146 III 403
42. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. AG gegen B. AG (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_609/2019 vom 16. Juli 2020
Regeste (de):
- Art. 52 Abs. 2
IR 0.232.142.2 Allgemeine und institutionelle Vorschriften Kapitel I Allgemeine Vorschriften - Europäisches Patentübereinkommen
EPÜ-2000 Art. 52 Patentierbare Erfindungen - (1) Europäische Patente werden für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, sofern sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind.
a Entdeckungen, wissenschaftliche Theorien und mathematische Methoden; b ästhetische Formschöpfungen; c Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, für Spiele oder für geschäftliche Tätigkeiten sowie Programme für Datenverarbeitungsanlagen; d die Wiedergabe von Informationen. IR 0.232.142.2 Allgemeine und institutionelle Vorschriften Kapitel I Allgemeine Vorschriften - Europäisches Patentübereinkommen
EPÜ-2000 Art. 56 Erfinderische Tätigkeit - Eine Erfindung gilt als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Gehören zum Stand der Technik auch Unterlagen im Sinn des Artikels 54 Absatz 3, so werden diese bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht in Betracht gezogen.
- Der technische Charakter (Technizität) ist dem Erfindungsbegriff inhärent. Die blosse Wiedergabe von Informationen ist nicht technisch (E. 8.2).
- Die Frage des Ausschlusses von der Patentierung (Art. 52 Abs. 2
IR 0.232.142.2 Allgemeine und institutionelle Vorschriften Kapitel I Allgemeine Vorschriften - Europäisches Patentübereinkommen
EPÜ-2000 Art. 52 Patentierbare Erfindungen - (1) Europäische Patente werden für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, sofern sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind.
a Entdeckungen, wissenschaftliche Theorien und mathematische Methoden; b ästhetische Formschöpfungen; c Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, für Spiele oder für geschäftliche Tätigkeiten sowie Programme für Datenverarbeitungsanlagen; d die Wiedergabe von Informationen. IR 0.232.142.2 Allgemeine und institutionelle Vorschriften Kapitel I Allgemeine Vorschriften - Europäisches Patentübereinkommen
EPÜ-2000 Art. 56 Erfinderische Tätigkeit - Eine Erfindung gilt als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Gehören zum Stand der Technik auch Unterlagen im Sinn des Artikels 54 Absatz 3, so werden diese bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht in Betracht gezogen.
IR 0.232.142.2 Allgemeine und institutionelle Vorschriften Kapitel I Allgemeine Vorschriften - Europäisches Patentübereinkommen
EPÜ-2000 Art. 52 Patentierbare Erfindungen - (1) Europäische Patente werden für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, sofern sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind.
a Entdeckungen, wissenschaftliche Theorien und mathematische Methoden; b ästhetische Formschöpfungen; c Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, für Spiele oder für geschäftliche Tätigkeiten sowie Programme für Datenverarbeitungsanlagen; d die Wiedergabe von Informationen. IR 0.232.142.2 Allgemeine und institutionelle Vorschriften Kapitel I Allgemeine Vorschriften - Europäisches Patentübereinkommen
EPÜ-2000 Art. 56 Erfinderische Tätigkeit - Eine Erfindung gilt als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Gehören zum Stand der Technik auch Unterlagen im Sinn des Artikels 54 Absatz 3, so werden diese bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht in Betracht gezogen.
Regeste (fr):
- Art. 52 al. 2 et art. 56 CBE 2000; brevetabilité d'une invention; technicité d'une invention mixte; présentation d'informations.
- Le caractère technique (technicité) est inhérent au concept d'invention. La simple présentation d'informations n'est pas technique (consid. 8.2).
- L'exclusion de la brevetabilité (art. 52 al. 2 CBE 2000) et l'activité inventive (art. 56 CBE 2000) sont des questions distinctes. Une invention ne tombe pas sous l'exclusion de l'art. 52 al. 2 CBE 2000 à compter du moment où elle comprend au moins une caractéristique technique (consid. 9.1-9.2). Des caractéristiques qui ne contribuent en rien à la solution technique d'un problème technique ne peuvent pas fonder une activité inventive au sens de l'art. 56 CBE 2000 (consid. 10). Enonciation des trois conditions moyennant lesquelles la présentation d'informations revêt une nature technique; application au cas concret (consid. 10-10.3.2).
Regesto (it):
- Art. 52 cpv. 2 e art. 56 CBE 2000; brevettabilità di un'invenzione; tecnicità di un'invenzione mista; presentazione di informazioni.
- Il carattere tecnico (tecnicità) è inerente alla nozione di invenzione. La semplice riproduzione di informazioni non è tecnica (consid. 8.2).
- La questione dell'esclusione dalla brevettazione (art. 52 cpv. 2 CBE 2000) va distinta dalla questione dell'attività inventiva (art. 56 CBE 2000). Se include almeno una caratteristica tecnica, un'invenzione non è esclusa dalla brevettabilità secondo l'art. 52 cpv. 2 CBE 2000 (consid. 9.1-9.2). Caratteristiche che non forniscono alcun contributo alla soluzione di un problema tecnico non possono costituire l'attività inventiva secondo l'art. 56 CBE 2000 (consid. 10). Tre condizioni giusta le quali la presentazione di informazioni riveste natura tecnica; applicazione nel caso concreto (consid. 10-10.3.2).
Sachverhalt ab Seite 404
BGE 146 III 403 S. 404
A. Die B. AG (Patentinhaberin, Klägerin, Beschwerdegegnerin) ist Inhaberin des europäischen Patents x (nachfolgend: Klagepatent). Dieses bezieht sich gemäss seinem Titel auf ein Verfahren und eine Einrichtung zum Vereinfachen einer diagnostischen Bewertung eines mechanisch beatmeten Patienten. Die A. AG (Beklagte, Beschwerdeführerin) vertreibt unter anderem das Beatmungsgerät "C." in verschiedenen Varianten nebst zugehörigen proximalen Flusssensoren, das nach der Behauptung der Patentinhaberin das europäische Patent x verletzt.
B. Am 23. Mai 2017 reichte die Klägerin beim Bundespatentgericht eine Patentverletzungsklage ein. Sie stellte lange - im Laufe des Verfahrens angepasste - Rechtsbegehren, die im Wesentlichen auf das Verbot des Vertriebs in der Schweiz und Liechtenstein von Beatmungsgeräten zur mechanischen Beatmung eines Patienten mit Beatmungsluft, die verschiedene Merkmale aufweisen (Rechtsbegehren 1), bzw. von unter verschiedenen Bezeichnungen vertriebenen Produkten (Rechtsbegehren 2, 3 und 4) gerichtet sind. Zudem stellte sie ein Begehren um Auskunft und Rechnungslegung hinsichtlich der von der Beklagten erzielten relevanten Netto-Verkaufserlöse und Bruttogewinne (Rechtsbegehren 5) und beantragte die Zahlung eines gemäss dem Auskunfts- und Rechnungslegungsbegehren zu ermittelnden Betrages (Rechtsbegehren 6) sowie die Einziehung und Zerstörung der Vorrichtungen gemäss Rechtsbegehren 1-4 bzw. der zu ihrer Herstellung dienenden und sich im Eigentum der Beklagten befindenden Mittel (Rechtsbegehren 7). Mit Teilurteil vom 1. November 2019 hiess das Bundespatentgericht die Rechtsbegehren 1a und 5 teilweise gut, trat auf die Rechtsbegehren 2-4 nicht ein und wies das Rechtsbegehren 7 ab.
BGE 146 III 403 S. 405
C. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 6. Dezember 2019 beantragt die Beklagte dem Bundesgericht, das Teilurteil sei teilweise aufzuheben und die Klage sei vollumfänglich abzuweisen; eventualiter sei die Sache zu neuem Entscheid an das Bundespatentgericht zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit darauf einzutreten ist. (Zusammenfassung)
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
8. (...)
8.2 Der technische Charakter (Technizität) ist dem Erfindungsbegriff inhärent (SCHWEIZER/ZECH, Patentgesetz [PatG], Handkommentar, 2019, N. 15 zu Art. 1
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 1 - 1 Für neue gewerblich anwendbare Erfindungen werden Erfindungspatente erteilt. |
|
1 | Für neue gewerblich anwendbare Erfindungen werden Erfindungspatente erteilt. |
2 | Was sich in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik (Art. 7 Abs. 2) ergibt, ist keine patentierbare Erfindung.7 |
3 | Die Patente werden ohne Gewährleistung des Staates erteilt.8 |
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 1 - 1 Für neue gewerblich anwendbare Erfindungen werden Erfindungspatente erteilt. |
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1 | Für neue gewerblich anwendbare Erfindungen werden Erfindungspatente erteilt. |
2 | Was sich in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik (Art. 7 Abs. 2) ergibt, ist keine patentierbare Erfindung.7 |
3 | Die Patente werden ohne Gewährleistung des Staates erteilt.8 |
9.
9.1 Unter dem Titel "Patentierbarkeit" unterschied die Vorinstanz hinsichtlich der Technizität der Merkmale was folgt:
9.1.1 Sie erwog, nach dem sog. COMVIK-Ansatz - genannt nach dem Leitentscheid einer Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes (T 641/00 vom 26. September 2002) -, welchen die Beschwerdekammern in ständiger Rechtsprechung anwendeten, sei eine Erfindung dann nicht nach Art. 52 Abs. 2
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 1 - 1 Für neue gewerblich anwendbare Erfindungen werden Erfindungspatente erteilt. |
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1 | Für neue gewerblich anwendbare Erfindungen werden Erfindungspatente erteilt. |
2 | Was sich in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik (Art. 7 Abs. 2) ergibt, ist keine patentierbare Erfindung.7 |
3 | Die Patente werden ohne Gewährleistung des Staates erteilt.8 |
BGE 146 III 403 S. 406
wenigstens drei veränderlichen Werten unterschiedlicher Herkunft (Merkmal 1C). Entsprechend verneinte sie einen Ausschlussgrund gemäss Art. 52 Abs. 2
IR 0.232.142.2 Allgemeine und institutionelle Vorschriften Kapitel I Allgemeine Vorschriften - Europäisches Patentübereinkommen EPÜ-2000 Art. 52 Patentierbare Erfindungen - (1) Europäische Patente werden für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, sofern sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind. |
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a | Entdeckungen, wissenschaftliche Theorien und mathematische Methoden; |
b | ästhetische Formschöpfungen; |
c | Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, für Spiele oder für geschäftliche Tätigkeiten sowie Programme für Datenverarbeitungsanlagen; |
d | die Wiedergabe von Informationen. |
9.1.2 Welche Merkmale bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit im Sinn von Art. 56
IR 0.232.142.2 Allgemeine und institutionelle Vorschriften Kapitel I Allgemeine Vorschriften - Europäisches Patentübereinkommen EPÜ-2000 Art. 56 Erfinderische Tätigkeit - Eine Erfindung gilt als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Gehören zum Stand der Technik auch Unterlagen im Sinn des Artikels 54 Absatz 3, so werden diese bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht in Betracht gezogen. |
9.2 Die Beschwerdeführerin geht ebenfalls davon aus, dass es sich beim Klagepatent um eine gemischte Erfindung mit technischen und nichttechnischen Merkmalen handelt und der COMVIK-Ansatz anzuwenden sei. Sie meint aber, die Vorinstanz weiche selber davon ab, indem sie in Rz. 62 das Klagepatent doch nicht nach dem COMVIK-Ansatz prüfe. Danach seien nämlich die nichttechnischen Merkmale bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit nicht zu beachten. Damit rügt sie die vorinstanzliche Bejahung der erfinderischen Tätigkeit gemäss Art. 56
IR 0.232.142.2 Allgemeine und institutionelle Vorschriften Kapitel I Allgemeine Vorschriften - Europäisches Patentübereinkommen EPÜ-2000 Art. 56 Erfinderische Tätigkeit - Eine Erfindung gilt als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Gehören zum Stand der Technik auch Unterlagen im Sinn des Artikels 54 Absatz 3, so werden diese bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht in Betracht gezogen. |
IR 0.232.142.2 Allgemeine und institutionelle Vorschriften Kapitel I Allgemeine Vorschriften - Europäisches Patentübereinkommen EPÜ-2000 Art. 52 Patentierbare Erfindungen - (1) Europäische Patente werden für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, sofern sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind. |
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a | Entdeckungen, wissenschaftliche Theorien und mathematische Methoden; |
b | ästhetische Formschöpfungen; |
c | Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, für Spiele oder für geschäftliche Tätigkeiten sowie Programme für Datenverarbeitungsanlagen; |
d | die Wiedergabe von Informationen. |
IR 0.232.142.2 Allgemeine und institutionelle Vorschriften Kapitel I Allgemeine Vorschriften - Europäisches Patentübereinkommen EPÜ-2000 Art. 52 Patentierbare Erfindungen - (1) Europäische Patente werden für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, sofern sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind. |
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a | Entdeckungen, wissenschaftliche Theorien und mathematische Methoden; |
b | ästhetische Formschöpfungen; |
c | Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, für Spiele oder für geschäftliche Tätigkeiten sowie Programme für Datenverarbeitungsanlagen; |
d | die Wiedergabe von Informationen. |
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 1 - 1 Für neue gewerblich anwendbare Erfindungen werden Erfindungspatente erteilt. |
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1 | Für neue gewerblich anwendbare Erfindungen werden Erfindungspatente erteilt. |
2 | Was sich in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik (Art. 7 Abs. 2) ergibt, ist keine patentierbare Erfindung.7 |
3 | Die Patente werden ohne Gewährleistung des Staates erteilt.8 |
BGE 146 III 403 S. 407
10. Kern der vorliegenden Streitigkeit ist die Frage der Technizität der Erfindung, d.h. ob die unterscheidenden Merkmale - die animierte Darstellung der Volumenänderung der beatmeten Lunge mit jedem Atemzug durch eine Grössenänderung der Lungenform (Merkmale 1F[b] und 1F[c]) - einen Beitrag zur technischen Lösung eines technischen Problems leisten und deshalb bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit (nicht publ. E. 11) berücksichtigt werden können.
10.1 Die Vorinstanz ging gestützt auf die Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts (Entscheide T 336/ 14 vom 2. September 2015 und T 1802/13 vom 10. November 2016) davon aus, die Darstellung von Information sei technischer Natur, wenn sie drei Voraussetzungen erfülle: (1) den Nutzer durch eine ständige und/oder geführte Mensch-Maschinen-Interaktion ("continued and guided human-machine interaction") (2) bei der Ausführung einer technischen Aufgabe (3) glaubhaft unterstützen. Die Darstellung müsse Information über den technischen Zustand der Maschine betreffen. Eine besonders intuitive und leicht verständliche Darstellung nicht-technischer Information gelte gemäss dem Entscheid T 1741/08 vom 2. August 2012 (E. 2.1.6) nicht als technisch, und zwar auch dann nicht, wenn sie zu einer effizienteren Bedienung der Maschine führe. Diese drei Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt. Ein Beatmungsgerät zur künstlichen Beatmung eines Menschen sei eine Maschine. Die grafische Darstellung der Volumenänderung der beatmeten Lunge mit jedem Atemzug gebe Informationen über den technischen Zustand der Maschine wieder. Da das an der Maschine eingestellte Tidalvolumen bei einem künstlich beatmeten Menschen dem Atemzugsvolumen ("breath volume") entspreche, wenn nicht besondere Umstände vorlägen, und die Atemfrequenz ebenfalls von der an der Maschine eingestellten Beatmungsfrequenz abhänge, erschliessen sich aus der animierten Lungendarstellung die aktuellen Einstellungen der Maschine, also ihr Betriebszustand. Diese Darstellung der Volumenänderung der beatmeten Lunge mit jedem Atemzug durch eine Grössenänderung der Lungenform unterstütze das medizinische Personal bei der Bedienung des Beatmungsgeräts. Entgegen der Beschwerdeführerin sei es nicht zwingend notwendig, dass die beanspruchte grafische Darstellung eine gegenüber dem Stand der Technik verbesserte Bedienung des
BGE 146 III 403 S. 408
Beatmungsgeräts erlaube (Hervorhebung im Original). Dies spiele erst bei der Formulierung der zu lösenden technischen Aufgabe, die sich aus den Wirkungen des unterscheidenden Merkmals ergebe, eine Rolle. Die Mensch-Maschinen-Interaktion - womit die Interaktion zwischen medizinischem Personal und Beatmungsgerät gemeint sei - sei auch eine fortgesetzte. Dazu sei es nicht notwendig, dass das Bedienungspersonal ständig in den Betrieb der Maschine eingreife. Die Beschwerdeführerin verkenne, dass bei der Prüfung, ob die Erfindung eine technische Lösung einer technischen Aufgabe bereitstelle, die einzelnen Merkmale nicht isoliert betrachtet werden dürften. Im Kontext der Erfindung trage die Darstellung der Volumenänderung zur Lösung einer technischen Aufgabe, der Bedienung eines Beatmungsgeräts bei. Die Erfindung unterscheide sich dadurch von andern gemischten Erfindungen, die nichttechnische Informationen über soziale Interaktionen, wie beispielsweise Geschäftsangelegenheiten, auf eine von Menschen erfassbare Weise darstellen und bei denen die Wiedergabe der Information nicht zur Lösung einer technischen Aufgabe beitrage. Die Darstellung der Volumenänderung der beatmeten Lunge mit jedem Atemzug durch eine Grössenänderung der Lungenform (Merkmale 1F[b] und [c]) sei daher bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit als technisches Merkmal zu berücksichtigen.
10.2 Die Beschwerdeführerin sieht in der Begründung der Vorinstanz eine "Kehrtwende", indem sie sich zwar auf den COMVIK-Ansatz berufe, diesen dann aber nicht konsequent anwende. Zwar dürften nichttechnische Aspekte in die Aufgabe aufgenommen werden; als Beitrag zur Lösung dürften sie aber nicht einbezogen werden. Es sei daher möglich, den nichttechnischen Aspekt "Zurverfügungstellen einer alternativen Darstellung von Daten zum Zustand eines künstlich beatmeten Patienten in qualitativer Form" in die Aufgabenstellung aufzunehmen. Die diesbezügliche Umsetzung - nämlich die Lösung durch grafisch animierte Lungendarstellung - bleibe aber nichttechnisch und könne daher nicht zur erfinderischen Tätigkeit beitragen. Die Vorinstanz unterstelle der Anzeige von Beatmungsparametern eine technische Wirkung und rechne diesen Effekt automatisch auch den Merkmalen 1F(b) und 1F(c) des Patentanspruchs 1 zu. Dies führe dazu, dass diese eindeutig nichttechnischen Merkmale alleine deshalb als technisch anerkannt würden, weil sie im Stand der Technik enthaltene Anzeigen bzw.
BGE 146 III 403 S. 409
Informationswiedergaben, deren technische Wirkung ohne entsprechenden klägerischen Nachweis unterstellt würden, ersetzen (Hervorhebung im Original). Die Vorinstanz hätte den technischen Charakter jedes der Merkmale separat überprüfen müssen. Und jedes Merkmal müsste kumulativ und nachgewiesenermassen (1) den Benutzer glaubwürdig unterstützen ("credibly assists the user"), (2) eine technische Aufgabe lösen und (3) dies über eine kontinuierliche oder geführte Mensch-Maschinen-Interaktion.
10.3 Mit der Vorinstanz ist davon auszugehen, dass die grafische Darstellung der Volumenänderung der beatmeten Lunge mit jedem Atemzug Informationen über den technischen Zustand des Beatmungsgeräts wiedergibt und insofern technisch ist. Auch das weitere in der Praxis des Europäischen Patentamts verwendete Hilfskriterium der Interaktion zwischen Mensch und Maschine ist gegeben. Die Vorinstanz äussert sich aber nicht (explizit) zum dritten Kriterium, der glaubhaften Unterstützung bei der Ausführung einer technischen Aufgabe. Mit dem Hinweis, die beanspruchte grafische Darstellung müsse entgegen der Beschwerdeführerin gegenüber dem Stand der Technik nicht eine verbesserte Bedienung des Geräts erlauben, bejaht sie dieses aber implizit.
10.3.1 Der Vorinstanz ist beizupflichten, dass einem Merkmal nicht deshalb die Technizität abzusprechen ist, weil es nicht zu einer verbesserten Unterstützung des Nutzers beiträgt. Wie bereits erwähnt (vgl. E. 9.2 hiervor) erfolgt die Prüfung nach Art. 52
IR 0.232.142.2 Allgemeine und institutionelle Vorschriften Kapitel I Allgemeine Vorschriften - Europäisches Patentübereinkommen EPÜ-2000 Art. 52 Patentierbare Erfindungen - (1) Europäische Patente werden für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, sofern sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind. |
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a | Entdeckungen, wissenschaftliche Theorien und mathematische Methoden; |
b | ästhetische Formschöpfungen; |
c | Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, für Spiele oder für geschäftliche Tätigkeiten sowie Programme für Datenverarbeitungsanlagen; |
d | die Wiedergabe von Informationen. |
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 1 - 1 Für neue gewerblich anwendbare Erfindungen werden Erfindungspatente erteilt. |
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1 | Für neue gewerblich anwendbare Erfindungen werden Erfindungspatente erteilt. |
2 | Was sich in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik (Art. 7 Abs. 2) ergibt, ist keine patentierbare Erfindung.7 |
3 | Die Patente werden ohne Gewährleistung des Staates erteilt.8 |
IR 0.232.142.2 Allgemeine und institutionelle Vorschriften Kapitel I Allgemeine Vorschriften - Europäisches Patentübereinkommen EPÜ-2000 Art. 52 Patentierbare Erfindungen - (1) Europäische Patente werden für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, sofern sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind. |
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a | Entdeckungen, wissenschaftliche Theorien und mathematische Methoden; |
b | ästhetische Formschöpfungen; |
c | Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, für Spiele oder für geschäftliche Tätigkeiten sowie Programme für Datenverarbeitungsanlagen; |
d | die Wiedergabe von Informationen. |
10.3.2 Die Beschwerdeführerin macht allerdings nicht nur geltend, es bestehe keine verbesserte Unterstützung; sie bestreitet darüber hinaus, dass überhaupt eine glaubwürdige Unterstützung bei der Lösung einer technischen Aufgabe besteht.
10.3.2.1 Die Abgrenzung kann im Einzelfall sehr schwierig sein (vgl. auch betr. Anzeigevorrichtungen: MELLULIS, a.a.O., N. 89 zu Art. 52
IR 0.232.142.2 Allgemeine und institutionelle Vorschriften Kapitel I Allgemeine Vorschriften - Europäisches Patentübereinkommen EPÜ-2000 Art. 52 Patentierbare Erfindungen - (1) Europäische Patente werden für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, sofern sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind. |
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a | Entdeckungen, wissenschaftliche Theorien und mathematische Methoden; |
b | ästhetische Formschöpfungen; |
c | Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, für Spiele oder für geschäftliche Tätigkeiten sowie Programme für Datenverarbeitungsanlagen; |
d | die Wiedergabe von Informationen. |
BGE 146 III 403 S. 410
und Simulationsverfahren in der EPA-Rechtsprechung, GRUR International 2018 S. 1146 ff., 1147). Vielmehr ist anhand konkreter Fälle die Grenze zu substanziieren. In diesem Sinn beruft sich die Beschwerdeführerin für ihre gegenteilige Auffassung auf den Entscheid T 1802/13 vom 10. November 2016 des Europäischen Patentamtes. In diesem auch in den Richtlinien des Europäischen Patentamtes (Richtlinien für die Prüfung im Europäischen Patentamt, November 2019 [nachfolgend: Richtlinien], Teil G - Kapitel II-21 und 23) erwähnten Entscheid ging es gemäss dem Titel der Erfindung um eine "Method and system for creating deep brain stimulation models". Mit der Erfindung sollte ein verbessertes System für die Auswahl von Elektrodenparametern für die Tiefenhirnstimulation bereitgestellt werden (nicht publ. E. 2.1.6). Das Merkmal, dessen Technizität umstritten war, betraf die Anzeige einer Karte - patientenspezifischer Atlas des Hirngewebes -, in der die Elektroden und das vorausgesagte Aktivierungsvolumen dargestellt wurden (Überlagerung zweier Bilder; nicht publ. E. 2.1.3). Die Beschwerdekammer erwog, eine bloss vereinfachte Darstellung von Information genüge nicht; vielmehr bedürfe es die glaubhafte und kausale Unterstützung des Nutzers (Chirurgen) bei der Ausübung der neurochirurgischen Operation mittels einer geführten Mensch-Maschinen-Interaktion. Vorliegend könne nicht angenommen werden, dass die blosse Anzeige von zwei zusätzlichen Informationen ("electrode leadwire" und "predicted volume of activation") mit Bezug auf den patientenspezifischen Atlas des Hirngewebes das unterliegende System tatsächlich verbessere oder dass die beanspruchte Methode effizienter sei. Es handle sich demnach um ein nichttechnisches Merkmal (nicht publ. E. 2.1.7). Der Entscheid verneinte, wie die Beschwerdeführerin zutreffend ausführt, dass "lowering the cognitive burden of a user" als technische Wirkung betrachtet werden könnte. Es stellte diese bloss kognitive Wirkung der technischen gegenüber, die darin bestehen würde, dem Operateur präzise die Wirkung der Elektroden vorauszusagen. Dass diese technische Wirkung bestünde, sei aber blosse Spekulation und nicht glaubhaft (nicht publ. E. 2.1.7). In dem ebenfalls in den Richtlinien angeführten Verfahren T 336/2014 verneinte das Europäische Patentamt (EPA) eine erfinderische Tätigkeit bei einer gemischten Erfindung (Visualisierung von Daten auf einer Benutzeroberfläche für eine extrakorporale Blutbehandlungsmaschine). Es erwog, die auf einem Bildschirm angezeigten Bedienungsanleitungen und die dazugehörigen Piktogramme
BGE 146 III 403 S. 411
gemäss den strittigen Merkmalen (1.12 und 1.13) können zugegebenermassen den Benutzer unterstützen bei der Bedienung der Maschine. Doch nicht alles, was die Erfüllung einer technischen Aufgabe unterstütze, habe selber technischen Charakter. Eine Handlung des Nutzers, die möglicherweise als Reaktion auf die vermittelte Information betreffend das Funktionieren der Maschine angeführt werde, mache die vermittelte Information nicht zwingend technisch. Vorliegend beinhalte der auf der Benutzeroberfläche dargestellte Inhalt (Bedienungsanleitungen und Piktogramme) vorgespeicherte statische Daten. Eine geführte Mensch-Maschinen-Interaktion finde nicht statt, denn die Wahl einer Bedienungsanleitung durch den Nutzer sei weder abhängig von einem beliebigen internen Zustand der Blutbehandlungsmaschine noch liefere die automatische Anzeige des jeweiligen Piktogramms irgendwelche Einzelheiten betreffend den aktuellen Betriebszustand der Maschine (nicht publ. E. 1.2.5). In dem im Fachrichtervotum (S. 61) zitierten EPA-Entscheid T 231/13 vom 1. August 2017 wurde der technische Effekt für ein mit einem Hornhautspekularmikroskop verbundenen Verfahren verneint, mittels welchem die vom Mikroskop gewonnenen Daten mit verschiedenen Graphiken und damit in einer - allenfalls - benutzerfreundlicheren Art dargestellt wurden. Nur das Mikroskop selber habe technischen Charakter. Das Argument der Beschwerdeführerin, die Darstellung der Graphiken verbessere die Datenvermittlung gegenüber dem Nutzer und bewirke dadurch einen technischen Effekt, sei offensichtlich unbehelflich; denn es handle sich nur um eine andere Formulierung für eine nichttechnische Wiedergabe von Information (nicht publ. E. 6). Als (Gegen-)beispiel für eine technische Wirkung bei bestehender Mensch-Maschinen-Interaktion nennen die Richtlinien die Darstellung der gegenwärtigen Ausrichtung eines medizinischen Kugelgelenkimplantats während der Operation in einer Weise, die den Chirurgen glaubhaft dabei unterstützt, die Position des Implantats genauer zu korrigieren (Richtlinien 2019, Teil G - Kapitel II-24).
10.3.2.2 Die Beschwerdeführerin macht unter dem Titel "Beweislast für einen technischen Effekt der nichttechnischen Merkmale" geltend, die Vorinstanz habe sich zwar die Frage zur Beweislast im Zusammenhang mit der Bestreitung der Lösung der objektiven technischen Aufgabe gestellt, diese dann aber merkwürdigerweise offengelassen. Die Beschwerdegegnerin treffe aber die Beweislast für
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das Vorliegen eines Patentausschlussgrundes. Vorliegend sei die Technizität der sich vom Stand der Technik abhebenden Merkmale bestritten. Die Vorinstanz habe denn auch selber in der Instruktionsverhandlung die Auffassung vertreten, der Ausgang des Falles hänge entscheidend davon ab, ob die anspruchsgemässe Darstellung der Messwerte tatsächlich zu einer verbesserten Informationsverarbeitung durch den Nutzer führe. Die Beschwerdegegnerin werde eine entsprechende technische Wirkung durch geeignete Beweismittel nachzuweisen haben. Damit geht die Beschwerdeführerin erneut davon aus, bereits im Hinblick auf die Beurteilung der Technizität müsse eine verbesserte Informationsverarbeitung nachgewiesen sein, was wie dargelegt (vgl. E. 10.3.1 hiervor) nicht der Fall ist. Aber auch unabhängig davon muss im vorliegenden Zusammenhang nicht weiter auf die Beweislastverteilung eingegangen werden. Die Frage nach dieser stellt sich nämlich nur, wenn eine zu beweisende Tatsache nicht erwiesen ist. Nach den Richtlinien des Europäischen Patentamtes gilt die "technische Wirkung (...) als glaubhaft erzielt, wenn die Unterstützung des Nutzers bei der Ausführung der technischen Aufgabe objektiv, zuverlässig und ursächlich mit dem Merkmal verknüpft ist. Dies ist nicht der Fall, wenn die behauptete Wirkung von subjektiven Interessen oder Präferenzen des Nutzers abhängt" (Richtlinien für die Prüfung im Europäischen Patentamt, November 2019, Teil G-Kapitel II-21). Die Vorinstanz hat wie erwähnt die "glaubhafte Unterstützung" nicht weiter begründet. Eine solche Unterstützung liegt aber auf der Hand. Es geht darum, ob davon ausgegangen werden kann, dass es für das medizinische Personal nützlich ist, wenn die Volumenänderung der beatmeten Lunge und die Beatmungsfrequenz angezeigt wird, um so die künstliche Beatmung patientengerecht einstellen zu können. Dies ergibt sich, wie die Beschwerdegegnerin zu Recht geltend macht, ohne Zweifel aus dem natürlichen anatomischen Kontext, so wie jeder Nutzer den Beatmungsvorgang und dessen Auswirkung am Patienten auch aus seiner Lebenserfahrung kennt. Hierin unterscheidet sich der vorliegende Fall auch vom von der Beschwerdeführerin zitierten Entscheid T 1802/13. Dort war eben gerade nicht ersichtlich, dass durch die anspruchsgemässe Vorrichtung der Chirurg kausal unterstützt werde.
Die Vorinstanz hat daher den technischen Charakter zu Recht bejaht.