Urteilskopf

135 III 509

75. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. GmbH (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_224/2009 vom 22. Mai 2009

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Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 510

BGE 135 III 509 S. 510

A. Am 24. September 2008 benachrichtigte A., Gesellschafter und einzelzeichnungsberechtigter Geschäftsführer der Y. GmbH (mit Sitz in B.), das Richteramt Solothurn-Lebern (Zivilabteilung), dass die Gesellschaft überschuldet sei. Mit Urteil vom 30. Oktober 2008, 14 Uhr, eröffnete der Amtsgerichtspräsident über die Y. GmbH zufolge Überschuldung den Konkurs. Gegen das Konkursdekret erhob X., Gesellschafterin und einzelzeichnungsberechtigte Geschäftsführerin der Y. GmbH, am 10. November 2008 Rekurs.
B. Mit Urteil vom 23. März 2009 trat das Obergericht (Zivilkammer) des Kantons Solothurn auf den Rekurs nicht ein und setzte den Zeitpunkt der Eröffnung des Konkurses über die Y. GmbH auf den 23. März 2009, 11 Uhr, fest.
C. X. führt mit Eingabe vom 31. März 2009 Beschwerde in Zivilsachen. Die Beschwerdeführerin beantragt dem Bundesgericht, das angefochtene Urteil und die Konkurseröffnung seien aufzuheben; eventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung an das Obergericht zurückzuweisen. (...) Das Bundesgericht heisst die Beschwerde in Zivilsachen gut.
(Auszug)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

3.

3.1 Die Beschwerdeführerin wirft dem Obergericht vor, es habe ihr als Organ der GmbH zu Unrecht die Legitimation abgesprochen, um das Konkursdekret weiterzuziehen. Sie habe ausdrücklich (auch) in ihrer Funktion als Organ rekurriert, und die Vorinstanz sei zu Unrecht auf das Rechtsmittel nicht eingetreten; sie habe das Rechtsmittel nicht "im Namen der GmbH" erhoben, jedoch habe sie das Konkursdekret offensichtlich im Interesse der Gesellschaft angefochten.
3.2 Anlass zur Beschwerde gibt die Konkurseröffnung über eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) nach Art. 192
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 192 - Der Konkurs wird ohne vorgängige Betreibung von Amtes wegen eröffnet, wenn es das Gesetz so vorsieht.
SchKG. Der gegen die Konkurseröffnung erhobene kantonale Rekurs stützt
BGE 135 III 509 S. 511

sich auf Art. 194
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 194 - 1 Die Artikel 169, 170 und 173a-176 sind auf die ohne vorgängige Betreibung erfolgten Konkurseröffnungen anwendbar. Bei Konkurseröffnung nach Artikel 192 ist jedoch Artikel 169 nicht anwendbar.
1    Die Artikel 169, 170 und 173a-176 sind auf die ohne vorgängige Betreibung erfolgten Konkurseröffnungen anwendbar. Bei Konkurseröffnung nach Artikel 192 ist jedoch Artikel 169 nicht anwendbar.
2    Die Mitteilung an das Handelsregisteramt (Art. 176) unterbleibt, wenn der Schuldner nicht der Konkursbetreibung unterliegt.
i.V.m. Art. 174
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 174 - 1 Der Entscheid des Konkursgerichtes kann innert zehn Tagen mit Beschwerde nach der ZPO343 angefochten werden. Die Parteien können dabei neue Tatsachen geltend machen, wenn diese vor dem erstinstanzlichen Entscheid eingetreten sind.
1    Der Entscheid des Konkursgerichtes kann innert zehn Tagen mit Beschwerde nach der ZPO343 angefochten werden. Die Parteien können dabei neue Tatsachen geltend machen, wenn diese vor dem erstinstanzlichen Entscheid eingetreten sind.
2    Die Rechtsmittelinstanz kann die Konkurseröffnung aufheben, wenn der Schuldner seine Zahlungsfähigkeit glaubhaft macht und durch Urkunden beweist, dass inzwischen:
1  die Schuld, einschliesslich der Zinsen und Kosten, getilgt ist;
2  der geschuldete Betrag beim oberen Gericht zuhanden des Gläubigers hinterlegt ist; oder
3  der Gläubiger auf die Durchführung des Konkurses verzichtet.
3    Gewährt sie der Beschwerde aufschiebende Wirkung, so trifft sie gleichzeitig die zum Schutz der Gläubiger notwendigen vorsorglichen Massnahmen.
SchKG. Die Weiterziehung des Entscheides des Konkursgerichts erfolgte von der Beschwerdeführerin als einzelzeichnungsberechtigter Gesellschafterin mit Geschäftsführungsbefugnis, während die Überschuldungsanzeige durch den anderen, ebenfalls einzelzeichnungsberechtigten Gesellschafter und Geschäftsführer erfolgt war, jedoch ausdrücklich im Namen der GmbH. Umstritten ist, ob das Obergericht die Weiterziehung des Konkursdekretes durch die Beschwerdeführerin als unzulässig erachten durfte.
3.2.1 Über eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) kann der Konkurs wie über eine Aktiengesellschaft wegen Überschuldung eröffnet werden; die Regelung des Aktienrechts ist entsprechend anwendbar (Art. 820
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 820 - Die Bestimmungen des Aktienrechts zur drohenden Zahlungsunfähigkeit, zum Kapitalverlust, zur Überschuldung sowie zur Aufwertung von Grundstücken und Beteiligungen sind entsprechend anwendbar.
OR [in der seit 1. Januar 2008 in Kraft stehenden Fassung]; Art. 725 f
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 725 - 1 Der Verwaltungsrat überwacht die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft.
1    Der Verwaltungsrat überwacht die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft.
2    Droht die Gesellschaft zahlungsunfähig zu werden, so ergreift der Verwaltungsrat Massnahmen zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit. Er trifft, soweit erforderlich, weitere Massnahmen zur Sanierung der Gesellschaft oder beantragt der Generalversammlung solche, soweit sie in deren Zuständigkeit fallen. Er reicht nötigenfalls ein Gesuch um Nachlassstundung ein.
3    Der Verwaltungsrat handelt mit der gebotenen Eile.
. OR). Grundlage der Benachrichtigung wegen Überschuldung ist grundsätzlich ein gültiger Beschluss der Geschäftsführer (WÜSTINER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. II, 3. Aufl. 2008, N. 7a zu Art. 820
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 820 - Die Bestimmungen des Aktienrechts zur drohenden Zahlungsunfähigkeit, zum Kapitalverlust, zur Überschuldung sowie zur Aufwertung von Grundstücken und Beteiligungen sind entsprechend anwendbar.
OR; BUCHWALDER, in: Commentaire romand, Code des obligations, Bd. II, 2008, N. 3 zu Art. 820
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 820 - Die Bestimmungen des Aktienrechts zur drohenden Zahlungsunfähigkeit, zum Kapitalverlust, zur Überschuldung sowie zur Aufwertung von Grundstücken und Beteiligungen sind entsprechend anwendbar.
OR; VOUILLOZ, Le surendettement de la Sàrl et son éventuel assainissement, Jusletter 22. August 2005, Rz. 6; MONTAVON, Droit suisse de la Sàrl, 2008, S. 363).
3.2.2 Für die Konkurseröffnung über eine überschuldete GmbH wird in der kantonalen Praxis der Nachweis für den Beschluss der Geschäftsführer verlangt (KRAMPF/SCHULER, Die aktuelle Praxis des Konkursrichters des Bezirksgerichts Zürich zu Überschuldungsanzeige, Konkursaufschub und Insolvenzerklärung juristischer Personen, AJP 2002 S. 1072). Es kann nämlich vorkommen, dass ein Geschäftsführer einer GmbH ohne Rücksprache mit den anderen Geschäftsführern den Überschuldungsfall angemeldet hat und kein gültiger Beschluss vorliegt. Die Frage, ob in Fällen dieser Art ein (anderer) einzelner vertretungsberechtigter Gesellschafter und Geschäftsführer das Konkursdekret weiterziehen kann, wird daher zu Recht bejaht (vgl. RUTZ, Weiterziehung des Konkursdekretes, in: Schuldbetreibung und Konkurs im Wandel, Angst/Cometta/Gasser [Hrsg.], 2000, S. 355 f.; vgl. BJM 1999 S. 326; ZR 86/1987 Nr. 44 S. 100).
3.3 Das Obergericht ist vorliegend auf die Weiterziehung nicht eingetreten, weil diese von der Beschwerdeführerin "persönlich", und nicht "im Namen der Gesellschaft" eingereicht worden sei. Die Beschwerdeführerin bestätigt, dass sie das Konkursdekret nicht "im
BGE 135 III 509 S. 512

Namen der Gesellschaft" weitergezogen habe, besteht aber darauf, dass die Legitimation zur Weiterziehung gegeben sei, weil sie das Rechtsmittel ausdrücklich unter Hinweis auf ihre Eigenschaft als Organ der GmbH erhoben habe.
3.3.1 Die Vorinstanz scheint ihren Nichteintretensentscheid darauf zu stützen, dass die Beschwerdeführerin die Weiterziehung deshalb nicht "im Namen der Gesellschaft" erhoben habe, weil sie das Rechtsmittel insoweit nicht mit der Firma der GmbH und ihrem beigefügten Namen gezeichnet hat (vgl. Art. 814 Abs. 5
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 814 - 1 Jeder Geschäftsführer ist zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt.
1    Jeder Geschäftsführer ist zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt.
2    Die Statuten können die Vertretung abweichend regeln, jedoch muss mindestens ein Geschäftsführer zur Vertretung befugt sein. Für Einzelheiten können die Statuten auf ein Reglement verweisen.
3    Die Gesellschaft muss durch eine Person vertreten werden können, die Wohnsitz in der Schweiz hat. Diese Person muss Geschäftsführer oder Direktor sein. Sie muss Zugang zum Anteilbuch sowie zum Verzeichnis über die wirtschaftlich berechtigten Personen nach Artikel 697l haben.698
4    Für den Umfang und die Beschränkung der Vertretungsbefugnis sowie für Verträge zwischen der Gesellschaft und der Person, die sie vertritt, sind die Vorschriften des Aktienrechts entsprechend anwendbar.
5    Die zur Vertretung der Gesellschaft befugten Personen haben in der Weise zu zeichnen, dass sie der Firma der Gesellschaft ihre Unterschrift beifügen.
6    ...699
OR). Es ist allerdings anerkannt, dass im Fall, in dem die Zeichnung "im Namen der Gesellschaft" fehlt, Art. 32 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 32 - 1 Wenn jemand, der zur Vertretung eines andern ermächtigt ist, in dessen Namen einen Vertrag abschliesst, so wird der Vertretene und nicht der Vertreter berechtigt und verpflichtet.
1    Wenn jemand, der zur Vertretung eines andern ermächtigt ist, in dessen Namen einen Vertrag abschliesst, so wird der Vertretene und nicht der Vertreter berechtigt und verpflichtet.
2    Hat der Vertreter bei dem Vertragsabschlusse sich nicht als solcher zu erkennen gegeben, so wird der Vertretene nur dann unmittelbar berechtigt oder verpflichtet, wenn der andere aus den Umständen auf das Vertretungsverhältnis schliessen musste, oder wenn es ihm gleichgültig war, mit wem er den Vertrag schliesse.
3    Ist dies nicht der Fall, so bedarf es einer Abtretung der Forderung oder einer Schuldübernahme nach den hierfür geltenden Grundsätzen.
OR gilt, wonach die Vertretungswirkung dennoch zustande kommen kann, wenn der Dritte auf ein Vertretungsverhältnis schliessen musste (WATTER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. II, 3. Aufl. 2008, N. 6 zu Art. 719
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 719 - Die zur Vertretung der Gesellschaft befugten Personen haben in der Weise zu zeichnen, dass sie der Firma der Gesellschaft ihre Unterschrift beifügen.
OR). Die Beschwerdeführerin besteht jedoch darauf, als Organ Parteistellung zu haben und nicht für die Gesellschaft handeln zu wollen, auch wenn sie stellenweise vorbringt, das Konkursdekret im Interesse der Gesellschaft angefochten zu haben. Dass das Obergericht aufgrund der Vorbringen im Rekurs zum Schluss kommen musste, die Beschwerdeführerin habe das Konkursdekret (nach Art. 32 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 32 - 1 Wenn jemand, der zur Vertretung eines andern ermächtigt ist, in dessen Namen einen Vertrag abschliesst, so wird der Vertretene und nicht der Vertreter berechtigt und verpflichtet.
1    Wenn jemand, der zur Vertretung eines andern ermächtigt ist, in dessen Namen einen Vertrag abschliesst, so wird der Vertretene und nicht der Vertreter berechtigt und verpflichtet.
2    Hat der Vertreter bei dem Vertragsabschlusse sich nicht als solcher zu erkennen gegeben, so wird der Vertretene nur dann unmittelbar berechtigt oder verpflichtet, wenn der andere aus den Umständen auf das Vertretungsverhältnis schliessen musste, oder wenn es ihm gleichgültig war, mit wem er den Vertrag schliesse.
3    Ist dies nicht der Fall, so bedarf es einer Abtretung der Forderung oder einer Schuldübernahme nach den hierfür geltenden Grundsätzen.
OR) für die Gesellschaft weitergezogen, macht sie jedoch nicht geltend, so dass die Frage nicht zu erörtern ist.
3.3.2 Zu klären ist, ob in der vorliegenden Weiterziehung nach Art. 174
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 174 - 1 Der Entscheid des Konkursgerichtes kann innert zehn Tagen mit Beschwerde nach der ZPO343 angefochten werden. Die Parteien können dabei neue Tatsachen geltend machen, wenn diese vor dem erstinstanzlichen Entscheid eingetreten sind.
1    Der Entscheid des Konkursgerichtes kann innert zehn Tagen mit Beschwerde nach der ZPO343 angefochten werden. Die Parteien können dabei neue Tatsachen geltend machen, wenn diese vor dem erstinstanzlichen Entscheid eingetreten sind.
2    Die Rechtsmittelinstanz kann die Konkurseröffnung aufheben, wenn der Schuldner seine Zahlungsfähigkeit glaubhaft macht und durch Urkunden beweist, dass inzwischen:
1  die Schuld, einschliesslich der Zinsen und Kosten, getilgt ist;
2  der geschuldete Betrag beim oberen Gericht zuhanden des Gläubigers hinterlegt ist; oder
3  der Gläubiger auf die Durchführung des Konkurses verzichtet.
3    Gewährt sie der Beschwerde aufschiebende Wirkung, so trifft sie gleichzeitig die zum Schutz der Gläubiger notwendigen vorsorglichen Massnahmen.
SchKG die GmbH oder das rekurrierende Organ Parteistellung hat. Wo - wie hier - ein anderer einzelner vertretungsberechtigter Gesellschafter und Geschäftsführer das Konkursdekret weiterziehen kann, weil angeblich ein gültiger Geschäftsführerbeschluss fehle (vgl. E. 3.2.2), hat der Gesellschafter selber ein eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens, zumal dieser der Organhaftung nach Art. 827
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 827 - Für die Verantwortlichkeit der Personen, die bei der Gründung mitwirken oder mit der Geschäftsführung, der Revision oder der Liquidation befasst sind, sind die Vorschriften des Aktienrechts entsprechend anwendbar.
OR unterliegt (vgl. RUTZ, a.a.O.). Deshalb erscheint es sachgerecht, ein strittiges Verfahren zwischen der konkursit erklärten Gesellschaft und dem betreffenden Geschäftsführer anzunehmen (in diesem Sinn BRUNNER, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. II, 1998, N. 22 zu Art. 192
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 192 - Der Konkurs wird ohne vorgängige Betreibung von Amtes wegen eröffnet, wenn es das Gesetz so vorsieht.
SchKG). Entgegen der Auffassung der Vorinstanz kann daher der GmbH-Geschäftsführer im Fall, dass die Überschuldungsanzeige auf einem angeblich ungültigen Geschäftsführungsbeschluss beruhe, die Konkurseröffnung selber weiterziehen.

3.3.3 Die Benachrichtigung des Konkursrichters erfolgte vorliegend durch A., welcher einzelzeichnungsberechtigter Gesellschafter und
BGE 135 III 509 S. 513

Geschäftsführer der GmbH ist. Bereits im kantonalen Verfahren hat die Beschwerdeführerin die Gültigkeit des Geschäftsführungsbeschlusses in Frage gestellt. Die Beschwerdeführerin hält in ihrer Beschwerdeschrift zu Recht fest, dass sie im Weiterziehungsverfahren geltend gemacht habe, "Geschäftsführerin der GmbH" zu sein und "ein offensichtliches Interesse daran zu haben, die Konkurseröffnung rückgängig zu machen". Im Weiteren spricht die Vorinstanz selber davon, die Beschwerdeführerin rekurriere als "Organ der GmbH".
3.3.4 Nach dem Dargelegten ist mit den Regeln über die Weiterziehung des Konkursdekretes (Art. 174
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 174 - 1 Der Entscheid des Konkursgerichtes kann innert zehn Tagen mit Beschwerde nach der ZPO343 angefochten werden. Die Parteien können dabei neue Tatsachen geltend machen, wenn diese vor dem erstinstanzlichen Entscheid eingetreten sind.
1    Der Entscheid des Konkursgerichtes kann innert zehn Tagen mit Beschwerde nach der ZPO343 angefochten werden. Die Parteien können dabei neue Tatsachen geltend machen, wenn diese vor dem erstinstanzlichen Entscheid eingetreten sind.
2    Die Rechtsmittelinstanz kann die Konkurseröffnung aufheben, wenn der Schuldner seine Zahlungsfähigkeit glaubhaft macht und durch Urkunden beweist, dass inzwischen:
1  die Schuld, einschliesslich der Zinsen und Kosten, getilgt ist;
2  der geschuldete Betrag beim oberen Gericht zuhanden des Gläubigers hinterlegt ist; oder
3  der Gläubiger auf die Durchführung des Konkurses verzichtet.
3    Gewährt sie der Beschwerde aufschiebende Wirkung, so trifft sie gleichzeitig die zum Schutz der Gläubiger notwendigen vorsorglichen Massnahmen.
i.V.m. Art. 194
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 194 - 1 Die Artikel 169, 170 und 173a-176 sind auf die ohne vorgängige Betreibung erfolgten Konkurseröffnungen anwendbar. Bei Konkurseröffnung nach Artikel 192 ist jedoch Artikel 169 nicht anwendbar.
1    Die Artikel 169, 170 und 173a-176 sind auf die ohne vorgängige Betreibung erfolgten Konkurseröffnungen anwendbar. Bei Konkurseröffnung nach Artikel 192 ist jedoch Artikel 169 nicht anwendbar.
2    Die Mitteilung an das Handelsregisteramt (Art. 176) unterbleibt, wenn der Schuldner nicht der Konkursbetreibung unterliegt.
SchKG) nicht vereinbar, wenn das Obergericht auf den kantonalen Rekurs nicht eingetreten ist, soweit dieser von der Beschwerdeführerin als Organ der GmbH erhoben wurde. Die Beschwerde in Zivilsachen ist insoweit begründet und der Nichteintretensentscheid aufzuheben. Bei diesem Ergebnis ist nicht weiter zu prüfen, ob das Obergericht die Weiterziehung insoweit als unzulässig erachten durfte, als sich die Beschwerdeführerin auf ihre Gläubigereigenschaft beruft.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 135 III 509
Datum : 22. Mai 2009
Publiziert : 16. Januar 2010
Quelle : Bundesgericht
Status : 135 III 509
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Konkurseröffnung über eine GmbH (Art. 192 SchKG); Legitimation zur Weiterziehung des Konkursdekretes (Art. 174 SchKG). Die


Gesetzesregister
OR: 32 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 32 - 1 Wenn jemand, der zur Vertretung eines andern ermächtigt ist, in dessen Namen einen Vertrag abschliesst, so wird der Vertretene und nicht der Vertreter berechtigt und verpflichtet.
1    Wenn jemand, der zur Vertretung eines andern ermächtigt ist, in dessen Namen einen Vertrag abschliesst, so wird der Vertretene und nicht der Vertreter berechtigt und verpflichtet.
2    Hat der Vertreter bei dem Vertragsabschlusse sich nicht als solcher zu erkennen gegeben, so wird der Vertretene nur dann unmittelbar berechtigt oder verpflichtet, wenn der andere aus den Umständen auf das Vertretungsverhältnis schliessen musste, oder wenn es ihm gleichgültig war, mit wem er den Vertrag schliesse.
3    Ist dies nicht der Fall, so bedarf es einer Abtretung der Forderung oder einer Schuldübernahme nach den hierfür geltenden Grundsätzen.
719 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 719 - Die zur Vertretung der Gesellschaft befugten Personen haben in der Weise zu zeichnen, dass sie der Firma der Gesellschaft ihre Unterschrift beifügen.
725 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 725 - 1 Der Verwaltungsrat überwacht die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft.
1    Der Verwaltungsrat überwacht die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft.
2    Droht die Gesellschaft zahlungsunfähig zu werden, so ergreift der Verwaltungsrat Massnahmen zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit. Er trifft, soweit erforderlich, weitere Massnahmen zur Sanierung der Gesellschaft oder beantragt der Generalversammlung solche, soweit sie in deren Zuständigkeit fallen. Er reicht nötigenfalls ein Gesuch um Nachlassstundung ein.
3    Der Verwaltungsrat handelt mit der gebotenen Eile.
814 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 814 - 1 Jeder Geschäftsführer ist zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt.
1    Jeder Geschäftsführer ist zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt.
2    Die Statuten können die Vertretung abweichend regeln, jedoch muss mindestens ein Geschäftsführer zur Vertretung befugt sein. Für Einzelheiten können die Statuten auf ein Reglement verweisen.
3    Die Gesellschaft muss durch eine Person vertreten werden können, die Wohnsitz in der Schweiz hat. Diese Person muss Geschäftsführer oder Direktor sein. Sie muss Zugang zum Anteilbuch sowie zum Verzeichnis über die wirtschaftlich berechtigten Personen nach Artikel 697l haben.698
4    Für den Umfang und die Beschränkung der Vertretungsbefugnis sowie für Verträge zwischen der Gesellschaft und der Person, die sie vertritt, sind die Vorschriften des Aktienrechts entsprechend anwendbar.
5    Die zur Vertretung der Gesellschaft befugten Personen haben in der Weise zu zeichnen, dass sie der Firma der Gesellschaft ihre Unterschrift beifügen.
6    ...699
820 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 820 - Die Bestimmungen des Aktienrechts zur drohenden Zahlungsunfähigkeit, zum Kapitalverlust, zur Überschuldung sowie zur Aufwertung von Grundstücken und Beteiligungen sind entsprechend anwendbar.
827
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 827 - Für die Verantwortlichkeit der Personen, die bei der Gründung mitwirken oder mit der Geschäftsführung, der Revision oder der Liquidation befasst sind, sind die Vorschriften des Aktienrechts entsprechend anwendbar.
SchKG: 174 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 174 - 1 Der Entscheid des Konkursgerichtes kann innert zehn Tagen mit Beschwerde nach der ZPO343 angefochten werden. Die Parteien können dabei neue Tatsachen geltend machen, wenn diese vor dem erstinstanzlichen Entscheid eingetreten sind.
1    Der Entscheid des Konkursgerichtes kann innert zehn Tagen mit Beschwerde nach der ZPO343 angefochten werden. Die Parteien können dabei neue Tatsachen geltend machen, wenn diese vor dem erstinstanzlichen Entscheid eingetreten sind.
2    Die Rechtsmittelinstanz kann die Konkurseröffnung aufheben, wenn der Schuldner seine Zahlungsfähigkeit glaubhaft macht und durch Urkunden beweist, dass inzwischen:
1  die Schuld, einschliesslich der Zinsen und Kosten, getilgt ist;
2  der geschuldete Betrag beim oberen Gericht zuhanden des Gläubigers hinterlegt ist; oder
3  der Gläubiger auf die Durchführung des Konkurses verzichtet.
3    Gewährt sie der Beschwerde aufschiebende Wirkung, so trifft sie gleichzeitig die zum Schutz der Gläubiger notwendigen vorsorglichen Massnahmen.
192 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 192 - Der Konkurs wird ohne vorgängige Betreibung von Amtes wegen eröffnet, wenn es das Gesetz so vorsieht.
194
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 194 - 1 Die Artikel 169, 170 und 173a-176 sind auf die ohne vorgängige Betreibung erfolgten Konkurseröffnungen anwendbar. Bei Konkurseröffnung nach Artikel 192 ist jedoch Artikel 169 nicht anwendbar.
1    Die Artikel 169, 170 und 173a-176 sind auf die ohne vorgängige Betreibung erfolgten Konkurseröffnungen anwendbar. Bei Konkurseröffnung nach Artikel 192 ist jedoch Artikel 169 nicht anwendbar.
2    Die Mitteilung an das Handelsregisteramt (Art. 176) unterbleibt, wenn der Schuldner nicht der Konkursbetreibung unterliegt.
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rechtsmittel • beschwerde in zivilsachen • vorinstanz • weiler • frage • legitimation • gesellschaft mit beschränkter haftung • bundesgericht • nichteintretensentscheid • uhr • entscheid • aktiengesellschaft • bundesgesetz über schuldbetreibung und konkurs • konkurseröffnung • richterliche behörde • beschwerdeschrift • solothurn • nichtigkeit • brunnen • zeichnung
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2002 S.1072
BJM
1999 S.326
ZR
1987 86 Nr.44 S.100