108 Civilrechtspflege.
her, und dabei ist es dann geblieben. Hieraus geht klar hervor, dass der
eidgenössische Gesetzgeber die Haftung des Tierhalters ohne Rücksicht aus
Verschulden nicht aufnehmen wollte, und dieser klare Rechtszustand kann
nicht dadurch umgestossen werden, dass etwas als Verschulden bezeichnet
wird, was hienach als solches nicht angesehen werden kann. Jst aber danach
das Halten eines bösartigen Tieres für sich allein nicht geeignet, beim
Eintritt eines Schadens den Anspruch aus Art. 65 O.-R. zu begründen,
so kann in diesem Halten auch nicht eine unerlaubte, wider-rechtliche
Handlung im Sinne des Art. 50 eod. erblickt werden; die Haftung des
Tierhalters für Schädigung durch Tiere ist in Art. 65 O.-R. geregelt
und umschrieben, und was nach dieser Bestimmung nicht als Verschulden
anzusehen ist, kann es auch nicht nach Art. 50 sein. Sonach fehlt es dem
Anspruche der Kläger an einem notwendigen Fundament, und die Klage muss
daher-, in Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils, abgewiesen werden.
Demnach hat das Bundesgericht erkannt:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und somit das Urteil des
Kantonsgerichtes des Kantons St. Gatten vom 10. November 1899 in allen
Teilen bestätigt.
14. Urteil vom 9. März 1900 in Sachen Bachmann und Genossen gegen Gerber.
Vorurteil betr. die Gültigkeit einer Konknrrenzwrbotes, Haupturtei.?
Art. 58 Org.-Ges._Konkurrenzverbot unter Komentionalsfrafe.
Gültigkeit, Art. 17 und 181 0.-R. Erster Vertrags-erold durch den
Strafberechtdgten? Ansprüche des Berechàigten; Wandesspön ? Art. 179,
spez. Abs. 3 0. R.
A. Durch Urteil vom 2. Dezember 1899 hat die Appellationskammer des
Obergerichts des Kantons Zürich erkannt:
Die Klage wird abgewiesen und demgemäss den Klägern die Betreibung von
Geschäften von der Art des vom Beklagten b-IV. Obligationenrecht. N°
14. 109
triebenen im Gebiete der Stadt Zürich untersagt und zwar dem F. Bodmer
bis zum 15. April 1899, den übrigen Klägern bis zum 15. April 1900.
B. Gegen dieses Urteil haben sämtliche Kläger rechtzeitig und in richtiger
Form die Berufung an das Bundesgericht erklärt, mit dem Antrage: In
Aufhebung des angefochtenen Urteils sei das in Ziffer 2 der zwischen den
Parteien abgeschlossenen Dienstverträge enthaltene Konkurrenzverbot als
nngültig zu erklären.
C. Jnnert der Anschlussberufungsfrist hat der Vertreter des Beklagten
erklärt: Er stelle den Antrag, Erwägung 5 des obergerichtlichen
Urteils sei für unrichtig zu erklären, und in der Begründung des
bundesgerichtlichen Urteils sei deutlich zu sagen: î. dass der Befehl
des Audienzrichters vom 5. Mai 1898 durch die Einleitung der Klage im
ordentlichen Verfahren durchaus nicht dahingefallen, sondern dass nur
dessen Vollstreckbarkeit dahingefalien sei; 2· dass das bundesgerichtliche
Urteil mit seiner Ausfällung vollstreckbar sei und es folglich eines
besondern Vollstreckungsverfahrens nicht mehr bedürfe. Eventuell erklärt
der Vertreter des Beklagten förmlich dte Anschlussberufung, und beantragt,
in Dispositiv 1 des obergerichtlichen Urteils seien zwischen abgewiesen
und und die Worte einzufügen: und der Befehl des Audienzrichters des
Bezirksgerichts Zürich vom 5. Mai 1898 bestätigt-
D. In der heutigen Verhandlung begründen die Vertreter der Parteien ihre
Berufungsanträge und tragen wechselseitig aus Abweisnng der gegnerischen
Berufung an.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Kläger waren Milchführer im Geschäfte (der Molkerei) des
Bekiagten. Aus ihren schriftlichen Anstellungsverträgen betitelt
Vertrag und Vorschriften ftir die Milchsührer ist folgendes als für
den gegenwärtigen Prozess erheblich hervorzuheben: Der Vertrag mit dem
Kläger Bodrner (vom 25. September 1887) bestimmte in Art. 2: Er (Bodmer)
verpflichtet sich ...... wenigstens ein Jahr lang nach seinem Austritt
feinen Milchhandel in Zürich und Umgebung zu betreiben oder darin weder
für seine eigene, noch für Rechnung dritter Personen etwas zu thun. Auf
jeden Zuwiderhandlungsfall steht eine
110 Civilrechtspflege.
Konventionalstrafe von zweihundert Franken Art. 22 enthält eine Anzahl
Bussenandrohungen (z. B. für Trunkenheit, unmotiviertes Ausbleiben
vom Dienst u. dgl.). Die Verträge der andern Kläger enthielten in
Art. 2 folgende Bestimmung: Er (ber Milchführer) verpflichtet sich
. . . . wenigstens zwei Jahre lang nach seinem Austritte in Bin-ich und
Umgebung weder für feine eigene Rechnung, noch für Rechnung anderer
ein gleiches Geschäft oder einzelne Zweige desselben zu betreiben;
undArt. 22 dieser Verträge enthielt die Bussenandrohung, wobei unter n
eine Busse von 500 Fr. angedroht ist für den Fall des Zuwiderhandelns
gegen die Bestimmungen in Art. 2. Betreffend den Gehalt der Milchführer
bestimmte der Vertrag mit Bodmer, er bestehe in einem festen Monatsgehalte
von anfänglich 60 Fr., in einer Tantieme von 4X9 1 Centime per Liter
bezahlte-: Milch, auf Butter-, Rahm, Käse einer Tantieme von 20/0 der
bezahlten Waren. Die übrigen Verträge setzten einen Monatsgehalt von
im Minimum 120 Fr. fest; dem Kläger Bosshards war ausserdem im Vertrage
selbst eine Provision von 7% auf Milch, Käse und Centrifugenbutter, sowie
von 20/0 auf Ruhm und Einsiedebutter zugesichert. Diese ursprünglichen
Lohnbestimmungen wurden mit der Zeit in dem Sinne abgeändert, dass dies
Milchführer als Vergütung gewisse Provifionen beziehen sollten und dass
der im Verträge genannte Minimallohn nur die Bedeutung einer Garantie
für einen Mindestbetrag der Provisionen haben sollte. Diese Provision
hatte zuletzt in 70/0 für Milchund Käse bestanden. Anfangs Februar 1898
erhielten die Milchführer ein vom 31. Januar gl. Js. datiertes Cirkular
des Beklagten, worin im wesentlichen ausgeführt wurde: Die Ver kaufspreise
der Milchprodukte erlauben uns . . . . thatsächlichs nicht mehr, unsern
Führern darauf die gleich hohe Provision wie bei der Milch zu gewähren,
sondern nötigen uns zu einerReduktion des Ansatzes auf 40,X0. Diese
40/0 werden dagegen vom 1. Februar an auch auf der Kochbutter bewilligt
statt wir bisher bloss 20/0 so dass sich die Führer für diesen Artikel
bedeutend besser stellen als früher ..... " Jnfolge dieses
Cirkulars kündigten nach vorausgegangenen Unterhandlungen -
insbesondere einer Unterredung des Beklagten mit den
Milchfüh-sIV. Obligationenrecht. N° 14. 111'
rern vom 7. März 1898 im Beruerhof alle Milchführer ihre Verträge
vertragsgemäss am 15. März auf den 15. April 1898. 22 derselben zogen
jedoch ihre Kündigung wieder zurück, und nur die heutigen Kläger
hielten sie aufrecht. Zu bemerken ist hiebei, dass der Kläger Bodmer
einen Brief des Beklagten vom 8. März 1898 erhielt, worin dieser
ihm unter Berufung auf sein Benehmen vom Tag vorher anheimstellte,
sein Geschäft anfden 1. April oder auf den 1, Mai zu verlassen; Bodmer
erklärte hierauf, er trete auf den 30. April aus. Nach seinem Austritt
aus dem Dienste des Beklagten gründete jeder der Kläger ein eigenes
Milchund Buttergeschäftz die Kläger zeigten dies derEinwohnerschaft
von Zürich in einem gedruckten Cirkular an. Auf Begehren des Beklagien
untersagte der Audienzrichter desVezirisgerichtes Zurich durch Verfügung
vom 5. Mai 1898 den Klägern unter Androhung der Überweisung an den
Strafrichter-, vor dem 15. April 1900 in Zürich und Umgebung für
eigeneoder für fremde Rechnung ein gleiches Geschäft wie dasjenigedes
Beklagten oder einzelne Zweige desselben zu betreiben. Aufv Reknrs der
Kläger hin modifizierte die Rekurskammer des Obergerichts des Kantons
Zürich mit Beschluss vom 6. August 1898 dieses Verbot dahin, dass es
gegenüber dem Kläger Bodmer nur bis 15. April 1899 ausgesprochen,
und dass überdies die Vollstreckbarkeit des Befehls davon abhängig
gemacht wurde, dass die Jmpetraten nicht innert bestimmter Frist Klage
auf Ungültiger klärung des Konkurrenzverbotes einleiten würden. Junert
dieserFrist haben alsdann die Kläger die vorliegende Klage erhoben,
welche das Rechtsbegehren enthält, das in Ziffer 2 ber mit dein Beklagten
abgeschlossenen Dienstverträge stipulierte Konkurrenzverbot sei als
ungültig zu erklären und demgemäss die Verfügung des Audienzrichters vom
5. Mai 1898 gerichtlich aufzuheben.. Der Beklagte erhob gegen jeden der
Kläger eine Widerklage auf Bezahlung von 2000 Fr. Schadenersatz wegen
Übertretung des Konktirrenzverbotes Im Verlaufe des Prozesses ist (durch
Beschluss der Appellationskammer des Obergerichts) entschieden worben,
es sei über die grundsätzliche Begründetheit von Klage und Widerklage
durch ein sog. Vorurteil zu entscheiden und das Quantitativ des vom
Beklagten verlangten Schadenersatzes einem spä-
112 Givilrechtspflege.
tern Prozesse vorzubehalten. Die Kläger begründen ihre Klage, kurz
gesagt, mit folgenden Standpunkten: in erster Linie, der Beklagte könnte
überhaupt nur die Busse, nicht aber die Innehaltung des Konkurrenzverbotes
verlangen; sodann, das Konkurrenzverbot sei ungültig, weil unsittltch,
gemäss Art. 17 O.-R.; endlich könnte im vorliegenden Falle von demselben
kein Gebrauch gemacht werden, weil der Beklagte selber den Vertrag zuerst
gebrochen habe durch das Cirkular vom 31. Januar 1898, und weil er die
Kläger bei der Unterredung vom ?. März gl. Jahres beschimpft habe.
2. Die Kompetenz des Bundesgerichts könnte nur zweifelhaft sein
bezüglich der Frage, ob das angefochtene Urteil als Haupturteil im
Sinne des Art. 58 Org·-Ges. anzusehen sei. Hierüber ist zu sagen:
Das Urteil der Vorinstanz ist nach zürcherischem Prozessrecht ein
sog. Vorurteil, § 444 zürch Rechtspflegegesetzz es entscheidet über die
dem Rechtsstreite der Parteien zu Grunde liegenden prinzipiellen Fragen,
ob das Konkurrenzverbot gültig sei und ob der Beklagte dasselbe geltend
machen könne. Als eigentlicher im Streite liegender Anspruch ist der
Anspruch des Beklagten aus die Gültigkeit des Konkurrenzverbotes zu
bezeichnen, und auf die Feststellung dieser Gültigkeit lautet das
angefochtene Urteil, das sonach ein Feststellungsurteit ist. Über
jenen grundsätzlichen Anspruch nun hat dieses Feststellungsurteil
als Endurteil entschieden; und der Umstand, dass ursprünglich noch
eine Schadenersatzforderung des Beklagten anhängig war, kann deshalb
nicht hindern, dass dieses Urteil als Haupturteil anzusehen und zu
behandeln ist, weil diese Schadenersatzforderung durch Verfügung der
obern kautonalen Instanz in ein besonderes Verfahren verwiesen worden
ist; über die Fragen, die der kaumnalen obern Instanz vorlagen, hat
sie vollständig und endgültig entschieden, und ihr Urteil ist daher als
Haupturteil im Sinne des Art. 58 Org.-Ges. zu qualifizierter-.
8. Jst sonach auf das materielle des Streites einzutreten, so ist die
erste hier zu entscheidende Frage: ob das in den Verträgen des Beklagteu
mit den Klägern enthaltene Konkurrenzoerbot überhaupt als rechts-gültig
anzusehen sei, entgegen den Klägern, imIV. Ohligationenrecht. N° 14. 113
bejahenden Sinne zu beantworten Zunächst steht ausser Zweifel, dass durch
das Konkurrenzverbot ein berechtigtes Interesse des Beklagten geschützt
wird. Dieses Interesse des Beklagten besteht darin, sich die erworbene
Kundschaft zu erhalten; und der Umstand, dass der Beklagte nicht direkt,
sondern durch Vermittlung
. der Milchführer mit den Kunden verkehrt, und dass von den Kun-
den an die Milchführer gezahlt, ihn-en also von diesen Kredit eingeräumt
wird, lässt die Gefahr, dass Kunden abwendig gemacht werden könnten, als
sehr nahe liegend und daher ein Konkurrenzverbot als beinahe notwendig
erscheinen. Dass sodann das in Frage stehende Verbot nach Zeit und
Ort keine über-mässigen Beschränkungen enthält, braucht nicht weiter
ausgeführt zu werden. Dagegen behaupten die Kläger, das Verbot sei aus dem
Grunde unsittlich, weil ihnen zugemutet werde, ihren erlernten und von
ihnen lange geübten Beruf aufzugeben und sich nach andern Berufszweigen
umzusehen, mit dem Risiko, der Armenpflege zur Last zu fallen. Allein
diese Ausführungen können nicht als stichhaltig angesehen werden, denn
es ist erwiesen, dass es zur Ausübung des Berufes eines Milchführers
besonderer Kenntnisse nicht bedarf, dass die Kläger vielmehr, falls
sie nicht verziehen, Zürich und Umgebung zu verlassen, mit Leichtigkeit
einen andern kleinen Handel betreiben können, wie denn z. B. die Kläger
Bachinann und Bosshardt ihre Milchgeschäfte schon wieder veräussert haben
und der Kläger Bodmer noch einen Spezereihandel betreiben soll. Von
einer unzulässigen Einschränkung der wirtschaftlichen Thätigkeit der
Kläger kann somit nicht gesprochen werden
4. Zu prüfen ist demnach der weitere Standpunkt der Kläger, der Beklagte
könne das Konkurrenzverbot deshalb nicht geltend machen, weil er selber
zuerst den Vertrag gebrochen habe. Nun kann dahingestellt bleiben, ob
die Grundsätze des neuen D. H.-G.-B. {ng § 75 Ahi. 1 daselbst), dass
der Dienstherr, der einen Vertrag, der ein Konkurrenzverbot enthält,
zuerst gebrochen hat, oder der einem Angestellten durch oertragswidriges
Verhalten gegründeten Anlass zur sofortigen Auflösung des Dienstvertrages
(im Sinne des Art. 346 O.-R.) gegeben hat, sich auf das Konkur-
XXVI, ?. 1900 8
114 uvilkeehtspilege.
renzverbot nicht berufen kann, auch auf daslschweizerische
Obligationenrecht Anwendung finden; denn vorliegend ist ein derartiges
vertragswidriges Verhalten des Beklagten , nicht erstellt.. Zunächst kann
ein solches nicht gefunden werden in den angeblichen Beschimpfungen der
Kläger durch den Veklagten bei der Unterredung vom 7. März 1898z denn
die Klager haben selber aus diesen angeblichen Beschimpfungen nicht die
Folgerung gezogen, dass sie ihren sofortigen Austrittwhatten erklaren
durfen; sie haben vielmehr die vertragsmässige Kundigung vorgenommen.
Das Cirkular vom 31. Januar 1898 sodann kann nicht als Vertragserch
des Beklagteii angesehen werden. Ein solcher lage allerdings dann vor,
wenn der Beklagte die darin vorgesehenen Lohnänderuiigen wirklich,
wie allerdings den Ausdrucken des Cirkulars entnommen werden konnte,
auf den l. Februar, und zwarohne Verständigung mit den Milchführern,
vorgenommen hatte ;, die infolge des Cirkulars unter den. Milchfuhrern
entstandene Aufregung mag daher wohl als begreiflich und entschuldbar
erscheinen. Allein ausschlaggebend ist der Unmstand, dass. der Beklagte
das Cirkular eben nicht so ausgefuhrt hat, wie es nach seinem Wortlaute
allerdings aufgefasst werden konnte; es lagdarin vielmehr nur eine Offerte
des Beklagten zur (vertragsgemässen) Auslösung der Dienstverträge und zur
Eingebung neuer Verträge aus anderer Basis; die Kläger waren rechtlich
vollständig frei, diese Offerte anzunehmen oder-nichts wobei ihnen zur
Erreichung ihrer wirtschaftlichen Interessen ein Zusammenschluss notwendig
erscheinen mochte. Darüber aber, dass. der Beklagte zu einem derartigen
Vorgehen berechtigt war, bedarf es keiner weiam & run . _ img. Es
ferhiibriät sonach noch, da ein Vertragsbruch der Klagetnachgewiesen
ist, zu prùfen, welcheo Folgen dieser Vertrags-bruchnach sich zieht,
bezw. welche Anspruche dem Veklagten daraus erwachsen. In dieser Beziehung
machen die Klager vorab geltend, es handle sieh, ausser beim Vertrage mit
dem Klager Bodmer, überhaupt nicht um eine Konventionalstrafe, sondern um
eme Busse, und der Beklagte könnte höchstens diese Busse einfordern,womit
die Kläger von der unter dieser Busse eingegangenen Verpflichtung frei
würden. Allein nichts berechtigt, den VertragenIV. Obligationenrecht. N°
14. 115
mit den übrigen Klägern eine andere Auslegung zu geben, als
demjenigen mit Bodiner; und da hier klar und deutlich von einer
Konventionalstrafe die Rede ist, muss eine solche auch bei den
übrigen Verträgen angenommen werden, zumal der Zweck und das Wesen der
für Übertretung des Konkurrenzverbotes angedrohten sog. Busse denn
doch ganz andere find, als bei den übrigen in Art. 22 der Verträge
vorgesehenen Disziplinarbussen; jener erstern Busse kann vernünftiger
Weise gar keine andere Bedeutung beigelegt werden, als diejenige
einer Konventionalstrafie; es ist die häufig vorkommende Strafklausel
für den Fall der Nichterfüllung eines Vertrages, einer Verpflichtung,
oder der Übertretung einer vertraglichen Verpflichtung Dagegen stellen
sich die Kläger weiterhin auf den Standpunkt, auch wenn die angedrohte
Busse" als Konventionalstrafe anzusehen sei, könne der Veklagte doch
nur deren Bezahlung, nicht aber Jnnehaltung des Konkurrenzverbotes
verlangen; sie behaupten m. a. W., es handle sich um eine Wandelpön,
so dass ihnen gegen Erlegung der Strafe der Rücktritt freistehe. Nach
dem für die Entscheidung dieser Frage massgebenden Art. 179 O.-R. kann
der Gläubiger dann, wenn eine Konventionalstrafe für den Fall der
Nichterfüllung eines Vertrages versprochen ist, nach seiner Wahl
entweder die Erfüllung oder die Strafe fordern; dagegen bleibt dem
Schuldner der Nachweis vorbehalten, dass ihm gegen Erlegung der Strafe
der Rücktritt freistehen sollte. Danach ist das Wahlrecht des Gläubiger-Z
auf Erfüllung oder auf Strafe die Regel, und liegt es dem Schuldner ob,
zu beweisen, dass dieses Wahlrecht ausgeschlossen und der Gläubiger
auf die Einforderung der Konventionalstrafe beschränkt ist. Dieser
Nachweis wird insbesondere geführt werden können durch die Berufung auf
den Wortlaut der eingegangenen Verpflichtung, auf die Umstände, unter
denen sie abgeschlossen ist und auf die Höhe der Konventionalstrafe,
dies namentlich in dem Sinne, dass die Konventionalstrafe in einem
derartigen Verhältnisse zum Erfüllungsinteresse des Berechtigten steht,
dass anzunehmen ist, dieses Interesse werde durch die Konventionalstrafe
gedeckt (vgl. R. G. E., Bd. 33,. S. 141). Vorliegend nun fehlt es an
diesem Nachweis; die stipulierten Konventionalstraer von 200 und 500
Fr. erscheinen eher gering als
116 Civilrechtspflege.
hoch, und namentlich ist in keiner Weise erstellt, dass sie in
dem angedeuteten Verhältnis zum Erfüllungsinteresse des Beklagten
stehen. Auch kann nicht etwa gesagt werden, schon der Umstand, dass
es sich um Angestellte auf der einen und den Arbeitgeber auf der
andern Seite handelt, berechtige zu der Annahme, dass es sich um eine
Wandelpön handle. Allerdings hat das neue D. H.-G.-B. in § 75 Abs. 2 im
Verhältnis von Prinzipal und Handlungsgehilfen beim Versprechen einer
Konventionalstrafe seitens des letztern das Wahlrecht des erstern
ausgeschlossen und ihn auf die Forderung der Strafe beschränkt, und
zwar mit zwingender Kraft. Allein das schweiz. leig.-Recht kennt eine
derartige Vorschrift nicht, und ihr Hineininterpretieren in einen Vertrag
widerspräche nicht nur dem Art. 179 O.-R., sondern dem dem ganzen Gesetze
zu Grunde liegenden Prinzipe der Vertragsfreiheit überhaupt.
6. Der Beklagte kann daher vorliegend die Erfüllung des Vertrages
fordern oder, anders ausgedrückt, den Klägern die Ausübung des untersagten
Berufes verbieten. Inwieweit ihm hiebei Zwangsmittel zu Gebote stehen, und
inwieweit insbesondere der Befehl des Audienzrichters vom 5. Mai 1898 dem
Gesetze entsprach, ist deshalb nicht zu untersuchen, weil dieser Befehl
nach dem Ausspruche der Vorinstanz, die sich hiebei auf das kantonale
Prozessrecht stützt, mit der Einleitung der Klage dahingefallen ist; an
seine Stelle ist nun Dispositiv 1 des angefochtenen Urteils getreten, das
nach dem Gesagten, in Abweisung der Berufung der Klager, zu bestätigen ist
7. Auch dem Anschlussberusungsbegehren des Beklagten kann keine Folge
gegeben werden Wenn das angefochtene Urteil in Erwägung 5 ausspricht,
es werde Sache eines weitern Vollstreckungsverfahrens sein, für die
Durchführung des auch zweitinstanzlich geschützten Konkurrenzverbotes
die nötigen Androhungen zu erlassen, so beruht dieser Entscheid aus dem
kantonalen Prozessrecht, das vom Bundesgericht nicht nachgepriist werden
kann. Und was das zweite Begehren betrifft, so bedarf es eines besondern
Spruches des Gerichtes über die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit seines
Urteils nicht, da das Org.-Ges. in Art. 101 und 45 hierüber klare und
unzweideutige Bestimmungen trifft.lV. Ohligationenrecht. N° 15. 117
Demnach hat das Bundesgerieht erkannt:
Die Berufung der Kläger sowohl wie die eventuelle AnschlussBerufung
des Beklagten werden als unbegründet abgewiesen und es wird somit das
Urteil der Appellationskammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom
2. Dezember 1899 in allen
Teilen bestätigt
15. Urteil vom 10. März 1900 in Sachen Brauerei Tiefenbrnnnen gegen Gut
bezw. Netscher.
Verpflichtung des Eigentümers einer Wirtschaft, für sich und seine
Rechtsnachfolger Bier weîlssend einer bestimmten Zeit nur von einer
gewissen Brauerei zu beziehen. Auslegung. Vertrag zu Gunsten Dritter,
Art. 128 ().-R., spez. Abs. 2 end. (Stellung des Dritten). Versprechen
der Leistung eines Dritten, Art. 1127 (). R. Der Verspreehemie ist
gegebenenfalls auch. zur Leisten!) einer Konventionetstrafe vee'pflichtet.
A. Durch Urteil vom 7. November 1899 hat die Appellationskammer des
Qbergerichtes des Kantons Zürich die Klage abgewiesen.
B. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin die Berufung an das Bundesgericht
erklärt, und beantragt, dasselbe sei aufzuheben, und der Beklagte Gut
gemäss dem Urteile des Bezirksgerichtes Zürich zu verpflichten, an den
Kläger Mayer, Brauerei Tiefenbrunnen,
vom 1. März 1899 an bis nach erfolgter Abzahlung des
6000 Fr.-Briefes, oder bis zum Wiederbeginn der Deckung des Bierbedarfes
der Wirtschaft zur Gans beim Kläger an letztern monatlich eine
Konventionalstrafe von 100 Fr. zu zahlen.
Jn der heutigen Hauptverhandlung erneuert der Anwalt der Berufungsklägerin
diesen Antrag. Rechtsanwalt W. beantragt namens des Litisdenunziaten
Netscher Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Am 15. Oktober 1896 hat K. Mayer, Brauerei TiefenBrunnen, mit
E. Helbock, damaligem Eigentümer der Wirtschaft