150 V 1
1. Auszug aus dem Urteil der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. GmbH gegen Ausgleichskasse Basel-Stadt (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_199/2023 vom 11. Dezember 2023
Regeste (de):
- Art. 15 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Covid-19-Gesetz; Art. 2 Abs. 3bis und Art. 5 Abs. 3 Covid-19-Verordnung Erwerbsausfall (sämtliche Bestimmungen in den vom 17. September 2020 bis 30. Juni 2021 geltenden Fassungen); arbeitgeberähnliche Stellung.
- Eine arbeitnehmende Person, die zeitgleich in verschiedenen Gesellschaften über eine arbeitgeberähnliche Stellung verfügt, hat nicht in Bezug auf jede dieser Tätigkeiten Anspruch auf den Höchstbetrag der Erwerbsausfallentschädigung gemäss Art. 5 Abs. 3
Covid-19-Verordnung Erwerbsausfall (E. 6).
Regeste (fr):
- Art. 15 al. 1
, 1re
phrase, et al. 2 de la loi COVID-19; art. 2 al. 3bis
et art. 5 al. 3
de l'ordonnance sur les pertes de gain COVID-19 (dans leur version en vigueur du 17 septembre 2020 au 30 juin 2021); position assimilable à celle d'un employeur.
- Un travailleur occupant simultanément une position assimilable à celle d'un employeur au sein de différentes sociétés n'a pas droit, pour chacune de ces activités, au montant maximal de l'allocation pour perte de gain selon l'art. 5 al. 3
de l'ordonnance sur les pertes de gain COVID-19 (consid. 6).
Regesto (it):
- Art. 15 cpv. 1
, prima frase, e cpv. 2 della legge COVID-19; art. 2 cpv. 3bis
e art. 5 cpv. 3
dell'ordinanza COVID-19 perdita di guadagno (tutte le disposizioni nelle versioni in vigore dal 17 settembre 2020 al 30 giugno 2021); posizione assimilabile a quella di un datore di lavoro.
- Un lavoratore che ricopre contemporaneamente in diverse società una posizione assimilabile a quella di un datore di lavoro non ha diritto, per ciascuna di queste attività, all'importo massimo dell'indennità di perdita di guadagno nel senso dell'art. 5 cpv. 3
dell'ordinanza COVID-19 perdita di guadagno (consid. 6).
Sachverhalt ab Seite 2
BGE 150 V 1 S. 2
A.
A.a Die A. GmbH stellte am 30. November 2020 (sowie 8. Januar, 1. Februar, 1. März, 6. April, 1. Mai, 2. Juni, 1. Juli und 9. September 2021) bei der Ausgleichskasse Basel-Stadt Antrag auf Ausrichtung von Erwerbsersatzentschädigung im Zusammenhang mit den Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus für B., geboren 1989, einziger Gesellschafter und einzelunterschriftsberechtigter Geschäftsführer. Am 1. Februar (sowie 8. März, 6. April, 1. Mai, 2. Juni und 1. Juli) 2021 ersuchte die C. AG ihrerseits bei der Ausgleichskasse des Kantons Aargau um Zusprechung von Corona-Erwerbsausfallentschädigung für B., einziges Mitglied des Verwaltungsrats mit Einzelunterschrift. In der Folge entrichtete die Ausgleichskasse Basel-Stadt im Zeitraum vom 17. September bis 31. Dezember 2020 Corona-Erwerbsausfallentschädigung im Betrag von Fr. 14'974.15 und vom 1. Januar bis 30. Juni 2021 von Fr. 25'575.20, basierend auf einem Tagesansatz von Fr. 132.80, d.h. von insgesamt Fr. 40'549.35. In der gleichen Zeitspanne zahlte die Ausgleichskasse des Kantons Aargau eine Entschädigungssumme von gesamthaft Fr. 58'381.30 auf der Grundlage eines Tagesansatzes von Fr. 191.20 aus.
A.b Am 10. Juni 2021 wurden die beiden involvierten Ausgleichskassen durch die Eidgenössische Finanzkontrolle dahingehend informiert, dass betreffend B. für den Zeitraum vom 17. September 2020 bis 30. Juni 2021 eine über dem Maximalbetrag von Fr. 196.- pro Tag liegende Entschädigung von insgesamt Fr. 324.- pro Tag (Fr. 132.80 + Fr. 191.20) ausbezahlt worden sei. Die Ausgleichskasse Basel-Stadt berechnete daraufhin den Anspruch auf Corona-Erwerbsausfallentschädigung rückwirkend ab September 2020 neu und forderte - unter Berücksichtigung eines ermittelten Entschädigungsanspruchs von Fr. 80.80 pro Tag - von der A. GmbH mit Verfügungen vom 19. Juli 2021 für B. ausgerichtete Leistungen in der Höhe von Fr. 5'863.35 (2020) und Fr. 10'014.50 (2021), d.h. von insgesamt Fr. 15'877.85, zurück. Mit gleichentags verfasster Abrechnung bezüglich der C. AG korrigierte sie ferner den entsprechenden Anspruch für den gleichen Zeitraum - basierend auf einem Tagesansatz von Fr. 115.20 - auf total Fr. 35'175.35; dieser Betrag wurde erneut ausbezahlt. Die Ausgleichskasse des Kantons Aargau verfügte am 19. Juli 2021 die Rückforderung der im
BGE 150 V 1 S. 3
Gesamtbetrag von Fr. 58'381.30 geleisteten Entschädigung. Die A. GmbH erhob Einsprache gegen die Verfügungen der Ausgleichskasse Basel-Stadt vom 19. Juli 2021, welche abgewiesen wurde (Einspracheentscheid vom 6. August 2021). Die von der C. AG ihrerseits auf Verfügung der Ausgleichskasse des Kantons Aargau vom 19. Juli 2021 hin eingelegte Einsprache wurde ebenfalls abschlägig beschieden (Einspracheentscheid vom 21. März 2022).
B.
B.a Gegen den Einspracheentscheid der Ausgleichskasse Basel-Stadt vom 6. August 2021 liess die A. GmbH Beschwerde beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt einreichen. Mit Urteil vom 1. Dezember 2022 wies dieses die Rechtsvorkehr ab, soweit es darauf eintrat.
B.b Das gegen den Einspracheentscheid der Ausgleichskasse des Kantons Aargau vom 21. März 2022 angehobene Beschwerdeverfahren wurde vom Versicherungsgericht des Kantons Aargau bis zur rechtskräftigen Erledigung des vor dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt hängigen Prozesses in Sachen A. GmbH sistiert (Verfügung vom 24. Oktober 2022).
C. Die A. GmbH lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 1. Dezember 2022 führen mit dem Rechtsbegehren, es seien dieses sowie die Verfügungen der Ausgleichskasse Basel-Stadt vom 19. Juli 2021 aufzuheben. Das Sozialversicherungsgericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Die Ausgleichskasse Basel-Stadt ersucht ebenfalls um Abweisung der Rechtsvorkehr, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) verzichtet auf eine Vernehmlassung. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
6.
6.1 Umstritten und nachfolgend zu prüfen ist, ob die Vorinstanz mit ihrer Sichtweise Bundesrecht verletzt hat. Einig sind sich die Verfahrensbeteiligten, dass B. bezogen auf die beiden involvierten Unternehmen als Arbeitnehmer in arbeitgeberähnlicher Stellung zu qualifizieren ist (zum Begriff vgl. BGE 122 V 270 E. 3; Rz. 1025.2 des
BGE 150 V 1 S. 4
Kreisschreibens des BSV über die Entschädigung bei Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus - Corona-Erwerbsersatz [KS CE], gültig ab 17. September 2020).
6.2 Massgeblich sind die Bestimmungen über die Corona-Erwerbsersatzentschädigung, deren zeitlicher Anwendungsbereich in den Zeitraum vom 17. September 2020 bis 30. Juni 2021 fällt (vgl. BGE 148 V 162 E. 3.2). Sie werden im Folgenden - soweit nicht anders vermerkt - jeweils in den in der damaligen Zeitspanne geltenden Versionen wiedergegeben, zitiert und angewendet.
6.3 Art. 15 des Bundesgesetzes vom 25. September 2020 über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie (Covid-19-Gesetz; SR 818.102) wurde gemäss Art. 21 Abs. 3 Covid-19-Gesetz rückwirkend auf den 17. September 2020 in Kraft gesetzt, mehrmals angepasst und per 1. Januar 2023 aufgehoben. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Bestimmung (in sämtlichen Fassungen) kann der Bundesrat die Ausrichtung von Entschädigungen des Erwerbsausfalls bei Personen vorsehen, die ihre Erwerbstätigkeit auf Grund von Massnahmen im Zusammenhang mit der Bewältigung der Covid-19-Epidemie unterbrechen oder massgeblich einschränken müssen. Zu den Anspruchsberechtigten gehören gemäss Abs. 2 (in sämtlichen Fassungen) insbesondere auch Selbstständige nach Art. 12
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SR 830.1 Legge federale del 6 ottobre 2000 sulla parte generale del diritto delle assicurazioni sociali (LPGA) LPGA Art. 12 Indipendenti - 1 È considerato lavoratore indipendente chi non consegue un reddito dall'esercizio di un'attività di salariato. |
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1 | È considerato lavoratore indipendente chi non consegue un reddito dall'esercizio di un'attività di salariato. |
2 | Un indipendente può essere contemporaneamente anche un salariato, se consegue un reddito per un lavoro dipendente. |
6.4 Nach aArt. 5 Abs. 1 Covid-19-Verordnung Erwerbsausfall (AS 2020 871) beträgt das Taggeld 80 % des durchschnittlichen Erwerbseinkommens, das vor Beginn des Anspruchs auf die Entschädigung erzielt wurde. Für die Ermittlung des Einkommens ist gemäss Abs. 2 der Norm (AS 2020 3705) Art. 11 Abs. 1
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SR 834.1 Legge federale del 25 settembre 1952 sulle indennità di perdita di guadagno (Legge sulle indennità di perdita di guadagno, LIPG) - Legge sulle indennità di perdita di guadagno LIPG Art. 11 Calcolo dell'indennità - 1 Per l'accertamento del reddito medio conseguito prima del servizio è determinante il reddito da cui sono prelevati i contributi secondo la LAVS37.38 Il Consiglio federale emana prescrizioni sul calcolo dell'indennità e incarica l'Ufficio federale delle assicurazioni sociali di allestire tabelle vincolanti con importi arrotondati. |
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1 | Per l'accertamento del reddito medio conseguito prima del servizio è determinante il reddito da cui sono prelevati i contributi secondo la LAVS37.38 Il Consiglio federale emana prescrizioni sul calcolo dell'indennità e incarica l'Ufficio federale delle assicurazioni sociali di allestire tabelle vincolanti con importi arrotondati. |
2 | Il Consiglio federale può emanare disposizioni particolari per il calcolo delle indennità a favore delle persone prestanti servizio che solo temporaneamente non esercitavano un'attività lucrativa oppure che a causa del servizio non hanno potuto assumere una tale attività. |
BGE 150 V 1 S. 5
6.4.1 Weder im Covid-19-Gesetz noch in der Covid-19-Verordnung Erwerbsausfall wird explizit geregelt, ob ein Arbeitnehmer, der zeitgleich in verschiedenen Gesellschaften über eine arbeitgeberähnliche Stellung verfügt, in Bezug auf jede dieser Tätigkeiten Anspruch auf den Höchstbetrag gemäss aArt. 5 Abs. 3 Covid-19-Verordnung Erwerbsausfall hat, also in derartigen Konstellationen sämtliche Anstellungsverhältnisse gesondert zu betrachten sind oder nicht. Detailliertere Bestimmungen zur Berechnung des Taggeldes finden sich jedoch im KS CE des BSV. Gemäss dessen Rz. 1058 wird dafür das monatliche AHV-pflichtige Einkommen - nach Massgabe der geltenden Berechnungsvorschriften im Bereich der Erwerbsersatzordnung/Mutterschaftsentschädigung - durch dreissig geteilt. U.a. bei Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung beträgt die Entschädigung 80 % des Lohnausfalls im entsprechenden Monat. Rz. 1060 KS CE hält sodann fest, dass die Entschädigung gekürzt wird, soweit sie 80 % des Höchstbetrags gemäss Art. 16f
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SR 834.1 Legge federale del 25 settembre 1952 sulle indennità di perdita di guadagno (Legge sulle indennità di perdita di guadagno, LIPG) - Legge sulle indennità di perdita di guadagno LIPG Art. 16f Importo massimo - 1 L'indennità di maternità ammonta al massimo a 220 franchi59 al giorno. L'articolo 16a capoverso 2 è applicabile per analogia. |
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1 | L'indennità di maternità ammonta al massimo a 220 franchi59 al giorno. L'articolo 16a capoverso 2 è applicabile per analogia. |
2 | L'indennità di maternità è ridotta nella misura in cui supera l'importo massimo secondo il capoverso 1. |
6.4.2 Es ist nicht ersichtlich, weshalb dies nicht auch bei Arbeitnehmenden in arbeitgeberähnlicher Stellung gelten sollte. Würde anders entschieden, ergäbe sich im Vergleich zu angestellten Personen ohne arbeitgeberähnliche Stellung eine nicht auf sachlichen Gründen beruhende Ungleichbehandlung (Schlechterstellung). In den von der
BGE 150 V 1 S. 6
Informationsstelle AHV/IV mit dem BSV herausgegebenen Merkblättern Nr. 6.03 Corona-Erwerbsersatz "Corona Erwerbsersatzentschädigung", Stand 3. Juli 2020, und Nr. 6.13 Corona-Erwerbsersatz "Corona Erwerbsersatzentschädigung für Ansprüche ab 17. September 2020", Stand 17. Februar 2022 (abrufbar unter www.ahv-iv.ch/ p/6.03.d und www.ahv-iv.ch/p/6.13.d), wird denn auch unter dem Titel "Wie hoch ist die Entschädigung?" mit Blick auf Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung (z.B. Geschäftsführer einer GmbH) von Arbeitnehmenden gesprochen (vgl. Rz. 20 f. bzw. 29 f.), bei welchen die Entschädigung 80 % des Einkommens betrage, höchstens aber Fr. 196.- pro Tag. Ebenso bezieht sich aArt. 5 Abs. 2quater Covid-19-Verordnung Erwerbsausfall (AS 2020 4571), wonach für die Bemessung der Entschädigung von Arbeitnehmenden im Sinne von Art. 10
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SR 830.1 Legge federale del 6 ottobre 2000 sulla parte generale del diritto delle assicurazioni sociali (LPGA) LPGA Art. 10 Salariati - È considerato salariato chi per un lavoro dipendente riceve un salario determinante secondo la pertinente legge. |
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SR 837.0 Legge federale del 25 giugno 1982 sull'assicurazione obbligatoria contro la disoccupazione e l'indennità per insolvenza (Legge sull'assicurazione contro la disoccupazione, LADI) - Legge sull'assicurazione contro la disoccupazione LADI Art. 31 Presupposti del diritto - 1 I lavoratori, il cui tempo normale di lavoro è ridotto o il cui lavoro è integralmente sospeso, hanno diritto a un'indennità per lavoro ridotto se: |
|
1 | I lavoratori, il cui tempo normale di lavoro è ridotto o il cui lavoro è integralmente sospeso, hanno diritto a un'indennità per lavoro ridotto se: |
a | sono soggetti all'obbligo di contribuzione all'assicurazione contro la disoccupazione o non hanno ancora raggiunto l'età minima per l'obbligo di contribuzione nell'AVS; |
b | la perdita di lavoro è computabile (art. 32); |
c | il rapporto di lavoro non è stato disdetto; |
d | la perdita di lavoro è probabilmente temporanea ed è presumibile che con la diminuzione del lavoro potranno essere conservati i loro posti di lavoro. |
1bis | Per verificare i presupposti del diritto di cui al capoverso 1 lettera d, in casi eccezionali può essere effettuata un'analisi aziendale a carico del fondo di compensazione.144 |
2 | Il Consiglio federale può emanare disposizioni derogatorie sull'indennità per lavoro ridotto: |
a | per i lavoratori a domicilio; |
b | per i lavoratori il cui tempo di lavoro è variabile entro limiti stabiliti per contratto.145 |
3 | Non hanno diritto all'indennità per lavoro ridotto: |
a | i lavoratori, la cui perdita di lavoro non è determinabile o il cui tempo di lavoro non è sufficientemente controllabile; |
b | il coniuge del datore di lavoro occupato nell'azienda di quest'ultimo; |
c | le persone che, come soci, compartecipi finanziari o membri di un organo decisionale supremo dell'azienda, determinano o possono influenzare risolutivamente le decisioni del datore di lavoro, come anche i loro coniugi occupati nell'azienda. |
BGE 150 V 1 S. 7
wirtschaftlichen Folgen, abrufbar unter www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen/bundesrat.msg-id-78515.html). Auch dies legt nahe, dass der Erwerbsersatz lediglich zur Überbrückung finanzieller Engpässe dient und daher die staatliche Unterstützung restriktiv zu gewähren ist.
6.5 Daraus ergibt sich, dass Vorinstanz und Beschwerdegegnerin zu Recht auch in der vorliegend zu beurteilenden Konstellation - Person zeitgleich in arbeitgeberähnlicher Stellung bei mehreren Unternehmen tätig - die Löhne aus sämtlichen Beschäftigungen zusammengerechnet und den Entschädigungsansatz auf maximal Fr. 196.- pro Tag veranschlagt haben.