214 A. Steatsrechtliche Entscheidungen. ll. Abschnitt Bundesgesetze.

déjà ce lieu ne saure-it etre considéré comme for pour cette action
elle meme.

4. Mais meme en admettant que les procédés faits à, Genève dussent etre
considérés comme des actes de poursuite, ils ne pourraient apparaître que
comme la c'onséquence de la poursuite commencée ä, Cossonay ; ils ont eu
lieu en efiet dans le délai de six mois prévu à l'art. 149, al. Z LP.,
ils n'étaient autre chose, aux termes du dit article, que la continuation
de le. poursuite precedente, et, contrairement à la maniere de voir
exprimée dans l'arrét attaqué, Cossonay devrait encore etre considéré
comme le for de la poursuite dans le sens des art. 149, al. 3 et 86,
al. 2 précités, meme si celle-ci avait été continuée à Genève; en effet
il tombe sous le sens qu'une poursuite continues n'a pas cesse d'exister.

5. Il suit de tout ce qui précède que le for de Cossonay est competent
pour statuer sur l'action en répétition intentée par le recourant. Cette
maniere de voir est d'ailleurs en harmonie avec la tendance générale de
la LP., qui veut protéger le débiteur en lui garantissant le for de la
poursuite à son domicile (art. 46); l'art. 86 s'est inspiré de la méme
préoceupation (voir Brüstleiu et Weber, commentaire à cet article).
Il ne se justifie de se départir de cette règle générale que lorsque le
texte de la loi l'exige d'une maniere absolument imperative, ce qui, ainsi
qu'il & été démontré plus haut, n'est point le cas dans l'espèce actuelle.

Par ces motifs,

Le Tribunal federal prononce:

Le recours est admis et le jugement sur déclinatoire du Juge de Paix du
cercle de Cossonay, du 16 novembre 1899,

ainsi que l'arrét du Tribunal cantonal de Vaud, eu date du

19 décembre suivant, sent déclarés nuls et de nul effet, et la

cause est renvoyée devant ce tribuna], afin qu'il soit statué à. nouveau
sur les conelusions prises par le recourant, tendant à ce que le
prédit Juge de Paix soit reconnu competent pour statuer sur l'action au
fond.IV. Schuldbetreibung und Konkurs. N° 40, 215

40. Urteil vom 14. Juni 1900 in Sachen Sidler und Konsorten gegen Luzern.

Kantonale Verordnung betr. Vertiffentlichung der definitiven mut der
provisorischen Veriustscheine. (Art. 115 Abs. 2 Bein-Ges.} Wen-imspruch
mit Art. 26 Beth-Ges. und Art. :? der Ucbergangsbesizmmungen zur B.-V.,
soweit sie letztere betrifft.

A. Im Luzerner Kantonsbkatte vom 15. März 1900 wurde eine Verordnung
betreffend die Veröffentlichung der Verlustscheine durch das Kantonsblatt,
vom 28. Januar 1900, promulgiert, die vom Regierung-Breite im Auftrage
des Grossen Rates ausgearbeitet und von dieser Behörde am 6. März 1900
genehmigt worden war. § 1 Abs. 1 der Verordnung schreibt vor, dass die

"von den luzernischen Betreibungsund Konkursämtern nach

Art.115 und 149 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibnng und Konknrs
über Volljährige ausgestellten Verlustscheine un Kantonsblatte zu
veröffentlichen seien. Nach § 2 litt. esswll die Veröffentlichung
angeben, ob der Verlustsehein ein provisorischer oder ein definitiver
fei. Dieselbe erfolgt auf Grund eines vierteljährlich von den
Betreibungsund Konkursämtern anzufertigenden Verzeichnisses jeweilen
4 Monate noti) der Ansstellung (§§ 3 und 4). Die §§ 5 7 enthalten
Bestimmungen uber den öffentlichen Widerruf der Verlustscheine. Reich
§ 8 haben die Gemeinderatskanzleien eine eigene, jedem stimmfnhigen
Burger zur Einsicht offen stehende, Kontrolle zu führen, m. welche elle
über Gemeindeangehörige im Kantonsblatte veröffentlichien definitiven
Verlustscheine einzutragen sind, und in der auch die Tilgung vorgemerkt
werden soll. § 9 handelt von den Kosten der Publikation und den
bezüglichen Verrichtungen der Betreibungxw und Konknrsämter, und §
10 ordnet au, dass das erste vierteljahrltrlse Verzeichnis zn Beginn
des Monates Juli 1900 einzusenden jet. B. Mit Eingabe vom Z. Mai 1900
stellen L.gsiSidlersiîZÈÎe: treibungsbeamter in Luzern, und eine Anzahl
luzernischer Grotzrate bei dem Bunde-Z eri t die Be ehren: _ . 1. Es
sei gie cgiukzli'lîatiosioit der provisorischen Verlustscheme durch
das Kantonsblatt, wie sie in der erwahnten Verordnung vorgesehen iii,
als unstatthaft zu erklären und der Regierungs-

216 A. Staatsrechtliche Entscheidungen, II. Abschnitt. Buudesisgescize.

rat des Kantons Luzern anzuweisen, die Verordnung in diesem "Sinne
abzuändern.

2. Bis zum Entscheide hierüber sei das Verfahren über die Publikation
der provisorischen Verlustscheine zu sistieren.

Die Rekurrenten machen geltend: Die Befugnis der Kantone, die
Verlustscheine zu publizieren, beruhe auf Art. 26 des eidgenössischen
Betreibungsgesetzes, sei also beschränkt auf die Fälle, wo es
sich um fruchtlos e Pfändung und Konkurs handle. Die Verordnung
überschreite in verfassungsund gesetzwidriger Weise diese Befugnis,
indem sie auch die provisorischen Verlustscheine in den Bereich
der Publikation einschliesse. Von einer sruchtlosen Pfändung könne
im Falle der Aussiellung eines solchen Verlustscheines im Sinne des
Art. 115 Abs, 2 Vetr.-Ges. die Rede nicht sein sondern nur von einer
ungenügenden, und zwar auch dies nur nach Massgabe der Schätzung des
Betreibungsamtes. Ob sie wirklich ungenügend war und inwieweit, ergebe
sich im Verwertungsverfahren, dessen Ergebnis sehr wohl auch in günstigem
Sinne von der Schätzung der Beamten abweichen könne. Dieses Verfahren
habe der Gläubiger zur Durchführung zu bringen, um zum Ziele zu gelangen,
und eine kantonale Verordnung dürfe da nicht störend eingreifen. Es
werde speziell auf die Bestimmung in Art. 123 B.-G betreffend Stundung
aufmerksam gemacht, die thatsächlich in dem Falle der Ausstellung eines
provisorischen Verlustscheines ausser Wirksamkeit gesetzt würde, wenn
schon vor der Stellung des Verwertungsbegehrens eine Publikation der
Verlustscheine erfolgen sollte. Diese füge sich als neuer Bestandteil
in den Mechanismus des Betreibungsverfahrens ein. Ein solches Verfahren,
durch das für den Kanten Luzern eine Ausnahmestelluug geschaffen werde,
könne aber weder durch die kantonale Gesetzgebung, und noch weniger auf
dem Verordnungswege zur Geltung gelangen. Wenn man einwenden wollte,
die Publikation der provisorischen Verlustscheine falle nicht unter die
Ehrenfolgen, so werde darauf verwiesen, dass das Publikationsverfahren,
auch in seiner frühem Form, der Ansstellung des Schuldners, von
jeher als ein wesentlicher Bestandteil der Ehrenfolgen der Jnsolvenz
angesehen worden sei, und auch jetzt noch im Volksbewusstsein als solches
betrachtet merde. Zum Schlusse suchen die Rekurrenten durch ein Beispiel
nachzuweisen, dass dasIV. Schuldbetreihung und Konkurs, N° 405 217'

angefochtene Verfahren zu Unbilligkeiten führen könne, und in einem
Rachtrage zur Beschwerde wird statistisch dargethan, dass durchaus nicht
jedesmal, wenn ein provisorischer Verlustschein ausgestellt wird, die
Betreibnng zu Verlust führt.

G. Der Grosse Rat bemerkt in einer von seinem Bureau eingegebenen
Vernehmlassung zunächst zum zweiten Reknrsbegehren, dass dasselbe
gegenstandslos sein dürfte, wenn die Erledigung der Sache sich
nicht allzusehr verzögere, da die erste Publikation im Juli 1900
stattfinde. In der Hauptsache wird Abweisung des Rekurses beantragt: Es
sei unrichtig, dass die Publikation der provisorischen Verlustscheine
ein im Betreibungsgesetze nicht vorfgesehener, störender und sonach
gesetzwidriger Betreibungsakt sei. Jnsbesondere sei der Hinweis
auf Art. 123 Betr.-Ges. nicht zutrefseud. Dieser Artikel werde von
der Verordnung in keiner Weise berührt; so lange die monatlichen
Abschtagszahlungen geleistet würden, könne ja von einer Verwertung
keine Rede sein und könne kein Verlustschein ausgestellt werden, weder
ein provisorischer, noch ein definitiven Ferner könne dem Rekurse
entgegengehalten werden, dass, wenn die Pfändung oder Verwertung
nicht genügend Guthaben für die Befriedigung der Gläubiger erzeige,
der Betreibuugsbeamte von Amtes wegen nachzupfänden habe und zwar auch
wieder vor der Verwertung, also vor Ausstellung des Verlustscheines
(Art. 145). Der Aussiellung des Verlustscheines schlechtweg müsse also
die Verwertung des Pfandes vorangehen-, und erst dann, wenn die Pfändung
ungenügend und nichts mehr nachzupfäuden gewesen sei, könne, gestützt auf
die nun fruchtlose Betreibung, ein Verlustschein ausgestellt. werden.
Unrichtig sei auch die rekurreutische Behauptung, dass die
provisorischen Verlustscheine meistens zur Bezahlung führten. Ganz
abgesehen hievon fehlten alle Merkmale, welche die Veröffentlichung
zu einem eigentlichen Betreibungsakt qualifizieren würden; auch ohne
Verordnung bestehe das Recht der Publizität, und keinem Gläubiger
bezw. Inhaber eines provisorischen Verlustscheinesbkonne verwehrt
werden, davon nach Belieben vor der Qgeiitlichfeit Gebrauch zu machen;
viel weniger könnte es einfallen, eine derartige private Publikation als
ungesetzlich und unerlaubt zu verhindern. Was dann den Vorwurf betreffe,
dass die Publikatidn

XXVI, l. 1900 15

218 A. Staatsreehtli'che Entscheidungen. II. Abschnitt. Bundesgesetze.

der provisorischen Verlustscheine gegen Art. 26 des·
eidg. Beweibungsgesetzes verstosse, so sei zu bemerken, dass man es gar
nicht mit einer Ehrenfolge zu thun habe. Die öffentlich-rechtlichen Folgen
der sruchtlosen Pfändung und des Konkurses seien für den Kanton Luzern
durch das Einführuugsgesetz vom 30. Mai 1891 festgestellt; § 22 desselben
bestimme, dass der Schuldner, auf welchen nach sruchtloser Pfändung
ein Verlustschein ausgestellt oder über dessen Vermögen der Konkurs
eröffnet merde, vom Aktiound Passivwahlrecht so lange ausgeschlossen
sei, bis sein Konkurs widerrufen oder sämtliche zu Verlust gekommenen
Gläubiger befriedigt seien oder der Wiedereinsetznng in das Wahlrecht
beistimmen. Hieran andere die fragliche Verordnung nichts; sie habe
mit den Ehrenfolgen nichts zu thun und sei darum staats-rechtlich nicht
anfechtbar. Der Grosse Rat habe mit der Publikation zwei Zwecke verfolgt;
einerseits habe man das Jnteresse des allgemeinen Kredites im Auge gehabt
und der immer mehr überhandnehmenden leichtsinnigen Zahlungsderweigerung
entgegentreten, anderseits eine richtige Stimmregisterführung ermöglichen
wollen. Ersterer Zweck werde nach Ansicht des Grossen Rates durch
die Publikation bloss der definitiven Verlustscheine nur zum Teil
erfüllt, und die Leichtsertigkeit in der Aussiellung provisorischer
Verlustscheiuekönne nur durch die Publikation bekämpft werben. Mit
Rücksicht auf die allgemeinen Kreditverhältnisse sei daher der Grosse
Rat über den Vorschlag des Regierungsrates, der die Publikation der
provisorischen Verlustscheine nicht vorgesehen hatte, hinausgegangen Für
die Stimmberechtigungssrage aber komme nach § 8 der Verordnung einzig
der desinitive Verlustscheiu in Betracht

Das Bundesgericht zieht in (Erwägung:

1. Wenn der Grosse Rat des Kantons Luzern, als ihm die regierungsrätliche
Verordnung betreffend die Veröffentlichung der Verlustscheine durch
das Kantonsblatt zur Genehmigung vorgelegt wurde, verfügte, es solle
bei der Veröffentlichung angegeben werden, ob der Verlustschein ein
provisorischer oder ein definitiver sei, und damit seinen Willen
zu erkennen gab, dass auch die provisorischen Verlustscheine zu
ver-öffentlichen seien, so kann-unter letzterem Ausdrucke kaum
etwas anderes verstanden werben, als was derselbe in der Sprache des
eidgenössischen Betreibungsge-IV. Schuldhetreihung und Konkurs. N° 40. 219

etzes bedeutet; d. h. es muss die Anordnung auf den Fall von Art. 115
Abs. 2 des eidgenössischen Betreibungsgesetzes bezogen werden,
welcher lautet: War nach der Schätzung des Beamten nicht genügend
Vermögen vorhanden, so dient die Psändungsnrfunde dem Gläubiger ais
provisorischer Verlustschein und äussert als solcher die in den Art. 271
Biff. 5, und 285 bezeichneten Rechtswirkungen. Nach einzelnen Stellen
der Rekursantwort könnte angenommen werben, dass der Grosse Rat unter
dem provisorischen Verlusischein der Verordnung vom 23. Januar 1900
etwas anderes verstehe, als die Urkunde über eine nach der Schätzung
des Beamten ungenügend-e Pfändung im Sinne von Art. 115 Abs. 2, indem
betont wird, dass der provisorische Verlustschein, wie der definitive,
erst nach der Verwertung ausgestellt merde. Allein einmal geht aus dem
übrigen Inhalt der Antwort hervor, dass der Grosse Rat doch den Fall von
Art. 115 Abs. 2 im Auge hat; und zudem käme es ja nicht darauf an, welche
Bedeutung derselbe in einer Rechtsschrift einer allgememeiu verbindlichen
Norm beilegt, sondern darauf, wie diese nach ihrem Wortlaut aufgefasst
werden muss. Es kann deshalb nicht etwa gesagt werden, der Rekurs beruhe
auf einem Missverständnis, indem er gegen eine Anordnung kämpfe, die gar
nicht getroffen worden sei. Vielmehr scheint in der Antwort des Grossen
Rates teilweise eine irrige Auffassung Platz gegriffen zu haben.

2. Die Kompetenz des Bundesgerichtes ist zweifellos gegeben, da
behauptet wird, der Regierungsrat und der Grosse Rat des Kantons Luzern
hätten mit der Verordnung, soweit sie sich auf die provisorischen
Verlustscheiue bezieht, Bundesrecht verletzt bezw. bei der Ausübung
ihrer Verordnungsgewalt in ein Gebiet hinübergegriffen, dessen rechtliche
Regelung dem Bunde zusteht (vergl. Art. 2 der Übergangsbestimmungeu zur
Bundesverfassung und Amu. Santini., Bd. XXV, ], S. 183 Erw. 1).

3. Die Reknrrenten stellen in erster Linie darauf ab, es sei Art. 26 des
eidg· Betreibuugsgesetzes verletzt, der bestimmt, dass die Kantone unter
Vorbehalt bundesgesetzlicher Bestimmungen über die politischen Rechte der
Schweizerbürger (Art. 66 der B.-V.) die öffentlich-rechtlichen Folgen
der fruchtlosen Pfändung und des Konkurses feststellen. Der Grosse Rat
wendet hiegegen ein, dass die Veröffentlichung der Verlustscheine gar
keine öffentlich-rechtliche

220 A. Siaatsrcchtliche Entscheidungen. H. Abschnitt. Bundcsgeselze.

Folge der Jnfolvenz sei. Wäre dem aber auch so, so könnte die
Bestimmung doch nicht beschützt werden. Wenn nämlich die Publikation
der Verlustscheine nicht eine öffentlich-rechtliche Folge der amtlich
festgestellten Jnsolvenz ist, so kann sie nichts anderes sein, als
ein Bestandteil des Zwangsvollstreckungsverfahrens, ein Glied in der
Kette derjenigen Massnahmen, die dazu führen sollen, mit staatlicher
Hülfe dem Gläubiger aus dem Vermögen des Schuldners Befriedigung zu
verschaffen. Nun ist aber im eidgenössischen Betreibungsgefetz eine
derartige Massnahme, als Kompelle für den säumigen Schuldner-, nicht
vorgesehen. Von sich aus aber dürfte das kantonale Recht das Verfahren
in solcher Weise nur ergänzen, wenn dies im Bundesgesetz ausdrücklich
vorbehalten oder stillschweigend vorausgesetzt wäre. Ersteres trifft
nicht zu. Und dass der Natur der Sache nach eine derartige Ergänzung
des eidgenöfsisch geregelten Verfahrens den Kantonen gestattet ware,
kann schon deshalb nicht angenommen werden, weil es dem ganzen System
des Gesetzes widersprechen würde, wenn schon vor dem Abschluss einer
Spezialerekntion die öffentliche Nennung des Schuldner-s als Zwangsmittel
zur Beitreibung der Forderung verwendet werden wollte. Überdies aber
würde, wie die Reimrenten richtig hervorheben, die Publikation, wenn
auch nicht rechtlick), so doch thatsächlich störend auf den Gang des
Verfahrens, wie ihn das eidgenössische Recht odrzeichnet, einwirken und
insbesondere die Vorschrift in Art. 123 B.-G. oft illusorisch machen.
Die Veröffentlichung der provisorischen Verlustscheine kann somit
nicht dadurch aufrecht erhalten werden, dass man ihr den Charakter einer
öffentlich-rechtlichen Folge der Jnsolvenz abspricht. Übrigens stellt sich
dieselbe in Wahrheit ja freilich als eine solche Folge dar. Wohl mag mit
der Vorschrift, wie der Grosse Rat in der Antwort ausführt, allerdings
auch ein präventiver Zweck verfolgt worden sein, der darin besteht,
dass die Schuldner angespornt werden sollen, ihren Verbindlichkeiten
nachzukommen, ohne es zur

Pfändung kommen zu lassen; und es mag zugegeben werden, '

dass von diesem Gesichtspunkte aus in der Anordnung eine Massnahme
zur Hebung des öffentlichen Kredites läge, die als solche nichts
verfassungswidriges enthielte. Allein in Hinsicht an den einzelnen
Schuldner stellt sich die Massregel doch, soweit damit nicht ein
indirekter Zwang auf ihn ausgeübt wird, als dasIV. Schuldbetreibung und
Konkurs. N° 40. 221

Mittel dar, ihn der Offentlichkeit als ökonomisch nicht vertrauenswürdig
zu verzeigen. Sie will den Schuldner in der Würdigung seiner
ökonomischen Persönlichkeit durch seine Mitbiirger herabsetzen und
bezweckt eine Minderung seines öffentlichen Ansehens-. Jnsofern
hat die Publikation der provisorischen den gleichen Charakter wie
die der definitiven Verlustscheine und des Konkurses, d. h. den
repressiven Charakter einer öffentlich-rechtlichen Folge des amtlich
festgestellten Zustandes der Jnsolvenz. Sobald dies aber feststeht, so
ist zu sagen, dass die Verordnung, soweit sie sich auf die Publikation
provisorischer Verlusischeine erstreckt, mit Art. 26 des eidgenössischen
Betreibungsgesetzes in Widerspruch steht. Zunächst ist diesbezüglich
zu bemerken, dass es selbstverständlich für die "Frage, ob die amtliche
Publikation der provisorischen Verlustscheine bundesrechtlich zulässig
sei, ohne jede Bedeutung ist, ob der Inhaber des Verlustscheines
zur Veröffentlichung desselben befugt sei oder nicht eine Frage, die
übrigens fwohl nicht, oder doch nicht in der Allgemeinheit bejaht werden
durfte, wie der Grosse Rat meint. Ausschlaggebend sodann ist folgende
Betrachtung: Der Bundesgesetzgeber wäre befugt gewesen, von sich aus die
öffentlich-rechtlichen Folgen der Jnsoloenz zu ordnen, da ihm das Gebiet
des Zwangsvollstreckungsrechtes unbeschrankt durch die Bundesverfasfung
(Art. 64) zugewiesen in. Wenn er daher auch aus Zweckmässigkeitsgründen
von dieser Befugnis keinen Gebrauch gemacht, vielmehr in Art. 26
Betr.-Ges. bestimmt hat, dass die Kantone die öffentlich-rechtlichen
Folgen der fruchtlosen Pfändung und des Konkurses feststellen, so liegt
hierin doch nicht eine die vorhandene Kompetenz der Kantone anerkennende
Norm deklaratorischer Natur, sondern es wird dadurch die Kompetenz der
Kantone durch Delegation begründet. Demnach ist denn aber für den Umfang
der Kompetenz der Kantone der im Betreibungsgesetz zum Ausdruck gelangte
Wille des Bundesgesetzgebers massgebend, wie ja auch im zweiten Absatz
des Artikels den Kantonen hinsichtlich der Aufhebung der Rechtsfolgen
ganz bestimmte Anweisungen gegeben find. Art. 26 Abs. 1 redet nun nur von
öffentlich-rechtlichen Folgen der frvuchtlosen Pfändung und des Konkurses
Dies sind die Thatbestande,an welche die Kantone öffentlich-rechtliche
Folgen anzuknupfen befugt find; und darüber hinaus dürfen sie nicht
gehen. Mit einer

222 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. lI. Abschnitt. Bundesgesetze.

fruchtlosen Pfändung hat man es aber in dem Falle von am. 115 Abs. 2 nicht
zu thun. Zwischen einer Pfändung, bei der nach Schätzung des Beamten nicht
genügend Vermögen gefunden wurde, und einer gänzlich fruchtlosen Pfändung
im Sinne von Art. 115 Abs. 1 besteht der wesentliche innere Unterschied,
dass es in letzterem Falle gar nicht zur Verwertung kommt und die
Fruchtlosigkeit des Verfahrens ohne anderes feststeht, während im Falle
des Art. 115 Abs. L die Psändung ja nicht gänzlich fruchtlos war, und erst
das Verwertungsverfahren zeigt, ob wirklich ein Verlust resultiere und
welcher. Das Gesetz knüpft denn auch seinerseits in betreibungsrechtlicher
Beziehung an den provisorischen Verlustschein nicht die gleichen Folgen,
wie" an den definitiven Verlustschetn, indem ersterer bloss das Recht
zur Arrestnahme und zur Anstellung einer Anfechtungsklage gewährt,
während der definitive Verlustschein überdies als Schuldanerkennung
im Sinne von Art. 82 Betr.-Ges. gilt und dem Gläubiger das Recht gibt,
innert 6 Monaten ohne neuen Zahlungsbefehl die Betreibung fortzusetzen
(am. 149 Abs. 2 u. 3), wozu kommt, dass durch die Aussiellung eines
definitiven Verlustscheins im Gegensatz zu der eines provisorischen
auch das materielle Rechtsverhältnis einige Veränderungen erleidet
(Art. 149 Abs. 4 und 5). Kann aber danach der provisorische Verlustschein
betreibungsrechtlich mit dem definitiven Verlustschein nicht ans gleiche
Stufe gestellt werden, so kann derselbe auch in öffentlich-rechtlicher
Hinsicht nicht einem definitiven Verlustschein gleichgestellt und es
dürfen daran nicht Folgen geknüpft werden, die nach dem Gesetze nur
die fruchtlose Pfändung nach sich ziehen farm. In diesem Sinne ist der
Hauptrekursantrag gutzuheissen.

4. Mit dem Entscheide über den Hauptantrag fällt das Sistierungsbegehren
als gegenstandslos dahin.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Der Rekurs wird für begründet erklärt und demgemäss die angesochtene
Verordnung des luzernischen Regierungsrates, soweit darin die Publikation
der provisorischen Verlustscheine angeordnet wird, aufgehoben. 'Ueber
Civilprozessrecht. N° 41. 223

Dritter Abschnitt. Troisième section.

Internationale Konventionen.

Conventions internationales.Über Civilprozessr'echt.

Procèdure en matière civile.

41. Urteil vom 26. April 1900 in Sachen Spiriti & Castoldi gegen Kunz.

Das oben eitierie kleidet-einkommen ist rein Richter von Amtes wegen
zur Anwendung zu bringen.

A. Die italienischen Steinschleiser Spiriti &siCastolizi in ?[rona klagten
vor Bezirksgericht Zosingen gegen B. Kunz m Brtttnau eine Forderung
von 3000 Fr. ein Der Beklagte verlangte-enzredeweise Kostenversicherung
gestützt auf § 390 htt. n Ziff. ' der aarg. Prozessordnung in bürgerlichen
Pechtsstretttgkeitem wonach der Kläger auf sein Begehren sur die Kosten
des Streite-s Sicherheit zu leisten hat, wenn er seinen Wohnsitz nicht
im Taguton hat (mit Ausnahme eines hier nicht vorliegenden Fale )2.
Die Kläger beriefen sich demgegenüber auf § 391 htt. a this leg. cit.,
wonach der Kläger der Sicherheitsletstung enthoben is in Sachen,
wo er infolge vorhergegangener gerichtlicher Aufforderucxg zur Klage
als Kläger auftritt, indem sie geltend machteiè. shandle sich um eine
Wechselforderung, gegen deren bletrek ungbe rechtliche Geltendmachung
der Beklagte Recht vorgeschzggt hb _ und zu deren Eintlagung den Klagern
nach Art. 18 e rei .-
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Document : 26 I 215
Date : 14. Juni 1900
Published : 31. Dezember 1901
Source : Bundesgericht
Status : 26 I 215
Subject area : BGE - Verfassungsrecht
Subject : 214 A. Steatsrechtliche Entscheidungen. ll. Abschnitt Bundesgesetze. déjà ce lieu


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