Urteilskopf

138 III 797

120. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Z. AG in Liquidation (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_133/2012 vom 30. August 2012

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Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 797

BGE 138 III 797 S. 797

A. X. ist Alleinaktionär der Z. AG in Liquidation, über die am 22. September 2010 der Konkurs eröffnet worden war. Am 27. Dezember 2010 leitete die konkursite Gesellschaft gegen X. für Fr. 12'706'545.45 nebst Zins zu 5 Prozent seit 15. Dezember 2010 die Betreibung ein (Zahlungsbefehl Nr. 1 des Betreibungsamts A.). Der Betriebene erhob Rechtsvorschlag.
B. Auf Gesuch der Z. AG in Liquidation erteilte die Einzelrichterin der Abteilung 2 des Bezirksgerichts Kriens in der erwähnten Betreibung für Fr. 6'824'784.81 nebst Zins zu 5 Prozent seit 15. Dezember 2010 die provisorische Rechtsöffnung. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Luzern mit Entscheid vom 15. Dezember 2011 ab.
BGE 138 III 797 S. 798

C. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 9. Februar 2012 wendet sich X. (Beschwerdeführer) an das Bundesgericht. Er beantragt, den Entscheid des Obergerichts und denjenigen des Bezirksgerichts Kriens aufzuheben. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, hebt den Entscheid des Obergerichts auf und weist das Rechtsöffnungsgesuch der Beschwerdegegnerin ab.
Erwägungen

Aus den Erwägungen:

4. (...)

4.2 Das Bundesgericht hat sich bis anhin nicht abschliessend zur Frage geäussert, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die unterzeichnete Anerkennung eines Kontokorrentsaldos ihre Eigenschaft als Schuldanerkennung im Sinne von Art. 82 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 82 - 1 Beruht die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen.
1    Beruht die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen.
2    Der Richter spricht dieselbe aus, sofern der Betriebene nicht Einwendungen, welche die Schuldanerkennung entkräften, sofort glaubhaft macht.
SchKG einbüsst, wenn das ihr zugrunde liegende vertragliche Kontokorrentverhältnis weitergeführt wird (vgl. BGE 132 III 480 E. 5 S. 483). In einem amtlich nicht veröffentlichten Urteil betreffend den Kontokorrentvertrag zwischen einer Geschäftsbank und einem privaten Kreditnehmer billigt das Bundesgericht zwar die Ansicht des dortigen Beschwerdeführers, wonach die Anerkennung von auf neue Rechnung übertragenen Saldi aufgrund der novatorischen Wirkung gemäss Art. 117 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 117 - 1 Die Einsetzung der einzelnen Posten in einen Kontokorrent hat keine Neuerung zur Folge.
1    Die Einsetzung der einzelnen Posten in einen Kontokorrent hat keine Neuerung zur Folge.
2    Eine Neuerung ist jedoch anzunehmen, wenn der Saldo gezogen und anerkannt wird.
3    Bestehen für einen einzelnen Posten besondere Sicherheiten, so werden sie, unter Vorbehalt anderer Vereinbarung, durch die Ziehung und Anerkennung des Saldos nicht aufgehoben.
OR zur Folge habe, dass die früheren Richtigbefundanzeigen ihre Wirkung als Schuldanerkennungen im Sinne von Art. 82
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 82 - 1 Beruht die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen.
1    Beruht die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen.
2    Der Richter spricht dieselbe aus, sofern der Betriebene nicht Einwendungen, welche die Schuldanerkennung entkräften, sofort glaubhaft macht.
SchKG verlören (Urteil 5P.334/1993 vom 18. November 1993 E. 3, in: Rep. 1994 S. 257). Aus dieser Rechtsprechung folgt allerdings nicht, dass die Titelqualität eines unterschriftlich anerkannten Kontokorrentsaldos erst dann entfiele, wenn der Schuldner zu einem späteren Zeitpunkt einen weiteren, neuen Saldo anerkennt und damit im Sinne von Art. 117 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 117 - 1 Die Einsetzung der einzelnen Posten in einen Kontokorrent hat keine Neuerung zur Folge.
1    Die Einsetzung der einzelnen Posten in einen Kontokorrent hat keine Neuerung zur Folge.
2    Eine Neuerung ist jedoch anzunehmen, wenn der Saldo gezogen und anerkannt wird.
3    Bestehen für einen einzelnen Posten besondere Sicherheiten, so werden sie, unter Vorbehalt anderer Vereinbarung, durch die Ziehung und Anerkennung des Saldos nicht aufgehoben.
OR eine Novation der Kontokorrentforderung bewirkt (so NAEF, Conto corrente e rigetto provvisorio dell'opposizione, RDAT 1997 II S. 252). Wird der Saldo einer abgeschlossenen Rechnungsperiode in einem fortgesetzten Kontokorrentverhältnis nicht bezahlt, sondern einverständlich auf neue Rechnung vorgetragen, so verliert er dadurch seine selbständige Natur und wird zu einem Posten dieser neuen Rechnung, bestimmt, in dem Saldo derselben aufzugehen (BGE 19 I 401 E. 5 S. 408 f.). Dies aber bedeutet aus betreibungsrechtlicher Sicht nichts anderes, als dass die unterschriftliche Anerkennung eines Kontokorrentsaldos ihre Eignung als provisorischer Rechtsöffnungstitel mit dem Vortrag des anerkannten Saldos auf neue Rechnung verliert. Als Schuldanerkennung im Sinne von
BGE 138 III 797 S. 799

Art. 82 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 82 - 1 Beruht die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen.
1    Beruht die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen.
2    Der Richter spricht dieselbe aus, sofern der Betriebene nicht Einwendungen, welche die Schuldanerkennung entkräften, sofort glaubhaft macht.
SchKG taugt eine solche Richtigbefundanzeige nur, wenn der Schuldner sie nach erfolgter Kündigung des Kontokorrentvertrages ausgestellt hat und wenn der anerkannte Saldo nicht auf neue Rechnung vorgetragen wurde und auf dem Konto auch keine weiteren materiellen Geschäftstransaktionen stattgefunden haben.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 138 III 797
Datum : 30. August 2012
Publiziert : 28. März 2013
Quelle : Bundesgericht
Status : 138 III 797
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Art. 82 Abs. 1 SchKG; Schuldanerkennung; unterzeichnete Anerkennung eines Kontokorrentsaldos. Die unterschriftliche Anerkennung


Gesetzesregister
OR: 117
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 117 - 1 Die Einsetzung der einzelnen Posten in einen Kontokorrent hat keine Neuerung zur Folge.
1    Die Einsetzung der einzelnen Posten in einen Kontokorrent hat keine Neuerung zur Folge.
2    Eine Neuerung ist jedoch anzunehmen, wenn der Saldo gezogen und anerkannt wird.
3    Bestehen für einen einzelnen Posten besondere Sicherheiten, so werden sie, unter Vorbehalt anderer Vereinbarung, durch die Ziehung und Anerkennung des Saldos nicht aufgehoben.
SchKG: 82
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 82 - 1 Beruht die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen.
1    Beruht die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen.
2    Der Richter spricht dieselbe aus, sofern der Betriebene nicht Einwendungen, welche die Schuldanerkennung entkräften, sofort glaubhaft macht.
BGE Register
132-III-480 • 138-III-797 • 19-I-401
Weitere Urteile ab 2000
5A_133/2012 • 5P.334/1993
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
schuldanerkennung • bundesgericht • unterschrift • sold • beschwerde in zivilsachen • schuldner • zins • entscheid • unternehmung • sachverhalt • betreibungsamt • rechtsvorschlag • report • zahlungsbefehl • provisorische rechtsöffnung • eigenschaft • frage • wiese