554 G. Entscheidungen der Schuldhetreibungs--

S. 1782). Nun steht aber hier ausser Zweifel, dass das Konkursamt Aarberg
von den zwei durch Leuenberger eingeklagten Forderungen schon früher
genaue Kenntnis besass, da es sie ja selbst im Jnventare vorgemerkt hatte.

Stellen sich diese Ansprüche aber nicht als neu entdeckte Vermögensstücke
im Sinne des Art. 269 Betr.-Ges. dar und fehlte also dem Konkursamte
jede rechtliche Befugnis-, über sie zu disponieren, so konnte die von
ihm vorgenommene Abtretung an Stausser auch keine rechtliche Wirkung
entfalten, sondern war von Anfang an ungültig. Es ist nämlich davon
auszugehen, dass die Vorschrift des Art. 269 cit. insofern sie eine
weitere konkursamtliche Liquidation auf neuentdeckte Vermögensstücke
beschränkt, zwingenden Rechtes ist und dass eine zuwiderlaufende amtliche
Vorkehr weder durch Einverständnis der Beteiligten, noch durch den
Mangel der Beschwerdeführung in Gültigkeit erwachsen kann (vergl. den
oben citierten bundesgerichtlichen Entscheid, Bd. XXIII, 2. Teil,
Nr. 229). Jnfolge dessen vermochte auch die Weisung der kantonalen
Aufsichtsbehörde vom 6. April 1901, die beiden Forderungen im Sinne des
Art. 269 cit. zu liquidieren, das Konknrsamt zu dahingehenden Massnahmen
rechtswirksam nicht zu ermächtigen.

Soweit also der Rekurrent die in Frage stehenden Abtretungen als ungültig
ansicht, erscheint seine Beschwerde als begründet, wogegen freilich seinem
übrigens erst vor Bundesgericht gestellten Begehren auf Durchführung
des Verfahrens nach Art. 269 Betr.-Ges. nach dem Gesagten keine Folge
gegeben werden kann.

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer erkannt:

Der Rekurs ist dahin gutgeheissen, dass die angefochtene Abtretung der
beiden Forderungen an Fürsprech Staufser als rechtsungültig erklärt
wird.und Konkurskammer. N° 100. 555

100. Entscheid vom 11. Oktober 1901 in Sachen Zulliger.

Der Gemeinschuch ner hat keine Legitimation zur Beschwerde betreffend
Admassiemng von Vermögen. Art. 199 und 206 Sch.u. Kankurs-Ges.

I. Durch Zahlungsbefehl vom Z. Dezember 1900 leitete die Amtsschaffnerei
Bern als Vertreter-in der Brandversicherungsanstalt des Kamons Bern gegen
Erdmunda Zulliger-Müller in Bern Betreibung auf Grundpfandverwertung
ein für verschiedene Brandversichernngsbeiträge von zusammen 195 Fr. 64
Ets. Als Pfandgegenstände haften die Gebäude Nr. 24, 243, 24h und
240 an der Seftigenstrasse in Bern nebst Haus-platz. Das Gebäude Nr.
24a mit Parzelle J 438 gehörte zur Zeit der Anhebung der Betreibung
nicht mehr der betriebenen Frau Zulliger, sondern war in das Eigentum zur
Hälfte der Eheleute Utwardy und zur andern Hälfte der Witwe v. Seidlitz
übergegangen, weshalb das Betreibungsamt auch diesen Ansfertigungen des
Zahlungsbefehls übermittelte Nachdem inzwischen Erdmunda Zulliger-Müller
in Basel in Konkurs gefallen war, stellte die Amtsschafsnerei Bern unterm
18. Juli 1901 an das Betreibungsamt Wem-Stadt das Begehren, es möchte
die gegen Frau Znlliger angehobene Betretbung aus Pfandverwertnng für
den der Brandsteuer für das Gebäude Nr. 243. entsprechenden Betrag von
17 Fr. 48 Cis. durch Verwertung des Pfandes fortgesetzt werden. Diesem
Begehren entsprach das genannte Betreibungsamt, indem es der Erdmunda
Zulliger unterm 29. Juli 1901 von demselben Mitteilung machte.

II. Hiegegen führte Frau Zulliger Beschwerde, wobei sie unter Berufung
darauf, dass nach Art. 206 des Betreibungsund Konkursgesetzes die
Betreibung dahingefallen sei, Kassation der fraglichen Verwertungsvorkehr
verlangte

III. Die kantonale Aufsichtsbehörde wies die Beschwerde am 16. August 1901
als unbegründet ab, indem sie sich in Anlehnung an den bundesgerichtlichen
Entscheid in Sachen Wüest-

556 G. Entscheidungen der Schuldbetreibungs-

Bucher (Separatausgabe der betreibungsund konkursrechtlichen
Entscheidungen, Bd. I, Nr. 83; 21th Samml., Bd. XXIV, I, Nr. 149,
S. 754 ff.) auf den Standpunkt stellte, dass Art. 206 des Betreibungsund
Konkursgesetzes sich nicht auf die Pfandverwertungsbetreibungen beziehe,
bei denen der Pfandgegenftand im Eigentum eines Dritten stehe.

IV. In der rechtzeitig eingereichten Rekursschrift an das Bundesgericht
erneuert Frau Zulliger ihren Antrag auf Aufhebung der angefochtenen
betreibungsamtlichen Verfügung.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Mit Eröffnung des Konkurfes über die Rekurrentin hat die-

selbe die Befugnis, hinsichtlich der Aktiven und Passiven ihres Vermögens
Dispositionen zu treffen, verloren und ist diese Befugnis auf die
Konkursmafse übergegangen Es kann also nur snoch der letztern zustehen,
die Verfügung des Betreibungsamtes Bern-Stadt, welche eine Frage der
Admassierung von Vermögen beschlägt, unter Berufung auf die am. 199
und 206 des Betretbungsund Konkursgesetzes anzufechten, während der
Gemeinschuldnerin die Legitimation zu einer derartigen Beschwerde fehlt.

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer

erkannt: Auf den Rekurs wird nicht eingetreten.

101. Entscheid vom 18. Oktober 1901 in Sachen Arrigoni. Unpfändbare
Gegenstände, AM. 92 Zi./}. 3 B.-G. Pflicht des Schuld-

ners, die Unpfeîndbarkeit day-WMW. Retentionsurkunde ; Vera-usseäzungen
für Hinfdliigkeit, Art. 283 Abs. 3 IS.-G.

I. Der Rekurrent beschwerte sich gegen die Aufnahme einer
Retentionsnrkunde, wobei er unter anderm eine retinierte Nähmaschine als
Kompetenzstück beanspruchte Die beiden kantonalen Aufsichtsbehörden wiesen
ihn mit diesem Anspruch-e ab. Die zweiteund Konkurskammer. N° 101. 5-57

Instanz führte dies-bezüglich aus: Der Rekurrent habe es auch Vor ihr
unterlassen, irgend welche Beweise für die Unentbehrlich-· keit der
Maschine, sei es als eines Haushaltungsgegenstandesp set es als einer
zur Ausübung des Berufes notwendiger Gerätschaft, vorzulegen und eine
vorgenommene Aktenvervollftändiguug habe ebenfalls keine Klarheit gegeben.

II. Arrigoni rekurrierte rechtzeitig an das Bundesgericht, indem er
geltend machte: Seine Frau brauche als Schneiderin die Nahmaschine und
die Vortnstanz habe schon früher erkannt, dass eine solche unentbehrlich
und daher unpfändbar sei. Sodann habe die kantonale Aufsichtsbehörde
einen Punkt der Beschwerde gar nicht gewürdigt: Der Gläubiger, Präsident
Meter in Schlieren, habe nämlich seine Forderung nach Aufnahme der
Retentionsurkunde zwar in Betreibung gesetzt, sie aber nach erfolgtem
Rechts-vorschlage trotz wiederholter Aufforderung nicht gerichtlich
geltend gemacht, so dass damit die Retention überhaupt gegenstandslos
geworden und dahingefallen sei· '

Die Schuldbetreibnngsund Konkurskammer zieht in Erwägung:

1. Ohne Zweifel hat der Schuldner, welcher ein Objekt als Kompetenzstück
beansprucht, darzuthun, dass demselben wirklich die Eigenschaft eines für
ihn unentbehrlichen Gegenstandes-tm Sinne des Gesetzes zukomme. Dieser
Nachweis lag aber hinsichtlich der fraglichen Nähmaschine den kantonalen
Jnstanzen nicht vor, und es hat ihn Rekurrent auch nicht vor Bundesgericht
erbracht, woselbst er übrigens als novum streng genommen gar nicht mehr
berücksichtigt werden könnte. Die Beschwerde erweist sich also Insoweit
als hinfällig

2. Allerdings macht der Rekurrent noch geltend, und, zwar ohne hierüber
von der Vorinstanz gehört worden zu fem, die Retentionsurkunde selbst
sei dahingefallen und damit seien Petreibungshandlungen hinsichtlich der
streitigen Nähmaschme nicht mehr möglich. Der vom Beschwerdeführer für
diese Pehauktung angeführte Grund erscheint indessen als unstichhalttgx
Denn Art. 283 Abs. 3 B.-G. schreibt nicht etwa, entsprechend der-m
Art. 278 Abs. 2 für den Fall des Arrestes aufgestellten Bestimmung, vor,
dass der Retentionsgläubiger, nachdem gegen seine
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : 27 I 555
Date : 06 avril 1901
Publié : 31 décembre 1902
Source : Tribunal fédéral
Statut : 27 I 555
Domaine : ATF- Droit constitutionnel
Objet : 554 G. Entscheidungen der Schuldhetreibungs-- S. 1782). Nun steht aber hier ausser


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