144 III 19
3. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Stockwerkeigentümergemeinschaft B. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_521/2017 vom 27. November 2017
Regeste (de):
- Art. 712a Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 712a - 1 Stockwerkeigentum ist der Miteigentumsanteil an einem Grundstück, der dem Miteigentümer das Sonderrecht gibt, bestimmte Teile eines Gebäudes ausschliesslich zu benutzen und innen auszubauen.
1 Stockwerkeigentum ist der Miteigentumsanteil an einem Grundstück, der dem Miteigentümer das Sonderrecht gibt, bestimmte Teile eines Gebäudes ausschliesslich zu benutzen und innen auszubauen. 2 Der Stockwerkeigentümer ist in der Verwaltung, Benutzung und baulichen Ausgestaltung seiner eigenen Räume frei, darf jedoch keinem anderen Stockwerkeigentümer die Ausübung des gleichen Rechtes erschweren und die gemeinschaftlichen Bauteile, Anlagen und Einrichtungen in keiner Weise beschädigen oder in ihrer Funktion und äusseren Erscheinung beeinträchtigen. 3 Er ist verpflichtet, seine Räume so zu unterhalten, wie es zur Erhaltung des Gebäudes in einwandfreiem Zustand und gutem Aussehen erforderlich ist. - Auslegung der reglementarischen Bestimmung, wonach die Stockwerkeinheiten zu Wohnzwecken bestimmt sind. Der Betrieb eines Pflegeheims geht über eine "Wohnnutzung" hinaus (E. 4).
Regeste (fr):
- Art. 712a al. 2 CC; destination de l'immeuble; utilisation de l'unité d'étage; affectation à des fins de logement; interprétation du règlement.
- Interprétation de la disposition réglementaire selon laquelle les unités d'étages sont définies comme étant affectées au logement. L'exploitation d'un home médicalisé va au-delà d'une "utilisation à des fins de logement" (consid. 4).
Regesto (it):
- Art. 712a cpv. 2 CC; destinazione dell'immobile; utilizzazione dell'unità di piano; scopo abitativo; interpretazione del regolamento.
- Interpretazione della disposizione regolamentare secondo la quale le unità di piano sono destinate a scopi abitativi. L'esercizio di una casa di cura va oltre un'utilizzazione abitativa (consid. 4).
Sachverhalt ab Seite 19
BGE 144 III 19 S. 19
A. A. ist Eigentümerin der Stockwerkeinheiten D2 und D4 der Liegenschaft "C.". Die beiden Einheiten sind intern verbunden und
BGE 144 III 19 S. 20
bilden zusammen eine 8½-Zimmer-Wohnung. A. vermietet diese an die D. GmbH zur Nutzung für altersgerechtes begleitetes Wohnen. An der Stockwerkeigentümerversammlung wurde mit 23 gegen 1 Stimme (bei einer Enthaltung) beschlossen, dass die Einheiten D2 und D4 nicht umgenutzt werden dürfen; mit 23 gegen 2 Stimmen wurden A. und ihr Ehemann aufgefordert, den Mietvertrag aufzulösen.
B. Klageweise verlangte A. beim Bezirksgericht Meilen die Aufhebung der betreffenden Beschlüsse. Mit Urteil vom 11. Januar 2017 wies das Bezirksgericht die Klage ab. Das Obergericht des Kantons Zürich wies die hiergegen erhobene Berufung mit Urteil vom 6. Juni 2017 ab, unter Bestätigung des bezirksgerichtlichen Urteils.
C. Gegen das obergerichtliche Urteil hat A. eine Beschwerde in Zivilsachen erhoben mit den Begehren um dessen Aufhebung und Aufhebung des strittigen Stockwerkeigentümerbeschlusses. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
(Zusammenfassung)
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Gemäss den Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Urteils lautet Ziff. 8 des Reglements der Stockwerkeigentümergemeinschaft wie folgt: Die Stockwerke dürfen nur zu den im Begründungsakt und in diesem Reglement umschriebenen Zwecken verwendet werden. Die Wohnungen sind ausschliesslich zu Wohnzwecken bestimmt.
Die Einrichtung eines stillen Bürobetriebes ohne Kundenverkehr ist gestattet, wobei die Bestimmungen der Bau- und Zonenordnung vorbehalten bleiben. In keinem Fall sind Tätigkeiten gestattet, welche z.B. übelriechende Gerüche oder starken Lärm etc. verursachen. Weiter ist im angefochtenen Urteil festgestellt, dass es sich beim Angebot der D. GmbH (Betreuung und Pflege betagter Personen in den betreffenden Stockwerkeinheiten) um eine gewinnorientierte Tätigkeit handelt. Ausgehend von diesen Feststellungen gingen beide kantonalen Instanzen von einer nicht mit der reglementarischen Widmung (Wohnzweck) vereinbaren Nutzung aus. Das Bezirksgericht stellte zur
BGE 144 III 19 S. 21
Begründung die Kommerzialität der Nutzung durch die Mieterin, das Obergericht hingegen die konkrete Nutzungsart in den Vordergrund. Es hielt fest, dass das Reglement in Bezug auf die Frage des "Wohnzweckes" nach dem Vertrauensprinzip auszulegen sei. In der juristischen Literatur werde der Begriff der Wohnnutzung oft als Gegensatz zur gewerblichen Nutzung verwendet, so etwa im Mietrecht (Miete von Wohn- bzw. von Geschäftsräumen). In Anlehnung daran betone die Beschwerdegegnerin, dass es sich um eine Geschäftsraummiete handle; dieses Verständnis setze indes ein Hintergrundwissen voraus, das bei der Beschwerdeführerin nicht vorausgesetzt werden könne. Die Auffassung, eine kommerzielle Nutzung sei mit Ausnahme von stillen Bürobetrieben ausgeschlossen, greife daher zu kurz, denn eine gewerbliche Wohnnutzung als Sonderfall einer Wohnnutzung wäre mit dem Reglement vereinbar (z.B. natürliche oder juristische Person als Mieterin, welche die Wohnung im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit an Expats oder Senioren untervermietet). Vielmehr sei vorliegend relevant, dass neben dem Wohnen auch die Pflege ein Teil des Angebotes der Mieterin sei. Zwar gingen die Ansichten der Parteien über das Verhältnis der beiden Elemente auseinander. Angesichts der Aufstellung der zusätzlichen Betreuungstaxe, die von der Mieterin für besondere pflegerische Dienstleistungen zusätzlich zur Grundtaxe verrechnet werde, stehe das betreffende Dienstleistungspaket, d.h. die Pflege, und nicht die Wohnmöglichkeit im Vordergrund. Es gehe um Verträge, welche in der Praxis uneinheitlich als Heim- oder Heimaufnahme-, Pensions-, Beherbergungs- und Betreuungsverträge bezeichnet und gemischte Innominatsverträge darstellen würden, deren Hauptelemente auftragsrechtlicher und mietvertraglicher Natur seien, wobei nach der Lehre das auftragsrechtliche Element überwiege. Vor diesem Hintergrund verletze der konkrete Gebrauch der Wohneinheiten das Reglement auch dann, wenn nicht auf den kommerziellen Charakter, sondern auf die Art der Nutzung abgestellt werde. Selbst wenn das mietvertragliche Element stärker berücksichtigt würde, als die Lehre dies tue, läge keine reine Wohnnutzung, sondern eine gemischte Nutzung vor, was gegen die reglementarische Vorgabe verstosse. Weiter haben die kantonalen Instanzen festgehalten, eine stille Büronutzung ohne Kundenverkehr, wie sie als einzige Ausnahme gestattet sei, werde von der Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht. Diese Regelung ziele denn auch auf einen selbständig erwerbenden Bewohner, der seine Hauptarbeitsstätte am Ort der
BGE 144 III 19 S. 22
Stockwerkeigentümergemeinschaft habe (ohne Kundenverkehr) oder im Sinn eines Home-Office an seinem Wohnort arbeite, während die vorliegende Nutzung diesem Bild nicht entspreche. Was schliesslich die Immissionen betreffe, ziehe die Rundumbetreuung der Bewohner der Pflegewohnung einschliesslich der regelmässigen Belieferung mit Verpflegung, Medikamenten und frischer Wäsche zwangsläufig ein gewisses Verkehrsaufkommen nach sich und sei aufgrund der zimmerweisen Belegung der Wohnung nicht damit vergleichbar, dass ein Stockwerkeigentümer selbst pflegebedürftig werde und sich von Angehörigen oder Fachpersonen betreuen lasse.
3. Die Beschwerdeführerin stimmt mit dem Obergericht dahingehend überein, dass nicht der Umstand der kommerziellen Nutzung durch die Mieterin im Vordergrund stehen könne. Indes stelle das Obergericht auf ein sachfremdes Kriterium ab, wenn es von einer gemischten Nutzung ausgehe und nicht auf die konkrete Nutzung durch die Bewohner abstelle. Die Ausgestaltung der vertraglichen Beziehungen könne nämlich stark variieren, ohne dass sich dies auf die tatsächliche Nutzung auswirke. So wäre es aufgrund der Argumentation des Obergerichtes mit dem Reglement vereinbar, wenn die Beschwerdeführerin mit den Bewohnern reine Mietverträge abschliessen würde und diese sich dann ihrerseits aufgrund von reinen Pflegeverträgen mit der D. GmbH betreuen liessen. Mithin könne es für die Qualifikation der Wohnnutzung keine Rolle spielen, was ein Bewohner neben dem Mietvertrag sonst noch für Verträge abschliesse. Ein jeder Bewohner bewohne seine Wohnung auch dann, wenn er Leistungen der Spitex beanspruche, wenn sein Arzt oder ein Seelsorger bei ihm Heimbesuche mache, wenn er seine Wohnung von einem Reinigungsservice putzen lasse oder wenn er einen Wäscheservice mit Abhol- und Lieferdienst beanspruche. Im Übrigen halte das Obergericht selbst fest, dass der Wohnzweck einer gewerblichen Wohnnutzung nicht entgegenstehe. Das obergerichtliche Kriterium der Mischnutzung sei insofern sachfremd, als es ein "reines Wohnen" gar nicht gebe; insbesondere könnten auch andere Bewohner pflegebedürftig werden. Dass die Bewohner Pflegeleistungen in Anspruch nähmen, ändere nichts daran, dass sie dort wohnen würden. Konkret gehe es ebenso um eine Wohnnutzung, wie dies bei einer Familie oder einer Studenten-WG der Fall sei.
4. Umstritten ist die Frage, ob die konkrete Nutzung der Stockwerkeinheiten D2 und D4 mit der reglementarisch umschriebenen Widmung bzw. Nutzungsart vereinbar ist.
BGE 144 III 19 S. 23
4.1 Von Gesetzes wegen sind die Stockwerkeigentümer in der Verwaltung, Benutzung und baulichen Ausgestaltung der in ihrem Sonderrecht stehenden Räume frei (Art. 712a Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 712a - 1 Stockwerkeigentum ist der Miteigentumsanteil an einem Grundstück, der dem Miteigentümer das Sonderrecht gibt, bestimmte Teile eines Gebäudes ausschliesslich zu benutzen und innen auszubauen. |
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1 | Stockwerkeigentum ist der Miteigentumsanteil an einem Grundstück, der dem Miteigentümer das Sonderrecht gibt, bestimmte Teile eines Gebäudes ausschliesslich zu benutzen und innen auszubauen. |
2 | Der Stockwerkeigentümer ist in der Verwaltung, Benutzung und baulichen Ausgestaltung seiner eigenen Räume frei, darf jedoch keinem anderen Stockwerkeigentümer die Ausübung des gleichen Rechtes erschweren und die gemeinschaftlichen Bauteile, Anlagen und Einrichtungen in keiner Weise beschädigen oder in ihrer Funktion und äusseren Erscheinung beeinträchtigen. |
3 | Er ist verpflichtet, seine Räume so zu unterhalten, wie es zur Erhaltung des Gebäudes in einwandfreiem Zustand und gutem Aussehen erforderlich ist. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 712g - 1 Für die Zuständigkeit zu Verwaltungshandlungen und baulichen Massnahmen gelten die Bestimmungen über das Miteigentum. |
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1 | Für die Zuständigkeit zu Verwaltungshandlungen und baulichen Massnahmen gelten die Bestimmungen über das Miteigentum. |
2 | Soweit diese Bestimmungen es nicht selber ausschliessen, können sie durch eine andere Ordnung ersetzt werden, jedoch nur im Begründungsakt oder mit einstimmigem Beschluss aller Stockwerkeigentümer. |
3 | Im übrigen kann jeder Stockwerkeigentümer verlangen, dass ein Reglement über die Verwaltung und Benutzung aufgestellt und im Grundbuch angemerkt werde, das zu seiner Verbindlichkeit der Annahme durch Beschluss mit der Mehrheit der Stockwerkeigentümer, die zugleich zu mehr als der Hälfte anteilsberechtigt ist, bedarf und mit dieser Mehrheit, auch wenn es im Begründungsvertrag aufgestellt worden ist, geändert werden kann. |
4 | Eine Änderung der reglementarischen Zuteilung ausschliesslicher Nutzungsrechte bedarf zudem der Zustimmung der direkt betroffenen Stockwerkeigentümer.608 |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 27 - 1 Auf die Rechts- und Handlungsfähigkeit kann niemand ganz oder zum Teil verzichten. |
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1 | Auf die Rechts- und Handlungsfähigkeit kann niemand ganz oder zum Teil verzichten. |
2 | Niemand kann sich seiner Freiheit entäussern oder sich in ihrem Gebrauch in einem das Recht oder die Sittlichkeit verletzenden Grade beschränken. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 19 - 1 Der Inhalt des Vertrages kann innerhalb der Schranken des Gesetzes beliebig festgestellt werden. |
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1 | Der Inhalt des Vertrages kann innerhalb der Schranken des Gesetzes beliebig festgestellt werden. |
2 | Von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Vereinbarungen sind nur zulässig, wo das Gesetz nicht eine unabänderliche Vorschrift aufstellt oder die Abweichung nicht einen Verstoss gegen die öffentliche Ordnung, gegen die guten Sitten oder gegen das Recht der Persönlichkeit in sich schliesst. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 647b - 1 Mit Zustimmung der Mehrheit aller Miteigentümer, die zugleich den grösseren Teil der Sache vertritt, können wichtigere Verwaltungshandlungen durchgeführt werden, insbesondere die Änderung der Kulturart oder Benutzungsweise, der Abschluss und die Auflösung von Miet- und Pachtverträgen, die Beteiligung an Bodenverbesserungen und die Bestellung eines Verwalters, dessen Zuständigkeit nicht auf gewöhnliche Verwaltungshandlungen beschränkt ist. |
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1 | Mit Zustimmung der Mehrheit aller Miteigentümer, die zugleich den grösseren Teil der Sache vertritt, können wichtigere Verwaltungshandlungen durchgeführt werden, insbesondere die Änderung der Kulturart oder Benutzungsweise, der Abschluss und die Auflösung von Miet- und Pachtverträgen, die Beteiligung an Bodenverbesserungen und die Bestellung eines Verwalters, dessen Zuständigkeit nicht auf gewöhnliche Verwaltungshandlungen beschränkt ist. |
2 | Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über die notwendigen baulichen Massnahmen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 712g - 1 Für die Zuständigkeit zu Verwaltungshandlungen und baulichen Massnahmen gelten die Bestimmungen über das Miteigentum. |
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1 | Für die Zuständigkeit zu Verwaltungshandlungen und baulichen Massnahmen gelten die Bestimmungen über das Miteigentum. |
2 | Soweit diese Bestimmungen es nicht selber ausschliessen, können sie durch eine andere Ordnung ersetzt werden, jedoch nur im Begründungsakt oder mit einstimmigem Beschluss aller Stockwerkeigentümer. |
3 | Im übrigen kann jeder Stockwerkeigentümer verlangen, dass ein Reglement über die Verwaltung und Benutzung aufgestellt und im Grundbuch angemerkt werde, das zu seiner Verbindlichkeit der Annahme durch Beschluss mit der Mehrheit der Stockwerkeigentümer, die zugleich zu mehr als der Hälfte anteilsberechtigt ist, bedarf und mit dieser Mehrheit, auch wenn es im Begründungsvertrag aufgestellt worden ist, geändert werden kann. |
4 | Eine Änderung der reglementarischen Zuteilung ausschliesslicher Nutzungsrechte bedarf zudem der Zustimmung der direkt betroffenen Stockwerkeigentümer.608 |
BGE 144 III 19 S. 24
Benutzungsart wurde in der bundesgerichtlichen Praxis bejaht bei der Umnutzung einer Stockwerkeinheit von Optikergeschäft in Spielsalon (Urteil 5C.14/1993 vom 1. November 1993 E. 1c), von Ladenlokal in bis zu den Morgenstunden geöffnete Kaffeebar (Urteil 5C.16/2004 vom 2. März 2004 E. 3.4), von Gemüsehandel mit Büro und Lager in Sportgeschäft mit Laden und Werkstätte (Urteil 5C.264/2006 vom 30. März 2007 E. 2.2), von Wohnung in Privatclub (Urteil 5A_428/2008 vom 19. März 2009 E. 4.5.2) und von Buchhandlung in Kaffeebar (Urteil 5A_816/2012 vom 15. April 2013 E. 2.3.4). Ist die geänderte Benutzungsweise einer Stockwerkeinheit dergestalt, dass dies den Gesamtcharakter der Liegenschaft verändert, ist deren Zweckbestimmung betroffen und bedarf es deshalb gemäss Art. 648 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 648 - 1 Jeder Miteigentümer ist befugt, die Sache insoweit zu vertreten, zu gebrauchen und zu nutzen, als es mit den Rechten der andern verträglich ist. |
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1 | Jeder Miteigentümer ist befugt, die Sache insoweit zu vertreten, zu gebrauchen und zu nutzen, als es mit den Rechten der andern verträglich ist. |
2 | Zur Veräusserung oder Belastung der Sache sowie zur Veränderung ihrer Zweckbestimmung bedarf es der Übereinstimmung aller Miteigentümer, soweit diese nicht einstimmig eine andere Ordnung vereinbart haben. |
3 | Bestehen Grundpfandrechte oder Grundlasten an Miteigentumsanteilen, so können die Miteigentümer die Sache selbst nicht mehr mit solchen Rechten belasten. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 712g - 1 Für die Zuständigkeit zu Verwaltungshandlungen und baulichen Massnahmen gelten die Bestimmungen über das Miteigentum. |
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1 | Für die Zuständigkeit zu Verwaltungshandlungen und baulichen Massnahmen gelten die Bestimmungen über das Miteigentum. |
2 | Soweit diese Bestimmungen es nicht selber ausschliessen, können sie durch eine andere Ordnung ersetzt werden, jedoch nur im Begründungsakt oder mit einstimmigem Beschluss aller Stockwerkeigentümer. |
3 | Im übrigen kann jeder Stockwerkeigentümer verlangen, dass ein Reglement über die Verwaltung und Benutzung aufgestellt und im Grundbuch angemerkt werde, das zu seiner Verbindlichkeit der Annahme durch Beschluss mit der Mehrheit der Stockwerkeigentümer, die zugleich zu mehr als der Hälfte anteilsberechtigt ist, bedarf und mit dieser Mehrheit, auch wenn es im Begründungsvertrag aufgestellt worden ist, geändert werden kann. |
4 | Eine Änderung der reglementarischen Zuteilung ausschliesslicher Nutzungsrechte bedarf zudem der Zustimmung der direkt betroffenen Stockwerkeigentümer.608 |
BGE 144 III 19 S. 25
4.2 Vorliegend geht es um ein Wohnhaus, weshalb der im Reglement umschriebene Zweck ("Wohnen") gleichzeitig als Widmung des Gebäudes wie auch als Umschreibung der zulässigen Nutzung für die einzelnen Stockwerkeinheiten gelten kann (vgl. zur Abgrenzung WERMELINGER, Das Stockwerkeigentum, 2. Aufl. 2014, N. 174 zu Art. 712a
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 712a - 1 Stockwerkeigentum ist der Miteigentumsanteil an einem Grundstück, der dem Miteigentümer das Sonderrecht gibt, bestimmte Teile eines Gebäudes ausschliesslich zu benutzen und innen auszubauen. |
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1 | Stockwerkeigentum ist der Miteigentumsanteil an einem Grundstück, der dem Miteigentümer das Sonderrecht gibt, bestimmte Teile eines Gebäudes ausschliesslich zu benutzen und innen auszubauen. |
2 | Der Stockwerkeigentümer ist in der Verwaltung, Benutzung und baulichen Ausgestaltung seiner eigenen Räume frei, darf jedoch keinem anderen Stockwerkeigentümer die Ausübung des gleichen Rechtes erschweren und die gemeinschaftlichen Bauteile, Anlagen und Einrichtungen in keiner Weise beschädigen oder in ihrer Funktion und äusseren Erscheinung beeinträchtigen. |
3 | Er ist verpflichtet, seine Räume so zu unterhalten, wie es zur Erhaltung des Gebäudes in einwandfreiem Zustand und gutem Aussehen erforderlich ist. |
4.3 Für die Beantwortung dieser Frage ist mangels einschränkender reglementarischer Bestimmungen nicht von Belang, ob der Stockwerkeigentümer die reglementarisch vorgesehene Nutzung selbst ausübt oder ob er diese aufgrund eines dinglichen (Dienstbarkeit, Wohnrecht) oder obligatorischen Verhältnisses (insbesondere Mietvertrag) einer anderen Person überlässt (vgl. MEIER-HAYOZ/REY, Berner Kommentar, 1988, N. 42 zu Art. 712a
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 712a - 1 Stockwerkeigentum ist der Miteigentumsanteil an einem Grundstück, der dem Miteigentümer das Sonderrecht gibt, bestimmte Teile eines Gebäudes ausschliesslich zu benutzen und innen auszubauen. |
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1 | Stockwerkeigentum ist der Miteigentumsanteil an einem Grundstück, der dem Miteigentümer das Sonderrecht gibt, bestimmte Teile eines Gebäudes ausschliesslich zu benutzen und innen auszubauen. |
2 | Der Stockwerkeigentümer ist in der Verwaltung, Benutzung und baulichen Ausgestaltung seiner eigenen Räume frei, darf jedoch keinem anderen Stockwerkeigentümer die Ausübung des gleichen Rechtes erschweren und die gemeinschaftlichen Bauteile, Anlagen und Einrichtungen in keiner Weise beschädigen oder in ihrer Funktion und äusseren Erscheinung beeinträchtigen. |
3 | Er ist verpflichtet, seine Räume so zu unterhalten, wie es zur Erhaltung des Gebäudes in einwandfreiem Zustand und gutem Aussehen erforderlich ist. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 262 - 1 Der Mieter kann die Sache mit Zustimmung des Vermieters ganz oder teilweise untervermieten. |
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1 | Der Mieter kann die Sache mit Zustimmung des Vermieters ganz oder teilweise untervermieten. |
2 | Der Vermieter kann die Zustimmung nur verweigern, wenn: |
a | der Mieter sich weigert, dem Vermieter die Bedingungen der Untermiete bekanntzugeben; |
b | die Bedingungen der Untermiete im Vergleich zu denjenigen des Hauptmietvertrags missbräuchlich sind; |
c | dem Vermieter aus der Untermiete wesentliche Nachteile entstehen. |
3 | Der Mieter haftet dem Vermieter dafür, dass der Untermieter die Sache nicht anders gebraucht, als es ihm selbst gestattet ist. Der Vermieter kann den Untermieter unmittelbar dazu anhalten. |
BGE 144 III 19 S. 26
der Stockwerkeinheit "wohnen" kann, Mieterin sein, indem sie die Wohnung z.B. ihrem Abwart oder einem anderen Angestellten zu Wohnzwecken überlässt. Es kommt einzig darauf an, ob die konkrete tatsächliche Nutzung im Einklang mit der reglementarisch umschriebenen Nutzungsart steht.
4.4 Aus der Perspektive der einzelnen zu betreuenden Person stellt ihr Aufenthalt in der Stockwerkeinheit durchaus ein "Wohnen" dar, auch wenn ihr bloss ein einzelnes Zimmer zur Verfügung steht, handelt es sich doch um das Zuhause für die letzten Lebensjahre. Dabei ist nicht von Belang, dass ein Pflegeaufenthalt für sich allein noch keinen zivilrechtlichen Wohnsitz zu begründen vermag (Art. 23 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 23 - 1 Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz.23 |
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1 | Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz.23 |
2 | Niemand kann an mehreren Orten zugleich seinen Wohnsitz haben. |
3 | Die geschäftliche Niederlassung wird von dieser Bestimmung nicht betroffen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 382 - 1 Wird eine urteilsunfähige Person für längere Dauer in einer Wohn- oder Pflegeeinrichtung betreut, so muss schriftlich in einem Betreuungsvertrag festgelegt werden, welche Leistungen die Einrichtung erbringt und welches Entgelt dafür geschuldet ist. |
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1 | Wird eine urteilsunfähige Person für längere Dauer in einer Wohn- oder Pflegeeinrichtung betreut, so muss schriftlich in einem Betreuungsvertrag festgelegt werden, welche Leistungen die Einrichtung erbringt und welches Entgelt dafür geschuldet ist. |
2 | Bei der Festlegung der von der Einrichtung zu erbringenden Leistungen werden die Wünsche der betroffenen Person so weit wie möglich berücksichtigt. |
3 | Die Zuständigkeit für die Vertretung der urteilsunfähigen Person beim Abschluss, bei der Änderung oder bei der Aufhebung des Betreuungsvertrags richtet sich sinngemäss nach den Bestimmungen über die Vertretung bei medizinischen Massnahmen. |
BGE 144 III 19 S. 27
- selbst wenn er direkt von der Beschwerdeführerin geführt und nicht einer juristischen Person überlassen worden wäre - bei objektivierter Betrachtungsweise aus der Perspektive der Stockwerkeigentümergesamtheit nicht sagen. Die konkrete Nutzung würde weit über den nach Reglement zulässigen stillen Bürobetrieb ohne Kundenverkehr - der nach zutreffender Ansicht der Parteien aber ohnehin nicht vorliegt - hinausgehen. Sie weist eine Nähe zum Betrieb einer Pension oder einer Kostgeberei auf, auch wenn die den Bewohnern angebotenen Dienstleistungen nicht völlig kongruent sind und vorliegend der Heimaufenthalt der einzelnen Personen auf grössere Dauer ausgerichtet sein mag. So oder anders sprengen aber derlei Betriebe den Rahmen dessen, was unter dem Begriff der Wohnnutzung bei Stockwerkeigentum zu verstehen ist (vgl. FRIEDRICH, Das Stockwerkeigentum, 2. Aufl. 1972, N. 5 zu Reglement § 8), weil die "Beherbergung von Dritten" eine vom "Wohnen" abweichende Nutzung darstellt (vgl. hierzu Urteil 5A_632/2011 vom 8. November 2011 E. 4.3). Im Übrigen dürfte der Betrieb eines Pflegeheimes aufgrund der in E. 4.1 zitierten Rechtsprechung sogar einen Einfluss auf den Gesamtcharakter des (keinerlei Mischnutzung gewidmeten) Wohnhauses bzw. der eine Stockwerkeigentümergemeinschaft bildenden Wohnüberbauung haben, was aber offengelassen werden kann, weil es vorliegend nicht um die Frage des Einstimmigkeitsquorums geht. Auf der rechtlichen Ebene spiegelt sich der Unterschied zwischen der obligatorischen Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken einerseits und zum Betrieb eines Pflegeheimes andererseits auch in den zwischen den Akteuren bestehenden Rechtsverhältnissen. Die erstgenannte Nutzungsweise erfolgt typischerweise im Rahmen eines Mietvertrages oder nachgelagert eines Untermietvertrages. Dabei verändert sich die Nutzungsart nicht; der Mieter bzw. ein allfälliger Untermieter wohnt genau gleich in der Wohnung, wie es der Stockwerkeigentümer tun würde. Vorliegend jedoch schloss die Beschwerdeführerin mit der D. GmbH einen Mietvertrag zur Betreibung eines Pflegeheims. Im Rahmen ihres Pflegebetriebes schliesst diese ihrerseits mit den aufgenommenen Personen einen Kontrakt, der nach den zutreffenden Erwägungen des Obergerichtes als Heim- bzw. als Heimaufnahme- oder als Betreuungs- bzw. Pflegevertrag bezeichnet wird (vgl. zum Vertragsverhältnis namentlich BREITSCHMID/STECK/WITTWER, Der Heimvertrag, FamPra.ch 2009 S. 867 ff.; HOTZ, Der Betreuungsvertrag, FamPra.ch 2016 S. 815 ff., insb.
BGE 144 III 19 S. 28
821 oben; LEUBA/VAERINI, in: Erwachsenenschutz, 2013, N. 3 zu Art. 382
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 382 - 1 Wird eine urteilsunfähige Person für längere Dauer in einer Wohn- oder Pflegeeinrichtung betreut, so muss schriftlich in einem Betreuungsvertrag festgelegt werden, welche Leistungen die Einrichtung erbringt und welches Entgelt dafür geschuldet ist. |
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1 | Wird eine urteilsunfähige Person für längere Dauer in einer Wohn- oder Pflegeeinrichtung betreut, so muss schriftlich in einem Betreuungsvertrag festgelegt werden, welche Leistungen die Einrichtung erbringt und welches Entgelt dafür geschuldet ist. |
2 | Bei der Festlegung der von der Einrichtung zu erbringenden Leistungen werden die Wünsche der betroffenen Person so weit wie möglich berücksichtigt. |
3 | Die Zuständigkeit für die Vertretung der urteilsunfähigen Person beim Abschluss, bei der Änderung oder bei der Aufhebung des Betreuungsvertrags richtet sich sinngemäss nach den Bestimmungen über die Vertretung bei medizinischen Massnahmen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 382 - 1 Wird eine urteilsunfähige Person für längere Dauer in einer Wohn- oder Pflegeeinrichtung betreut, so muss schriftlich in einem Betreuungsvertrag festgelegt werden, welche Leistungen die Einrichtung erbringt und welches Entgelt dafür geschuldet ist. |
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1 | Wird eine urteilsunfähige Person für längere Dauer in einer Wohn- oder Pflegeeinrichtung betreut, so muss schriftlich in einem Betreuungsvertrag festgelegt werden, welche Leistungen die Einrichtung erbringt und welches Entgelt dafür geschuldet ist. |
2 | Bei der Festlegung der von der Einrichtung zu erbringenden Leistungen werden die Wünsche der betroffenen Person so weit wie möglich berücksichtigt. |
3 | Die Zuständigkeit für die Vertretung der urteilsunfähigen Person beim Abschluss, bei der Änderung oder bei der Aufhebung des Betreuungsvertrags richtet sich sinngemäss nach den Bestimmungen über die Vertretung bei medizinischen Massnahmen. |
BGE 144 III 19 S. 29
4.5 Aus dem Gesagten ergibt sich, dass (jedenfalls bei einem reinen Wohnhaus) der Betrieb eines Pflegeheimes mit dem "Wohnzweck", wie ihn das Reglement für sämtliche Wohnungen vorsieht, bei einer Auslegung nach dem Vertrauensprinzip nicht vereinbar ist und deshalb eine unzulässige Nutzung darstellt. Der angefochtene Entscheid ist deshalb zu schützen.