138 III 650
98. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A./B. und C./D. gegen E./F. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_245/2012 vom 13. September 2012
Regeste (de):
- Art. 674
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 674 - 1 Bauten und andere Vorrichtungen, die von einem Grundstücke auf ein anderes überragen, verbleiben Bestandteil des Grundstückes, von dem sie ausgehen, wenn dessen Eigentümer auf ihren Bestand ein dingliches Recht hat.
1 Bauten und andere Vorrichtungen, die von einem Grundstücke auf ein anderes überragen, verbleiben Bestandteil des Grundstückes, von dem sie ausgehen, wenn dessen Eigentümer auf ihren Bestand ein dingliches Recht hat. 2 Das Recht auf den Überbau kann als Dienstbarkeit in das Grundbuch eingetragen werden. 3 Ist ein Überbau unberechtigt, und erhebt der Verletzte, trotzdem dies für ihn erkennbar geworden ist, nicht rechtzeitig Einspruch, so kann, wenn es die Umstände rechtfertigen, dem Überbauenden, der sich in gutem Glauben befindet, gegen angemessene Entschädigung das dingliche Recht auf den Überbau oder das Eigentum am Boden zugewiesen werden. SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 738 - 1 Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrage deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend.
1 Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrage deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend. 2 Im Rahmen des Eintrages kann sich der Inhalt der Dienstbarkeit aus ihrem Erwerbsgrund oder aus der Art ergeben, wie sie während längerer Zeit unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden ist. - Das Überbaurecht für zwei Wohngeschosse und für das Dach umfasst mangels Regelung im Dienstbarkeitsvertrag auch die Dachgestaltung, aber nicht die Veränderung des Daches zwecks Aufstockung des Hauses oder die Erstellung von Aufbauten, die in keinem funktionellen Zusammenhang mit dem Dach stehen. Fall einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach (E. 3-6).
Regeste (fr):
- Art. 674 et 738 CC; droit d'empiètement; contenu et étendue.
- En l'absence de réglementation dans le contrat de servitude, le droit d'empiètement en faveur de deux étages destinés à l'habitation et du toit comprend également l'aménagement de celui-ci, mais non sa modification en vue de la surélévation de la maison ou de l'installation de structures qui ne sont pas en lien fonctionnel avec lui. Cas d'une installation photovoltaïque sur le toit (consid. 3-6).
Regesto (it):
- Art. 674 e 738 CC; diritto di sporgenza; contenuto ed estensione.
- In mancanza di regolamentazione nel contratto di servitù, il diritto di sporgenza concernente due piani abitativi ed il tetto comprende anche la sistemazione di quest'ultimo, ma non la sua trasformazione allo scopo di rialzare la casa o l'installazione di strutture che non hanno alcun legame funzionale con esso. Caso di un impianto fotovoltaico sul tetto (consid. 3-6).
Sachverhalt ab Seite 650
BGE 138 III 650 S. 650
Die an einem Hang gelegenen Grundstücke Nr. 4489, 4490 und 4305 sind mit einem Terrassenhaus überbaut, das in drei aneinandergebaute Häuser unterteilt ist. Da die Häuser bzw. die jeweiligen Wohngeschosse und das Dach die Grenzen der einzelnen Grundstücke überragen, errichtete der damalige Eigentümer und spätere Verkäufer ein Überbaurecht. Die Dienstbarkeit wurde als "Überbaurecht lt. Plan" im Grundbuch eingetragen. Die drei Häuser stehen heute je im hälftigen Miteigentum der Ehegatten E./F. (oberes Haus; 3. und 4. Wohngeschoss; Grundstück Nr. 4489), der Ehegatten A./B. (mittleres Haus;
BGE 138 III 650 S. 651
2. Wohngeschoss; Grundstück Nr. 4490) und der Ehegatten C./D. (unteres Haus; 1. Wohngeschoss; Grundstück Nr. 4305). Im Jahre 2009 erstellten die Ehegatten E./F. auf dem in die Nachbargrundstücke hinüberragenden Dach eine Fotovoltaikanlage. Die Ehegatten A./B. und C./D. (Beschwerdeführer) reichten eine Klage ein mit dem Hauptbegehren, die Ehegatten E./F. (Beschwerdegegner) seien zu verpflichten, die Fotovoltaikanlage zu entfernen, soweit sie die Grundstücke Nr. 4490 und 4305 tangiere. Das Amtsgericht und auf Appellation der Beschwerdeführer hin das Obergericht wiesen die Klage ab. Die Beschwerdeführer erneuern vor Bundesgericht ihr Klagebegehren. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. (Zusammenfassung)
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3. Die rechtliche und tatsächliche Ausgangslage zeigt sich fallbezogen wie folgt:
3.1 Mit der Marginalie "Überragende Bauten" sieht Art. 674
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 674 - 1 Bauten und andere Vorrichtungen, die von einem Grundstücke auf ein anderes überragen, verbleiben Bestandteil des Grundstückes, von dem sie ausgehen, wenn dessen Eigentümer auf ihren Bestand ein dingliches Recht hat. |
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1 | Bauten und andere Vorrichtungen, die von einem Grundstücke auf ein anderes überragen, verbleiben Bestandteil des Grundstückes, von dem sie ausgehen, wenn dessen Eigentümer auf ihren Bestand ein dingliches Recht hat. |
2 | Das Recht auf den Überbau kann als Dienstbarkeit in das Grundbuch eingetragen werden. |
3 | Ist ein Überbau unberechtigt, und erhebt der Verletzte, trotzdem dies für ihn erkennbar geworden ist, nicht rechtzeitig Einspruch, so kann, wenn es die Umstände rechtfertigen, dem Überbauenden, der sich in gutem Glauben befindet, gegen angemessene Entschädigung das dingliche Recht auf den Überbau oder das Eigentum am Boden zugewiesen werden. |
3.2 Die Beschwerdegegner und die Beschwerdeführer sind Eigentümer von Terrassenhäusern mit überragenden Bauten. Die Beschwerdegegner als Eigentümer des am Abhang zuoberst gelegenen Grundstücks Nr. 4489 haben ein Überbaurecht (Grunddienstbarkeit) zulasten der hangabwärts anschliessenden Grundstücke Nr. 4490 und 4305 der Beschwerdeführer. Sie sind somit Eigentümer der überragenden Bauten und aus der Grunddienstbarkeit berechtigt, die auf die Grundstücke der Beschwerdeführer überragenden Bauten beizubehalten.
BGE 138 III 650 S. 652
Zu den überragenden Bauten gehört nebst Teilen der Wohngeschosse auch ein Teil des Daches, auf dem die Beschwerdegegner eine Fotovoltaikanlage erstellt haben.
3.3 Die Rechte aus dem Eigentum und aus der Grunddienstbarkeit können sich decken, müssen es aber nicht, wenn und soweit vorab im Dienstbarkeitsvertrag das Recht bzw. die ihm entsprechende Duldungspflicht näher bestimmt wird (z.B. durch die Beschränkung der Ausübung auf einen Teil des belasteten Grundstücks oder durch die Verpflichtung, eine bestimmte Art von Bauwerk zu erstellen und bestehen zu lassen). Um diese Frage dreht sich der vorliegende Rechtsstreit. Dass die Beschwerdegegner als Eigentümer des überragenden Daches eine Fotovoltaikanlage erstellen dürfen, steht ausser Diskussion. Streitig ist hingegen, ob die Beschwerdeführer aufgrund der Grunddienstbarkeit verpflichtet sind, nicht nur das auf ihr Grundstück überragende Dach, sondern seit 2009 ein auf ihr Grundstück überragendes Dach mit einer Fotovoltaikanlage zu dulden.
4. Die Beschwerdeführer machen geltend, anders als das Dach selber falle die Fotovoltaikanlage nicht unter den Begriff "Bauten und andere Vorrichtungen" im Sinne von Art. 674
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 674 - 1 Bauten und andere Vorrichtungen, die von einem Grundstücke auf ein anderes überragen, verbleiben Bestandteil des Grundstückes, von dem sie ausgehen, wenn dessen Eigentümer auf ihren Bestand ein dingliches Recht hat. |
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1 | Bauten und andere Vorrichtungen, die von einem Grundstücke auf ein anderes überragen, verbleiben Bestandteil des Grundstückes, von dem sie ausgehen, wenn dessen Eigentümer auf ihren Bestand ein dingliches Recht hat. |
2 | Das Recht auf den Überbau kann als Dienstbarkeit in das Grundbuch eingetragen werden. |
3 | Ist ein Überbau unberechtigt, und erhebt der Verletzte, trotzdem dies für ihn erkennbar geworden ist, nicht rechtzeitig Einspruch, so kann, wenn es die Umstände rechtfertigen, dem Überbauenden, der sich in gutem Glauben befindet, gegen angemessene Entschädigung das dingliche Recht auf den Überbau oder das Eigentum am Boden zugewiesen werden. |
4.1 Das Obergericht hat festgehalten, die Beschwerdeführer wendeten ein, der streitige Aufbau (Fotovoltaikanlage) sei ohne Weiteres abmontierbar und könne daher gar nicht Gegenstand eines Überbaurechts sein. Es hat diesen Einwand vorab geprüft und dafürgehalten, die Sicht sei abzulehnen. Wenn ein Dach Gegenstand eines Überbaurechts sein könne (was ausser Frage stehe), so umfasse dieses Recht sämtliche Teile des Daches, also auch jene, die sich ohne Mühe entfernen liessen, wie zum Beispiel die Ziegel. Die beantragten Beweise zum Thema, ob die streitige Anlage ohne Weiteres demontierbar sei, seien demnach nicht abzunehmen. Entgegen der Darstellung der Beschwerdeführer ist das Obergericht auf ihren Einwand eingegangen. Es hat ausgeführt, weshalb es die Auffassung nicht teilt. Die Begründung genügt verfassungsmässigen Anforderungen (Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |
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1 | Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |
2 | Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör. |
3 | Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand. |
4.2 In der Sache wenden die Beschwerdeführer ein, Gegenstand des vereinbarten Überbaurechts sei das Dach, aber nicht die Fotovoltaikanlage als zusätzliche Dachaufbaumontage, die im Gegensatz zu
BGE 138 III 650 S. 653
Ziegeln weder eine Dachfunktion habe noch eine konstruktive Einheit mit dem Dach bilde. Das Obergericht selber gehe davon aus, dass die Fotovoltaikanlage kein "Bestandteil des Grundstückes" im Sinne von Art. 674
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 674 - 1 Bauten und andere Vorrichtungen, die von einem Grundstücke auf ein anderes überragen, verbleiben Bestandteil des Grundstückes, von dem sie ausgehen, wenn dessen Eigentümer auf ihren Bestand ein dingliches Recht hat. |
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1 | Bauten und andere Vorrichtungen, die von einem Grundstücke auf ein anderes überragen, verbleiben Bestandteil des Grundstückes, von dem sie ausgehen, wenn dessen Eigentümer auf ihren Bestand ein dingliches Recht hat. |
2 | Das Recht auf den Überbau kann als Dienstbarkeit in das Grundbuch eingetragen werden. |
3 | Ist ein Überbau unberechtigt, und erhebt der Verletzte, trotzdem dies für ihn erkennbar geworden ist, nicht rechtzeitig Einspruch, so kann, wenn es die Umstände rechtfertigen, dem Überbauenden, der sich in gutem Glauben befindet, gegen angemessene Entschädigung das dingliche Recht auf den Überbau oder das Eigentum am Boden zugewiesen werden. |
4.3 Gleichwohl erweist sich der Einwand der Beschwerdeführer als unbegründet. Denn den Beschwerdegegnern steht unstreitig ein dingliches Recht am Überbau zu. Dessen Gegenstand sind gemäss der im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeit die in die belasteten Grundstücke hineinragenden Teile des Daches und der Wohngeschosse. Wie das Dach aber im Einzelnen gestaltet ist (z.B. mit Dachkäneln, Antennen, Schneereitern, Kaminaufsätzen usw.), beantwortet nicht der Begriff "Bauten oder andere Vorrichtungen". Umfang und Inhalt des Überbaurechts sind vielmehr durch Auslegung der Dienstbarkeit zu bestimmen (vgl. Urteile 5A_661/2008 vom 9. März 2009 E. 3, in: ZBGR 91/2010 S. 162, und 5C.20/2003 vom 18. Juni 2003 E. 1.3, in: ZBGR 85/2004 S. 303 f.). Erst wenn sich ergibt, dass die konkrete Dachgestaltung nicht von der Dienstbarkeit erfasst wird, ist zu prüfen, ob ein eigentlicher Anbau an den Überbau vorliegt, der allenfalls wiederum Art. 674
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 674 - 1 Bauten und andere Vorrichtungen, die von einem Grundstücke auf ein anderes überragen, verbleiben Bestandteil des Grundstückes, von dem sie ausgehen, wenn dessen Eigentümer auf ihren Bestand ein dingliches Recht hat. |
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1 | Bauten und andere Vorrichtungen, die von einem Grundstücke auf ein anderes überragen, verbleiben Bestandteil des Grundstückes, von dem sie ausgehen, wenn dessen Eigentümer auf ihren Bestand ein dingliches Recht hat. |
2 | Das Recht auf den Überbau kann als Dienstbarkeit in das Grundbuch eingetragen werden. |
3 | Ist ein Überbau unberechtigt, und erhebt der Verletzte, trotzdem dies für ihn erkennbar geworden ist, nicht rechtzeitig Einspruch, so kann, wenn es die Umstände rechtfertigen, dem Überbauenden, der sich in gutem Glauben befindet, gegen angemessene Entschädigung das dingliche Recht auf den Überbau oder das Eigentum am Boden zugewiesen werden. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 674 - 1 Bauten und andere Vorrichtungen, die von einem Grundstücke auf ein anderes überragen, verbleiben Bestandteil des Grundstückes, von dem sie ausgehen, wenn dessen Eigentümer auf ihren Bestand ein dingliches Recht hat. |
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1 | Bauten und andere Vorrichtungen, die von einem Grundstücke auf ein anderes überragen, verbleiben Bestandteil des Grundstückes, von dem sie ausgehen, wenn dessen Eigentümer auf ihren Bestand ein dingliches Recht hat. |
2 | Das Recht auf den Überbau kann als Dienstbarkeit in das Grundbuch eingetragen werden. |
3 | Ist ein Überbau unberechtigt, und erhebt der Verletzte, trotzdem dies für ihn erkennbar geworden ist, nicht rechtzeitig Einspruch, so kann, wenn es die Umstände rechtfertigen, dem Überbauenden, der sich in gutem Glauben befindet, gegen angemessene Entschädigung das dingliche Recht auf den Überbau oder das Eigentum am Boden zugewiesen werden. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 674 - 1 Bauten und andere Vorrichtungen, die von einem Grundstücke auf ein anderes überragen, verbleiben Bestandteil des Grundstückes, von dem sie ausgehen, wenn dessen Eigentümer auf ihren Bestand ein dingliches Recht hat. |
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1 | Bauten und andere Vorrichtungen, die von einem Grundstücke auf ein anderes überragen, verbleiben Bestandteil des Grundstückes, von dem sie ausgehen, wenn dessen Eigentümer auf ihren Bestand ein dingliches Recht hat. |
2 | Das Recht auf den Überbau kann als Dienstbarkeit in das Grundbuch eingetragen werden. |
3 | Ist ein Überbau unberechtigt, und erhebt der Verletzte, trotzdem dies für ihn erkennbar geworden ist, nicht rechtzeitig Einspruch, so kann, wenn es die Umstände rechtfertigen, dem Überbauenden, der sich in gutem Glauben befindet, gegen angemessene Entschädigung das dingliche Recht auf den Überbau oder das Eigentum am Boden zugewiesen werden. |
5. Die Auslegung der Grunddienstbarkeit "Überbaurecht lt. Plan" hat die Frage zu beantworten, ob die Beschwerdeführer eine bauliche Änderung an den überragenden Teilen des Daches zu dulden verpflichtet sind, die darin besteht, dass auf einer bestimmten Fläche die Dachziegel durch Solarmodule ersetzt werden (Indachmontage) oder dass an der Ziegeleindeckung mittels Dachsparrenankern
BGE 138 III 650 S. 654
Metallschienen und daran wiederum Solarmodule befestigt werden (Aufdachmontage).
5.1 Das Obergericht hat die Auslegung nach Art. 738
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 738 - 1 Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrage deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend. |
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1 | Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrage deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend. |
2 | Im Rahmen des Eintrages kann sich der Inhalt der Dienstbarkeit aus ihrem Erwerbsgrund oder aus der Art ergeben, wie sie während längerer Zeit unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden ist. |
BGE 138 III 650 S. 655
5.2 Die Beschwerdeführer pflichten der obergerichtlichen Auslegung insoweit bei, als für den Inhalt der Dienstbarkeit der Erwerbsgrund massgebend sei, d.h. die öffentliche Urkunde vom 4. Juni 1986. Deren Wortlaut sei klar und eindeutig. Gesprochen werde ausdrücklich nur vom "Dach", hingegen nicht von zukünftigen, von der Dachfunktion unabhängigen Dachaufbauten wie der Fotovoltaikanlage. Deren Anbringen verletze den Grundsatz der Identität und bedeute eine Änderung des ursprünglichen Zwecks der Dienstbarkeit, der allein darin bestanden habe, die einzelnen Wohneinheiten separat zu veräussern und somit das geplante Bauvorhaben zu realisieren. Weitere Bedürfnisse habe der damalige Grundeigentümer und Veräusserer der Wohneinheiten nicht gehabt, als er das Überbaurecht als Eigentümerdienstbarkeit errichtet habe. Das Obergericht habe denn auch verbindlich festgestellt, dass bei der Begründung der Dienstbarkeit nicht an Fotovoltaik gedacht worden sei. Auch nur ein entferntes Interesse an der Energiegewinnung mit einer auf dem Dach angebrachten Anlage habe im Zeitpunkt der Begründung der Dienstbarkeit nicht bestanden. Neue Technologien, die nicht konkret eine erweiterte Nutzung innerhalb des ursprünglichen Zwecks ermöglichten, müssten unbeachtet bleiben. Die Energiegewinnung durch eine Fotovoltaikanlage sei nicht ursprünglicher und objektiv erkennbarer Zweck der vorliegend streitigen Dienstbarkeit.
5.3 Die Auslegung der als "Überbaurecht lt. Plan" im Grundbuch eingetragenen Grunddienstbarkeit hat nach den Regeln in Art. 738
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 738 - 1 Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrage deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend. |
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1 | Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrage deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend. |
2 | Im Rahmen des Eintrages kann sich der Inhalt der Dienstbarkeit aus ihrem Erwerbsgrund oder aus der Art ergeben, wie sie während längerer Zeit unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden ist. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 738 - 1 Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrage deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend. |
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1 | Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrage deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend. |
2 | Im Rahmen des Eintrages kann sich der Inhalt der Dienstbarkeit aus ihrem Erwerbsgrund oder aus der Art ergeben, wie sie während längerer Zeit unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden ist. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 738 - 1 Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrage deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend. |
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1 | Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrage deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend. |
2 | Im Rahmen des Eintrages kann sich der Inhalt der Dienstbarkeit aus ihrem Erwerbsgrund oder aus der Art ergeben, wie sie während längerer Zeit unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden ist. |
BGE 138 III 650 S. 656
Zusammenhang sowie namentlich aufgrund der Bedürfnisse des herrschenden Grundstücks und mit Rücksicht auf Sinn und Zweck der Dienstbarkeit verstanden werden durfte und musste (vgl. BGE 128 III 265 E. 3a S. 267; BGE 131 III 345 E. 1.2 S. 347). Der Zweck der Dienstbarkeit im Besonderen ist nach den gleichen Grundsätzen zu ermitteln. Soweit er sich nicht aus dem Eintrag im Grundbuch ergibt, gilt im Verhältnis zu Dritten der Zweck als massgebend, der aus dem Dienstbarkeitsvertrag selber hervorgeht oder objektiv erkennbar ist. Kann davon nicht ausgegangen werden, ist zur Bestimmung des Zwecks danach zu fragen, welche Interessen bei objektiver Betrachtung zur Zeit der Errichtung aufgrund der Bedürfnisse des herrschenden Grundstücks vernünftigerweise von Bedeutung sein konnten (vgl. BGE 130 III 554 E. 3.1 S. 557 und E. 3.2 S. 559; Urteil 5A_264/2009 vom 4. Juni 2009 E. 2.2, in: ZBGR 91/2010 S. 170).
6. Die Auslegung des Erwerbsgrundes ergibt Folgendes:
6.1 Im Erwerbsgrund wird zum Inhalt des Überbaurechts nur indirekt etwas gesagt, zumal darin unmittelbar lediglich die Unterhaltspflicht geregelt ist. Das Überbaurecht besteht danach für die beiden Wohngeschosse und das Dach, wobei sich die Dienstbarkeitsfläche aus dem beigefügten Plan ergibt. Inhaltlich kann aus der Verbindung des Überbaurechts für zwei Wohngeschosse und für das Dach geschlossen werden, dass es nicht zulässig wäre, die Form des Daches ("Giebeldach") oder die Dachneigung zu verändern, um ein zusätzliches Wohngeschoss einzurichten (z.B. durch ein "Mansardendach") oder neu zu erstellen (z.B. auf einem "Flachdach"). Insoweit wird das Überbaurecht für das Dach auch inhaltlich bestimmt.
6.2 Die Beschwerdeführer verstehen unter dem "Dach" das Dach, das der Begründer der Dienstbarkeit hat erstellen lassen, d.h das Dach, wie es im Zeitpunkt der Bestellung der Dienstbarkeit geplant war bzw. bestanden hat. Aus dem Wort "Dach" kann indessen nicht geschlossen werden, jede bauliche Änderung, z.B. die Ersetzung der Dacheindeckung aus Ziegeln durch Eternit oder das Anbringen einer Isolierung, sei untersagt. Ein entsprechender Wille darf dem Begründer der Grunddienstbarkeit nicht unterstellt werden. Beweggrund war für ihn, wie die Beschwerdeführer wohl zutreffend hervorheben, durch die Begründung der Überbaurechte die Terrassenhäuser einzeln und je zu Alleineigentum verkaufen zu können (vgl. GERHARD EGGEN, Privatrechtliche Fragen des neuen Bauens und ihre Wirkungen auf das Grundbuch, ZBGR 53/1972 S. 207 ff., 217 f. Ziff. 10).
BGE 138 III 650 S. 657
Der Begründer war Unternehmer und hat bei der Errichtung der Dienstbarkeit im Zweifelsfall nicht mehr gewollt, als in der Urkunde niedergeschrieben worden ist. Die Dachgestaltung durch die Überbauberechtigten nach dem Verkauf hat für ihn offenkundig keine Rolle gespielt. Auch an eine Fotovoltaikanlage hat er gemäss den obergerichtlichen Feststellungen nicht gedacht. Ein gleichsam qualifiziertes Schweigen des Begründers, wonach jede Veränderung der ursprünglichen Gestaltung des Daches ausgeschlossen sein sollte, kann nicht angenommen werden. Die Beschwerdegegner als unbeteiligte Dritte müssten sich einen derartigen inneren Willen des Begründers mangels Erkennbarkeit nicht entgegenhalten lassen (vgl. BGE 130 III 554 E. 3.1 S. 557).
6.3 Der Beweggrund des Begründers für die Errichtung des Überbaurechts darf nicht mit dessen Zweck gleichgesetzt werden. Der Zweck des Überbaurechts besteht und erschöpft sich darin, dem Eigentümer des berechtigten Grundstücks das Eigentum an den in die Nachbargrundstücke hineinragenden Wohngeschossen und am Dach zu erhalten (vgl. Urteil 5A_229/2010 vom 7. Juli 2010 E. 4.1.1, in: ZBGR 92/2011 S. 209). Die Zweckbestimmung ist im gezeigten Sinne offen. Der vorliegende kann nicht mit dem von den Beschwerdeführern zitierten Fall verglichen werden, wo der Zweck mit "Recht auf die Errichtung, den Betrieb und die Beibehaltung einer Leitung für die Übertragung elektrischer Energie (Hochspannung)" klar umschrieben war, der Einsatz der Leitung zur Erbringung von Fernmeldediensten deshalb gegen den Grundsatz der Identität der Dienstbarkeit verstossen hat und sich wegen der unzulässigen Zweckänderung die Frage einer zumutbaren Mehrbelastung infolge Technologiewandels gar nicht stellen konnte (vgl. BGE 132 III 651 E. 8 S. 655 ff.).
6.4 Bei der vorliegenden affirmativen Dienstbarkeit mit einer weitgehend offenen Zweckumschreibung ist dem Dienstbarkeitsbelasteten diejenige Mehrbelastung grundsätzlich zumutbar, die auf eine objektive Veränderung der Verhältnisse, wie etwa die Entwicklung der Technik, zurückgeht und nicht auf willentlicher Änderung der bisherigen Zweckbestimmung beruht und die die zweckentsprechende Benützung des belasteten Grundstücks nicht behindert oder wesentlich mehr als bisher einschränkt (vgl. BGE 131 III 345 E. 4.3.2 S. 359; Urteil 5C.13/2007 vom 2. August 2007 E. 5.1, in: ZBGR 90/2009 S. 158). Der Einbau von Sonnenkollektoren gleichwie z.B. das Anbringen einer zusätzlichen Isolierung kann dabei zur Entwicklung der Technik gezählt werden, zumal - wie das Obergericht
BGE 138 III 650 S. 658
festgestellt hat - der Begründer der Dienstbarkeit im Jahre 1986 noch nicht an Fotovoltaik gedacht haben dürfte (vgl. zu gewandelten technischen oder ökologischen Anschauungen: BGE 117 II 466 E. 5b S. 475, betreffend Urheberrecht).
6.5 Der Erwerbsgrund des Überbaurechts gibt für die Gestaltung des Daches nach dem Gesagten nur wenige inhaltliche Vorgaben und schliesst mit seiner offenen Zweckumschreibung eine Anpassung an die technologische Entwicklung nicht aus, wobei gestalterische Änderungen freilich einen funktionellen Zusammenhang mit dem Dach aufweisen müssen, für das das Überbaurecht bestellt worden ist. Zusätzliche Aufbauten auf dem Dach wie einen Taubenschlag oder eine Wetterstation müssten die Dienstbarkeitsbelasteten nicht dulden (E. 6.1-6.4).
6.6 Was die Fotovoltaikanlage betrifft, bereitet die Indachmontage keine Schwierigkeiten. Denn ob die Dacheindeckung aus Ziegeln oder aus Solarmodulen besteht, kann unter dem Blickwinkel des Überbaurechts für das Dach letztlich keine Rolle spielen und beinhaltet somit eine zulässige Gestaltung des Daches. Als heikel erscheint hingegen die Aufdachmontage, wie sie für die Fotovoltaikanlage hier offenbar durchgeführt worden ist, handelt es sich doch um eine zusätzliche bauliche Vorrichtung auf dem Dach, die zumindest funktionell nicht unmittelbar mit dem Dach zusammenhängt. Über ihre Zulässigkeit im Sinne blosser Dachgestaltung muss aufgrund der örtlichen Verhältnisse (z.B. Neigungswinkel, Abstand zwischen Solarmodul und Dacheindeckung usw.) entschieden werden, die die zuständigen kantonalen Gerichte besser kennen als das Bundesgericht. Den daherigen Ermessensentscheid überprüft das Bundesgericht zwar grundsätzlich frei. Es übt aber Zurückhaltung und schreitet nur ein, wenn die Vorinstanz grundlos von in Lehre und Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen abgewichen ist, wenn sie Tatsachen berücksichtigt hat, die für den Entscheid im Einzelfall keine Rolle hätten spielen dürfen, oder wenn sie umgekehrt Umstände ausser Betracht gelassen hat, die zwingend hätten beachtet werden müssen. Ausserdem greift das Bundesgericht in Ermessensentscheide ein, falls sich diese als offensichtlich unbillig, als in stossender Weise ungerecht erweisen (vgl. BGE 136 III 74 E. 2.2.1 S. 78; BGE 133 III 416 E. 6.3.3 S. 419; zum Beurteilungsspielraum in technischen Fragen: BGE 135 II 384 E. 2.2.2 S. 389 f.). Die Voraussetzungen für ein bundesgerichtliches Eingreifen sind hier nicht erfüllt. Gemäss den obergerichtlichen Feststellungen handelt es sich um flache
BGE 138 III 650 S. 659
Solarplatten, die auf dem Dach angebracht worden sind, die Charakteristik des Daches nicht wesentlich verändern und keinen beachtenswerten Nachteil für die Dienstbarkeitsbelasteten bedeuten. Es kann anhand der Akten ergänzt werden (Art. 105 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. |
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1 | Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. |
2 | Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht. |
3 | Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95 |
6.7 Aus den dargelegten Gründen kann die obergerichtliche Auslegung des Überbaurechts nicht beanstandet werden. Die Frage, wie ein eigentlicher Anbau an den Überbau oder eine bewegliche Sache am Überbau zu behandeln wäre (E. 4.3 hiervor), kann bei diesem Ergebnis dahingestellt bleiben.