149 IV 284
28. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau (Beschwerde in Strafsachen) 6B_75/2023 vom 18. April 2023
Regeste (de):
- Aufhebung und Rückweisung im Berufungsverfahren; Vorprüfung (Art. 400
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 400 Vorprüfung - 1 Geht aus der Berufungserklärung nicht eindeutig hervor, ob das erstinstanzliche Urteil ganz oder nur in Teilen angefochten wird, so fordert die Verfahrensleitung des Berufungsgerichts die Partei auf, ihre Erklärung zu verdeutlichen, und setzt ihr dafür eine Frist.
1 Geht aus der Berufungserklärung nicht eindeutig hervor, ob das erstinstanzliche Urteil ganz oder nur in Teilen angefochten wird, so fordert die Verfahrensleitung des Berufungsgerichts die Partei auf, ihre Erklärung zu verdeutlichen, und setzt ihr dafür eine Frist. 2 Die Verfahrensleitung übermittelt den anderen Parteien unverzüglich eine Kopie der Berufungserklärung. 3 Die anderen Parteien können innert 20 Tagen seit Empfang der Berufungserklärung schriftlich: a Nichteintreten beantragen; der Antrag muss begründet sein; b Anschlussberufung erklären. SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 409 Aufhebung und Rückweisung - 1 Weist das erstinstanzliche Verfahren wesentliche Mängel auf, die im Berufungsverfahren nicht geheilt werden können, so hebt das Berufungsgericht das angefochtene Urteil auf und weist die Sache zur Durchführung einer neuen Hauptverhandlung und zur Fällung eines neuen Urteils an das erstinstanzliche Gericht zurück.
1 Weist das erstinstanzliche Verfahren wesentliche Mängel auf, die im Berufungsverfahren nicht geheilt werden können, so hebt das Berufungsgericht das angefochtene Urteil auf und weist die Sache zur Durchführung einer neuen Hauptverhandlung und zur Fällung eines neuen Urteils an das erstinstanzliche Gericht zurück. 2 Das Berufungsgericht bestimmt, welche Verfahrenshandlungen zu wiederholen oder nachzuholen sind. 3 Das erstinstanzliche Gericht ist an die vom Berufungsgericht im Rückweisungsbeschluss vertretenen Rechtsauffassungen und an die Weisungen nach Absatz 2 gebunden. SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 391 Entscheid - 1 Die Rechtsmittelinstanz ist bei ihrem Entscheid nicht gebunden an:
1 Die Rechtsmittelinstanz ist bei ihrem Entscheid nicht gebunden an: a die Begründungen der Parteien; b die Anträge der Parteien, ausser wenn sie Zivilklagen beurteilt. 2 Sie darf Entscheide nicht zum Nachteil der beschuldigten oder verurteilten Person abändern, wenn das Rechtsmittel nur zu deren Gunsten ergriffen worden ist. Vorbehalten bleibt eine strengere Bestrafung aufgrund von Tatsachen, die dem erstinstanzlichen Gericht nicht bekannt sein konnten. 3 Sie darf Entscheide im Zivilpunkt nicht zum Nachteil der Privatklägerschaft abändern, wenn nur von dieser ein Rechtsmittel ergriffen worden ist. - Hebt das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil aufgrund offensichtlicher wesentlicher Mängel auf, noch bevor es den anderen Parteien eine Kopie der Berufungserklärung übermittelt und eine Frist zur Anschlussberufung angesetzt hat, kann das Verschlechterungsverbot im Rückweisungsverfahren nicht zur Anwendung gelangen. Andernfalls würden die Parteirechte der Staatsanwaltschaft und der Privatklägerschaft missachtet (E. 2.3 und 2.4).
Regeste (fr):
- Annulation et renvoi en procédure d'appel; examen préalable (art. 400 et 409 CPP); interdiction de la reformatio in pejus (art. 391 al. 2 CPP).
- Si la cour d'appel annule le jugement de première instance en raison de vices importants manifestes, avant même d'avoir transmis aux autres parties une copie de la déclaration d'appel et fixé un délai pour l'appel joint, l'interdiction de la reformatio in pejus ne peut pas s'appliquer dans la procédure de renvoi. Dans le cas contraire, les droits de partie du ministère public et de la partie plaignante ne seraient pas respectés (consid. 2.3 et 2.4).
Regesto (it):
- Annullamento e rinvio nel procedimento di appello; esame preliminare (art. 400 e 409 CPP); divieto della reformatio in peius (art. 391 cpv. 2 CPP).
- Se il tribunale d'appello annulla la sentenza di primo grado a causa di vizi manifestamente importanti, prima ancora di trasmettere una copia della dichiarazione di appello alle altre parti e di fissare il termine per interporre appello incidentale, il divieto della reformatio in peius non può trovare applicazione nella procedura di rinvio. Sarebbero in caso contrario disattesi i diritti di parte del pubblico ministero e dell'accusatore privato (consid. 2.3 e 2.4).
Sachverhalt ab Seite 285
BGE 149 IV 284 S. 285
A. Am 20. August 2018 erhob die Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm gegen A. Anklage wegen Brandstiftung, mehrfacher Drohung, mehrfacher Nötigung, einfacher Körperverletzung, Sachentziehung, Sachbeschädigung, mehrfacher Beschimpfung, mehrfachen Missbrauchs einer Fernmeldeanlage und mehrfacher Verletzung der Verkehrsregeln.
B. Am 14. Februar 2019 erging ein erstes Urteil des Bezirksgerichts Zofingen. Dieses hob das Obergericht des Kantons Aargau mit Beschluss vom 19. September 2019 auf und wies die Sache zur Neubeurteilung an das Bezirksgericht zurück.
C. Mit neuem Urteil vom 3. März 2022 sprach das Bezirksgericht A. frei von den Vorwürfen der Sachentziehung, Sachbeschädigung, mehrfachen Beschimpfung gemäss Anklageziffer 4, Drohung, mehrfachen Nötigung und mehrfachen Übertretung der Verkehrsregeln (Dispositiv-Ziffer 1). Hingegen verurteilte es ihn wegen Brandstiftung, einfacher Körperverletzung, mehrfacher Beschimpfung gemäss Anklageziffern 2, 3.2 und 5, mehrfachen Missbrauchs einer Fernmeldeanlage, Drohung, mehrfacher Nötigung, Verletzung der Verkehrsregeln durch ungenügenden Abstand beim Hintereinanderfahren und mehrfacher Widerhandlung gegen die Verkehrsregelnverordnung (Dispositiv-Ziffer 2). Es auferlegte ihm eine bedingte Freiheitsstrafe von 22 Monaten (Dispositiv-Ziffer 3), eine bedingte Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu Fr. 110.- (Dispositiv-Ziffer 4) sowie eine Busse von Fr. 500.- (Dispositiv-Ziffer 5) und befand über die Zivilforderungen (Dispositiv-Ziffer 6).
D. Mit Urteil vom 3. November 2022 hiess das Obergericht die Berufung von A. insofern gut, als es ihn in einem Anklagepunkt nicht wegen Nötigung, sondern wegen Missbrauchs einer Fernmeldeanlage verurteilte. Zudem stellte es eine Verletzung des Beschleunigungsgebots fest, reduzierte den Tagessatz von Fr. 110.- auf
BGE 149 IV 284 S. 286
Fr. 100.- und erhöhte die Busse von Fr. 500.- auf Fr. 600.-. Im Übrigen bestätigte es das bezirksgerichtliche Urteil. Die Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft, welche eine Erhöhung der Freiheitsstrafe auf 3 ½ Jahre beantragt hatte, wies es ab.
E. A. beantragt mit Beschwerde in Strafsachen zusammengefasst und sinngemäss, das obergerichtliche Urteil vom 3. November 2022 sei teilweise aufzuheben. Er sei freizusprechen von den Vorwürfen der Brandstiftung, der Verletzung der Verkehrsregeln durch ungenügenden Abstand beim Hintereinanderfahren und der mehrfachen Widerhandlung gegen die Verkehrsregelnverordnung. Die Zivilforderungen seien abzuweisen oder auf den Zivilweg zu verweisen. Er sei für unrechtmässige Untersuchungshaft mit mindestens Fr. 200.- pro Tag zu entschädigen. Eventualiter sei er zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten zu verurteilen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Verschlechterungsverbots.
2.1 Der Beschwerdeführer machte im Berufungsverfahren geltend, die Erstinstanz sei daran gebunden gewesen, dass sie ihn in ihrem ersten Urteil vom 14. Februar 2019 von den Vorwürfen der Verletzung der Verkehrsregeln durch ungenügenden Abstand beim Hintereinanderfahren, mehrfachen Widerhandlung gegen die Verkehrsregelnverordnung und mehrfachen Beschimpfung freigesprochen habe. Zudem sei die Erstinstanz daran gebunden gewesen, dass sie ihn ursprünglich nur zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt habe.
2.2 Die Berufung nach Art. 398 ff

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 398 Zulässigkeit und Berufungsgründe - 1 Die Berufung ist zulässig gegen Urteile erstinstanzlicher Gerichte, mit denen das Verfahren ganz oder teilweise abgeschlossen worden ist, sowie gegen selbstständige nachträgliche Entscheide des Gerichts und gegen selbstständige Einziehungsentscheide.269 |
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1 | Die Berufung ist zulässig gegen Urteile erstinstanzlicher Gerichte, mit denen das Verfahren ganz oder teilweise abgeschlossen worden ist, sowie gegen selbstständige nachträgliche Entscheide des Gerichts und gegen selbstständige Einziehungsentscheide.269 |
2 | Das Berufungsgericht kann das Urteil in allen angefochtenen Punkten umfassend überprüfen. |
3 | Mit der Berufung können gerügt werden: |
a | Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung; |
b | die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts; |
c | Unangemessenheit. |
4 | Bildeten ausschliesslich Übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Hauptverfahrens, so kann mit der Berufung nur geltend gemacht werden, das Urteil sei rechtsfehlerhaft oder die Feststellung des Sachverhalts sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung. Neue Behauptungen und Beweise können nicht vorgebracht werden. |
5 | Beschränkt sich die Berufung auf den Zivilpunkt, so wird das erstinstanzliche Urteil nur so weit überprüft, als es das am Gerichtsstand anwendbare Zivilprozessrecht vorsehen würde. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 408 Neues Urteil - 1 Tritt das Berufungsgericht auf die Berufung ein, so fällt es ein neues Urteil, welches das erstinstanzliche Urteil ersetzt. |
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1 | Tritt das Berufungsgericht auf die Berufung ein, so fällt es ein neues Urteil, welches das erstinstanzliche Urteil ersetzt. |
2 | Das Berufungsgericht entscheidet innerhalb von zwölf Monaten.271 |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 409 Aufhebung und Rückweisung - 1 Weist das erstinstanzliche Verfahren wesentliche Mängel auf, die im Berufungsverfahren nicht geheilt werden können, so hebt das Berufungsgericht das angefochtene Urteil auf und weist die Sache zur Durchführung einer neuen Hauptverhandlung und zur Fällung eines neuen Urteils an das erstinstanzliche Gericht zurück. |
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1 | Weist das erstinstanzliche Verfahren wesentliche Mängel auf, die im Berufungsverfahren nicht geheilt werden können, so hebt das Berufungsgericht das angefochtene Urteil auf und weist die Sache zur Durchführung einer neuen Hauptverhandlung und zur Fällung eines neuen Urteils an das erstinstanzliche Gericht zurück. |
2 | Das Berufungsgericht bestimmt, welche Verfahrenshandlungen zu wiederholen oder nachzuholen sind. |
3 | Das erstinstanzliche Gericht ist an die vom Berufungsgericht im Rückweisungsbeschluss vertretenen Rechtsauffassungen und an die Weisungen nach Absatz 2 gebunden. |
BGE 149 IV 284 S. 287
vertretenen Rechtsauffassungen und an die Weisungen gemäss Art. 409 Abs. 2

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 409 Aufhebung und Rückweisung - 1 Weist das erstinstanzliche Verfahren wesentliche Mängel auf, die im Berufungsverfahren nicht geheilt werden können, so hebt das Berufungsgericht das angefochtene Urteil auf und weist die Sache zur Durchführung einer neuen Hauptverhandlung und zur Fällung eines neuen Urteils an das erstinstanzliche Gericht zurück. |
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1 | Weist das erstinstanzliche Verfahren wesentliche Mängel auf, die im Berufungsverfahren nicht geheilt werden können, so hebt das Berufungsgericht das angefochtene Urteil auf und weist die Sache zur Durchführung einer neuen Hauptverhandlung und zur Fällung eines neuen Urteils an das erstinstanzliche Gericht zurück. |
2 | Das Berufungsgericht bestimmt, welche Verfahrenshandlungen zu wiederholen oder nachzuholen sind. |
3 | Das erstinstanzliche Gericht ist an die vom Berufungsgericht im Rückweisungsbeschluss vertretenen Rechtsauffassungen und an die Weisungen nach Absatz 2 gebunden. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 391 Entscheid - 1 Die Rechtsmittelinstanz ist bei ihrem Entscheid nicht gebunden an: |
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1 | Die Rechtsmittelinstanz ist bei ihrem Entscheid nicht gebunden an: |
a | die Begründungen der Parteien; |
b | die Anträge der Parteien, ausser wenn sie Zivilklagen beurteilt. |
2 | Sie darf Entscheide nicht zum Nachteil der beschuldigten oder verurteilten Person abändern, wenn das Rechtsmittel nur zu deren Gunsten ergriffen worden ist. Vorbehalten bleibt eine strengere Bestrafung aufgrund von Tatsachen, die dem erstinstanzlichen Gericht nicht bekannt sein konnten. |
3 | Sie darf Entscheide im Zivilpunkt nicht zum Nachteil der Privatklägerschaft abändern, wenn nur von dieser ein Rechtsmittel ergriffen worden ist. |
2.3 Dass grundsätzlich das Verschlechterungsverbot gilt, wenn das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil aufhebt und die Sache zur Neubeurteilung zurückweist, übersieht die Vorinstanz nicht. Sie zitiert die einschlägige bundesgerichtliche Rechtsprechung, weist aber darauf hin, dass das Verschlechterungsverbot nicht zum Tragen kommt, wenn Anschlussberufung erklärt wurde. Der Beschwerdeführer hatte das erste Urteil der Erstinstanz vom 14. Februar 2019 in weiten Teilen angefochten. Mit Beschluss vom 19. September 2019 hatte die Vorinstanz dieses erste Urteil wegen offensichtlicher wesentlicher Mängel aufgehoben, noch bevor den anderen Parteien gestützt auf Art. 400 Abs. 2

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 400 Vorprüfung - 1 Geht aus der Berufungserklärung nicht eindeutig hervor, ob das erstinstanzliche Urteil ganz oder nur in Teilen angefochten wird, so fordert die Verfahrensleitung des Berufungsgerichts die Partei auf, ihre Erklärung zu verdeutlichen, und setzt ihr dafür eine Frist. |
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1 | Geht aus der Berufungserklärung nicht eindeutig hervor, ob das erstinstanzliche Urteil ganz oder nur in Teilen angefochten wird, so fordert die Verfahrensleitung des Berufungsgerichts die Partei auf, ihre Erklärung zu verdeutlichen, und setzt ihr dafür eine Frist. |
2 | Die Verfahrensleitung übermittelt den anderen Parteien unverzüglich eine Kopie der Berufungserklärung. |
3 | Die anderen Parteien können innert 20 Tagen seit Empfang der Berufungserklärung schriftlich: |
a | Nichteintreten beantragen; der Antrag muss begründet sein; |
b | Anschlussberufung erklären. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 409 Aufhebung und Rückweisung - 1 Weist das erstinstanzliche Verfahren wesentliche Mängel auf, die im Berufungsverfahren nicht geheilt werden können, so hebt das Berufungsgericht das angefochtene Urteil auf und weist die Sache zur Durchführung einer neuen Hauptverhandlung und zur Fällung eines neuen Urteils an das erstinstanzliche Gericht zurück. |
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1 | Weist das erstinstanzliche Verfahren wesentliche Mängel auf, die im Berufungsverfahren nicht geheilt werden können, so hebt das Berufungsgericht das angefochtene Urteil auf und weist die Sache zur Durchführung einer neuen Hauptverhandlung und zur Fällung eines neuen Urteils an das erstinstanzliche Gericht zurück. |
2 | Das Berufungsgericht bestimmt, welche Verfahrenshandlungen zu wiederholen oder nachzuholen sind. |
3 | Das erstinstanzliche Gericht ist an die vom Berufungsgericht im Rückweisungsbeschluss vertretenen Rechtsauffassungen und an die Weisungen nach Absatz 2 gebunden. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 400 Vorprüfung - 1 Geht aus der Berufungserklärung nicht eindeutig hervor, ob das erstinstanzliche Urteil ganz oder nur in Teilen angefochten wird, so fordert die Verfahrensleitung des Berufungsgerichts die Partei auf, ihre Erklärung zu verdeutlichen, und setzt ihr dafür eine Frist. |
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1 | Geht aus der Berufungserklärung nicht eindeutig hervor, ob das erstinstanzliche Urteil ganz oder nur in Teilen angefochten wird, so fordert die Verfahrensleitung des Berufungsgerichts die Partei auf, ihre Erklärung zu verdeutlichen, und setzt ihr dafür eine Frist. |
2 | Die Verfahrensleitung übermittelt den anderen Parteien unverzüglich eine Kopie der Berufungserklärung. |
3 | Die anderen Parteien können innert 20 Tagen seit Empfang der Berufungserklärung schriftlich: |
a | Nichteintreten beantragen; der Antrag muss begründet sein; |
b | Anschlussberufung erklären. |
BGE 149 IV 284 S. 288
das Verschlechterungsverbot im Rückweisungsverfahren nicht zur Anwendung gelangen. Andernfalls würden die Parteirechte der Staatsanwaltschaft und der Privatklägerschaft missachtet. Es kommt hinzu, dass das Berufungsgericht in einem zweiten Berufungsverfahren nicht an das Verschlechterungsverbot gebunden ist, wenn die Staatsanwaltschaft oder die Privatklägerschaft mit Berufung oder Anschlussberufung entsprechende Anträge stellen. Wie bereits die Vorinstanz zutreffend ausführt, liegt darin auch kein Widerspruch zu BGE 143 IV 408. In jenem Fall hatte die Staatsanwaltschaft die erstinstanzlichen Freisprüche und Einstellungen nicht angefochten (vgl. dort Sachverhalt Bst. B.b). Wäre es nicht zu einer Rückweisung gekommen, wäre das Berufungsgericht an das Verschlechterungsverbot gebunden gewesen, weshalb die Rückweisung das Verschlechterungsverbot auch nicht beseitigen konnte. Im vorliegenden Fall hatten die Staatsanwaltschaft und die Privatklägerschaft aber keine Möglichkeit, Anschlussberufung zu erklären, und sie haben auch nicht auf ein Rechtsmittel verzichtet. Daran ändert nichts, dass den Verfahrensbeteiligten Gelegenheit einzuräumen ist, sich vorgängig zur Frage eines allfälligen Rückweisungsentscheids zu äussern (BGE 143 IV 408 E. 6.1). Denn diese Vorgabe ist nur dem Anspruch auf rechtliches Gehör geschuldet und führt nicht zu einem verbindlichen Verzicht der Staatsanwaltschaft oder der Privatklägerschaft auf eine Anschlussberufung. Dies muss umso mehr gelten, wenn dazu wie hier keine Frist gemäss Art. 400 Abs. 3 lit. b

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 400 Vorprüfung - 1 Geht aus der Berufungserklärung nicht eindeutig hervor, ob das erstinstanzliche Urteil ganz oder nur in Teilen angefochten wird, so fordert die Verfahrensleitung des Berufungsgerichts die Partei auf, ihre Erklärung zu verdeutlichen, und setzt ihr dafür eine Frist. |
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1 | Geht aus der Berufungserklärung nicht eindeutig hervor, ob das erstinstanzliche Urteil ganz oder nur in Teilen angefochten wird, so fordert die Verfahrensleitung des Berufungsgerichts die Partei auf, ihre Erklärung zu verdeutlichen, und setzt ihr dafür eine Frist. |
2 | Die Verfahrensleitung übermittelt den anderen Parteien unverzüglich eine Kopie der Berufungserklärung. |
3 | Die anderen Parteien können innert 20 Tagen seit Empfang der Berufungserklärung schriftlich: |
a | Nichteintreten beantragen; der Antrag muss begründet sein; |
b | Anschlussberufung erklären. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 400 Vorprüfung - 1 Geht aus der Berufungserklärung nicht eindeutig hervor, ob das erstinstanzliche Urteil ganz oder nur in Teilen angefochten wird, so fordert die Verfahrensleitung des Berufungsgerichts die Partei auf, ihre Erklärung zu verdeutlichen, und setzt ihr dafür eine Frist. |
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1 | Geht aus der Berufungserklärung nicht eindeutig hervor, ob das erstinstanzliche Urteil ganz oder nur in Teilen angefochten wird, so fordert die Verfahrensleitung des Berufungsgerichts die Partei auf, ihre Erklärung zu verdeutlichen, und setzt ihr dafür eine Frist. |
2 | Die Verfahrensleitung übermittelt den anderen Parteien unverzüglich eine Kopie der Berufungserklärung. |
3 | Die anderen Parteien können innert 20 Tagen seit Empfang der Berufungserklärung schriftlich: |
a | Nichteintreten beantragen; der Antrag muss begründet sein; |
b | Anschlussberufung erklären. |
BGE 149 IV 284 S. 289
Diese fällt freilich dahin, wenn die Berufung zurückgezogen oder darauf nicht eingetreten wird (Art. 401 Abs. 3

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 401 Anschlussberufung - 1 Die Anschlussberufung richtet sich sinngemäss nach Artikel 399 Absätze 3 und 4. |
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1 | Die Anschlussberufung richtet sich sinngemäss nach Artikel 399 Absätze 3 und 4. |
2 | Sie ist nicht auf den Umfang der Hauptberufung beschränkt, es sei denn, diese beziehe sich ausschliesslich auf den Zivilpunkt des Urteils. |
3 | Wird die Berufung zurückgezogen oder wird auf sie nicht eingetreten, so fällt auch die Anschlussberufung dahin. |
2.4 Nach dem Gesagten war die Erstinstanz nicht an das Verschlechterungsverbot gebunden, nachdem die Vorinstanz ihr erstes Urteil gestützt auf Art. 409 Abs. 1

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 409 Aufhebung und Rückweisung - 1 Weist das erstinstanzliche Verfahren wesentliche Mängel auf, die im Berufungsverfahren nicht geheilt werden können, so hebt das Berufungsgericht das angefochtene Urteil auf und weist die Sache zur Durchführung einer neuen Hauptverhandlung und zur Fällung eines neuen Urteils an das erstinstanzliche Gericht zurück. |
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1 | Weist das erstinstanzliche Verfahren wesentliche Mängel auf, die im Berufungsverfahren nicht geheilt werden können, so hebt das Berufungsgericht das angefochtene Urteil auf und weist die Sache zur Durchführung einer neuen Hauptverhandlung und zur Fällung eines neuen Urteils an das erstinstanzliche Gericht zurück. |
2 | Das Berufungsgericht bestimmt, welche Verfahrenshandlungen zu wiederholen oder nachzuholen sind. |
3 | Das erstinstanzliche Gericht ist an die vom Berufungsgericht im Rückweisungsbeschluss vertretenen Rechtsauffassungen und an die Weisungen nach Absatz 2 gebunden. |