298 A. Staalsrechiliche Entscnerdungen. I. Abschnitt. Bundesverfassung.
. L. In der Sache selbst steht zunächst fest, dass gemäss Art:61 B.-V.
In einem Kanton erlassene Civilurteile in der iganzen Schweiz sollen
vollzogen werden können. Von Vergleichen überhaupt und gerichtlichen
Ver-gleichen insbesondere ist im genannten Artikel nicht gesprochen;
dieselben können daher mit Bezug aus interkanTonale Vollstreckbarkeit
den rechtskräftigen Civilurteilen nicht gleichgestellt werden. Es ist
dies ganz besonders in solchen Fällen geradezu selbstverständlich,
wo im Vergleich nicht etwa eine liquide, unbedingte Forderung zum
Ausdruck kommt. Dies trifft aber eben in casu zu, indem die Parteien
vor Bezirksgericht Liestal sich in der Weise verglichen haben, dass sie
einen förmlichen neuen Vertrag abschlossen, in welchen jeder Teil gewisse
Leistungen übernahm. Speziell war die von Müller-Landsmann versprochene
Zahlung gemäss Re. 1 des Vergleiches erst dann zu leisten, wenn die
heutige Rekurrentin ihm einen gewissen Vorrat von Drucksachen Übersandt
haben würde. Diese Sendung wird nun eben beanstandet; die Forderung
Völlmy von 500 Fr. ist daher überhaupt nicht liquid und imm, nebenbei
bemerkt, auch für den Art. 80 des Betreibungsund Konkursgesetzes nicht
in Betracht fallen. Wesentlich ist übrigens hierorts allein der Umstand,
dass überhaupt in der Verweigerung der Vollstreckung eines in einein
andern Kanton abgeschlossenen Vergleichsfeine Verfassungsverletzung liegt.
Demnach hat das Bundesgericht erkannt: Der Rekurs wird als unbegründet
abgewiesen.VIII. Staats-rechtliche Streitigkeiten zwischen Kantonen. N°
5'1. 299
VIII. Staatsrechtliche Streitigkeiten zwischen Kantonen.
Difl'érends de droit public entre Cante-ns.
51. Urteil vom l.4. Juni 1894 in Sachen Baselland gegen Baselstadt.
A. Wilhelm de Lukas Preiswerk, von Basel, geb. 1821, kaufte im Jahr 1870
das Hofgut Bogenthal auf Gebiet der Gemeinde LauwyL Kanton Baselland. Er
liess dasselbe durch Pächter bewirtschaften; für sich selbst reservierte
er im Pächterhause einige einfach möblierte Zimmer sowie ein kleines
Blockhaus in der Niche, und liess sich dauernd dort nieder. Ausser mit
den Pächtersleuien verkehrte er dort wenig mit andern Leuten. Lauwrpl
schenkte ihm im Jahre 1872 das Biirgerrechtz der Landrat von Baselland tat
sodann im folgenden Jahre das gleiche bezüglich des basellandschaftlichen
Staatsbiirgerrechts. Hie und da wurde W. Preiswerk auf seinem Gute
von Verwandten aus Basel und einigen wenigen Freunden besuchtz er
selbst begab sich in der Regel drei Mal jährlich, zur Fastnacht, zu
Ostern und zur thobermesse nach Basel, wo er sich dann gewöhnlich je
eine Woche lang aufzuhalten pflegte. Er wohnte dort zuerst bei seinem
Neffen BurckhardtKöchlin, bei dem er auch etwas Kleidungsstiicke für
seine Besuche in der Stadt aufbewahren liess; später, seit 1883, bei
M. ZentruDettwi)ler, Theodorsgraben 30, der früher in Lauwyl Lehrer
gewesen war. Bei diesem mietete er zwei Zimmer, die er in einfacher
Weise möbliertez dieselben standen immer zu seiner Verfügung und wurden
abgeschlossen, wenn er sie nicht bewohnte Zin Laufe des Jahres 1889 teilte
Preiswerb den Pächtersleuten mii, er verlasse das Bogenthal, [zleibe
nun für ganz meg," und reiste mit zwei Koffern und einem Nachrsack ab,
kehrte aber nach circa vier Wochen wieder zurück. Am 4. Oktober 1892 begab
ee sich, da er sich unwohl fühlte, wieder nach Basel Den Pächtersleuten
teilte er mii, es geschehe die-Z für kurze Beit, resp. einige
Zaffi) A. Staaisrechtliche Entscheidungen. [, Abschnitt. Bundesverfassung.
Tage. Er nahm einen Koffer und einen Reisesaek mit sich nach Basel;
im übrigen liess er seine Wohnung im gleichen Zustand zurück wie andere
Male, wenn er für einige Tage verreiste; speziell blieb auch sein Sekretär
unverschlossen, und liess er die meisten Kleider, ferner Bücher, Brillen,
Petschaft, die Familienkorrespondenz sowie auch die Familienportrtäs
im Bogenthal. fin Basel angekommen, bezog Preiswerk seine Zimmer bei
ImmuDettrvyler, kaufte (für 11 Fr.) Holz und äusserte sich dahin, ei:
werde dann, wenn es kalter merde, auch Kohlen kaufen. Ferner engagierte
er für den Winter einen Coiffeur, der ihn drei Mal per Woche rasieren
sollte, und versprach demselben, wenn er ihn gut bediene, auch ferner
bei einem späteren Wiederkommen sein Kunde zu bleiben. Die "Allgemeine
Schweizerzeitung liess ersieh in seine Basler Wohnung schicken; die
basellandschaftlichen Zeitungen wurden nach wie vor nach dem Bogenthal
spediert Unterm 11. Oktober 1892 schrieb er an seinen dortigen Pächter-,
er werde siir's erste in Basel bleiben, weil die Kräfte daheim nicht mehr
genügten; man solle es auch dem Fluri mitteilen. Auch solle man ihm die
englische Zeitung und etwaige Briefe hinunterschirken, nicht aber andere
Zeitungen. Am 10. gleichen Monats schrieb er an seinen Freund H. Revermann
in Münster, Wesiphalen, er sei nach Basel gemoved, da sein Besinden ein
längeres Bleiben im Bogenthal nicht erlaubte. Einigen seiner Verwandten
in Basel gegenüber äusserte sich Preiswerk in dem Sinne, er wolle jetzt
in Basel bleiben.
Sein Gesundheitszustand verschlimmerte sich jedoch mehr und mehr, und
am BO. Oktober 1892 starb er in Basel, indem er sein sehr bedeutendes
Vermögen seinen Jntestaterben, den Kindern einer verstorbenen Schwester
hinterliess.
B. Die Bezirksschreiberei Waldenburg, in deren SprengeILauwyl liegt,
wandte sich darauf an die Civilgerichtsschreiberei Basel mit dem Gesuch
um Herausgabe eines allfälligen Testamentes des W. Preiswerk, damit
dasselbe in Waldenburg eröffnet werden könne. Gleichzeitig sorgte sie
für Jnventaraufnahme im Bogenthal, welche am 7. November 1892 im Beisein
des Vermögensverwalters des Erblassers, Banquier B. La Roche von Basel,
stattfandDieser teilte bei jenem Anlass mit, die Civilgerichtsschreiberei
BaselVili. staats-Schliche Streitigkeiten mischen Kanonen. N.':i. 301
habe ihm untersagt, einer andern Behörde als ihr Eröffnungen fiber den
Bestand des von ihm verwalteten Vermögens Preiswerks zu machen. Als
sodann die genannte Bezirksschreiberei bei der Cidilgerichtsschreiberei
Basel den weiteren Antrag stellte, es möchten ihr behufs Vornahme der
Erbteilung und Berechnung der Erbssteuer die bei Banquier La Rorhe
deponierten Wertpapiere des Preiswerk ausgehändigt und die Namen
der Erben mitgeteilt werden, erwiderte die letztgenannte Amtsstelle,
Preisiverk habe zur Zeit seines Todes sein Domizil in Basel gehabt und
sei daher seine Erbschaft dort zu eröffnen, weshalb um das Inventar des
in Baselland liegenden Vermögens des Verstorbenen ersucht werde. Dieses
Begehren wurde abgewiesen und der Regierungsrat von Baselland wandte
sich mit Zuschrift vom 26. November 1892 an denjenigen von Baselstadt,
indem er sich Über den obgenannten Bescheid der Cioilgerichtsschreiberei
beschwerte und betonte, Preiswerk habe sein Domizil in Baselland nicht
aufgegeben gehabt, daher dieser Kenton allein berechtigt sei, auch von
dessen in Basel befindlichem beweglichem Vermögen die Erbschastssteuer
zu erheben. Als nun die Regierung von Baselstadt mit Schreiben vom
28. Dezember 1892 sich auf den von der Civilgerichtsschreiberei
Vertretenen Standpunkt stellte, gelangte die Regierung von Basel[and
klagend an das Bundesgericht, indem sie beantragte:
1. Es sei die Regierung des Kantons Baselstadt anzuweisen, alle zur
Erbschaft des am 30. Oktober 1892 verstorbenen W. Preis-wert von Basel und
Lauwyh wohnhaft gewesen im Bogenthal (Benn Bummel) gehörenden Urkunden
und Schriftstücke, als Testament ee. und das gesamte in Basel liegende
Mobiliarvermögen des Verstorbenen zur Eröffnung und Liauidation der
Erbschaft an die Bezirksschreiberei von Waldenburg herauszugeben
2. Es sei der Kauton Baselland berechtigt zu erklären, nach Massgabe
seiner Gesetzgebung vom gesamten vorhandenen Vermögen des W. Preiswerk
die Erbschaftssteuer sowohl zu Handen der Staatskasse als der Armenkasse
von Lauwyl zu beziehen.
Zur Begründung wird im wesentlichen bemerkt: Es liege ein interkantonaler
Konflikt vor und zwar erstens mit Bezug aus die Kompetenz zur Vereinigung
der Verlassenschaft des W. Preismeri, zweitens mit Bezug aus die
Besteuerung derselben. So weit
302 A. staats-rechtliche Entscheidungen. 1. Abschnitt. Bundesversussung.
es sich nun um Besteuerung von Immobilien handle, stehe dieselbe nach
betanntem Grundsatze einzig dem Kanten Basellaud zu, wo Preiswerk allein
Grundeigentutn besessen; die Kompetenz zur Eröffnung der Verlassenschaft
sowie zur Besteuerung des mobilen Vermögens dagegen richte sich nach
deinletzten Wohnsitze des Erblassers Dieser sei aber Lauwyl, wo Preis-wert
22 Jahre lang sich aushielt und von wo er sich nur vorübergehend
entfernte. Auch der am 4. Oktober 1892 itattgefundene Umzug nach Basel
sei nur zu dem Zwecke geschehen, um dort, in Basel, einige Zeit, etwa den
Winter zuzubringen und die bei Preiswerks geschwächter Gesundheit nötige
Pflege zu finden. Es sei daher das Lauwyler Domizil nicht aufgegeben,
und in Basel kein solches begründet worden. Jedenfalls könne Basel den
ihm obliegenden Beweis dieses Domizilwechsels nicht erbringen, u. f. w.
C. Der Regierungsrat von Baselftadt beantragt Abweisnng der Klage,
indem er zur Begründung bemerkt, es werde nichts dagegen eingewendet,
dass der vorliegende Steuerkonflikt, anstatt in gewohnter Weise als
Doppelbesteuerungsfall als Kompetenzkonflikt behandelt werde, falls
nämlich diese letztere Art der Erledigung korrekt sei. Dagegen sei zu
beachten, dass die Erben des W. Preiswerk am Streitfall in wesentlicher
Weise beteiligt seien, indem die siädtische Erbsteuer nur 6 0/0,
die landschaftliche 9 0/0 betrage, was eine Differenz von circa 50,000
Fr. ausmache. Es sei nun nicht denkbar, dass die interessierten Erben in
dieser Sache nicht zum Worte kommen könnten. Zn der Hauptsache sei der
Entscheid der Frage, ob Baselstadt oder Baselland zum Bezug der Erbsteuer
berechtigt sei, lediglich davon abhängig, wo der Verstorbene seinen
letzten Wohnsitz gehabt habe. Nun falle in Betracht, dass Preiswerk seine
normale Lebensweise im Bogenthal offenbar auf die Länge nicht fortsetzen
konnte, sondern mit Rücksicht auf sein Alter, 71 Jahre, bessere Pflege
suchen musste; diese habe er aber in Basel gesucht, und sich denn auch
seinen Verwandten gegenüber dahin geäussert, er komme nach Basel, da er
es im Bogenthal nicht mehr aushalte. Als Eigentümer des genannten Gutes
habe er seine Sachen nach seinem Belieben dort lassen dürfen; dass er
dies getan, beweise nicht die Absicht einer Beibehaltung des dortigen
Do1nizils, indem die betreffenden Objekte grossen Teils ohne WertVIII,
Staatsrechtliche Streitigkeiten zwischen Kantonen. N° 51. 330
waren und Preiswerk sich in Basel alles Nötige verschaffen fornite,
und auch wirklich verschaffte. Dass er von seinen Pächtersleuten nicht
Abschied nahm, erkläre sich leicht ans seiner verschlossenen Natur.
Was übrigens das erste Rekursbegehren betreffe, so wende es sich gegen
den unrichttgen Rekursbeklagten, indem die Regierung von Baselsiadt mit
dem Verlassenschaftswesen nichts zu tun habe. Dasselbe obliege vielmehr
der Civilgerichtsschreibereiz in casu hätten aber auch deren Funktionen
aufgehört, indem im Auftrage der Erben ein Notar die Erbsteuerentrichtung
übernommen, und die Erben selbst sich Über die Erbteilung verständigt
hätten. Die genannte Amtsstelle sei übrigens sowohl zur Vornahme der
Jnventur des Nachlasses als zur Eröffnung des in Basel devonierten
Testamentes kompetent gewesen.
D. Replikando führt die Rekurrentin aus, die vorliegende Streitsache könne
als Kompetenzkonflikt gemäss Art. 57 O-G an das Bundesgericht gebracht
werden. Daher sei auch das erste Rekursbegehren gegen die richtige
Beklagte, nämlich die Regierung von Baselstadt als Repräsentantin des
Kantons gerichtet worden. Gegen Anhörung der Erben als Partei werde nichts
eingewendet; dagegen seien dieselben sowie ihre Verwandten als Zeugen
auszuschliessen. Es wird zum Schlusse, mit Rücksicht auf die in Basel
bereits vorgenommene Teilung beantragt, es sei das Retna 3: begehren Nr. 2
der Rekurseingabe auch gegenüber den Erben des W. Preiswerk gutzuheissen
und denselben wie Baselstadt gegenüber festzustellen, dass die ganze
Erbschaft auf der Bezirksschreiberei in Waldenburg als der zuständigen
Amtsstelle des letzten Wohnsitzes des W. Preiswerk zu eröffnen und zn
verteilen ge' wesen ware.
E. Die Regierung von Baselstadt beruft sich in der Duplik auf das
Schreiben Preiswerks an Revermann, worin der Ausdruck gemoved als
übergesiedelt aufzufassen sei. Des Wettern führt sie aus, zur Begründung
eines Domizils in Basel sei nicht nötig gewesen, dass Preiswerk den
Willen gehabt habe, nie mehr in's Bogenthal zuriickzukehrenz es habe
daher Baselstadt auch nicht diesen Willen Preiswerks zu beweisen,
sondern genüge der Nachweis der Absicht dauernden Aufenthalts-.
xx 1894 20
304 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. 1. Abschnitt. Bundesverfassung.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1 Die Klagseingabe von Baselland enthält zwei Begehren von denen das
erste darauf abzielt, die Verteilung des Nachlassez Preiswerk den
basellandschaftlichen Behörden zu wahren, während das zweite für
den gleichen Kanton gegenüber Baselstadt das Recht zum Bezuge der
Erbschaftssteuer in Anspruch nimmt. Nachdem sich dann im Verlaufe des
Verfahrens aus der Antwort don Baselstadt ergeben, dass die Erbschaft
Preiswerk in Wirklichkeit bereits lianidiert und verteilt war, liess
Baselland sein obgenanntes erstes Begehren in der Form, wie es angebracht
war, fallen, und beantragte in der Replik nur mehr, es sei zu erkennen,
dass Basel{and an sich zur Eröffnung und Verteilung der Erbschaft
zuständig gewesen wäre. In der heutigen Verhandlung endlich beschränkten
sich die Parteien darauf, die Frage des letzten Doinizils des W. Preiswerk
und ihre Bedeutung für den Bezug der Erbschaftssteuer zu erörtern. Das
Bundesgericht seinerseits betrachtet allein die heute hier erörterten
Rechtsfragen als zu Recht gestellt, wobei jedoch selbstverständlich
ist, dass die Frage des letzten Domizil-s des Erblassers sowohl für die
Frage der Eröffnung der Erbschaft als anerkanntermassen für diejenige
der Kompetenz zum Bezuge der Erd schaftssteuer präjudiziell sein muss
2 Zum Cutscheide der genannten hier zu Recht gestellten Streitsrage ist
nun das Bundesgericht auf Grund von Art. 57 des hier noch zur Anwendung
gelangenden alten Organisationsgesetzes kompetent, indem es sich um eine
Streitigkeit staatsrechtlicher Natur zwischen Kantonen, speziell um einen
Kompetenzkonflikt handelt. Streitgegenstand ist nämlich die Kompetenz zur
Besteuerung der Erbschaft des Preiswerkz bezüglich dieses Steuerrechtes
sind aber nur die Kantone, nicht dagegen die demselben unterstehenden
Erben Partei Daran kann der Umstand nichts ändern, dass tatsächlich
analoge Fälle vielfach durch die betroffenen Privaten, auf dem Wege des
Rekurses wegen Doppelbesteuerung an das Bundesgericht gebracht werden;
ebensowenig aber werden die Erben des W. Preiswerk in casu dadurch
als Partei qualifiziert, dass sie in Wirklichkeit mit Rücksicht auf
die Verschiedenheit des Steuer-fusses ein Interesse daran haben, in
Vaselstadt und nicht in Baselland zur Erbschaftssteuer vom mobilen
VermögenVIII. Stiiaisreehiliche strjtigiieite11 zwischen Kantonen N°
51. 305
herangezogen zu werden. Daraus ergibt sich aber, dass die Erben des
Preiswerk nicht zu einer Vernehuilassung zugelassen zu werden brauchten,
sondern der Justruktionsrichter freie Hand hatte, sie, auch mit Rücksicht
auf die Vollständigkeit des Akteninaterials, von derselben auszuschliessen
Anderseits konnten, aus demselben Grande, die Erben des W. Preiswerk,
sowie deren Verwandten als Zeugen in dieser Sache einvernommen werden,
wobei natürlich die Würdigung ihrer Aussagen, mit Rücksicht auf das
Interesse der Erben dem Gerichte vorbehalten blieb.
3. In der Hauptsache nun hängt der Entscheid der Streitsache
zugestandeuermassen davon ab, ob Lauwyl oder aber Basel als letztes
Domizil des W, Preisroerk zu betrachten ist, indem die Erbschaftssteuer
ans letzten Domizil zu beziehen ist. Bei Cntscheid dieser Frage
nun kann die Beweislast füglich unerörtert bleiben, indem dieselbe
im staatsrechtlichen Verfahren nicht nach strengen Regeln, speziell
nicht nach denjenigen des Civilrechts zu verteilen ist, sondern freie
Würdigung eintritt. In casa ergibt sich zunächst, dass W. Preiswerk im
Jahre 1870 das Gut Bogenthal auf Gebiet von Lauwhl kaufte, und seitdem,
jedenfalls bis zu seiner am 4. Oktober 1892 erfolgten Reise nach Basel,
einerseits rechtlich domiziliert war, anderseits, von vorübergehenden
Abwesenheiten abgesehen, auch tatsächlich sich dort aufhielt. Unter
genanntem Datum, 1. Oktober 1892, verlegte sodann Preiswerk seinen
tatsächlichen Aufenthalt von Lamont nach Basel. Fraglich und zwischen den
Parteien streitig ist nun eben, ob Preiswerk damals auch sein rechtliches
Domizil von Lauwyl nach Basel verlegt, resp. den Willen gehabt habe,
sich dauernd am letztgenannten Orte niederzulassen
i. Nun ergibt sich zwar aus den Akten, dass Preiswerk die Gewohnheit
hatte, alljährlich mehrere Male und speziell auch im Oktober zum Besuche
der Messe für einige Tage nach Basel zu gehen. Dagegen kann gewiss nicht
angenommen werden dass er auch am 4. Oktober 1892 nur zum Zwecke des
gewohnten kurzen Aufenthalts nach Basel gereist, und erst durch sein
überhandnehmendes Unwohlsein dort festgehalten worden sei. Was speziell
die Basler Messe betrifft, so begann dieselbe überhaupt erst gegen Ende
Oktober; sodann aber wäre es auch im übrigen ganz aktenwidrig, anzu-
305 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. [. Abschnitt. Bundesverfassung
nehmen, dass Preiswerk, allerdings im Sinne einer gegenüber der Jungfer
Bader auf Bogenthal getanen Äusserung nur Einige Tage in Basel habe
zubringen wollen. Es hat denn auch die Klägerschaft gar nicht behauptet,
dass Preiswerk am 4. Oktober 1892nur für wenige Tage nach Basel gereist
fei; vielmehr stellt sie selbst die Sache so dar, es habe Preiswerk
in Basel einen Winteraufenthalt oder einen solchen bis zu seiner
Wiedergenesung machen wollen, um dann nach Lauwyl zurückzukehren Auf der
andern Seite behauptet Baselstadt, dass Preiswerk am 4. Oktober 1892 in
Basel sein Domizil genommen babe. Zum Nachweis dieser Domizilnahme wäre
nun nicht erforderlich darzutun, dass Preiswerk eine spätere Rückkehr
nach Launy als ausgeschlossen erachtet habe; vielmehr würde es (gemäss
Art. 3 BAS}. vom 25. Juni 1891 und ständiger bundesrechtlicher Praxis)
genügen, wenn Überhaupt nachgewiesen wäre, dass Preiswerk im Oktober
1892 die Absicht gehabt habe, dauernd in Basel zu verbleiben. Dies ist
nun in Wirklichkeit nicht der Fall. Zweien seiner Verwandten gegenüber
sprach sich freilich Preiswerk so aus, dass man annehmen könnte, es sei
seine Absicht gewesen, dauernd in Basel zu verbleiben; andern Verwandten
gegenüber aber wieder so unbestimmt, dass daraus ein Schluss auf seine
Absicht nicht gezogen werden dürfte. Beachtet man jedoch, dass diese
Verwandten speziell mit Rücksicht auf das Alter und die geschwächte
Gesundheit des W. Preiswerk diesen Domizilwechsel wünschten, und dass
Preiswerk anderseits mit seinen Pächtern, welche ihrerseits ihn wohl gerne
im Bogenthal sahen, nur von einem kurzen Aufenthalt in Basel redete und
im gleichen Sinne ihnen schrieb, so gewinnt man in der Tat den Eindruck,
als habe er bei seiner verschlossenen Natur, durch derartige, den Wünschen
der jeweils Fragenden entsprechende Antworten einfach jede bezügliche
Diskussion kurz abschneiden wollen. Was sodann den Brief Preiswerks
an Revermann vom 10. Oktober 1892 betrifft, so ist in keiner Weise
nahe gelegt worden, dass der darin vorkommende deutsch-amerikanische
Ausdruck gemoved (von to move, Bewegen, gehen, ze.) notwendig oder
auch nur zunächst auf eine dauernde Übersiedelungauf eine eigentliche
Domizilsverlegung dente. Gegen eine solche spricht sodann jedenfalls
die Tatsache, dass Preiswerk am TageVIH. Slaatsrechtliehe Streitigkeiten
zwischen Kantonen. N° 51. 307
darauf, 11. Oktober, an seine Pächtersleute schrieb, er bleibe für's
erste hier in Basel, und mit seinen Basler Logisgebern, Jenny-Dettwyler,
nur von Überwintern sprach; ferner den Coiffeur nur für den Winter
engagierte und demselben auch für den Fall eines spätern Wiederkommens
seine Kundschaft in Aussicht stellte. Sodann aber kann im gleichen Sinne
daraus verwiesen werden, dass Preiswerk bei seiner Abreise am 4. Oktober
1892 weder von seinen Pächtern noch vom Wirt Franz Fluri, mit welchen
allen er doch gut stand, Abschied nahm, ferner mit Ausnahme eines Koffers
und eines Reisesacks alle seine Effekten, darunter auch solche für den
gewöhnlichen Gebrauch und Gegenstände von Assektionswert, einfach und
unverwahrt zurückliess und bezüglich derselben gar keine Anordnungen
traf. Zieht man endlich in Betracht, dass W, Preiswerk im Laufe eines
22jährigen Aufenthaltes im Bogenthal sich an dasselbe gewöhnt und es
lieb gewonnen hatte, und die dortige Einsamkeit seiner Sonderlingsnatur
besser als das städtische Leben entsprach, so dass er immer wieder dahin
zurückkehrte, selbst im Jahre 1889, als er doch bestimmt erklärt hatte,
er gehe nun für ganz fort, so muss allerdings angenommen werben, dass
er das Domizil in Lanwyl nicht aufgegeben, sondern bis zu seinem Tode
beibehalten hat. Demnach hat das Bundesgericht erkannt: '
Die Klage wird in dem Sinne als begründet erklärt, dass die Zuständigkeit
von Baselland zur Eröffnung der Erbschaft W. Preiswerk und die
Anwendbarkeit der baseklandschaftlichen Gesetzbebung auf die gleiche
Erbschaft anerkannt werden.