145 III 165
22. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. S.-Stiftung gegen X. (Revisionsgesuch) 5F_8/2018 vom 5. März 2019
Regeste (de):
- Art. 122 lit. c BGG und Art. 337 Abs. 2 ZPO; Gesuch um Revision eines Urteils betreffend Publikationsverbot unter Strafdrohung nach Art. 292
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft.
- Die Revision als ausserordentliches Rechtsmittel ist unzulässig, wenn ein anderer ordentlicher Rechtsweg gestattet, einen Zustand mit der EMRK wieder in Übereinstimmung zu bringen. Hat das urteilende Gericht die Veröffentlichung eines Berichts unter Strafdrohung gemäss Art. 292
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft.
Regeste (fr):
- Art. 122 let. c LTF et art. 337 al. 2 CPC; demande de révision d'un arrêt du Tribunal fédéral concernant une interdiction de publication sous la menace de la peine prévue à l'art. 292 CP; suspension de l'exécution.
- La révision en tant que recours extraordinaire est irrecevable si une voie de droit ordinaire permet de rétablir une situation conforme à la CEDH. Si le tribunal qui a rendu la décision a interdit la publication d'un article sous la menace de la peine prévue à l'art. 292 CP, la partie succombante peut demander au tribunal de l'exécution d'annuler la commination pénale et publier ensuite sa contribution sans préjudice juridique. Une révision n'est pas nécessaire à cette fin (consid. 3.3).
Regesto (it):
- Art. 122 lett. c LTF e art. 337 cpv. 2 CPC; domanda di revisione di una sentenza del Tribunale federale concernente un divieto di pubblicazione sotto comminatoria della pena prevista all'art. 292 CP; sospensione dell'esecuzione.
- La revisione, quale mezzo d'impugnazione straordinario, è inammissibile se una via di diritto ordinaria permette di ristabilire una situazione conforme alla CEDU. Se il tribunale giudicante ha vietato la pubblicazione di un articolo sotto comminatoria della pena prevista all'art. 292 CP, la parte soccombente può chiedere al giudice dell'esecuzione l'annullamento della comminatoria penale e pubblicare poi il suo contributo senza pregiudizio giuridico. Una revisione non è a questo scopo necessaria (consid. 3.3).
Sachverhalt ab Seite 166
BGE 145 III 165 S. 166
Am 5. November 2009 führte die Junge SVP Thurgau in Frauenfeld eine Kundgebung für die Volksinitiative "Gegen den Bau von Minaretten" durch. Die S.-Stiftung (fortan: Stiftung) berichtete über die Veranstaltung und über die von X. gehaltene Rede. Der Bericht wurde auf der Website der Stiftung in der Rubrik "Chronologie", Kategorie "Verbaler Rassismus" aufgeschaltet. Auf Klage von X. hin erliess das Obergericht gegen die Stiftung das Verbot, den Eintrag über X. auf ihrer Internetseite sowie in ihren anderen Publikationsmitteln unter dem Titel oder in der Rubrik "Verbaler Rassismus" zu publizieren. Das Verbot wurde der Androhung der Bestrafung im Widerhandlungsfall gemäss Art. 292
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft. |
(Zusammenfassung)
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3. (...)
3.3
3.3.1 Schliesslich ist vorausgesetzt, dass die Revision notwendig ist, um die Verletzung zu beseitigen (Art. 122 lit. c BGG). Die Revision ist "notwendig", wenn das Verfahren vor dem Bundesgericht ohne Konventionsverletzung einen anderen Verlauf genommen hätte oder hätte nehmen können (BGE 144 I 214 E. 4.3 S. 227 f.). Die Wendung "notwendig" meint aber auch, dass es Sache der
BGE 145 III 165 S. 167
Vertragsstaaten ist, den am besten geeigneten Weg zu finden, um einen der EMRK entsprechenden Zustand wiederherzustellen und einen wirksamen Schutz der in der EMRK verankerten Garantien zu gewährleisten. Die Feststellung einer Verletzung der EMRK bedeutet für sich allein noch nicht, dass eine Revision des Entscheids, der an den EGMR weitergezogen wurde, notwendig ist. Aus dem Wesen der Revision als ausserordentlichem Rechtsmittel selbst folgt vielmehr, dass dort, wo ein anderer ordentlicher Rechtsweg besteht, der eine Verletzung zu beseitigen gestattet, dieser zuerst beschritten werden muss (BGE 137 III 332 E. 2.4 S. 335 f.; Urteil 5F_6/2008 vom 18. Juli 2008 E. 2.2, in: Pra 2009 Nr. 34 S. 199 und SJ 2009 I S. 53; PIERRE FERRARI, in: Commentaire de la LTF, 2. Aufl. 2014, N. 10 zu Art. 122
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft. |
3.3.2 Einen ordentlichen Rechtsweg kennt das Vollstreckungsrecht der am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Schweizerischen Zivilprozessordnung (Zivilprozessordnung, ZPO; SR 272). In seinem Berufungsentscheid hat das Obergericht Vollstreckungsmassnahmen angeordnet und - wie es auch der Gesuchsgegner als Berufungskläger beantragt hatte - das Publikationsverbot der Strafdrohung gemäss Art. 292
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft. |
BGE 145 III 165 S. 168
3.3.3 In seinem Urteil vom 9. Januar 2018 (18597/13) hat der EGMR eine Verletzung von Art. 10
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft. |
3.3.4 Entgegen der Darstellung der Gesuchstellerin setzt der EGMR nicht voraus, dass das Publikationsverbot als solches aufgehoben werden müsste, um die Folgen der Verletzung von Art. 10
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft. |
3.3.5 Aus den dargelegten Gründen besteht ein ordentlicher Rechtsweg, der es der Gesuchstellerin gestattet, einen konventionskonformen Zustand zu verlangen. Die Voraussetzung für eine Revision des Urteils 5A_82/2012 vom 29. August 2012 (teilweise veröffentlicht in BGE 138 III 641) ist im Sinne von Art. 122 lit. c BGG nicht erfüllt und auf das Revisionsgesuch demnach nicht einzutreten.