140 III 170
28. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. GmbH gegen B. AG (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_522/2013 vom 12. Mai 2014
Regeste (de):
- Art. 5
Nr. 1 lit. b LugÜ; gerichtsstandsrelevante Erfüllungsortsvereinbarung.
- Gerichtsstand des (vereinbarten) Erfüllungsorts (E. 2.2.1 und 2.2.2); eine Erfüllungsortsvereinbarung ist nur dann gerichtsstandsrelevant, wenn sie sich auf eine vertragscharakteristische Leistung bezieht (E. 2.2.3 und 2.3).
Regeste (fr):
- Art. 5 par. 1 let. b CL; for déterminé par une convention désignant le lieu de l'exécution.
- For du lieu de l'exécution (convenu; consid. 2.2.1 et 2.2.2); une convention désignant le lieu de l'exécution n'est déterminante pour le for que si elle se rapporte à une prestation caractéristique du contrat (consid. 2.2.3 et 2.3).
Regesto (it):
- Art. 5 par. 1 lett. b CLug; foro determinato da una convenzione sul luogo di esecuzione.
- Foro del luogo di esecuzione (pattuito; consid. 2.2.1 e 2.2.2); una convenzione sul luogo di esecuzione è determinante per il foro solo se concerne una prestazione caratteristica del contratto (consid. 2.2.3 e 2.3).
Sachverhalt ab Seite 170
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A. Die B. AG (Bestellerin, Beklagte, Beschwerdegegnerin) plante ab 2009 ein neues Zentrallager an ihrem Sitz in U., Österreich. Im Hinblick darauf schloss sie mit der A. GmbH (Unternehmerin, Klägerin, Beschwerdeführerin; Sitz in V., Deutschland) Werkverträge ab. Darin verpflichtete sich die Unternehmerin zur Herstellung und Montage von Regalanlagen nach den Vorgaben der Bestellerin. (...)
In § 15.4 der Verkaufs-, Liefer- und Zahlungsbedingungen befindet sich eine Erfüllungsortsklausel mit folgendem Wortlaut: "Bestimmt unsere Auftragsbestätigung nichts anderes, ist Erfüllungsort für den Leistungsgegenstand und für alle Zahlungen, andere
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Geldansprüche und empfangenen Wechsel unser jeweiliger Geschäftssitz, zurzeit W., Schweiz." (...)
B. Am 26. Juni 2012 reichte die Unternehmerin beim Handelsgericht des Kantons Zürich Klage ein und beantragte, die Bestellerin sei zur Zahlung von EUR 667'603.30 nebst Zins zu verurteilen. Es handelt sich dabei um angeblich ausstehende Beträge für ausgeführte Arbeiten. Mit Eingabe vom 22. Oktober 2012 erhob die Bestellerin die Einrede der Unzuständigkeit. Mit Beschluss vom 11. Januar 2013 wies das Handelsgericht des Kantons Zürich die Unzuständigkeitseinrede der Bestellerin ab. Mit Urteil 4A_86/2013 vom 1. Juli 2013 hiess das Bundesgericht die dagegen eingelegte Beschwerde teilweise gut, hob den Beschluss des Handelsgerichts vom 11. Januar 2013 auf und wies die Sache zur Ergänzung des Sachverhalts und neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück. Mit Beschluss vom 13. September 2013 trat das Handelsgericht mangels Zuständigkeit auf die Klage nicht ein.
C. Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Unternehmerin dem Bundesgericht, es sei der Beschluss des Handelsgerichts vom 13. September 2013 aufzuheben und die Zuständigkeit des Handelsgerichts Zürich festzustellen; eventualiter sei die Sache zur Beurteilung der Frage des Vorliegens einer gerichtsstandsbegründenden Erfüllungsortsvereinbarung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Bestellerin beantragt in ihrer Vernehmlassung Abweisung der Beschwerde. Die Vorinstanz hat auf Vernehmlassung verzichtet. Die Beschwerdeführerin reichte Replik ein.
(Auszug)
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz vor, diese habe zu Unrecht die Gültigkeit der Erfüllungsortsvereinbarung gemäss § 15.4 der AGB verneint. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sei nicht nach dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 11. April 1980 über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG; SR 0.221.211.1), sondern nach OR zu prüfen, ob die AGB der Beschwerdeführerin Vertragsinhalt geworden sind. Nach OR seien die AGB gültig in die Verträge einbezogen worden, womit eine gültige Leistungsortsvereinbarung vorliege. Entgegen der Auffassung der
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Vorinstanz seien die Zürcher Gerichte damit gemäss Art. 5

2.1 Zwischen den Parteien ist unbestritten, dass keine gültige Gerichtsstandsvereinbarung i.S. von Art. 23

2.2
2.2.1 Die Bestimmungen über "Besondere Zuständigkeiten" nach Art. 5




2.2.2 Art. 5


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249 E. 3b/aa S. 251; dazu - sowie zur Massgeblichkeit dieser Rechtsprechung auch unter dem revidierten LugÜ - statt aller ANDREA BONOMI, in: Commentaire romand, Loi sur le droit international privé, Convention de Lugano, 2011, N. 70 zu Art. 5

2.2.3 In der Lehre wird sodann mit überzeugender Begründung vertreten, dass im Rahmen von Art. 5





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d.h. für vollumfängliche Parteiautonomie und damit die Möglichkeit der Abspaltung des Zahlungsgerichtsstands durch abweichende Vereinbarung des Zahlungsorts - DOMENICO ACOCELLA, in: Lugano- Übereinkommen [LugÜ] zum internationalen Zivilverfahrensrecht,Anton K. Schnyder [Hrsg.], 2011, N. 153 zu Art. 5

2.3 Aus den Feststellungen im angefochtenen Entscheid ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin die der Beschwerdegegnerin geschuldeten Regale nach eigenen Angaben in Deutschland produziert hatte. Zwischen den Parteien ist sodann unbestritten, dass die Regale in der Folge nach Österreich geliefert und dort montiert wurden. Nach Angaben der Beschwerdeführerin sei einzig die Rechnungsstellung aus der Schweiz erfolgt. Daraus folgt, dass der tatsächliche Erfüllungsort der charakteristischen Vertragsleistung, also die Herstellung und Montage der Regale, jedenfalls nicht in der Schweiz liegt. Wenn daher § 15.4 der AGB bestimmt, dass der "Erfüllungsort für den Leistungsgegenstand und für alle Zahlungen, andere Geldansprüche und empfangenen Wechsel" am jeweiligen Geschäftssitz der Beschwerdeführerin, also "zurzeit W." sei, so entspricht dies für die charakteristische Vertragsleistung nicht dem tatsächlichen Erfüllungsort. In Bezug auf die charakteristische Vertragsleistung handelt es sich mithin um eine abstrakte Erfüllungsortsvereinbarung, die keine zuständigkeitsbegründende Wirkung nach Art. 5

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Geldleistung zuständigkeitsrechtlich auch dann unbeachtlich, wenn man jener Lehrmeinung folgen möchte, welche eine separate, zuständigkeitsbegründende Erfüllungsortsvereinbarung lediglich in Bezug auf die Geldleistung für zulässig erachtet.
2.4 Die Vorinstanz ist somit zu Recht zum Schluss gelangt, dass für die vorliegende Streitigkeit kein Gerichtsstand in Zürich gestützt auf Art. 5
