810 B. Civilrechtspflege.

Ankleiden und Speisen) dauernd besonderer Wartung und Pflege bedarf
und hiefür Auslagen machen muss, welche er vor dem Unfalle nicht
hatte. Auch für den hieraus sich ergebenden Vermögensnachtheil gebührt
ihm Entschädigung Die sachbezüglichen Aus-lagen gehören, da sie eben
gemacht werden müssen, damit der Verletzte sein Leben weiter sristen
könne, zu den Heilungskosten (siehe Entscheidung des Bundesgerichtes in
Sachen Weber vom 19. Juni 1880, Erw. S, Amtliche Sammlung VI, S. 264;
Entscheidung in Sachen Fricker gegen Schweizerische Centralbahn, vom
7. Oktober 1892). Nun bezog der Kläger am Tage des Unfalls einen Taglohn
von 8 Fr. 30 Cts. Als blosser Handlanger hat er indess diesen Taglohn
wohl unzweifelhaft nicht während des ganzen Jahres sondern nur während
derjenigen Zeit bezogen, während welcher Handlanger im Bauhandwerke
Beschäftigung zu finden pflegen. Wird dieser Umstand berücksichtigt,
so kann der jährliche Ausfall, welcher dem Verletzten durch den Unsall
entsteht, einschliesslich der Auslagen für besondere Warmng und Pflege,
jedenfalls nicht wesentlich höher als auf 1000 Fr. angeschlagen werden.
Dieser Ausfall entspricht bei dem Alter des Klägers, nach dem Grundsatze
der Rentenanstalten einem Kapital von ungefähr 16,000 Fr. Wenn dem Kläger
diese Summe ohne irgendwelchen Abzug zugebilligt wird, so ist er damit
in völlig ausreichender Weise entschädigtz es ist dabei insbesondere
berücksichtigt, dass ihm auch für Anschaffung respektive Ersatz
künstlicher Glieder in der Folge noch Auslagen entstehen können. Die
Vorinsranz ist bei Festsetzung der Entschädigung auf 20,000 Fr.,
abgesehen davon, dass sie den Art. 7 des Eisenbahnhastpflichtgesetzes für
anwendbar erachtet hat, davon ausgegangen, es sei dem Kläger eiu Kapital
zuzusprechen, dessen landesübliche-r Zins dem eingetretenen Ausfalle
entspreche. Diess ist aber offenbar rechtsirrthümlich Dem Kläger gebührt
nicht ein Kapital, dessen jährlicher Zins dem ihm entstandenen Ausfalle
entspricht, sondern ein Kapital, welches den Werth einer lebenslänglichen
Rente von der Höhe des eingetretenen Ausfalls repräsentirt

6. Im Weitem ist die Bahngesellschast zn verpflichten, die bis zur
Anhebung der Klage für die Verpflegung und ärztliche Behandlung des
Klägers entstandenen Kosten zu trxgen. DagegenIV. Obligatioenrecht. N°
127. 811

findet der Kläger für die seit Anhebung der Klage ihrn erwachsenen
Verpflegungskosten Ersatz in den Zinsen der Entschadigungsfamme. '

7. Gemäss der heute abgegebenen Erklärung des klagertschen Anwalts
ist Dispositiv 2 des angefochtenen Urtheils zu streichen. Aus Prüfung
oder Beurtheilung des zwischen der Beklagten und den Litisdenunziaten
W. Buchser & (Sie. bestehenden Rechtsverhältnisses ist im gegenwärtigen
Verfahren nicht einzutreten

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

1. Dispositiv 1 des angesochtenen Urtheils des Kreisgerichtes Uri vom
4. Oktober 1892 wird in theilweiser Gutheissung der Weiterziehung der
Veklagten dahin abgeändert, dass die Beklagte verpflichtet wird, dem
Kläger eine Entschädigung von 16,000 Fr. nebst Zins à 5 0/0 vom Tage
der Klageanhebung an auszurichten und überdem die bis zur Klageanhebung
erwachsenen Arztund

Verpflegungskoften zu tragen. ss _ 2. Dispositiv 2 des angefochtenen
Urtheils ist aufgehoben.

IV. Obligationenrecht. Droit des obligations.

127. Urtheil vom 8. Oktober 1892 in Sachen Profumo gegen Stumm.

A. Durch Urtheil vom 22. Juni 1892 hat das Appellationsgericht des Kantons
Baselsiadt erkannt: Beklagter ist zur Zahlung von 14,400 Fr. sammt Zins
à 5 % seit Tag der Klage derartheilt.

B. Gegen dieses Urtheil ergriffen beide Parteien die Werterziehung an
das Bundesgericht. '

Der Anwalt des Klägers beantragt, es set das angesochtene
zweitinstanzliche Urtheil aufzuheben und Beklagter ·konsor1ndent
Rechtsbegehren der Klage und konform dem Urtheil des Gougerichtes an
Kapital, Zinsen und Kosten zu verfallen812 B. Cixiirechzspflege.

Dagegen trägt der Beklagte darauf an, es sei die Klage gänzlich
abzuweisen, eventuell sei die dem Kläger zugesprochene Entschädigung
auf 7200 Fr. zu reduziren.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Zwischen den Parteien ist am 26. Juli 1885 ein Vertrag abgeschlossen
worden, durch welchen der Beklagte sich verpflichten, während zwei Jahren
vom Tage des Vertragsschlusses an gerechnet, seine Bezüge von kaukasischem
und pensylvanischein Petrol aus Italien ausschliesslich beim Kläger
durch Vermittlung des klägerischen Agenten Kopp in Luzern zu machen unter
Garantie des Bezuges eines Minimalquantums von 20,()00 Fässern während
jeden Vertragsjahres (siehe rücksichtlich des nähern Inhalts dieses
Vertrages, Amtliche Sammlung der bundesgerichtlichen Entscheidungen XV,
S. 760 u. s. Erw. 1, wo derselbe wörtlich abgedruckt ist). In Ausführung
dieser Uebereinkunft schlossen die Parteien am darauffolgenden Tage
einen weitern Vertrag ab, wonach der Beklagte vom Kläger zunächst 10,500
Fässer kaukasischen Petroleuins zum Preise von 17 Fr. 50 Ets. sranko
Wagen Genua, lieferbar mit je 2100 Fässern monatlich in den Monaten
September, Oktober, November-, Dezember und Januar nächstkiinftig
kaufte. Schon bei Ausführung dieses Vertrages entstanden zwischen den
Parteien Anstände, welche zu rechtlichen Schritten führten; ein speziell
die Novemberlieferung betreffender Streit wurde richterlich durch
Urtheile des Civilgerichtes und des Appellationsgerichtes des Kantons
Baselstadt vom 20. Juli und 30. September 1886 und des Bundesgerichtes
vom 14. Januar, 1887 (siehe Amtliche Sammlung XIII, S. 65 u. ff.) zu
Ungunften des Beklagten entschieden. Weitere Differenzen entstanden
Über die Lieferung der restirenden 9500 Fass des ersten Vertragsjahres;
über deren Bezug kam ein Spezialvertrag nicht zu Stande und sie wurden
daher thatsächlich nicht geliefert. Der Kläger klagte in Folge dessen
auf Ersatz des ihm hiedurch entstandenen Schadens. Durch Urtheile des
Civilgerichtes und des Appellationsgerichtes des Kantons Baselstadt
vom 8. Februar und ö. Juni 1889 wurde diese Klage bis zum Betrage von
13,680 Fr. nebst Zins zu 5 o/O seit 26. Juli 1886 gutgeheissen. Durch
letztinstanzliche Entscheidung des Bundesgerichtes vom 4. Oktober 1889
(abgedruckt IV. Obligaiiouemsieciiî. N" 127. 813

Amtliche Sammlung XV, S. 760 u. ff.) wurde die Entschädigung auf
20,000 Fr. (nebst Zins zu 5 O/0 seit 26. Juli 1886) erhöhtSämmtliche
Jnstanzen nahmen an, das Nichtzustandekommen eines Kaufvertrages über die
restirenden RGO-Fass des ersten Vertragsjahres (zu dessen Abschluss der
Beklagte unbestrittenermassen verpflichtet war) sei durch vertragswidriges
Verhalten des Beklagten verschuldet; dieser hafte daher für das Interesse,
welches der Kläger an der Ausführung des Vertrages hatte, d. h. für
den Gewinn den der Kläger bei ordentlicher Abwickelung des Geschäftes
gehabt hätte. Die kantonalen Jnstanzen stellten dieses Interesse auf 1
Fr. per 100 Kilogramm netto fest, gestützt aus ein Erpertengutachten,
welches unter freier Würdigung der Umstände den muthmasslichen Gewinn
des Klägers auf diesen Betrag im Minimum tarirt hatte. Das Bundesgericht
dagegen legte seiner Entscheidung einen Ansatz von ungefähr 1 Fr. 50
Cts. per 100 Kilogramm zu Grunde, weil es sich rechtfertige, dem Kläger
eine den von den Erperten angenommenen Minimalansatz übersteigende
Entschädigung zuzubilligen, also die Entschädigung so zu bemessen, dass
sie den dem Kläger erwachsenen erstattungsfähigen Schaden jedenfalls
decke. Es könne um so weniger einem Bedenken unterliegen, von dem
dem Richter zustehenden freien Ermessen bei der Schadensberechnung
in diesem Sinne Gebrauch zu machen, als das Verhalten des Beklagten
offenbar ein bewusst rechtswidriges gewesen sei. Auch bezüglich
der 20,000 Fass des zweiten Vertragsjahres kam es trotz vielfacher
Unterhandlungen zu keinem Spezialvertrage und es wurden daher auch
diese nicht geliefert. Im gegenwärtigen Prozesse nun hat der Kläger
seine sachbezügliche Schadenerfatzforderung eingeklagt; er berechnet
dieselbe unter Zugrundelegung des im bundesgerichtlichen Urtheile vorn
4. Oktober 1889 angenommenen Ansatzes von 1 Fr. 50 Cis. per 100 Kilogramm
auf 43,200 Fr. und verlangt deren Verzinsung zu 5 0/0 seit 28. Juli 1887,
weil der Betrag mit Ende des zweiten Vertragsjahres fällig geworden
sei. Das Civilgericht des Kantons Baselftadt hat diese Forderung in
ihrem ganzen Umfange gutgeheissen. Dagegen hat das Appellationsgericht
in der aus Fakt. A ersichtlichen Weise erkannt. Dasselbe hat ein
Sachverständigengutachten . eingeholt, aus welchem folgendes hervorzuheben
ist. Die Erperten814 B. Civilrechtspflegc .

sprechen sich dahin aus, dass sich ein Grosshändler in Petroleum für ein
Geschäft, bei welchem Lieferzeit und Qualität genau festgestellt sei,
mit einem Nutzen von mindestens 25 Cis. per 100 Kilogramm oder 2 0/0
wahrscheinlich begnüge, da bei solchen Geschäften ein Risiko sozusagen
ausgeschlossen sei. Hier handle es sich aber um einen ganz abnormen
Vertrag, dessen Abnormität eine sichere Schätzung nicht zulasse. Einen
solchen Vertrag werde ein Grosshändler nicht wohl anders abschliessen,
als wenn er aus einen Durchschnittsnutzen von mindestens 1 Fr. per 100
Kilogramm hoffen zu können glaube. Da jedoch der Kläger nicht in die
Lage gekommen sei, die fraglichen 20,000 Fass beschaffen zu müssen,
ihm dadurch wahrscheinlich Spesen dieser oder jener Art erspart worden
seien und das von demselben berechnete Risiko nicht im ganzen Umfange
zur Geltung gekommen sei, so glauben die Experten, dass der dem Käufer
entgangene Gewinn doch mindestens auf 75 Ets. per 100 Kilogramm netto
zu taxiren sei.

2. Der Beklagte hat zunächst grundsätzlich eingewendet, der Vertrag
vom 26. Juli 1885 verpflichte ihn nicht ohne Weiteres in jedem Jahre
20,000 Fass Petroleum vom Kläger zu beziehen, sondern ftatuire diese
Verpflichtung blos für den Fall, dass Italien im Petroleumhandel
konkurrenzfähig sei und er daher dort Petroleum kaufe. Im zweiten
Vertragsjahre habe er nun in Italien nichts gekauft und sei daher
auch nicht verpflichtet, mit dem Klager irgend welches Kaufgeschäft
abzuschliessen. Diese Einwendung ist nicht durch die in den frühem
Prozessen ergangenen Zetheile erledigt. Diese haben vielmehr die Frage,
in welchem Sinne das Engagement des Beklagten auf 20,000 Fass per Jahr
zu verstehen sei, da die Pflicht zum Bezuge von 20,000 Fass für das
damals im Streite liegende erste Vertragsjahr nicht bestritten war,
offen gelassen (siehe Entscheidungen des Bundesgerichtes, Amtliche
Sammlung XV, S. 765 Erw. 2, S. 767 Erw. 3). Dagegen ist die Einwendung
sachlich unbegründet. Die Vorinstanzen führen aus, die Uebereinkunst
vom 26. Juli 1885 habe nicht den Sinn, der ihr vom Beklagten beigelegt
werde. Sie schaffe keine blos bedingte Verpflichtung des Beklagten, für
den Ü? dass er überhaupt Oel aus Italien beziehe, solches beim Klager zu
kaufen, sondern ein festes Engagement auf Kaufsab-IV. Obligaiioemecht. N°
127. ' 815

schlüsse von jährlich mindestens 20,000 Fass. Der Wille der
Vertragschliessenden sei nicht blos auf den Ausschluss der Konkurrenz
sondern auch auf Bezug eines jährlichen Minimalquantums gerichtet
gewesen. Es sei auch kaum denkbar-, dass sich der Kläger auf einen
bedingten Vertrag im Sinne der beklagtischen Behauptungen eingelassen
hätte. Diese Auslegung des Vertrages beruht auf keinem Rechtsirrthum,
gegentheils ist derselben völlig beizutreten. Sie entspricht dem
Wortlaut und Zusammenhange des Vertrages, den Umständen und dem
bisherigen Verhalten der Parteten. Der Nachsatz zu Art. 1 des Vertrages
bestimmt ja ganz unzweideutig, dass der Beklagte sich zum Bezuge von
wenigstens 20,000 Fass per Jahr verpflichte; es ist auch klar-, dass
der Kläger, wenn der Beklagte eine solche feste Verpflichtung nicht
übernommen hätte, seinerseits sich gewiss nicht verpflichtet hätte,
schweizerischen Konkurrenten des Beklagten während der Vertragsdauer kein
Oel zu liefern. Auch hat der Beklagte bis zum gegenwärtigen Prozesse,
trotz seiner mannigfaltigen Versuche, sich den ihm lästigen Folgen des
Vertrages zu entziehen, sich niemals auf die nunmehr von ihm vertretene
Vertragsauslegung berufen. Der Beklagte war demnach durch den Vertrag
vom 28. Juli 1885 als durch einen beidseitig bindenden Vorvertrag zu
einem Kaufe, verpflichtet, auch im zweiten Vertragsjahre mit dem Kläger
Kaufverträge Über 20,000 Fass Petrol zu den vertragsmässigen Bedingungen
abzuschliessen.

3. Wenn der Beklagte des Wettern eingewendet hat, der Kläger habe
selbst auf die Petrollieferung für das zweite Jahr verzichtet, so ist
dies-, wie die Vorinstanzen hinlänglich gezeigt haben, vollständig
unbegründet. Ebenso unbegründet ist die Behauptung, der Kläger habe
dadurch, dass er dem Beklagten nicht, wie im ersten Vertragsjahre,
alltäglich Bülletins mit seinen Preiskotirungen zugesandt habe,
vertragswidrig gehandelt und damit den Richtabschluss von Käufen
verschuldet. Eine Pflicht zu täglicher Mittheilung seiner Preiskotirungen
an den Beklagten legt der Vertrag vom 26. Juli 1885 dem Kläger nicht
auf. Wenn Art. II dieses Vertrages bestimmt, dass der Kläger dem
Beklagten einen Rabatt von 25 Cis. per 100 Kilogramm sur les prix qu'il
cetera officjellement de jour en jour zu machen habe, so hat diese816
B. Civiàrechtspflege.

Beimmung eine ganz andere Bedeutung Sie enthält die Elemente der
Preisbestimmung sür abzuschliessende Käufez sie schreibt vor, dass der
Kläger dem Beklagten zu denjenigen Preisen mit 5 DsO Rabatt zu verkaufen
habe, welche er allgemein mache und (in lGenua) bekannt gebe, dass
er also dem Beklagten keine besondern Preise machen dürfe. Uebrigens
war der Beklagte offenbar bis zum Prozesse niemals der Meinung, die
Preiskotirungen müssen ihm täglich mitgetheilt werden, andernfalls
hätte er sie gewiss reklamirt, was er niemals gethan hat; gegentheils
hat der Beklagte seinerseits-, auch ohne Mittheilung der klägerischen
Preiskotirungen, sterten für Petroleumkäuse gemacht und damit selbst
anerkannt, dass die Erfüllung des Vertrages nicht von der täglichen
Mittheilung der Preiskotirungen des Klägers abhänge. Offerten übrigens hat
der Kläger den Beklagten während des zweiten Vertragsjahres wiederholt
gemacht; er hat auch den Beklagten aufgefordert, seine Besiellungen
rechtzeitig zu machen. Sofern der Beklagte zu Formulirung der letztern
Mittheilungen des Klägers über die in Genua bezahlten Preise u. s. w. zu
erhalten wünschte, so war es seine Sache, dieselben zu prodoziren.
Wenn der Beklagte im Fernern eingetoendet hat, der Kläger habe während
des zweiten Vertragsjahres keine Vorräthe an Petroleum mehr gehabt und
habe anlässlich einer foerte vom 19. November 1886 über 10,000 Fass in
vertragswidriger Weise die Lieferung der Waare an die Bedingung der
Zahlung durch Bankaecepte geknüpft, so sind auch diese Einwendungen
unerheblich, denn zu Anschasfung der Waare vor Eintritt der klägerischen
Bestellung war der Kläger gemäss den frühern Urtheilen nicht verpflichtet
und der gedachte, in einer der klägerischen Osserten enthaltene, Vorschlag
in Betreff der Zahlungsbedingungen war, selbst wenn er vertragswidrig
gewesen sein sollte, doch für die Nichtausführung des Vertrages ohne alle
Bedeutung Nicht an diesem Vorschlage in Betreff der Zahlungsbedingungen
ist das Zustandekommen eines Kauer im zweiten Vertragsjahre gescheitert,
sondern vielmehrwie die erste Instanz mit Recht ausführt, daran,
dass der Beklagte in seinen Offerten sich hinsichtlich des Preises und
der Qualität der Waare beständig über die Bestimmungen der Konvention
hinwegsetzte.[V. Obiigationenrecht. N° 127. 817

4. Grundsätzlich ist daher die Klage in Uebereinstimmung mit den
Vorinstanzen gutzuheissen. Was sodann das Quantitativ der Entschädigung
anbefangt, so ist der zweiten Instanz darin beizutreten, dass nicht, wie
die erste Instanz annahm (abgesehen von der Fasszahl), ohne Weiteres die
gleichen Faktoren wie beim frühem durch das Urtheil des Bundesgerichtes
vom 4. Oktober 1889 letztinstanzlich entschiedenen Prozesse als
massgebend erachtet werden können. Es muss vielmehr selbständig
geprüft werden, welchen Gewinn der Kläger bei normaler Abwickelung
des Geschäftes im zweiten Vertragsjahre realisirt hätte, wo ja die
Han- delskonjunkturen ganz andere gewesen sein können, als im ersten.
Die zweite Jnstanz hat wesentlich in Berücksichtigung gezogen, dass
noch kein sertiger Kaufoertrag abgeschlossen war, sondern blos ein aus
künftige Abschliessnng von Kaufverträgen gerichteter Vorvertrag vorliege,
dessen Nichteinhaltung zwar auch zur Schadenersatzpflicht führe, aber
dieser letztern doch auch gewisse Grenzen nach dein arbitratus boni viri
stecke. Das eingeholte Sachverständigengutachten enthalte keine klare
und runde Antwort aus die den Sachverständigen gestellte Frage; immerhin
enthalte es genügende Anhaltspunkte für den Richter. Es stelle fest,
dass sich ein Grosshändler für ein Geschäft mit genau sesigesetzter
Lieferzeit und Qualität mit einem Nutzen von eirea 25 Cfs. per 100
Kilogramm wahrscheinlich begnügen werde. Wenn es des Wettern erkläre,
dass er bei einem so abnormen Vertrage, wie dem in Frage liegenden, nicht
wohl anders abschliessen werde, als wenn er aus einen Durchschnittsnutzen
des Vierfachen oder von 1 Fr. per 100 Kilogramm hoffen zu können glaube,
so sei das im heutigen Falle darum nicht zutreffend, weil offenbar dabei
vorausgesetzt sei, dass der Preis schon zum Voraus bestimmt gewesen
sei. Dies habe aber eben im Fragesalle nicht stattgefunden, sondern
der Preis habe sich jeweilen in jedem einzelnen Lieserungsgeschäft 25
Cts. unter dem damaligen Marktpreise von Genua bestimmen sollen; das
hauptsächliche Risiko, aus dem das Gutachten die Verviersachung deduzire,
sei also sür den Kläger nicht vorhanden gewesen. Halte man sich streng an
die 25 Cts. per 100 Kilogramm, so ergäbe sich ein Nettogewinn von 7200
Fr.; ziehe man nun auch weiter in Betracht, dass in der dem Beklagten
über-818 B· Givilrechtspflege.

lasse-neu Wahl der Lieferzeit und der Qualität für den Kläger ein
etwelches Risiko gegeben war, das sich auch durch eine grössere
Gewinnchance angleichen müsse, so werde mit Erhöhung der Summe von
7200 Fr. auf das Doppelte allen gerechten Ansprüchen des Klägers
Genüge geleistet. Richtig ist nun unzweifelhaft, dass der eingetretene
Schaden genauer Ermittlung nicht fähig ist, sondern nur durch ungefähre
richterliche Abschätzung ex aequo et bono kann festgestellt werden. Das
Sachverständigengutachten gibt dafür einige Anhaltspunkte-. Wenn dasselbe
zwar auf die Höhe des Gewinnes abstellt, auf welchen ein Grosshändler bei
Abschluss eines so abnormen Geschäftes vernünftigerweise werde gerechnet
haben, so beruhen seine Ausführungen einerseits-, wie die Vorinstanz
gezeigt hat, auf einer theilweise unrichtigen Auffassung des mit dem
ftreitigen Geschäfte für den Kläger verbundenen Risikos; andererseits
aber ist dieser Ausgangspunkt für die Schadensberechnung überhaupt
prinzipiell verfehlt. Nicht daraus ja kann es ankommen, auf welchen
Gewinn ein Grosshändler bei Abschluss eines derartigen Geschäftes nach
gewöhnlichen geschäftlichen Grundsätzen rechnet, sondern darauf, welchen
Gewinn der Kläger durch die Ausführung des konkreten Geschäftes unter
den Verhältnissen, wie sie zur Vertragszeit bestanden, wirklich erzielt
hätte Hierüber aber geben die gedachten Ausführungen des Gutachtens
keinen Aufschluss Dagegen ist dem Gutachten allerdings zu entnehmen,
dass der Gewinn, welcher im Petroleumgrosshandel bei gewöhnlichen
Geschäften regelmässig erzielt wird, 25 Cts. per 100 Kilogramm oder 2 0]O
beträgt. Ohne Weiteres darf nun angenommen werden, dass der Kläger diesen
Gewinn wirklich erzielt hatte, und es hat dies denn auch der Beklagte in
der appellationsgerichtlichen Verhandlung im Grunde zugegeben. Dagegen
liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, anzunehmen, der Kläger hätte einen
weitergehenden, aussergewöhnlichen Gewinn erzielt. Nach dem Vertrage
hatte er zu seinem gewöhnlichen Genueser Marktpreis, abzüglich eines
offenbar wegen der Grösse des Geschäftes gewährten Rabattes von 25
Etf. per 100 Kilogramm, zu liefern. Nun hat er es gänzlich unterlassen,
darzuthun, dass der Anschafsungspreis des Petrols in der Vertragszeit
zu diesem (Vertraglichen) Preise in einem Verhältnisse gestanden habe,
welche-ZlV. Obligationenrecht. N° 128. 819

ihm die Erzielung eines aussergewöhulichen Gewinnes ermöglicht hätte. Es
liegt daher kein Grund vor, bei Bemessung der Entschädigung weiter zu
gehen, umso weniger, als offenbar im zweiten Vertragsjahr der Kläger
sich auf wirkliche Lieferung nicht ernstlich zu rüsten brauchte, sondern
sehr bald nach der Haltung des Beklagten annehmen musste,. es werde zu
wirklicher Lieferung nicht kommen Die Entschädigung ist demnach auf 7200
sFr. festzusetzen

5. In Bezug auf den Termin der Berzinslichkeit der Entschädigung ist die
zweitinstanzliche Entscheidung zu bestätigen Aus der Verletzung der durch
den Vorvertrag vom 26. Juli 1885 begründeten Pflicht zum Æschlusse von
Kaufverträgen entstand für den Beklagten eine Schadenersatzobligation. Für
die Erfüllung dieser Schadenersatzobligation war ein bestimmter Verfalltag
nicht verabredet; der Schuldner gerieth daher mit der Erfüllung erst
durch die Mahnung des Gläubigers, hier durch die Klageanhebung, in
Verzug. (Art. 117 O.-R.)

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Weiterziehung des Klägers wird abgewiesen; diejenige des Beklagten
wird dahin für begründet erklärt, dag, in Abänderung des angefochtenen
Urtheils des Appellationsgerichtes des Kantons Baselstadt, die vom
Beklagten dem Kläger zu zahlende Entschädigung aus 7200 Fr. sammt Zins
à 5 0/0 seit dem Tage der Klage heruntergesetzt wird. Im Uebrigen ist
das angefochtene Urtheil bestätigt

128. Urtheil vom 22. Oktober 1892 in Sachen Frey gegen Bendel

A. Durch Urtheil vom 28. Juli 1892 hat das Obergericht des Kantons
Schaffhausen erkannt: 1. Der Beklagte ist gerichtlich angehalten an den
Kläger aus Schadenersatz den Betrag von 850 Fr. zu bezahlen. xvm -1892 54
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : 18 I 811
Date : 06 octobre 1892
Publié : 30 décembre 1892
Source : Tribunal fédéral
Statut : 18 I 811
Domaine : ATF- Droit constitutionnel
Objet : 810 B. Civilrechtspflege. Ankleiden und Speisen) dauernd besonderer Wartung und


Répertoire de mots-clés
Trié par fréquence ou alphabet
acceptation de l'offre • accès • adulte • autonomie • autorisation ou approbation • autorité inférieure • autorité judiciaire • calcul • collecte • comportement • conclusion du contrat • conclusions • concurrent • condition • demeure • dimensions de la construction • dommage • dommages-intérêts • débiteur • déclaration • défendeur • emploi • exactitude • expert • fin • hameau • illicéité • intermédiaire • intérêt • italien • jour • livraison • maître • mois • objection • pouvoir d'appréciation • première instance • prix du marché • promesse de contracter • question • terme • terme comminatoire • tiré • tribunal cantonal • tribunal fédéral • uri • vente • vie • volonté • étendue