennen, dass es wirtschaftlich im allgemeinen bei der
Kommanditgesellschaft mehr auf die Kreditfähigkeit der Kommanditäre, als
auf den Betrag der bar einbezahlten Einlage ankommt; für das Verhältnis
der Kommanditgesellschaft nach aussen ist wirtschaftlich und juristisch
ausreichend, dass die Einlage auf einen bestimmten Betrag fixiert sei
(vgl. Staub, Kommentar zum a. SD. H.-G.-B., Z. und 4. Aufl., am. 150 §7,
S.-271). Jst dem aber so, und sind auch.... Obligationenrecht, N° 4. 37

Forderungen als gültige Einlagen zu betrachten, so steht mangels eines
Verbotes im Gesetze nichts entgegen, dass auch eine Verrechuung der
Forderungen gegen die Gesellschaft mit den Fordemugen, die sie an die
Kommanditäre hat, stattfinde, dass also die Einlage auch durch diese
Verrechnung geschehe; das wäre nur dann nicht zulässig (bezw. anfechtbar),
wenn diese Verrechmmg zum Zwecke der Benachteiligung der Gläubiger
vorgenommen win-de; ebenso ist klar, dass die Einlage von gänzlich
wertlosen Forderungen als Erfüllung der Einlagepflicht nicht angesehen
werden könnte. Diese Ausnahme liegt nun aber hier nicht vor, und es könnte
sich nur noch fragen, inwieweit mit Forderungen kompensiert werden dürfe,
die vor Gründung der Kommanditgesellschaft entstanden find. Allein
auch diese Frage löst sich in casu zu Gunsten der Verrechnung, da
die Kommanditgesellschaft das Geschäft der Möbelfabrik Schaffhausen,
das allerdings Meyer persönlich gekauft hatte, mit Aktiven und Passiven
übernommen hai, Damit ist die Gesellschaft Schuldnerin des Mietzinses an
Stelle des J. Meyer geworden, so dass die Mietzinsforderung ihr gegenüber
zur Verrechnung gebracht werden kann. Aber auch die Zinsguthaben und
Darlehensforderungen, die der Beklagte Habicht-Oechslin gegen Meyer hatte,
hat die Gesellschaft übernommen. Danach ist der Hauptberufungsantrag
der Klägetin bezüglich des ersten Rechtsbegehrens abzuweisen. Was
die eventuellen Berufungsanträge zu diesem Begehren betrifft, so ist
flak, dass der Wert der Aktien so zu verrechnen ist, wie er bei der
Liauidation bestimmt und den übrigen Aktionären ausgezahlt wurde; dieser
Betrag war aber 350 Fr. per Aktie, so dass es auch hiebei sein Bewenden
haben muss. Endlich ist ganz unverständlich, wieso die Beklagten sollten
angehalten werden können, noch weitere 37 Fr. per Aktie als Komtnandite
einzuwerfen; ist mit der Barzahlung und den Verrechnungen der Betrag von
20,000 Fr. erreicht, wie das wirklich der Fall ist, so haben die Beklagten
ihre Einlagepflicht vollständig erfüllt, und hat die Kommanditgesellschast
auf die weiteren Beträge, die auf die Aktien entfielen, durchaus keinen
Anspruch; sie hatte Anspruch darauf überhaupt nur dadurch, dass die
Beklagten die Aktienbeträge freiwillig zur Verrechnung brachten.

é. Mit dem zweiten Hauptbegehren der Klage verlangt die

38 Civilrechtspflege.

Klägerin Rückzahlung von angeblich rechts-widrig bezogenen Zinsen und
Gewinnen gestützt aus Art. 605 O.-Jt. Die Klage des Gläubiger-Z auf Grund
dieser Gesetzesbestimmung aualisiziert sich als Rückforderungsklage,
condictio; sie hat zum Gegenstand Rückerstattnng dessen, was der
Kommanditär aus der Kommanditsumme erhalten hat, und beruht darauf, dass
die Kommanditsuutme während des ganzen Bestehens der Kommanditgesellschast
nicht verkürzt werden darf und dass der Kommanditär Dritten gegenüber mit
dem im Handelsregister eingetragenen Betrag haftet (Art.602 O.-R.). Das
Fundament der Klage ist der rechtswidrige Bezug oon Zinsen und Gewinn,
d. h. ein Bezug, der die Kommanditsumme vermindert; dieses Fundament ist
vom Kläger zu behaupten und zu beweisen. Ob er dagegen auch den bösen
Glauben des Empfängers zu beweisen habe, oder ob nicht umgekehrt dieser
beweisen muss, dass er die Bezüge im guten Glauben gemacht hat, dass
er also gemäss Abs. 4 des Art. 605 O.-R. nicht rückerstattungspslichtig
ist, kann vorliegeud dahingestellt bleiben. Werden nämlich die einzelnen
Bilanzen, auf Grund deren die Beklagten die Bezüge gemacht haben, geprüft,
so ergibt sich folgendes: Die Bilanz pro 1894, die einen Gewinn erzeigte,
ist nach der Expertise als ordnungsmässig zu bezeichnen. Für dieses Jahr
fällt daher die Rückerstattungspslicht weg, da thatsächlich ein Gewinn
erzielt worden ist. Anders verhält es sich dagegen mit den Jahren 1895 unh
1896: in diesen Jahren ist nicht ein Gewinn erzielt worden, sondern es
hat sich ein Verlust ergehen. Unter diesen Umständen aber war der Bezug
von Zinsen und Gewinnanteilen unstatthaft, und er konnte auch unmöglich
in gutem Glauben erfolgen. Daran änderte auch der Umstand nichts, dass
zur Auszahlung der Bezüge zum Teil der Reservefonds verwendet wurde; denn
nach der Expertise durfte der Reserdekonto hier nicht verwendet werden,
da er nicht den Charakter eines solchen, sondern immer noch den eines
Abschreibungskonto hatte. Auch daran durften die Beklagten sich nicht
verlassen, dass sich in Zukunft wieder ein Gewinn, aus dem der Verlust und
die Bezüge ausgeglichen werden könnten, ergeben werde; jedenfalls konnte
diese blosse ungewisse Hoffnung nicht ihren guten Glauben begründen Soweit
die Rückforderungsklage die Bezüge für die Jahre 1895 und 1896 betrifft,
ist sie daher prinzipiell begründetlll. Obligationenrecht. N° 4. 39

Diese Bezüge bezifsern sich gemäss den in Erwägung î mitgeteilten Zahlen
zusammen auf 6023 Fr. 60 Cis. Die Vorinstanzen haben nun die Beklagten
nicht zur Rückerstattung dieses Bett-ages, soweit er von ihnen wirklich
bezogen worden, verurteilt, sondern eine Verlustrechnung aus Grund des
Art. 596 OsR vorgenommen. Das ist jedoch rechtsirrtütniich; denn die
genannte Bestimmung des Obligationenrechts bezieht sich nur aus das
Verhältnis der Gesellschafter unter sich, während bei der vorliegenden
Rückforderungsklage das Verhältnis der Gesellschaft zu Dritten in Frage
steht; es kann daher keine Rede davon sein, den erwähnten Artikel hier
anzuwenden, sondern die Beklagten sind grundsätzlich-zur Rückerstattung
alles dessen verpflichtet, was sie empfangen haben. Dagegen wenden nun die
Beklagten ein, sie hätten die betreffenden Beträge, zum Teil wenigstens,
nicht effektio bezogen. Dieser Einwand, über den die Vorinstanz
hinweggeschritten ist, muss im gegenwärtigen Verfahren gehört werden;
ist nur Gutschrift der Bezüge erfolgt, so sind die Beklagten lediglich mit

sdenselben zu belasten; zurückzuerstatten haben sie dagegen nur das,

was sie effektiv bezogen haben. Da nun die effektiv bezogenen und
die bloss gutgeschriebenen Beträge aus den vorliegenden Akten nicht
ersichtlich sind, und die Vorinstanz über diesen Punkt überhaupt
nicht geurteilt hat, sind die Akten unter Aufhebung des angefochtenen
Urteils in diesem Punkte an sie zu neuer Entscheidung aus Grund des
bundesgerichtlichen Urteils zurückzuweisen. Demnach hat das Bundesgericht

erkannt :

1. Bezüglich des ersten Klagebegehreus wird die Berufung der Klägerin
als unbegründet abgewiesen.

2. Bezüglich des zweiten Klagebegehrens wird das Urteil des Qbergerichts
des Kantons Schaffhausen vom 2. November 1900 aufgehoben und die Sache
zu neuer Verhandlung und Entscheidung auf Grund des bundesgerichtlichen
Urteils an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Informazioni decisione   •   DEFRITEN
Documento : 27 II 28
Data : 26. gennaio 1901
Pubblicato : 31. dicembre 1902
Sorgente : Tribunale federale
Stato : 27 II 28
Ramo giuridico : DTF - Diritto civile
Oggetto : 28 Civilrechtspflege. gründet wurde, und kann die Beklagte alle Einwände, die sich


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