Urteilskopf

145 II 176

16. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. gegen B. AG (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 1C_583/2017 vom 11. Februar 2019

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Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 177

BGE 145 II 176 S. 177

A. Die B. AG ist Eigentümerin des Grundstücks Nr. 986 im Grundbuch Schaffhausen und liess dafür den privaten, auf einem Richtprojekt beruhenden Quartierplan "Buchthalerstrasse/Fischerhäuserstrasse" vom 22. Juli 2013 erstellen. Das Grundstück im Umfang von 1'645 m2 liegt in der Ergänzungszone für die Altstadt von Schaffhausen. Es wird im Norden durch die Buchthalerstrasse, im Süden und Westen durch die Fischerhäuserstrasse und im Osten durch das Wohnheim "Lindli-Huus" begrenzt. Das interessierende Grundstück liegt in einem Quartier, das sowohl im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (ISOS) als auch im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN; Objekt Nr. 1411 "Untersee-Hochrhein") aufgeführt ist; es befindet sich im Grundwasserschutzbereich AU. Die Erarbeitung von Quartierplan und Richtprojekt wurde durch die Stadtplanung begleitet und durch die kommunalen Behörden, insbesondere die Stadtbildkommission, sowie das kantonale Planungs- und Naturschutzamt vorgeprüft. Am 30. Juli 2013 genehmigte der Stadtrat Schaffhausen den Quartierplan. Dagegen erhob unter anderem A. Einsprache beim Stadtrat. Dieser wies am 15. Oktober 2013 alle Einsprachen ab. Mit Beschluss vom 24. Juni 2014 wies der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen verschiedene bei ihm erhobene Rekurse, darunter einen solchen von A., ab.
BGE 145 II 176 S. 178

B. Dagegen reichten A. und eine weitere Person Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Obergericht des Kantons Schaffhausen ein. Mit Entscheid vom 19. September 2017 wies dieses die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab, nachdem es einen Augenschein durchgeführt und ein ausdrücklich als fakultativ bezeichnetes Fachgutachten der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission ENHK eingeholt hatte, von dem es in der Folge allerdings weitgehend abwich.
C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht beantragt A., den Entscheid des Obergerichts und damit die Genehmigung des privaten Quartierplans "Buchthalerstrasse/Fischerhäuserstrasse" aufzuheben und die Sache zu neuer Prüfung an das Obergericht zurückzuweisen. (...) Im Wesentlichen macht er geltend, der Quartierplan könne wegen der bundesrechtlichen Anforderungen an den Ortsbildschutz nicht genehmigt werden. (...) Die B. AG schliesst auf Abweisung der Beschwerde (...), soweit darauf eingetreten werden könne. Der Stadtrat stellt den Antrag, die Beschwerde abzuweisen. Das Obergericht beantragt Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesamt für Kultur BAK geht mit Blick auf das Gewässerschutzrecht von der Erfüllung einer Bundesaufgabe aus, weshalb zwingend und in Ergänzung zur vorliegenden Stellungnahme ein obligatorisches Gutachten der ENHK zum Ortsbildschutz bzw. den ISOS-Schutzzielen einzuholen sei. Gemäss dem Bundesamt für Umwelt BAFU stehen Fragen des Ortsbildschutzes im Vordergrund und hängen die BLN-Schutzziele direkt damit zusammen, weshalb eine separate Stellungnahme zu den landschaftlichen Schutzzielen nicht angezeigt und faktisch auch nur schwer durchführbar sei; die BLN-Schutzziele seien in diesem Sinne von den kommunalen und kantonalen Instanzen und der ENHK nicht ungenügend berücksichtigt worden. A., die B. AG und der Stadtrat nahmen in einem zweiten Schriftenwechsel zu den verschiedenen Eingaben Stellung und hielten im Wesentlichen an ihren Standpunkten fest. (...) Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
(Auszug)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

3.

3.1 Nach Art. 6
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 6
1    Durch die Aufnahme eines Objektes von nationaler Bedeutung in ein Inventar des Bundes wird dargetan, dass es in besonderem Masse die ungeschmälerte Erhaltung, jedenfalls aber unter Einbezug von Wiederherstellungs- oder angemessenen Ersatzmassnahmen die grösstmögliche Schonung verdient.21
2    Ein Abweichen von der ungeschmälerten Erhaltung im Sinne der Inventare darf bei Erfüllung einer Bundesaufgabe nur in Erwägung gezogen werden, wenn ihr bestimmte gleich- oder höherwertige Interessen von ebenfalls nationaler Bedeutung entgegenstehen.
des Bundesgesetzes vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG; SR 451) wird durch die Aufnahme eines
BGE 145 II 176 S. 179

Objektes von nationaler Bedeutung in ein Inventar des Bundes dargetan, dass es in besonderem Masse die ungeschmälerte Erhaltung, jedenfalls aber unter Einbezug von Wiederherstellungs- oder angemessenen Ersatzmassnahmen die grösstmögliche Schonung verdient (Abs. 1). Ein Abweichen von der ungeschmälerten Erhaltung im Sinne der Inventare darf bei Erfüllung einer Bundesaufgabe nur in Erwägung gezogen werden, wenn ihr bestimmte gleich- oder höherwertige Interessen von ebenfalls nationaler Bedeutung entgegenstehen (Abs. 2; ALEXANDER REY, in: Fachhandbuch Öffentliches Baurecht, Griffel und andere [Hrsg.], 2016, Rz. 4.69). Es handelt sich dabei um einen verstärkten Schutz (vgl. JÖRG LEIMBACHER, in: Kommentar NHG, Keller und andere [Hrsg.], 1997, N. 3 ff. zu Art. 6
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 6
1    Durch die Aufnahme eines Objektes von nationaler Bedeutung in ein Inventar des Bundes wird dargetan, dass es in besonderem Masse die ungeschmälerte Erhaltung, jedenfalls aber unter Einbezug von Wiederherstellungs- oder angemessenen Ersatzmassnahmen die grösstmögliche Schonung verdient.21
2    Ein Abweichen von der ungeschmälerten Erhaltung im Sinne der Inventare darf bei Erfüllung einer Bundesaufgabe nur in Erwägung gezogen werden, wenn ihr bestimmte gleich- oder höherwertige Interessen von ebenfalls nationaler Bedeutung entgegenstehen.
NHG), der nur durch eine umfassende Interessenabwägung aufgeweicht werden kann (NINA DAJCAR, in: Fachhandbuch Öffentliches Baurecht, Griffel und andere [Hrsg.], 2016, Rz. 4.104).
3.2 Gemäss Art. 7 Abs. 2
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 7
1    Ist für die Erfüllung einer Bundesaufgabe der Bund zuständig, so beurteilt je nach Zuständigkeit das Bundesamt für Umwelt (BAFU), das Bundesamt für Kultur oder das Bundesamt für Strassen, ob ein Gutachten durch eine Kommission nach Artikel 25 Absatz 1 erforderlich ist. Ist der Kanton zuständig, so obliegt diese Beurteilung der kantonalen Fachstelle nach Artikel 25 Absatz 2.23
2    Kann bei der Erfüllung der Bundesaufgabe ein Objekt, das in einem Inventar des Bundes nach Artikel 5 aufgeführt ist, erheblich beeinträchtigt werden oder stellen sich in diesem Zusammenhang grundsätzliche Fragen, so verfasst die Kommission zuhanden der Entscheidbehörde ein Gutachten. Die Kommission gibt darin an, ob das Objekt ungeschmälert zu erhalten oder wie es zu schonen ist.
3    Das Gutachten bildet eine der Grundlagen für die Abwägung aller Interessen durch die Entscheidbehörde.24
NHG verfasst die ENHK zuhanden der Entscheidbehörde ein Gutachten, wenn bei der Erfüllung der Bundesaufgabe ein Objekt, das in einem Inventar des Bundes aufgeführt ist, erheblich beeinträchtigt werden kann oder sich in diesem Zusammenhang grundsätzliche Fragen stellen. Die Kommission gibt darin an, ob das Objekt ungeschmälert zu erhalten oder wie es zu schonen ist. Nach Art. 8
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 8 - Eine Kommission kann in wichtigen Fällen von sich aus in jedem Stadium des Verfahrens ihr Gutachten über die Schonung oder ungeschmälerte Erhaltung von Objekten abgeben. Sie tut dies jedoch so früh wie möglich. Auf Verlangen sind ihr alle erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
NHG mit der Marginalie "Fakultative Begutachtung" kann die Kommission in wichtigen Fällen von sich aus in jedem Stadium des Verfahrens ihr Gutachten über die Schonung oder ungeschmälerte Erhaltung von Objekten abgeben. Sie tut dies jedoch so früh wie möglich. Auf Verlangen sind ihr alle erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Die Kommission kann von den zuständigen Behörden praxisgemäss auch um eine fakultative Begutachtung ersucht werden.
3.3 Für die Einholung eines ENHK-Gutachtens und die erforderliche Interessenabwägung ist demnach von Bedeutung, ob eine Bundesaufgabe vorliegt. Trifft dies zu, muss zwingend ein Gutachten der ENHK eingeholt werden, wenn ein Bundesinventar erheblich beeinträchtigt wird, und darf die ungeschmälerte Erhaltung der betroffenen Inventare nur eingeschränkt werden, wenn sich dies durch zumindest gleichwertige nationale Interessen rechtfertigt (Art. 6 Abs. 2
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 6
1    Durch die Aufnahme eines Objektes von nationaler Bedeutung in ein Inventar des Bundes wird dargetan, dass es in besonderem Masse die ungeschmälerte Erhaltung, jedenfalls aber unter Einbezug von Wiederherstellungs- oder angemessenen Ersatzmassnahmen die grösstmögliche Schonung verdient.21
2    Ein Abweichen von der ungeschmälerten Erhaltung im Sinne der Inventare darf bei Erfüllung einer Bundesaufgabe nur in Erwägung gezogen werden, wenn ihr bestimmte gleich- oder höherwertige Interessen von ebenfalls nationaler Bedeutung entgegenstehen.
und Art. 7 Abs. 2
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 7
1    Ist für die Erfüllung einer Bundesaufgabe der Bund zuständig, so beurteilt je nach Zuständigkeit das Bundesamt für Umwelt (BAFU), das Bundesamt für Kultur oder das Bundesamt für Strassen, ob ein Gutachten durch eine Kommission nach Artikel 25 Absatz 1 erforderlich ist. Ist der Kanton zuständig, so obliegt diese Beurteilung der kantonalen Fachstelle nach Artikel 25 Absatz 2.23
2    Kann bei der Erfüllung der Bundesaufgabe ein Objekt, das in einem Inventar des Bundes nach Artikel 5 aufgeführt ist, erheblich beeinträchtigt werden oder stellen sich in diesem Zusammenhang grundsätzliche Fragen, so verfasst die Kommission zuhanden der Entscheidbehörde ein Gutachten. Die Kommission gibt darin an, ob das Objekt ungeschmälert zu erhalten oder wie es zu schonen ist.
3    Das Gutachten bildet eine der Grundlagen für die Abwägung aller Interessen durch die Entscheidbehörde.24
NHG). Liegt hingegen keine Bundesaufgabe vor, genügt es, wenn das Bundesinventar grösstmögliche Schonung erfährt, wobei zur Klärung dieser Frage allenfalls bei der ENHK vorweg ein fakultatives Gutachten eingeholt werden kann, nicht aber
BGE 145 II 176 S. 180

muss (vgl. etwa BGE 135 II 209 E. 2.1 S. 212; Urteil des Bundesgerichts 1C_173/2016 vom 23. Mai 2017 E. 3.2 ff.).

3.4 Nach Art. 2 Abs. 1 lit. b
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 2
1    Unter Erfüllung einer Bundesaufgabe im Sinne von Artikel 24sexies Absatz 2 der Bundesverfassung12 ist insbesondere zu verstehen:13
a  die Planung, Errichtung und Veränderung von Werken und Anlagen durch den Bund, seine Anstalten und Betriebe, wie Bauten und Anlagen der Bundesverwaltung, Nationalstrassen, Bauten und Anlagen der Schweizerischen Bundesbahnen;
b  die Erteilung von Konzessionen und Bewilligungen, wie zum Bau und Betrieb von Verkehrsanlagen und Transportanstalten (mit Einschluss der Plangenehmigung), von Werken und Anlagen zur Beförderung von Energie, Flüssigkeiten oder Gasen oder zur Übermittlung von Nachrichten sowie Bewilligungen zur Vornahme von Rodungen;
c  die Gewährung von Beiträgen an Planungen, Werke und Anlagen, wie Meliorationen, Sanierungen landwirtschaftlicher Bauten, Gewässerkorrektionen, Anlagen des Gewässerschutzes und Verkehrsanlagen.
2    Entscheide kantonaler Behörden über Vorhaben, die voraussichtlich nur mit Beiträgen nach Absatz 1 Buchstabe c verwirklicht werden, sind der Erfüllung von Bundesaufgaben gleichgestellt.15
NHG ist unter Erfüllung einer Bundesaufgabe insbesondere zu verstehen: die Erteilung von Konzessionen und Bewilligungen, wie zum Bau und Betrieb von Verkehrsanlagen und Transportanstalten (mit Einschluss der Plangenehmigung), von Werken und Anlagen zur Beförderung von Energie, Flüssigkeiten oder Gasen oder zur Übermittlung von Nachrichten sowie Bewilligungen zur Vornahme von Rodungen. Nach der Rechtsprechung liegt eine Bundesaufgabe unter anderem bei der Erteilung von durch das Bundesrecht geregelten Spezialbewilligungen vor, namentlich von gewässerschutzrechtlichen Ausnahmebewilligungen (dazu die Urteile des Bundesgerichts 1C_482/2012 vom 14. Mai 2014 E. 3.4-3.6 und 1C_118/2016 vom 21. März 2017 E. 4; DAJCAR, a.a.O., Rz. 4.102; REY, a.a.O., Rz. 4.68; JEAN-BAPTISTE ZUFFEREY, in: Kommentar NHG, Keller und andere [Hrsg.], 1997, N. 36 zu Art. 2
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 2
1    Unter Erfüllung einer Bundesaufgabe im Sinne von Artikel 24sexies Absatz 2 der Bundesverfassung12 ist insbesondere zu verstehen:13
a  die Planung, Errichtung und Veränderung von Werken und Anlagen durch den Bund, seine Anstalten und Betriebe, wie Bauten und Anlagen der Bundesverwaltung, Nationalstrassen, Bauten und Anlagen der Schweizerischen Bundesbahnen;
b  die Erteilung von Konzessionen und Bewilligungen, wie zum Bau und Betrieb von Verkehrsanlagen und Transportanstalten (mit Einschluss der Plangenehmigung), von Werken und Anlagen zur Beförderung von Energie, Flüssigkeiten oder Gasen oder zur Übermittlung von Nachrichten sowie Bewilligungen zur Vornahme von Rodungen;
c  die Gewährung von Beiträgen an Planungen, Werke und Anlagen, wie Meliorationen, Sanierungen landwirtschaftlicher Bauten, Gewässerkorrektionen, Anlagen des Gewässerschutzes und Verkehrsanlagen.
2    Entscheide kantonaler Behörden über Vorhaben, die voraussichtlich nur mit Beiträgen nach Absatz 1 Buchstabe c verwirklicht werden, sind der Erfüllung von Bundesaufgaben gleichgestellt.15
NHG).
3.5 Gemäss Art. 19
SR 814.20 Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GSchG) - Gewässerschutzgesetz
GSchG Art. 19 Gewässerschutzbereiche
1    Die Kantone teilen ihr Gebiet nach der Gefährdung der ober- und der unterirdischen Gewässer in Gewässerschutzbereiche ein. Der Bundesrat erlässt die erforderlichen Vorschriften.
2    In den besonders gefährdeten Bereichen bedürfen die Erstellung und die Änderung von Bauten und Anlagen sowie Grabungen, Erdbewegungen und ähnliche Arbeiten einer kantonalen Bewilligung, wenn sie die Gewässer gefährden können.20
des Bundesgesetzes vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GSchG; SR 814.20) teilen die Kantone ihr Gebiet nach der Gefährdung der ober- und der unterirdischen Gewässer in Gewässerschutzbereiche ein (Abs. 1). In den besonders gefährdeten Bereichen bedürfen die Erstellung und die Änderung von Bauten und Anlagen sowie Grabungen, Erdbewegungen und ähnliche Arbeiten einer kantonalen Bewilligung, wenn sie die Gewässer gefährden können (Abs. 2). Zu den besonders gefährdeten Bereichen zählt namentlich der Gewässerschutzbereich AU zum Schutz nutzbarer unterirdischer Gewässer (Art. 29 Abs. 1 lit. a
SR 814.20 Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GSchG) - Gewässerschutzgesetz
GSchG Art. 29 Bewilligung - Eine Bewilligung braucht, wer über den Gemeingebrauch hinaus:
a  einem Fliessgewässer mit ständiger Wasserführung Wasser entnimmt;
b  aus Seen oder Grundwasservorkommen, welche die Wasserführung eines Fliessgewässers mit ständiger Wasserführung wesentlich beeinflussen, Wasser entnimmt.
GSchG). In diesem Gewässerschutzbereich AU dürfen keine Anlagen erstellt werden, die unter dem mittleren Grundwasserspiegel liegen. Die Behörde kann Ausnahmen bewilligen, soweit die Durchflusskapazität des Grundwassers gegenüber dem unbeeinflussten Zustand um höchstens 10 Prozent vermindert wird (Art. 31
SR 814.201 Gewässerschutzverordnung vom 28. Oktober 1998 (GSchV)
GSchV Art. 31 Schutzmassnahmen
1    Wer in den besonders gefährdeten Bereichen (Art. 29 Abs. 1) sowie in Grundwasserschutzzonen und -arealen Anlagen erstellt oder ändert oder wer dort andere Tätigkeiten, die eine Gefahr für die Gewässer darstellen, ausübt, muss die nach den Umständen gebotenen Massnahmen zum Schutz der Gewässer treffen; insbesondere muss er:
a  die Massnahmen nach Anhang 4 Ziffer 2 treffen;
b  die erforderlichen Überwachungs-, Alarm- und Bereitschaftsdispositive erstellen.
2    Die Behörde sorgt dafür, dass:
a  bei bestehenden Anlagen in den Gebieten nach Absatz 1, bei denen die konkrete Gefahr einer Gewässerverunreinigung besteht, die nach den Umständen gebotenen Massnahmen zum Schutz der Gewässer, insbesondere diejenigen nach Anhang 4 Ziffer 2, getroffen werden;
b  bestehende Anlagen in den Grundwasserschutzzonen S1 und S2, die eine Grundwasserfassung oder -anreicherungsanlage gefährden, innert angemessener Frist beseitigt werden und bis zur Beseitigung der Anlagen andere Massnahmen zum Schutz des Trinkwassers, insbesondere Entkeimung oder Filtration, getroffen werden.
i.V.m. Anhang 4 Ziff. 211 Abs. 2 der Gewässerschutzverordnung vom 28. Oktober 1998 [GSchV; SR 814.201]).
4.

4.1 Zu prüfen ist zunächst, ob überhaupt ein Verfahren vorliegt, in dem die Schutzvorschriften des Natur- und Heimatschutzgesetzes anwendbar sind. Streitgegenstand bildet nämlich noch kein konkretes Bauvorhaben, sondern erst der private Quartierplan.
4.2 Quartierpläne stellen eine besondere Form der Nutzungspläne nach Art. 14
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz
RPG Art. 14 Begriff - 1 Nutzungspläne ordnen die zulässige Nutzung des Bodens.
1    Nutzungspläne ordnen die zulässige Nutzung des Bodens.
2    Sie unterscheiden vorab Bau-, Landwirtschafts- und Schutzzonen.
RPG (SR 700) mit speziellen Vorschriften für den davon
BGE 145 II 176 S. 181

erfassten Perimeter dar, die von den allgemeingültigen Vorgaben im fraglichen Gebiet abweichen (vgl. DAVID DUSSY, in: Fachhandbuch Öffentliches Baurecht, Griffel und andere [Hrsg.], 2016, Rz. 7.84 ff.). Dazu zählen die so genannten projektbezogenen Sondernutzungspläne, die sich auf ein konkretes Vorhaben beziehen (AEMISEGGER/KISSLING, in: Praxiskommentar RPG: Nutzungsplanung, Aemisegger und andere [Hrsg.], 2016, N. 64 der Vorbemerkungen zur Nutzungsplanung). Ein detaillierter Sondernutzungsplan kann Elemente eines baurechtlichen Vorentscheides mit den Wirkungen einer eigentlichen Baubewilligung enthalten, deren Rechtmässigkeit im Baubewilligungsverfahren nicht mehr überprüft werden kann (BGE 131 II 103 E. 2.4.1 S. 110; AEMISEGGER/KISSLING, a.a.O., N. 79; DUSSY, a.a.O., Rz. 7.91).
4.3 Im vorliegenden Fall bezieht sich der strittige Quartierplan auf ein einziges Grundstück und beruht auf einem konkreten Richtprojekt. Es handelt sich mithin um einen projektbezogenen Sondernutzungsplan. Seine Vorgaben sind zumindest teilweise bereits sehr detailliert. Das ergibt sich nicht nur aus den Quartierplanvorschriften, sondern ebenfalls aus dem Überbauungsplan im Massstab 1:500, der zusammen mit den Quartierplanvorschriften den allgemeinverbindlichen Teil des Plans darstellt (Art. 2 lit. a der Quartierplanvorschriften). Auch wenn das Richtprojekt selbst - in einem gewissen Widerspruch dazu - lediglich als Beilage zum erläuternden Planungsbericht bezeichnet wird (Art. 2 lit. b der Quartierplanvorschriften), findet es sich doch im Überbauungsplan im allgemeinverbindlichen Teil des Quartierplans wieder. Dieser Überbauungsplan enthält massgebliche Gesichtspunkte einer späteren Überbauung wie die genauen Massangaben zur Dimension und Form sowie zur geographischen Lage und Einbettung des vorgesehenen und gemäss dem Plan zugelassenen Gebäudes. Der Quartierplan unterscheidet sich insofern von einem üblichen Nutzungsplan, der im Wesentlichen lediglich die räumlichen, baulichen und nutzungstechnischen Grund- bzw. Maximalwerte festlegt. Obwohl für das Bauprojekt, etwa bei der Fassadengestaltung, noch Spielräume verbleiben und die baulichen Nutzungsmöglichkeiten als Maximalwerte bezeichnet werden, entspricht der Detaillierungsgrad des Plans jedenfalls teilweise einer eigentlichen Baubewilligung. Insofern muss die Grundeigentümerin bzw. die Bauherrschaft damit rechnen dürfen, die umschriebene Nutzung ohne neue raumplanungsrechtliche Hindernisse realisieren zu können. Damit kommt dem strittigen Quartierplan zumindest insoweit, als er die baulichen Möglichkeiten in diesem Sinne bereits verbindlich konkretisiert, die Wirkung einer Baubewilligung zu.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 145 II 176
Datum : 11. Februar 2019
Publiziert : 23. August 2019
Quelle : Bundesgericht
Status : 145 II 176
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Art. 2 Abs. 1 lit. b und Art. 6-8 NHG, Art. 19 GSchG sowie Art. 14 RPG; Anwendbarkeit der Schutzvorschriften des Natur- und


Gesetzesregister
GSchG: 19 
SR 814.20 Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GSchG) - Gewässerschutzgesetz
GSchG Art. 19 Gewässerschutzbereiche
1    Die Kantone teilen ihr Gebiet nach der Gefährdung der ober- und der unterirdischen Gewässer in Gewässerschutzbereiche ein. Der Bundesrat erlässt die erforderlichen Vorschriften.
2    In den besonders gefährdeten Bereichen bedürfen die Erstellung und die Änderung von Bauten und Anlagen sowie Grabungen, Erdbewegungen und ähnliche Arbeiten einer kantonalen Bewilligung, wenn sie die Gewässer gefährden können.20
29
SR 814.20 Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GSchG) - Gewässerschutzgesetz
GSchG Art. 29 Bewilligung - Eine Bewilligung braucht, wer über den Gemeingebrauch hinaus:
a  einem Fliessgewässer mit ständiger Wasserführung Wasser entnimmt;
b  aus Seen oder Grundwasservorkommen, welche die Wasserführung eines Fliessgewässers mit ständiger Wasserführung wesentlich beeinflussen, Wasser entnimmt.
GSchV: 31
SR 814.201 Gewässerschutzverordnung vom 28. Oktober 1998 (GSchV)
GSchV Art. 31 Schutzmassnahmen
1    Wer in den besonders gefährdeten Bereichen (Art. 29 Abs. 1) sowie in Grundwasserschutzzonen und -arealen Anlagen erstellt oder ändert oder wer dort andere Tätigkeiten, die eine Gefahr für die Gewässer darstellen, ausübt, muss die nach den Umständen gebotenen Massnahmen zum Schutz der Gewässer treffen; insbesondere muss er:
a  die Massnahmen nach Anhang 4 Ziffer 2 treffen;
b  die erforderlichen Überwachungs-, Alarm- und Bereitschaftsdispositive erstellen.
2    Die Behörde sorgt dafür, dass:
a  bei bestehenden Anlagen in den Gebieten nach Absatz 1, bei denen die konkrete Gefahr einer Gewässerverunreinigung besteht, die nach den Umständen gebotenen Massnahmen zum Schutz der Gewässer, insbesondere diejenigen nach Anhang 4 Ziffer 2, getroffen werden;
b  bestehende Anlagen in den Grundwasserschutzzonen S1 und S2, die eine Grundwasserfassung oder -anreicherungsanlage gefährden, innert angemessener Frist beseitigt werden und bis zur Beseitigung der Anlagen andere Massnahmen zum Schutz des Trinkwassers, insbesondere Entkeimung oder Filtration, getroffen werden.
NHG: 2 
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 2
1    Unter Erfüllung einer Bundesaufgabe im Sinne von Artikel 24sexies Absatz 2 der Bundesverfassung12 ist insbesondere zu verstehen:13
a  die Planung, Errichtung und Veränderung von Werken und Anlagen durch den Bund, seine Anstalten und Betriebe, wie Bauten und Anlagen der Bundesverwaltung, Nationalstrassen, Bauten und Anlagen der Schweizerischen Bundesbahnen;
b  die Erteilung von Konzessionen und Bewilligungen, wie zum Bau und Betrieb von Verkehrsanlagen und Transportanstalten (mit Einschluss der Plangenehmigung), von Werken und Anlagen zur Beförderung von Energie, Flüssigkeiten oder Gasen oder zur Übermittlung von Nachrichten sowie Bewilligungen zur Vornahme von Rodungen;
c  die Gewährung von Beiträgen an Planungen, Werke und Anlagen, wie Meliorationen, Sanierungen landwirtschaftlicher Bauten, Gewässerkorrektionen, Anlagen des Gewässerschutzes und Verkehrsanlagen.
2    Entscheide kantonaler Behörden über Vorhaben, die voraussichtlich nur mit Beiträgen nach Absatz 1 Buchstabe c verwirklicht werden, sind der Erfüllung von Bundesaufgaben gleichgestellt.15
6 
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 6
1    Durch die Aufnahme eines Objektes von nationaler Bedeutung in ein Inventar des Bundes wird dargetan, dass es in besonderem Masse die ungeschmälerte Erhaltung, jedenfalls aber unter Einbezug von Wiederherstellungs- oder angemessenen Ersatzmassnahmen die grösstmögliche Schonung verdient.21
2    Ein Abweichen von der ungeschmälerten Erhaltung im Sinne der Inventare darf bei Erfüllung einer Bundesaufgabe nur in Erwägung gezogen werden, wenn ihr bestimmte gleich- oder höherwertige Interessen von ebenfalls nationaler Bedeutung entgegenstehen.
7 
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 7
1    Ist für die Erfüllung einer Bundesaufgabe der Bund zuständig, so beurteilt je nach Zuständigkeit das Bundesamt für Umwelt (BAFU), das Bundesamt für Kultur oder das Bundesamt für Strassen, ob ein Gutachten durch eine Kommission nach Artikel 25 Absatz 1 erforderlich ist. Ist der Kanton zuständig, so obliegt diese Beurteilung der kantonalen Fachstelle nach Artikel 25 Absatz 2.23
2    Kann bei der Erfüllung der Bundesaufgabe ein Objekt, das in einem Inventar des Bundes nach Artikel 5 aufgeführt ist, erheblich beeinträchtigt werden oder stellen sich in diesem Zusammenhang grundsätzliche Fragen, so verfasst die Kommission zuhanden der Entscheidbehörde ein Gutachten. Die Kommission gibt darin an, ob das Objekt ungeschmälert zu erhalten oder wie es zu schonen ist.
3    Das Gutachten bildet eine der Grundlagen für die Abwägung aller Interessen durch die Entscheidbehörde.24
8
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 8 - Eine Kommission kann in wichtigen Fällen von sich aus in jedem Stadium des Verfahrens ihr Gutachten über die Schonung oder ungeschmälerte Erhaltung von Objekten abgeben. Sie tut dies jedoch so früh wie möglich. Auf Verlangen sind ihr alle erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
RPG: 14
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz
RPG Art. 14 Begriff - 1 Nutzungspläne ordnen die zulässige Nutzung des Bodens.
1    Nutzungspläne ordnen die zulässige Nutzung des Bodens.
2    Sie unterscheiden vorab Bau-, Landwirtschafts- und Schutzzonen.
BGE Register
131-II-103 • 135-II-209 • 145-II-176
Weitere Urteile ab 2000
1C_118/2016 • 1C_173/2016 • 1C_482/2012 • 1C_583/2017
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inventar • baubewilligung • bundesgericht • bundesinventar • sondernutzungsplan • frage • stelle • norm • wiese • natur- und heimatschutzkommission • entscheid • baute und anlage • beschwerde in öffentlich-rechtlichen angelegenheiten • bundesgesetz über den schutz der gewässer • bundesgesetz über den natur- und heimatschutz • landschaft • bundesamt für kultur • bundesamt für umwelt • beilage • plangenehmigung
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