506 B. Entscheidungen der Schuldhetreihungs--

Konkursamt Enge sei anzuweisen, die italienischen Eingaben des Rekurrenten
entgegenzunehmen und selbst in italienischer Sprache zu antworten.

Die kantonale Aufsichtsbehörde verweist statt einer Vernehmlassung auf
die Begründung ihres Entscheides.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwä gung:

Es handelt sich zur Zeit um blosse, brieflich geführte Vorverhandlung en
über einen Anspruch, den das Konkursamt Enge namens der Masse Baumberger,
Senftleben & (Sie. an den Rekurrenten erhebt, und nicht um gesetzlich
vvorgeschriebene Verfügungen oder Erlasse des Amtes, bezw. Eingaben eines
Dritten. Dafür, in welcher Sprache Vorverhandlungen zu führen seien,
kann ein allgemeiner Grundsatz nicht ausgestellt werden; insbesondere
kann es nicht darauf ankommen, welches die Amtssprache der betreffenden
Stelle sei; vielmehr hängt es vom Belieben des Schreibenden ab, welcher
Sprache er sich bedienen will, und steht es umgekehrt dem Adressaten
frei, Eingaben, die nicht in der ihm geläufigen Sprache abgefasst sind,
unberiicksichtigt zu lassen, bezw. in seiner Sprache zu beantworten. Nicht
eine bestimmte Regel, sondern das Interesse, in den Verhandlungen
zu einem Resultate zu gelangen, wird sonach dafür massgebend sein,
ob ein Amt mit einem in einein andern Sprachgebiet wohnhaften, anders
sprechenden Dritten in der Sprache des letztern korrespondiereu und in
dieser Sprache abgefasste Eingaben desselben entgegennehmen molle. Was
dagegen die eigentlichen amtlichen Verfügungen und Erlasse des Konkursamts
und anderseits die Eingaben betrifft, die von Dritten an ein solches Amt
zu richten find, so ist hiefür die Amtssprache massgebend. Welches die
Amtssprache sei, beantwortet sich aber für die kantonalen Behörden, wozu
auch die Konkursämter gehören, nach kantonalem Rechte. Die Anerkennung der
deutschen, französischen und italienischen Sprache als Nationalsprachen,
wie sie in Art. 116 der Bundesverfassung ausgesprochen ist, macht
dieselben noch nicht zu Amtssprachen der kantonalen Behörden; dies hätte
zur unannehmbaren Folge, dass alle kantonalen Behörden und Beamten der
drei Sprachen mächtig sein oder dassund Konkurskammer. N° 96. 507

die Kantone amtliche Übersetzungsstellen errichten müssten, eine
Verpflichtung, die aus der Bundesverfassung gewiss nicht hergeleitet
werden farm. Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer erkannt:
Der Rekurs wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen-

96. Entscheid vom 5. November 1900 in Sachen Sommer.

ssUnter-àalteòe-itre'zye cm den Gemeinsehuléner aus der Masse. Art. 22.9,
Abs. 2, Ben.-Ges. Stellung des Bmzdesgerichts. Ari. 19 cod. Unzulässigkeit
der Beiträge aus verpfdndeten Gegenständen ; Stellung der Pfandgläubiger
im Konkurse.

Durch Rekursentscheid vom 31. August 1900 hat die bernische
Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs in Abänderung des
erstinstanzlichen Entscheides, durch den ein bezügliches Begehren
des Gemeinschuldners abgelehnt worden war, den Verwalter im Konkurse
des Friedrich Sommer, Steinhauermeisters in Bern angewiesen, diesem
einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 50 Fr. auszurichten. Es
wurde dies als den Verhältnissen, dem Stande der Masse einerseits, den
persönlichen Verhältnissen des Schuldners und seiner Familie anderseits-,
entsprechend bezeichnet und bemerkt, dass die Beiträge jedenfale bis
zur Verwertung der Liegenschaften auszurichten seien. Gegen diesen
Entscheid hat der Konkursverwalter, Notar Ramseyer, den Rekurs an
das Bundesgericht ergriffen, indem er wiederholt, was er schon vor den
kantonalen Jnstanzen geltend gemacht hatte, dass sich in der ailgemeinen
Konknrsmasse kein Vermögen befinde, indem die zur Masse gehörenden
Liegenschaften verpfändet und auch die Mietzinse, die dieselben abwerfen,
den Psandgläubigern ver-fangen seien, dass aber nach Mitgabe von am. 262,
Abs. 2 des eidgenössischen Betreibungsgesetzes und § 89 des bernischen
Einführungsgesetzes dazu Alimente fùr den Gemeinschuldner nicht aus

XXVI, &. WBC 34

508 B. Entscheidungen der Schuldhetreibungs-

dem Erlös von Pfandgegenständen, denen der Ertrag derselben während der
amtlichen Verwaltung gleichzustellen sei, bezogen werden dürften.

Der Gemeinschuldner schliesst in seiner Antwort unter Hinweisung darauf,
dass er krank und nicht arbeitsfähig sei, auf Abweisnng des Rekurses.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwägung:

1. Darüber, ob es den Verhältnissen entspreche, dass dem
Gemeinschuldner Unterhaltsbeiträge aus der Masse nach Art. 229 Abs. 2
des Betreibungsgefetzes ausgerichtet werden, hat sich das Bundesgericht
nicht auszusprechen Diese Frage fällt in erster Linie in das Ermessen
des Konkursverwalters, und unterliegt höchstens einer Nachprüfung durch
die kantonale, nicht aber auch einer solchen durch die eidgenössische
Oberaufstchtsbehörde (Art.1l9v

des Vetreibungsgesetzes). Eine andere Frage ist es, ob nicht
dieAusrichtung von Unterhaltsbeiträgen an den Gemeinschulduer

deshalb überhaupt unzulässig sei, weil, wie der Konkursverwalter

behauptet, die Masse nur Liegenschaften aufweise, die verpsändetx

und deren Erträgnisse ebenfalls den Pfandgläubigern verfangen seien. Diese
Frage ist offenbar eine solche der richtigen Anwenbung und Auslegung
der gesetzlichen Vorschriften über die Bildung der Masse und das
Verhältnis der Pfandgläubiger zu den übrigen Konkursgläubigern,
und unterliegt somit der Nachprüfung durch die eidgenössische
Oberaufsichtsbehörde. Der Rekurrent bezeichnet denn auch den Art. 262,
Abs. 2 des eidgenöfsischen Be-· treibungsgesetzes als verletzt, und
diese Beschwerde ist zweifellosdurch das Bundesgericht zu entscheiden,
während es allerdings auf die Beschwerde wegen Verletzung des § 89 des
bernischen Einführungsgesetzes der übrigens in völlig unzutreffender
Weise beigezogen wird -nicht eintreten farm.

2. Grundsätzlich ist nun dem Konkursverwalter zuzugeben,
dassUnterstützungsbeiträge dem Schuldner nicht auf Kosten der Rechteder
Pfandgläubiger ausgerichtet, dass vielmehr solche nur der allgemeinen
Konkursmasse, d. h. der Masse, soweit darauf keine realen Vorzugsrechte
lasten, entnommen werden dürfen. Die Pfandgläubiger haben das Recht,
sich für ihre Forderungen, nach Maigaund Kankurskammer. N° 96. ' 509

gabe der kantonalen Gesetzgebung auch für die Zinsen derselben, aus dem
Pfandgegenstand zu befriedigen. Jin Konkurse nuti, in dem diese Rechte
zur Ausübung gelangen, tritt auch nach dem System des eidgenöfsischen
Gesetzes eine Art Separatliquidation der Pfänder ein, wenigstens insofern,
als der Erlös bei Seite gestellt und in erster Linie zur Befriedigung
der Realberechtigten verwendet wird. Und zwar hat nach spezieller
Vorschrift die Pfandmasse an die Kosten der Konkursverpflegung nur
dasjenige beizutragen, was zur Realisierung der Pfandrechte erforderlich
war, die Kosten der Verwaltung und der Verwertung der Pfandgegenstände
(Art. 262, Abs. 2 des Betreibungsgesetzes). Für etwas anderes darf
dieser Erlös nicht in Anspruch genommen, insbesondere darf er nicht zur
Deckung der übrigen Konkurskosten verwendet werden (oergl. hier Archiv
II, Nr. 36). Den letztern sind aber auch die Alimente gleichzustellen,
die der Konkursverwalter dem Gemeinschuldner nach Art. 229, Abs. 2 zu
gewähren befugt ist. Dieselben dürfen daher nicht auf die Pfandgegenstände
und deren Erlös verlegt werden. Sofern also eine Konkursmasse an Aktiven
nur Vermögensgegenstände aufweist, an denen Pfandrechte bestehen, so ist
von vornherein die Zuwendung von Alimentationen an den Gemeinschuldner im
Sinne von Art. 229, Abs. 2 des Betreibungsgesetzes ausgeschlossen. Dass
nun auch hier dieser Fall vorliege, wird wohl vom Konkursverwalter
behauptet, von der Vorinsianz aber nicht festgestellt Letztere scheint im
Gegenteil anzunehmen, dass wenigstens die Mietzinse ab den verpfändeten
Liegenschaften dem Konkursverwalter zur Ausrichtung von Alimenten zur
Verfügung stehen. Ob dies wirklich zutreffe, ist vor-ab eine Frage
des kantonalen Rechts, das den Umfang des Pfandrechts hinsichtlich
der Verhaftung der naturalen und civilen Früchte einer verpfändeten
Liegenschaft bestimmt. Ferner erscheint es nicht ausgeschlossen, dass auch
noch anderes Vermögen vorhanden sei, das nicht pfandrechtlich verhaftet
ist. Es dürfte daher angezeigt sein, dass der Entscheid der Vorinstanz
zwar bestätigt, dass die Bestätigung aber an den vorstehend gemachten
Vorbehalt geknüpft wird, dass die Alimente aus dem Erlös von Pfändern
nur insoweit entrichtet werden dürfen, als derselbe den zur Deckung der
Pfandforderungen, sowie der Kosten der Ver-

510 B. Entscheidungen der Schuldhetreibungs--

waltung und Verwertung der Pfänder erforderlichen Betrag übersteigt.

3. Auch so ist übrigens die Wirksamkeit des Vorentscheides dahin zu
beschränken, dass derselbe nur gilt, solange die Verhältnisse gleich
bleiben, dass aber bei andern Verhältnissen und diese können sich einzig
infolge Zeitablaufes ändern darauf wieder zurückgekommen werden fattu.

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer erkannt:

Der Rekurs wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen.

97. Entscheid vom 13. November 1900 in Sachen Vicari.

Anspruch anf Kompetenzqnalétäé von einem Dritten einein-leitetGeijekte,
wann geltend zu machen ?

I. Battista Virari hat am 9. August 1900 seiner Ehefrau auf Rechnung ihrer
privilegierten Hälfte Weiberguts, die im Herausgabeakt auf 1580 Fr. 10
Ets. angegeben wurde, eine Anzahl Fahrhabegegenstände im Schatzungswerte
von 1574 Fr. 20 Ets. herausgegeben Vicari fiel hieran in Konkurs Die
der Ehesrau herausgegebenen Objekte wurden in das am 4..-5 Juni 1900
aufgenommene Vermögenstnventar aufgenommen, unter Erwähnung der erfolgten
Herausgabe. Im Inventar wurden auch die dem Schuldner zu belassenden
Kompetenzstücke bezeichnet. Dasselbe ist am 12. Juni dem B. Vicari
vorgelegt worden, der schriftlich dessen Vollständigkeit und Richtigkeit
anerkannte Mit Zuschrift vom ö. Juli 1900 teilte der Konkursverwatter
der Frau Vicari mit, dass das sämtliche ihr vom Ehemann herausgegebene
Vermögen als Massavermögen betrachtet und dass ihre Weibergutsforderung
nur für die von ihr in die Ehe gebrachten Geschenke im Betrage von 476
Fr. anerkannt werde; Frau Vieari wurde eingeladen, die Geschenke bis zur
Hälfte ihres Betrages zurückzunehmen. Im übrigen wurde ihr zur Einklagnng
ihrer Eigen-und Konkurskammer. N° 97. 511

tumsansprüche eine Klagefrist gemäss Art. 242, Abs. 2 des
Betreibungsgesetzes gesetzt. Am 28. August stellte B. Vieari beim
Konkursverwalter das Ansuchen, es seien ihm für den Fall, dass die
Konkursmasse in dem Streit mit Frau Vicari obsiegen sollte, eine Anzahl
der im Streite liegenden Gegenstände als Kompetenzstücke zu belassen. Das
Gesuch wurde am 30. August abgewiesen. Hiegegen beschwerte sich Vieari
am 1.,!3. September und neuerdings am 18./22. September und stellte
den Antrag, es seien in Aufhebung der Verfügung des Konkursoerwalters
vom 30. August die fraglichen Gegenstände als Kompetenzstücke zu
erklären und dem Gemeinschuldner als von jeglicher Beschlagnahme frei zu
überlassen. Mit Entscheid vom 5. Oktober 1900 wies die bernische faut-male
Aufsichtsbehörde die Beschwerde ab. Zunächst wurden die Einwendungen des
Konkursverwalters dass in der Herausgabe der fraglichen Gegenstände an
die Ehefrau und in der Nichtbeteiligung des Ehemanns an dem daherigen
Rechtsstreit zwischen letzterer und der Masse ein Verzicht auf die
Geltendmachung der Kompeteuzqualität liege, als unbegründet bezeichnet
und dann aber ausgeführt, Vieari habe durch die Gutheissung des Inventars
seinen Anspruch auf Überlassung der fraglichen Gegenstände verwirkt. (Eine
inhaltlich dasselbe bezweckende Beschwerde der Ehefrau Vicari wurde zur
Beurteilung an die untere Aufsichtsbehörde gewiesen.)

11. V. Vicari hat gegen den Entscheid der beruischen Aufsichtsbehörde,
soweit er ihn betrifft, den Rekurs an das Bundesgericht
ergriffen. Rekurrent meint, am 12. Juni 1900, als er das Jnventar
genehmigte, sei noch gar kein Anlass vorhanden gewesen, einen Anspruch
auf Überlassung der fraglichen Gegenstände als Kompetenzstücke zu erheben,
da jene Objekte damals gar nicht in der Masse gelegen hätten, sondern im
Eigentum der Frau gestanden seien, wie sie denn auch im Konkursinventar
als Dritteigentum bezeichnet worden seien. Der Eigentumsanspruch der
Ehefrau sei in jenem Zeitpunkte noch unbestritten gewesen; erst am 5. Juli
sei derselben mitgeteilt worden, dass der Weibergutsherausgabeakt nicht
anerkannt werde. Dies habe die kantonale Aufsichtsbehörde übersehen,
sonst hätte in der Genehmigung des Inventars durch den Gemeinschuldner
nicht ein Verzicht auf weitere Kompetenz-
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Document : 26 I 507
Date : 05. November 1900
Published : 31. Dezember 1901
Source : Bundesgericht
Status : 26 I 507
Subject area : BGE - Verfassungsrecht
Subject : 506 B. Entscheidungen der Schuldhetreihungs-- Konkursamt Enge sei anzuweisen, die


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