143 III 177
29. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A.A. gegen C. und vice versa (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_399/2016 / 5A_400/2016 vom 6. März 2017
Regeste (de):
- Art. 286 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 286 - 1 Das Gericht kann anordnen, dass der Unterhaltsbeitrag sich bei bestimmten Veränderungen der Bedürfnisse des Kindes oder der Leistungsfähigkeit der Eltern oder der Lebenskosten ohne weiteres erhöht oder vermindert.
1 Das Gericht kann anordnen, dass der Unterhaltsbeitrag sich bei bestimmten Veränderungen der Bedürfnisse des Kindes oder der Leistungsfähigkeit der Eltern oder der Lebenskosten ohne weiteres erhöht oder vermindert. 2 Bei erheblicher Veränderung der Verhältnisse setzt das Gericht den Unterhaltsbeitrag auf Antrag eines Elternteils oder des Kindes neu fest oder hebt ihn auf. 3 Bei nicht vorhergesehenen ausserordentlichen Bedürfnissen des Kindes kann das Gericht die Eltern zur Leistung eines besonderen Beitrags verpflichten.370 SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 289 - 1 Der Anspruch auf Unterhaltsbeiträge steht dem Kind zu und wird, solange das Kind minderjährig ist, durch Leistung an dessen gesetzlichen Vertreter oder den Inhaber der Obhut erfüllt, soweit das Gericht es nicht anders bestimmt.377
1 Der Anspruch auf Unterhaltsbeiträge steht dem Kind zu und wird, solange das Kind minderjährig ist, durch Leistung an dessen gesetzlichen Vertreter oder den Inhaber der Obhut erfüllt, soweit das Gericht es nicht anders bestimmt.377 2 Kommt jedoch das Gemeinwesen für den Unterhalt auf, so geht der Unterhaltsanspruch mit allen Rechten auf das Gemeinwesen über. SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 293 - 1 Das öffentliche Recht bestimmt, unter Vorbehalt der Unterstützungspflicht der Verwandten, wer die Kosten des Unterhaltes zu tragen hat, wenn weder die Eltern noch das Kind sie bestreiten können.
1 Das öffentliche Recht bestimmt, unter Vorbehalt der Unterstützungspflicht der Verwandten, wer die Kosten des Unterhaltes zu tragen hat, wenn weder die Eltern noch das Kind sie bestreiten können. 2 Ausserdem regelt das öffentliche Recht die Ausrichtung von Vorschüssen für den Unterhalt des Kindes, wenn die Eltern ihrer Unterhaltspflicht nicht nachkommen. - Will der Pflichtige seine Unterhaltsschuld herabsetzen oder aufheben lassen, so hat er das Kind (resp. dessen Vertreter) und das bevorschussende Gemeinwesen zugleich ins Recht zu fassen (E. 6).
Regeste (fr):
- Art. 286 al. 2, art. 289 al. 2 et art. 293 al. 2 C;: avances de contributions d'entretien en faveur de l'enfant par la collectivité publique selon le droit public cantonal; cession légale; légitimation passive dans le procès en modification.
- Le débirentier qui agit en réduction ou suppression de sa dette d'entretien doit poursuivre simultanément l'enfant (respectivement son représentant) et la collectivité publique qui a fait l'avance (consid. 6).
Regesto (it):
- Art. 286 cpv. 2, art. 289 cpv. 2 e art. 293 cpv. 2 CC; anticipazione di contributi per il mantenimento del figlio da parte dell'ente pubblico secondo il diritto pubblico cantonale; cessione legale; legittimazione passiva nella procedura di modifica.
- Il debitore che vuole far ridurre o sopprimere il suo obbligo di mantenimento deve convenire in giudizio contemporaneamente il figlio (rispettivamente il suo rappresentante) e l'ente pubblico che anticipa i contributi (consid. 6).
Sachverhalt ab Seite 177
BGE 143 III 177 S. 177
A.A. ist 2006 als Tochter von B.A. und C. geboren. Am 3. Juni 2008 verpflichtete das Bezirksgericht Plessur C. dazu, an den Unterhalt von Tochter A.A. rückwirkend ab 5. November 2006 monatlich
BGE 143 III 177 S. 178
einen Beitrag von Fr. 850.- zu bezahlen. Da der Kindsvater seiner Unterhaltspflicht nicht nachkam, bevorschussten die Sozialen Dienste der Stadt Chur die Unterhaltsbeiträge mit monatlich Fr. 737.-. Mit Schlichtungsgesuch vom 27. August 2013 resp. Abänderungsklage vom 29. Januar 2014 verlangte C., der an den Unterhalt von A.A. zu bezahlende monatliche Beitrag von Fr. 850.- sei ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Klage aufzuheben. Die Klage richtete sich ausschliesslich gegen A.A. Das Bezirksgericht Plessur setzte den Unterhaltsbeitrag mit Wirkung ab 1. November 2014 auf Fr. 650.- herab (Urteil vom 30. September 2014). Das Kantonsgericht von Graubünden hiess die Berufung des C. teilweise gut. Es reduzierte den an den Unterhalt von A.A. monatlich zu bezahlenden Beitrag mit Wirkung ab 27. August 2013 von Fr. 850.- auf Fr. 737.-, somit auf den von der Stadt Chur monatlich bevorschussten Betrag. Mit Wirkung ab dem 1. Mai 2016 hob es die Verpflichtung zur Leistung eines Unterhaltsbeitrages ganz auf. C. verlangt vor Bundesgericht, seine Verpflichtung zur Bezahlung von Unterhaltsbeiträgen sei bereits mit Wirkung ab Beginn der Rechtshängigkeit der Klage aufzuheben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. (Zusammenfassung)
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
6. Zu klären bleibt, ob die Stadt Chur im Prozess um die Aufhebung der Kinderunterhaltsbeiträge passivlegitimiert ist, soweit sie die Alimente bevorschusst hat.
6.1 Das Kantonsgericht erwog, die Sozialen Dienste der Stadt Chur hätten den Kindesunterhalt bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens mit Fr. 737.- monatlich bevorschusst, entsprechend dem Maximalbetrag gemäss Art. 3 der kantonalen Verordnung vom 31. Mai 1986 über die Bevorschussung von Unterhaltsbeiträgen für unterhaltsberechtigte Kinder (BR 215.050). Insoweit gehe der Anspruch von Gesetzes wegen mit allen Rechten auf das Gemeinwesen über (Art. 289 Abs. 2
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 289 - 1 Der Anspruch auf Unterhaltsbeiträge steht dem Kind zu und wird, solange das Kind minderjährig ist, durch Leistung an dessen gesetzlichen Vertreter oder den Inhaber der Obhut erfüllt, soweit das Gericht es nicht anders bestimmt.377 |
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1 | Der Anspruch auf Unterhaltsbeiträge steht dem Kind zu und wird, solange das Kind minderjährig ist, durch Leistung an dessen gesetzlichen Vertreter oder den Inhaber der Obhut erfüllt, soweit das Gericht es nicht anders bestimmt.377 |
2 | Kommt jedoch das Gemeinwesen für den Unterhalt auf, so geht der Unterhaltsanspruch mit allen Rechten auf das Gemeinwesen über. |
BGE 143 III 177 S. 179
indessen nicht beklagt und daher nicht Prozesspartei. Weiter gebe es keine prozessrechtliche Grundlage, um das bevorschussende Gemeinwesen zum Verfahren beizuladen. Dessen Ausgang könne ihm somit nicht entgegengehalten werden. Daher hob die Vorinstanz die Unterhaltsverpflichtung nur mit Bezug auf den Betrag, welcher die Bevorschussung überstieg, rückwirkend ab dem 27. August 2013 auf, im Übrigen aber erst auf den der Zustellung des Berufungsentscheids folgenden Monatsersten (1. Mai 2016) hin.
6.2 Der Kindsvater hält dafür, die Unterhaltsansprecherin sei allein passivlegitimiert. Eine Subrogation nach Art. 289 Abs. 2
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 289 - 1 Der Anspruch auf Unterhaltsbeiträge steht dem Kind zu und wird, solange das Kind minderjährig ist, durch Leistung an dessen gesetzlichen Vertreter oder den Inhaber der Obhut erfüllt, soweit das Gericht es nicht anders bestimmt.377 |
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1 | Der Anspruch auf Unterhaltsbeiträge steht dem Kind zu und wird, solange das Kind minderjährig ist, durch Leistung an dessen gesetzlichen Vertreter oder den Inhaber der Obhut erfüllt, soweit das Gericht es nicht anders bestimmt.377 |
2 | Kommt jedoch das Gemeinwesen für den Unterhalt auf, so geht der Unterhaltsanspruch mit allen Rechten auf das Gemeinwesen über. |
6.3
6.3.1 Der Anspruch auf Unterhaltsbeiträge steht dem Kind zu und wird, solange es minderjährig ist, durch Leistung an dessen gesetzlichen Vertreter oder an den Inhaber der Obhut erfüllt (Art. 289 Abs. 1
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 289 - 1 Der Anspruch auf Unterhaltsbeiträge steht dem Kind zu und wird, solange das Kind minderjährig ist, durch Leistung an dessen gesetzlichen Vertreter oder den Inhaber der Obhut erfüllt, soweit das Gericht es nicht anders bestimmt.377 |
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1 | Der Anspruch auf Unterhaltsbeiträge steht dem Kind zu und wird, solange das Kind minderjährig ist, durch Leistung an dessen gesetzlichen Vertreter oder den Inhaber der Obhut erfüllt, soweit das Gericht es nicht anders bestimmt.377 |
2 | Kommt jedoch das Gemeinwesen für den Unterhalt auf, so geht der Unterhaltsanspruch mit allen Rechten auf das Gemeinwesen über. |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 293 - 1 Das öffentliche Recht bestimmt, unter Vorbehalt der Unterstützungspflicht der Verwandten, wer die Kosten des Unterhaltes zu tragen hat, wenn weder die Eltern noch das Kind sie bestreiten können. |
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1 | Das öffentliche Recht bestimmt, unter Vorbehalt der Unterstützungspflicht der Verwandten, wer die Kosten des Unterhaltes zu tragen hat, wenn weder die Eltern noch das Kind sie bestreiten können. |
2 | Ausserdem regelt das öffentliche Recht die Ausrichtung von Vorschüssen für den Unterhalt des Kindes, wenn die Eltern ihrer Unterhaltspflicht nicht nachkommen. |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 289 - 1 Der Anspruch auf Unterhaltsbeiträge steht dem Kind zu und wird, solange das Kind minderjährig ist, durch Leistung an dessen gesetzlichen Vertreter oder den Inhaber der Obhut erfüllt, soweit das Gericht es nicht anders bestimmt.377 |
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1 | Der Anspruch auf Unterhaltsbeiträge steht dem Kind zu und wird, solange das Kind minderjährig ist, durch Leistung an dessen gesetzlichen Vertreter oder den Inhaber der Obhut erfüllt, soweit das Gericht es nicht anders bestimmt.377 |
2 | Kommt jedoch das Gemeinwesen für den Unterhalt auf, so geht der Unterhaltsanspruch mit allen Rechten auf das Gemeinwesen über. |
6.3.2 Gegenstand der Legalzession sind auch künftige Unterhaltsforderungen, von denen feststeht, dass sie zu bevorschussen sein
BGE 143 III 177 S. 180
werden (BGE 137 III 193 E. 3.6 ff., insbesondere E. 3.8 S. 202 f.; Urteil 5A_634/2013 vom 12. März 2014 E. 4.1; BREITSCHMID/KAMP, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 5. Aufl. 2014, N. 11 zu Art. 289
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 289 - 1 Der Anspruch auf Unterhaltsbeiträge steht dem Kind zu und wird, solange das Kind minderjährig ist, durch Leistung an dessen gesetzlichen Vertreter oder den Inhaber der Obhut erfüllt, soweit das Gericht es nicht anders bestimmt.377 |
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1 | Der Anspruch auf Unterhaltsbeiträge steht dem Kind zu und wird, solange das Kind minderjährig ist, durch Leistung an dessen gesetzlichen Vertreter oder den Inhaber der Obhut erfüllt, soweit das Gericht es nicht anders bestimmt.377 |
2 | Kommt jedoch das Gemeinwesen für den Unterhalt auf, so geht der Unterhaltsanspruch mit allen Rechten auf das Gemeinwesen über. |
6.3.3 Soweit ein Gemeinwesen gerichtlich zugesprochene Unterhaltszahlungen bevorschusst, wird es zum Gläubiger der betreffenden Forderungen. Dies gilt nach dem Gesagten auch für inskünftig fällig werdende Unterhaltsbeiträge, hinsichtlich derer die Bevorschussung bereits bewilligt ist. Nach allgemeiner Regel muss der Unterhaltspflichtige daher (auch) das Gemeinwesen ins Recht fassen, wenn er den Umfang seiner Beitragsverpflichtung reduzieren lassen will. Insoweit sind im Falle einer teilweisen Subrogation sowohl das Kind (resp. dessen Vertreter) wie auch das Gemeinwesen nebeneinander passivlegitimiert (Urteil 5A_634/2013 E. 4.1 a.E. und E. 4.2). Es besteht allerdings die Besonderheit, dass der Gegenstand der Herabsetzungsklage - nämlich das Dauerschuldverhältnis zwischen dem unterhaltsansprechenden Kind und dem unterhaltspflichtigen Elternteil - nicht identisch ist mit der konkreten, periodischen Unterhaltsforderung, die das Gemeinwesen (teilweise) bevorschusst hat resp. bevorschussen wird. Die Passivlegitimation des Gemeinwesens durchbricht den Grundsatz, wonach allein der Zedent Adressat von Willenserklärungen des Schuldners bleibt, welche das Schuldverhältnis als Ganzes betreffen (vgl. GIRSBERGER/HERMANN, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 6. Aufl. 2015, N. 8 und 10 zu Art. 170
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SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 170 - 1 Mit der Forderung gehen die Vorzugs- und Nebenrechte über, mit Ausnahme derer, die untrennbar mit der Person des Abtretenden verknüpft sind. |
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1 | Mit der Forderung gehen die Vorzugs- und Nebenrechte über, mit Ausnahme derer, die untrennbar mit der Person des Abtretenden verknüpft sind. |
2 | Der Abtretende ist verpflichtet, dem Erwerber die Schuldurkunde und alle vorhandenen Beweismittel auszuliefern und ihm die zur Geltendmachung der Forderung nötigen Aufschlüsse zu erteilen. |
3 | Es wird vermutet, dass mit der Hauptforderung auch die rückständigen Zinse auf den Erwerber übergehen. |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 289 - 1 Der Anspruch auf Unterhaltsbeiträge steht dem Kind zu und wird, solange das Kind minderjährig ist, durch Leistung an dessen gesetzlichen Vertreter oder den Inhaber der Obhut erfüllt, soweit das Gericht es nicht anders bestimmt.377 |
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1 | Der Anspruch auf Unterhaltsbeiträge steht dem Kind zu und wird, solange das Kind minderjährig ist, durch Leistung an dessen gesetzlichen Vertreter oder den Inhaber der Obhut erfüllt, soweit das Gericht es nicht anders bestimmt.377 |
2 | Kommt jedoch das Gemeinwesen für den Unterhalt auf, so geht der Unterhaltsanspruch mit allen Rechten auf das Gemeinwesen über. |
Das Gemeinwesen subrogiert zunächst in die konkrete Unterhaltsforderung, zumal deren Bevorschussung massgebender Rechtsgrund - und Rechtfertigung - für den Eintritt des Gemeinwesens in die Rechtsstellung des Unterhaltsgläubigers ist. Mit der Legalzession
BGE 143 III 177 S. 181
gehen abtretungsfähige (BGE 106 III 18 E. 2 S. 20) Nebenrechte dieser periodischen Unterhaltsforderung auf den Zessionar über (vgl. Art. 170
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SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 170 - 1 Mit der Forderung gehen die Vorzugs- und Nebenrechte über, mit Ausnahme derer, die untrennbar mit der Person des Abtretenden verknüpft sind. |
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1 | Mit der Forderung gehen die Vorzugs- und Nebenrechte über, mit Ausnahme derer, die untrennbar mit der Person des Abtretenden verknüpft sind. |
2 | Der Abtretende ist verpflichtet, dem Erwerber die Schuldurkunde und alle vorhandenen Beweismittel auszuliefern und ihm die zur Geltendmachung der Forderung nötigen Aufschlüsse zu erteilen. |
3 | Es wird vermutet, dass mit der Hauptforderung auch die rückständigen Zinse auf den Erwerber übergehen. |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 291 - Wenn die Eltern die Sorge für das Kind vernachlässigen, kann das Gericht ihre Schuldner anweisen, die Zahlungen ganz oder zum Teil an den gesetzlichen Vertreter des Kindes zu leisten. |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 292 - Vernachlässigen die Eltern beharrlich die Erfüllung ihrer Unterhaltspflicht, oder ist anzunehmen, dass sie Anstalten zur Flucht treffen oder ihr Vermögen verschleudern oder beiseite schaffen, so kann das Gericht sie verpflichten, für die künftigen Unterhaltsbeiträge angemessene Sicherheit zu leisten. |
6.3.4 Es stellt sich die Frage, wie es sich mit der Interessenlage des Gemeinwesens verhält, welches anstelle des Unterhaltspflichtigen für den Kindesunterhalt aufkommt. Sofern das betreffende Interesse nicht mit demjenigen des Kindes übereinstimmt, verunmöglichte eine geteilte Passivlegitimation gegebenenfalls eine koordinierte Prozessführung und eine gemeinsame Rechtsvertretung von Kind und Gemeinwesen (dazu das erwähnte Urteil 5A_634/2013 E. 4.1). Indessen dürfte in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle eine Herabsetzung der Unterhaltsbeiträge - und damit auch der Vorschussleistungen - zu einer entsprechenden Erhöhung der Sozialhilfe führen, damit der Barbedarf des Kindes gedeckt ist. Somit besteht nicht a priori ein Konflikt zwischen den Interessen des Kindes und denjenigen des Gemeinwesens. Freilich ist die Alimentenbevorschussung, abhängig von den anwendbaren kantonalen Bestimmungen, nicht zwingend an eine Sozialhilfeabhängigkeit des Haushaltes gebunden, in welchem das Kind wohnt. Wenn eine Herabsetzung oder Aufhebung von Unterhaltsbeiträgen nicht zu einer entsprechenden Aufstockung der vom gleichen Gemeinwesen aufzubringenden Sozialhilfe führt, entspricht das
BGE 143 III 177 S. 182
fiskalische Interesse eines (formal beklagten) subrogierenden Gemeinwesens theoretisch demjenigen des klagenden Leistungspflichtigen (vgl. DANIEL SUMMERMATTER, Zur Abänderung von Kinderalimenten, FamPra.ch 2012 S. 40 Fn. 16). In einem solchen Fall wäre aber zu beachten, dass das Gemeinwesen im Rahmen der Alimentenbevorschussung deswegen in die Stellung des Kindes eingetreten ist, weil das kantonale Recht es zu dieser Form der Wahrung von Kindesinteressen verpflichtet. In diesem Kontext darf die zuständige Behörde keinen Abänderungsprozess mit dem fiskalisch motivierten Ziel führen, die Stellung des Kindes zu verschlechtern (vgl. BGE 137 III 193 E. 3.4 S. 200 f.). Insoweit ist das Gemeinwesen nicht legitimiert, selber auf Herabsetzung des Unterhaltsbeitrages zu klagen (vgl. Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen vom 28. Juni 2005, in: FamPra.ch 2005 S. 987 ff.; vgl. auch STEPHAN WULLSCHLEGER, in: FamKomm Scheidung, 2. Aufl. 2011, N. 14 zu Art. 286
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 286 - 1 Das Gericht kann anordnen, dass der Unterhaltsbeitrag sich bei bestimmten Veränderungen der Bedürfnisse des Kindes oder der Leistungsfähigkeit der Eltern oder der Lebenskosten ohne weiteres erhöht oder vermindert. |
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1 | Das Gericht kann anordnen, dass der Unterhaltsbeitrag sich bei bestimmten Veränderungen der Bedürfnisse des Kindes oder der Leistungsfähigkeit der Eltern oder der Lebenskosten ohne weiteres erhöht oder vermindert. |
2 | Bei erheblicher Veränderung der Verhältnisse setzt das Gericht den Unterhaltsbeitrag auf Antrag eines Elternteils oder des Kindes neu fest oder hebt ihn auf. |
3 | Bei nicht vorhergesehenen ausserordentlichen Bedürfnissen des Kindes kann das Gericht die Eltern zur Leistung eines besonderen Beitrags verpflichten.370 |
6.3.5 Eigenständige Bedeutung erlangt die konkurrierende Passivlegitimation des Gemeinwesens, wenn sich das Kind einem Herabsetzungsbegehren des Unterhaltsschuldners nicht widersetzt, weil es ihm nicht darauf ankommt, ob sein Barbedarf durch die Alimentenbevorschussung oder durch die Sozialhilfe gedeckt wird. Hier muss das Gemeinwesen Herabsetzungsbegehren, die seiner Auffassung nach unbegründet sind, bestreiten können, was auch im wohlverstandenen Interesse des Kindes liegt. Ohne - durch die Passivlegitimation vermittelte - Parteistellung wäre dies nicht möglich, weil das Gemeinwesen mangels entsprechender Rechtsgrundlage nicht zum Verfahren beigeladen werden kann (Urteil 5A_634/2013 E. 4.2). Überdies hat es ein eigenes Interesse daran, sich gegen eine Herabsetzung der während des Abänderungsverfahrens in
BGE 143 III 177 S. 183
ursprünglicher Höhe zu bevorschussenden Unterhaltsbeiträge zu wehren; denn soweit die Bevorschussung infolge einer Herabsetzung im Nachhinein ihren Rechtsgrund verliert, entfällt auch die Subrogation in einen Unterhaltsanspruch.
6.3.6 Insgesamt ist es angezeigt, das bevorschussende Gemeinwesen im Falle einer Herabsetzungs- resp. Aufhebungsklage des Unterhaltspflichtigen an der Passivlegitimation des Kindes teilhaben zu lassen. An der Rechtsprechung gemäss Urteil 5A_634/2013 E. 4.1 a.E. und E. 4.2 ist daher festzuhalten.
6.4 Die streitgegenständlichen Unterhaltsbeiträge sind mithin nicht bereits mit Wirkung ab Beginn der Rechtshängigkeit des Abänderungsverfahrens im ganzen Umfang aufzuheben, sondern nur, soweit sie von der Stadt Chur nicht bevorschusst worden sind. (...)