140 V 8
2. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Bundesamt für Sozialversicherungen gegen D. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 8C_33/2013 vom 13. Dezember 2013
Regeste (de):
- Lit. a Abs. 1 der am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Schlussbestimmungen der Änderung vom 18. März 2011 des IVG (6. IV-Revision, erstes Massnahmenpaket); Anwendbarkeit.
- Die in lit. a Abs. 1 der Schlussbestimmungen der Änderung vom 18. März 2011 des IVG vorgesehene Rentenherabsetzung bzw. -aufhebung ist nicht auf vor dem 1. Januar 2008 zugesprochene Renten beschränkt. Erging die fragliche Rentenzusprache aber bereits in Beachtung der jeweils relevanten Rechtsprechung zu pathogenetisch-ätiologisch unklaren syndromalen Beschwerdebildern ohne nachweisbare organische Grundlage, bleibt kein Raum für ein Rückkommen unter dem Titel der Schlussbestimmung (E. 2).
Regeste (fr):
- Let. a al. 1 des dispositions finales, entrées en vigueur le 1er janvier 2012, de la modification du 18 mars 2011 de la LAI (6e révision de l'AI, premier volet); applicabilité.
- La réduction, respectivement la suppression de la rente, prévue à la let. a al. 1 des dispositions finales de la modification du 18 mars 2011 de la LAI, n'est pas limitée aux rentes allouées avant le 1er janvier 2008. Si l'octroi de la rente en cause tenait compte toutefois déjà de la jurisprudence toujours valable relative au syndrome sans pathogenèse ni étiologie claires et sans constat de déficit organique, il n'est pas possible de la réexaminer au titre des dispositions finales (consid. 2).
Regesto (it):
- Lett. a cpv. 1 delle disposizioni finali, entrate in vigore il 1° gennaio 2012, della modifica del 18 marzo 2011 della LAI (6a revisione AI, primo pacchetto di misure); applicabilità.
- La riduzione rispettivamente la soppressione delle rendite prevista alla lett. a cpv. 1 delle disposizioni finali della modifica del 18 marzo 2011 della LAI non è limitata alle rendite assegnate prima del 1° gennaio 2008. Se però il riconoscimento della rendita in causa teneva già conto dell'allora determinante giurisprudenza in materia di sindrome senza patogenesi o eziologia chiare e senza causa organica comprovata, non vi è più spazio per un riesame sotto questo titolo (consid. 2).
Sachverhalt ab Seite 9
BGE 140 V 8 S. 9
A.
A.a Der 1957 geborene, zuletzt als Hilfsarbeiter tätige D. bezog vom 1. Juni 1996 bis 31. August 1997 infolge unfallbedingter Meniskus- und Kreuzbandverletzungen eine ganze Rente der Invalidenversicherung (Verfügung der IV-Stelle des Kantons Zürich [nachfolgend: IV-Stelle] vom 6. November 1998).
A.b Auf erneute Anmeldung anfangs September 2000 hin zog die IV-Stelle erneut medizinische Berichte bei und sprach D. gestützt darauf am 12. April 2002 verfügungsweise rückwirkend ab 1. Mai 2000 eine ganze Rente zu. Anlässlich des im Oktober 2004 von Amtes wegen eingeleiteten Revisionsverfahrens veranlasste die Verwaltung weitere Abklärungen. Mit Verfügung vom 15. Juni 2006 wurden die Rentenleistungen auf das Ende des der Zustellung folgenden Monats aufgehoben, woran die IV-Stelle festhielt (Einspracheentscheid vom 19. September 2006). Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die dagegen eingereichte Beschwerde mit in Rechtskraft erwachsenem Entscheid vom 21. November 2007 ab, soweit es darauf eintrat.
A.c Basierend auf einem Schreiben des Psychiatrie-Zentrums X. vom 27. November 2007 und einer Stellungnahme des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) vom 6. Dezember 2007 sprach die IV-Stelle D. mit Verfügung vom 14. Februar 2008 ab 1. April 2007 wiederum eine ganze Rente zu. Diese wurde am 25. Januar 2011 revisionsweise bestätigt. Unter Hinweis auf lit. a Abs. 1 der per 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Schlussbestimmungen der Änderung vom 18. März 2011 des IVG (6. IV-Revision, erstes Massnahmenpaket [AS 2011 5659; BBl 2011 2723 und 2010 1817]; nachfolgend: SchlBest. IVG) wurde die
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bisherige Rente nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens sowie der Einholung von Stellungnahmen des RAD vom 3. Februar und 17. Juli 2012 mit Verfügung vom 19. Juli 2012 auf den 1. September 2012 eingestellt.
B. Das in der Folge angerufene Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hiess die Beschwerde gut und hob die angefochtene Verfügung mit der Feststellung auf, dass D. weiterhin Anspruch auf eine ganze Invalidenrente habe (Entscheid vom 14. November 2012).
C. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids; eventualiter sei die Angelegenheit zur Vornahme weiterer Abklärungen an die IV-Stelle zurückzuweisen. Zudem sei dem Rechtsmittel die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut.
(Zusammenfassung)
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Streitgegenstand bildet die Frage der Weiterausrichtung der bisherigen ganzen Rente des Beschwerdegegners.
2.1 Vorab zu beurteilen ist, ob, wie im angefochtenen Entscheid erwogen, eine Aufhebung der Rente unter Bezugnahme auf lit. a Abs. 1 SchlBest. IVG bereits zufolge des Umstandes entfällt, dass die Rentenzusprache am 14. Februar 2008 und damit nach dem 1. Januar 2008 verfügt worden ist.
2.1.1 Das kantonale Gericht begründet seine Auffassung damit, dass die Schlussbestimmung bezwecke, vor dem 1. Januar 2008 - und folglich vor Inkrafttreten des im Rahmen der 5. IV-Revision aufgenommenen Abs. 2 Satz 2 von Art. 7
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ATSG Art. 7 Erwerbsunfähigkeit - 1 Erwerbsunfähigkeit ist der durch Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze oder teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt. |
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1 | Erwerbsunfähigkeit ist der durch Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze oder teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt. |
2 | Für die Beurteilung des Vorliegens einer Erwerbsunfähigkeit sind ausschliesslich die Folgen der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu berücksichtigen. Eine Erwerbsunfähigkeit liegt zudem nur vor, wenn sie aus objektiver Sicht nicht überwindbar ist.11 |
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ATSG Art. 7 Erwerbsunfähigkeit - 1 Erwerbsunfähigkeit ist der durch Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze oder teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt. |
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1 | Erwerbsunfähigkeit ist der durch Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze oder teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt. |
2 | Für die Beurteilung des Vorliegens einer Erwerbsunfähigkeit sind ausschliesslich die Folgen der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu berücksichtigen. Eine Erwerbsunfähigkeit liegt zudem nur vor, wenn sie aus objektiver Sicht nicht überwindbar ist.11 |
BGE 140 V 8 S. 11
des Berichts des Psychiatrie-Zentrums X. vom 27. November 2007, welcher einige der rechtsprechungsgemäss für die Unüberwindbarkeit sprechenden (Komorbiditäts-)Kriterien (nicht publ. E. 4.2.1) als erfüllt eingestuft habe, denn auch geschehen sei.
2.1.2 Dem wird in der Beschwerde entgegengehalten, aus den Materialien ergebe sich klar, dass eine Rentenüberprüfung nach lit. a Abs. 1 SchlBest. IVG nicht auf Invalidenrenten habe beschränkt werden wollen, die vor dem 1. Januar 2008 auf Grund einer Diagnose von organisch unerklärbaren Schmerzzuständen zugesprochen worden seien. Eine Überprüfung der Rente unter dem Titel der Schlussbestimmung falle in casu somit nicht allein schon deshalb ausser Betracht, weil die rentenzusprechende Verfügung nach dem 1. Januar 2008 ergangen sei.
2.2 Gemäss lit. a Abs. 1 SchlBest. IVG, gültig seit 1. Januar 2012, werden Renten, die bei pathogenetisch-ätiologisch unklaren syndromalen Beschwerdebildern ohne nachweisbare organische Grundlage gesprochen wurden, innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten dieser Änderung überprüft. Sind die Voraussetzungen nach Art. 7
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ATSG Art. 7 Erwerbsunfähigkeit - 1 Erwerbsunfähigkeit ist der durch Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze oder teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt. |
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1 | Erwerbsunfähigkeit ist der durch Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze oder teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt. |
2 | Für die Beurteilung des Vorliegens einer Erwerbsunfähigkeit sind ausschliesslich die Folgen der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu berücksichtigen. Eine Erwerbsunfähigkeit liegt zudem nur vor, wenn sie aus objektiver Sicht nicht überwindbar ist.11 |
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ATSG Art. 17 Revision der Invalidenrente und anderer Dauerleistungen - 1 Die Invalidenrente wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers sich: |
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1 | Die Invalidenrente wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers sich: |
a | um mindestens fünf Prozentpunkte ändert; oder |
b | auf 100 Prozent erhöht.17 |
2 | Auch jede andere formell rechtskräftig zugesprochene Dauerleistung wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn sich der ihr zu Grunde liegende Sachverhalt nachträglich erheblich verändert hat. |
2.2.1 Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Ordnung zu unterstellen. Insbesondere bei jüngeren Gesetzen sind auch die Gesetzesmaterialien zu beachten, wenn sie auf die streitige Frage eine klare Antwort geben und dem Gericht damit weiterhelfen (BGE 138 III 694 E. 2.4 S. 698; BGE 137 IV 249 E. 3.2 S. 251; BGE 137 V 369 E. 4.4.3.2 S. 371; BGE 134 II 308 E. 5.2 S. 311).
2.2.1.1 Weder die deutsch- noch die französisch- noch die italienischsprachige Fassung von lit. a Abs. 1 SchlBest. IVG sehen eine
BGE 140 V 8 S. 12
zeitliche Limitierung der Überprüfbarkeit von bei pathogenetisch-ätiologisch unklaren syndromalen Beschwerdebildern ohne nachweisbare organische Grundlage zugesprochenen Renten in dem Sinne vor, als nur vor dem 1. Januar 2008 verfügte Renten einer Überprüfung zugänglich wären.
2.2.1.2 Dem historischen Auslegungselement kommt im vorliegenden Kontext, da die betreffende Norm erst mit der 6. IV-Revision per 1. Januar 2012 in das IVG gelangte, erhöhter Stellenwert zu und ist gleichzusetzen mit einer geltungszeitlichen Herangehensweise (vgl. E. 2.2.1 hievor; BGE 139 V 442 E. 4.2.2.1 S. 447; BGE 136 V 216 E. 5.3.1 S. 218 f.; je mit Hinweisen). Diesbezüglich ist der bundesrätlichen Botschaft vom 24. Februar 2010 zur Änderung des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (6. IV-Revision, erstes Massnahmenpaket; BBl 2010 1817 ff.) unter dem Titel "Überprüfung der Renten, die vor dem 1. Januar 2008 gestützt auf die Diagnose von organisch nicht erklärbaren Schmerzzuständen gesprochen wurden" zu entnehmen (BBl 2010 1911 f.), dass mit der Schlussbestimmung die rechtliche Grundlage zur Anpassung der laufenden Renten, die vor dem 1. Januar 2008 wegen somatoformer Schmerzstörungen, Fibromyalgie und ähnlicher Sachverhalte zugesprochen worden waren, geschaffen werden sollte. Ergebe die Überprüfung durch die IV-Stelle, dass eine somatoforme Schmerzstörung, eine Fibromyalgie oder ein ähnlicher Sachverhalt in Anwendung von Art. 7 Abs. 2
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ATSG Art. 7 Erwerbsunfähigkeit - 1 Erwerbsunfähigkeit ist der durch Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze oder teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt. |
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1 | Erwerbsunfähigkeit ist der durch Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze oder teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt. |
2 | Für die Beurteilung des Vorliegens einer Erwerbsunfähigkeit sind ausschliesslich die Folgen der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu berücksichtigen. Eine Erwerbsunfähigkeit liegt zudem nur vor, wenn sie aus objektiver Sicht nicht überwindbar ist.11 |
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ATSG Art. 17 Revision der Invalidenrente und anderer Dauerleistungen - 1 Die Invalidenrente wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers sich: |
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1 | Die Invalidenrente wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers sich: |
a | um mindestens fünf Prozentpunkte ändert; oder |
b | auf 100 Prozent erhöht.17 |
2 | Auch jede andere formell rechtskräftig zugesprochene Dauerleistung wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn sich der ihr zu Grunde liegende Sachverhalt nachträglich erheblich verändert hat. |
BGE 140 V 8 S. 13
Blick auf den am 30. August 2010 entschiedenen BGE 136 V 279 (sinngemässe Anwendbarkeit der Rechtsprechung zu den anhaltenden somatoformen Schmerzstörungen nach BGE 130 V 352 auch auf spezifische und unfalladäquate Verletzungen der Halswirbelsäule [HWS; Schleudertrauma] ohne organisch nachweisbare Funktionsausfälle), schliesslich jedoch abgesehen. Dies mit der Begründung, dass, um nicht neue Ungerechtigkeiten zu schaffen bzw. um alle entsprechenden Renten im Sinne einer Gleichbehandlung überprüfen zu können, auch später zugesprochene Renten, auf die gemäss der nach dem 1. Januar 2008 ergangenen Rechtsprechung zu den unklaren Beschwerdebildern kein Anspruch bestanden hätte, korrigierbar sein sollten (Antrag der nationalrätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit [SGK-N] vom 13. Oktober 2010, Protokoll der SGK-N vom 4. und 5. November 2010, S. 68 ff., Protokoll der SGK-S vom 31. Januar und 1. Februar 2011, S. 17 ff.; ferner AB 2010 N 2116 ff. und 2011 S 36 ff.).
2.2.1.3 In Bezug auf Sinn und Zweck der Schlussbestimmung - und damit das teleologische Element des Auslegungsprozesses - kann weitgehend auf das hievor Gesagte verwiesen werden. Zu ergänzen ist, dass lit. a Abs. 1 SchlBest. IVG im Nachgang zu BGE 135 V 201 und 215 (Urteile 8C_502/2007 vom 26. März 2009 und 9C_1009/2008 vom 1. Mai 2009), wonach weder die mit BGE 130 V 352 zur somatoformen Schmerzstörung begründete Rechtsprechung noch der mit der 5. IV-Revision eingefügte Art. 7 Abs. 2
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ATSG Art. 7 Erwerbsunfähigkeit - 1 Erwerbsunfähigkeit ist der durch Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze oder teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt. |
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1 | Erwerbsunfähigkeit ist der durch Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze oder teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt. |
2 | Für die Beurteilung des Vorliegens einer Erwerbsunfähigkeit sind ausschliesslich die Folgen der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu berücksichtigen. Eine Erwerbsunfähigkeit liegt zudem nur vor, wenn sie aus objektiver Sicht nicht überwindbar ist.11 |
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ATSG Art. 7 Erwerbsunfähigkeit - 1 Erwerbsunfähigkeit ist der durch Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze oder teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt. |
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1 | Erwerbsunfähigkeit ist der durch Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze oder teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt. |
2 | Für die Beurteilung des Vorliegens einer Erwerbsunfähigkeit sind ausschliesslich die Folgen der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu berücksichtigen. Eine Erwerbsunfähigkeit liegt zudem nur vor, wenn sie aus objektiver Sicht nicht überwindbar ist.11 |
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ATSG Art. 17 Revision der Invalidenrente und anderer Dauerleistungen - 1 Die Invalidenrente wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers sich: |
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1 | Die Invalidenrente wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers sich: |
a | um mindestens fünf Prozentpunkte ändert; oder |
b | auf 100 Prozent erhöht.17 |
2 | Auch jede andere formell rechtskräftig zugesprochene Dauerleistung wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn sich der ihr zu Grunde liegende Sachverhalt nachträglich erheblich verändert hat. |
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ATSG Art. 53 Revision und Wiedererwägung - 1 Formell rechtskräftige Verfügungen und Einspracheentscheide müssen in Revision gezogen werden, wenn die versicherte Person oder der Versicherungsträger nach deren Erlass erhebliche neue Tatsachen entdeckt oder Beweismittel auffindet, deren Beibringung zuvor nicht möglich war. |
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1 | Formell rechtskräftige Verfügungen und Einspracheentscheide müssen in Revision gezogen werden, wenn die versicherte Person oder der Versicherungsträger nach deren Erlass erhebliche neue Tatsachen entdeckt oder Beweismittel auffindet, deren Beibringung zuvor nicht möglich war. |
2 | Der Versicherungsträger kann auf formell rechtskräftige Verfügungen oder Einspracheentscheide zurückkommen, wenn diese zweifellos unrichtig sind und wenn ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist. |
3 | Der Versicherungsträger kann eine Verfügung oder einen Einspracheentscheid, gegen die Beschwerde erhoben wurde, so lange wiedererwägen, bis er gegenüber der Beschwerdebehörde Stellung nimmt. |
BGE 140 V 8 S. 14
Sensibilitäts- und Empfindungsstörung: Urteil I 9/07 vom 9. Februar 2007 E. 4 in fine, in: SVR 2007 IV Nr. 45 S. 149; dissoziative Bewegungsstörung: Urteil 9C_903/2007 vom 30. April 2008 E. 3.4; Chronic Fatigue Syndrome [CFS; chronisches Müdigkeitssyndrom] und Neurasthenie: Urteile I 70/07 vom 14. April 2008 E. 5; 9C_98/2010 vom 28. April 2010 E. 2.2.2, in: SVR 2011 IV Nr. 17 S. 44, und 9C_662/2009 vom 17. August 2010 E. 2.3, in: SVR 2011 IV Nr. 26 S. 73; spezifische und unfalladäquate HWS-Verletzungen [Schleudertrauma] ohne organisch nachweisbare Funktionsausfälle: BGE 136 V 279 [Urteil 9C_510/2009 vom 30. August 2010]; nichtorganische Hypersomnie: BGE 137 V 64 E. 4 S. 67 ff. [Urteil 9C_871/2010 vom 25. Februar 2011]; leichte Persönlichkeitsveränderung bei chronischem Schmerzsyndrom: Urteil 8C_167/2012 vom 15. Juni 2012 E. 5.2 und 6.1; vgl. ferner Rz. 1002 des Kreisschreibens des BSV über die Schlussbestimmungen der Änderung vom 18. März 2011 des IVG [KSSB], gültig ab 1. März 2013 http://www.bsv.admin.ch/vollzug/documents/view/3976/lang:deu/category:34), soll die Schlussbestimmung indessen nicht Hand bieten für eine nochmalige Überprüfung unter denselben Vorzeichen. Eine solche ist einer allfälligen Wiedererwägung mit den Voraussetzungen der zweifellosen Unrichtigkeit und der erheblichen Bedeutung der Berichtigung vorbehalten.
2.2.1.4 Der Gesichtspunkt einer systematischen Auslegung führt zu keinen von den bisherigen Schlussfolgerungen abweichenden Erkenntnissen.
2.2.2 Zusammenfassend ist die Überprüfung nach lit. a Abs. 1 SchlBest. IVG nicht auf vor dem 1. Januar 2008 zugesprochene Renten beschränkt. Erging die fragliche Rentenzusprache aber schon in Beachtung der jeweils relevanten Rechtsprechung zu pathogenetisch-ätiologisch unklaren syndromalen Beschwerdebildern ohne nachweisbare organische Grundlage, bleibt kein Raum mehr für ein Rückkommen unter dem Titel der Schlussbestimmung.
2.3 Die IV-Stelle hat die am 14. Februar 2008 verfügte ganze Rente in Kenntnis der Praxis zu den anhaltenden somatoformen Schmerzstörungen zuerkannt (vgl. E. 2.1.1 hievor). Ob dies in rechtskonformer Weise geschehen ist, muss, aus den hievor dargelegten Gründen, nicht im Verfahren gemäss SchlBest. IVG entschieden werden.