134 III 88
15. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_582/2007 vom 4. Dezember 2007
Regeste (de):
- Art. 13 Abs. 2
IR 0.211.230.02 Übereinkommen vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (mit Beilage und Verzeichnis)
HEntfÜ Art. 13 - Ungeachtet des Artikels 12 ist das Gericht oder die Verwaltungsbehörde des ersuchten Staates nicht verpflichtet, die Rückgabe des Kindes anzuordnen, wenn die Person, Behörde oder sonstige Stelle, die sich der Rückgabe des Kindes widersetzt, nachweist,
a dass die Person, Behörde oder sonstige Stelle, der die Sorge für die Person des Kindes zustand, das Sorgerecht zur Zeit des Verbringens oder Zurückhaltens tatsächlich nicht ausgeübt, dem Verbringen oder Zurückhalten zugestimmt oder dieses nachträglich genehmigt hat, oder b dass die Rückgabe mit der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind verbunden ist oder das Kind auf andere Weise in eine unzumutbare Lage bringt. - Das Widersetzen muss mit nachvollziehbaren Gründen unterlegt und nachdrücklich sein (E. 4).
Regeste (fr):
- Art. 13 al. 2 CEIE; opposition de l'enfant.
- L'opposition doit reposer sur des motifs plausibles et se faire insistante (consid. 4).
Regesto (it):
- Art. 13 cpv. 2 CArap; opposizione del minore.
- L'opposizione dev'essere ferma e giustificata da motivi plausibili (consid. 4).
Sachverhalt ab Seite 88
BGE 134 III 88 S. 88
Bei der Scheidung in Frankreich wurde das Sorgerecht über die Kinder A., geb. 1993, und B., geb. 1999, den Eltern gemeinsam, die Obhut der Mutter allein zugesprochen. Am 19. Mai 2006 verliess die Mutter trotz Widerstand des Vaters mit den beiden Kindern Frankreich und zog in die Schweiz. Während das Bezirksgerichtspräsidium Arlesheim das Gesuch des Vaters vom 9. Mai 2007 um sofortige Rückführung der Kinder nach Frankreich abwies, verpflichtete das Kantonsgericht Basel-Landschaft die Mutter zur unverzüglichen Rückführung.
BGE 134 III 88 S. 89
Gegen den Beschluss des Kantonsgerichts hat die Mutter Beschwerde in Zivilsachen erhoben mit dem Begehren um dessen Aufhebung, eventualiter um Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
4. Es bleibt die Prüfung von Ausschlussgründen, die im Übereinkommen vorgesehen sind. Die Beschwerdeführerin beruft sich diesbezüglich auf Art. 13 Abs. 2
IR 0.211.230.02 Übereinkommen vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (mit Beilage und Verzeichnis) HEntfÜ Art. 13 - Ungeachtet des Artikels 12 ist das Gericht oder die Verwaltungsbehörde des ersuchten Staates nicht verpflichtet, die Rückgabe des Kindes anzuordnen, wenn die Person, Behörde oder sonstige Stelle, die sich der Rückgabe des Kindes widersetzt, nachweist, |
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a | dass die Person, Behörde oder sonstige Stelle, der die Sorge für die Person des Kindes zustand, das Sorgerecht zur Zeit des Verbringens oder Zurückhaltens tatsächlich nicht ausgeübt, dem Verbringen oder Zurückhalten zugestimmt oder dieses nachträglich genehmigt hat, oder |
b | dass die Rückgabe mit der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind verbunden ist oder das Kind auf andere Weise in eine unzumutbare Lage bringt. |
Das Kantonsgericht hat diesbezüglich erwogen, B. sei erst acht Jahre alt und im Übrigen sei es ihm egal, ob er in der Schweiz oder in Frankreich lebe, solange er mit seiner Mutter und seiner Schwester zusammenbleiben könne. A. sei bereits 14-jährig und verfüge entsprechend über die nötige Reife für eine eigene Meinungsbildung. Gemäss dem von ihrer Anhörung erstellten Protokoll fühle sie sich am neuen Ort wohl, gehe es ihr in der Schweiz gut und wolle sie lieber bei der Mutter wohnen; demgegenüber seien keine ernsthaften und nachvollziehbaren Gründe oder sonstigen Willensäusserungen zum Ausdruck gebracht worden, woraus sich eine Aversion gegen Frankreich und ein eigentliches Widersetzen gegen die Rückführung ableiten liesse. Die Beschwerdeführerin macht geltend, diese Feststellungen seien falsch, da sie diametral den Schlussfolgerungen der ersten Instanz entgegenstünden, die auch die Anhörung durchgeführt habe. Aufgrund der Begebenheiten hätte das Kantonsgericht zum Schluss kommen müssen, dass zumindest A. sich der Rückkehr widersetze und damit der Verweigerungsgrund von Art. 13 Abs. 2
IR 0.211.230.02 Übereinkommen vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (mit Beilage und Verzeichnis) HEntfÜ Art. 13 - Ungeachtet des Artikels 12 ist das Gericht oder die Verwaltungsbehörde des ersuchten Staates nicht verpflichtet, die Rückgabe des Kindes anzuordnen, wenn die Person, Behörde oder sonstige Stelle, die sich der Rückgabe des Kindes widersetzt, nachweist, |
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a | dass die Person, Behörde oder sonstige Stelle, der die Sorge für die Person des Kindes zustand, das Sorgerecht zur Zeit des Verbringens oder Zurückhaltens tatsächlich nicht ausgeübt, dem Verbringen oder Zurückhalten zugestimmt oder dieses nachträglich genehmigt hat, oder |
b | dass die Rückgabe mit der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind verbunden ist oder das Kind auf andere Weise in eine unzumutbare Lage bringt. |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. |
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1 | Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. |
2 | Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht. |
3 | Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95 |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. |
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1 | Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. |
2 | Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht. |
3 | Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95 |
BGE 134 III 88 S. 90
eine dahingehende Sachverhaltsrüge (Art. 97 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 97 Unrichtige Feststellung des Sachverhalts - 1 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann. |
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1 | Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann. |
2 | Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden.86 |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 106 Rechtsanwendung - 1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an. |
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1 | Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an. |
2 | Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist. |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. |
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1 | Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. |
2 | Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht. |
3 | Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95 |
BGE 134 III 88 S. 91
Frankreich. Im Übrigen äussert sie sich eingehend zum Verhältnis bzw. den Kontakten mit dem Vater, der ihr zum Vorwurf macht, dass sie nicht bei ihm wohnen will, und mit dessen neuer Frau sie auch nicht so gut zurecht kommt. In Frankreich könnte sie nicht in ihre alte Schule zurück, sondern müsste eine neue Schule besuchen, wo sie wiederum niemanden kennen würde. Was die Aussagen zur Beziehung mit dem Vater anbelangt, ist festzuhalten, dass es im Rückführungsverfahren gerade nicht um Obhuts- und schon gar nicht um Sorgerechtsfragen, sondern einzig darum geht, den aufenthaltsrechtlichen status quo ante wiederherzustellen; mit anderen Worten steht nicht eine Platzierung beim Vater, sondern die Rückkehr nach Frankreich als solche zur Diskussion. Dass A. diese Rückkehr grundsätzlich verweigern würde, lässt sich den protokollierten Aussagen nicht entnehmen und entsprechend liegt entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin auch keine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung durch das Kantonsgericht vor. Vielmehr spricht A. von Problemen, die in der Natur einer jeden Rückführung liegen, so etwa, dass es (jedenfalls bei Ausschöpfung der Rechtsmittelwege) infolge Zeitablaufes regelmässig nicht mehr möglich ist, in der angestammten Schulklasse weiterzufahren. Dass A. angesichts solcher Unannehmlichkeiten lieber in der Schweiz bleiben würde, wo sie inzwischen auch viele neue Freunde gefunden hat, ist nichts als normal und stellt für sich genommen noch kein "Widersetzen" im Sinn von Art. 13 Abs. 2
IR 0.211.230.02 Übereinkommen vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (mit Beilage und Verzeichnis) HEntfÜ Art. 13 - Ungeachtet des Artikels 12 ist das Gericht oder die Verwaltungsbehörde des ersuchten Staates nicht verpflichtet, die Rückgabe des Kindes anzuordnen, wenn die Person, Behörde oder sonstige Stelle, die sich der Rückgabe des Kindes widersetzt, nachweist, |
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a | dass die Person, Behörde oder sonstige Stelle, der die Sorge für die Person des Kindes zustand, das Sorgerecht zur Zeit des Verbringens oder Zurückhaltens tatsächlich nicht ausgeübt, dem Verbringen oder Zurückhalten zugestimmt oder dieses nachträglich genehmigt hat, oder |
b | dass die Rückgabe mit der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind verbunden ist oder das Kind auf andere Weise in eine unzumutbare Lage bringt. |